57. Kapitel: Präsentation


Die Woche war an ihnen vorbei gezogen wie im Flug und schon war der Tag der Präsentation gekommen. Liam saß aufgeregt in der Küche seiner Eltern über einer Tasse Kaffee, die er noch nicht einmal wirklich angerührt hatte. Er war früh aufgewacht und hatte beschlossen, dass er den Kaffee auch selber kochen konnte, doch seitdem er sich an den Tisch gesetzt hatte fragte er sich, ob er wirklich bereit war, dass was er heute tun wollte, zu tun.

Er hatte noch niemals über jemandem in der Öffentlichkeit vor so vielen Menschen gesprochen. Vor allem nicht über Jenna, die er zuerst zu hassen, dann zu lieben und dann wieder zu hassen gelernt hatte. Seine Gefühle fuhren Achterbahn wenn es um sie ging. Doch er wollte ihr gerecht werden. Er wollte den Menschen zeigen, was sie ausmachte, wer Jenna Carson war, und dass so viele sie über die Jahre immer falsch eingeschätzt hatten.

Sein Vater betrat die Küche und beendete so jeglichen Gedanken an die heutige Präsentation.

„Guten Morgen!", sagte Liam, weil man das nunmal so tat, sein Vater hingegen nickte ihm nur zu und schüttete sich eine Tasse Kaffee ein nur um sich kurz darauf stumm gegenüber von Liam zu setzen. Liam wollte gerade aufstehen, als seine Mutter die Küche betrat. Sie hatten alle zusammen nicht mehr über das Blut auf seinem Shirt gesprochen, doch in einer ruhigen Minute hatte er seiner Mutter erklärt was geschehen war. Sie hatte ihm jedoch versprechen müssen, nicht mit Mrs. Carson darüber zu sprechen, was ein wirklich heftiger Gefallen war, den sie ihm da tat. Sie war vollkommen schockiert gewesen, als Liam sie eingeweiht hatte, hatte sie doch Richard immer gerne gemocht und ihn als anständigen Kerl angesehen. Ob sie mit seinem Dad darüber gesprochen hatte, wusste Liam nicht und es war ihm auch egal. Sein Vater würde ihn nie wieder so ansehen, wie er es früher getan hatte. Diese Zeiten waren vorbei. Liam hatte ihn auf die heftigste Art und Weise verletzt, wie es einem Menschen nur möglich war, und diese Enttäuschung würde ein Leben lang über ihnen hängen.

„Und Schatz? Bist du schon aufgeregt?", fragte seine Mom gutgelaunt und holte sich ebenfalls eine Tasse Kaffee. Sofort nahm sie einen Schluck und verzog kurz darauf das Gesicht.

„Liam! Was hast du mit dem Kaffee gemacht?", fragte sie entsetzt und setzte ihre Tasse auf dem Tresen ab. Liam verstand nicht und nahm seinerseits einen Schluck. Er war widerlich. Hätte er Zucker in seinen Kaffee getan hätte er bemerkt, dass er viel zu stark war, denn der Löffel wäre vermutlich darin stecken geblieben. Ihm fiel ein, dass er vermutlich einige Löffel zu viel Pulver genommen hatte. Er war in Gedanken gewesen und hatte den Überblick verloren.

Seine Mom schüttete den Kaffee in die Spüle und begann damit einen neuen aufzusetzen ohne eine Antwort von Liam zu erwarten. Stattdessen kehrte sie zu ihrer ursprünglichen Frage zurück und tat so als wäre nichts gewesen.

„Und? Aufgeregt?", fragte sie deswegen erneut und lehnte sich gegen den Tresen. Liam nickte nur und sah in seiner Hosentasche nach, ob die Zettel mit seiner Präsentation noch darin waren. Er brauchte sie als Leitfaden, sonst würde er noch vollkommenen Mist bauen.

„Ich bin schon so gespannt was du über Jenna zu sagen hast und sie über dich!",sagte seine Mom aufgeregt und setzte sich dann auf den Stuhl zwischen ihm und seinem Dad. Er blickte nicht einmal von seiner Zeitung auf.

„Ich bin auch gespannt!", meinte Liam und erhob sich dann. Die Lust auf Kaffee war ihm vergangen und er musste sowieso bald los. Jenna würde er diesesmal nicht mitnehmen, denn sie hatte bereits was in der Stadt wegen ihrer Abreise nächste Woche erledigen müssen und sie würden sich dort Treffen. Die ganze Familie Carson würde kommen und dies machte Liam nicht weniger nervös. Er musste Jenna gerecht werden. Er durfte sie nicht blamieren.

„Ok, also dann ich mach mich auf den Weg. Wir sollen um neun Uhr dort sein und ich will die Rede nochmal durchgehen bevor ich sie vor den Leuten aufsagen muss!", erklärte Liam und begab sich in den Gang, nahm seinen Schlüssel in die Hand und öffnete die Tür.

„Bis später mein Schatz!", rief seine Mom ihm hinterher, doch er antwortete nicht mehr darauf. Stattdessen schloss er die Tür hinter sich und schlurfte auf sein Auto zu. Er war in seinem Leben noch nicht so aufgeregt gewesen wie heute.

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Jenna stand inmitten all der Mitschüler, die heute einen anderen vorstellen mussten und war aufgeregt. So aufgeregt wie schon lange nicht mehr, obwohl sie doch eigentlich nur über die Pluspunkte von Liam sprechen sollte. Und davon hatte er einige. Doch diese aufzuzählen, vor einer riesigen Menschenmenge war doch etwas anderes. Viele Familien von ihren Mitschülern waren gekommen. Es war ein großes Ereignis. Viel Größer als sie geglaubt hatte. Zuerst war es ihr peinlich gewesen, dass ihre Eltern und Chris zu dem Vortrag kommen wollten doch als sie die Turnhalle betreten hatte und gemerkt hatte, dass anscheinend viele andere dasselbe beschlossen hatte, musste sie sich zumindest keine Sorgen darüber machen, dass ihre Familie sie damit blamieren würde. Es waren noch zehn Minuten bis die ersten starten würden. Jeder hatte fünf Minuten Zeit bekommen, die Präsentation durfte auch kürzer sein aber keinesfalls länger. Es waren sehr viele Schüler und das würde vermutlich sowieso Stunden dauern. Jenna stöhnte genervt auf als ihr klar wurde, dass sie und Liam ewig aussitzen mussten. Sie waren die vorletzten. Wie sollte sie bitte so lange mit ihrer Aufregung in Ruhe hier sitzen und warten? Sie wollte es am liebsten sofort hinter sich bringen.

Sie sah einmal über Menge ihrer Mitschüler und erspähte Liams dunkelbraunen Schopf der über die anderen hinweg ragte. Als er sie entdeckte ging er auf sie zu und setzte sich neben sie.

„Geht dir der Arsch auch so auf Grundeis?", fragte er sie ohne Umschweife und knetete dabei seine Finger während er nervös mit dem Bein wippte. Jenna nickte nur, sagte jedoch nichts. Ihr wurde langsam übel vor Aufregung.

„Wir kriegen das hin.", meinte Liam zu niemand bestimmtem und wippte weiter mit seinem Bein, was Jenna wahnsinnig machte also legte sie ihre Hand auf sein Knie und stoppte ihn.

„Du machst mich wahnsinnig mit dem Gewippe!", erklärte sie ihm als er sie nur irritiert ansah. Er nickte, sagte nichts weiter und begann zehn Sekunden später erneut damit. Er bekam es nicht einmal mit. Erneut legte sie ihre Hand auf sein Knie, doch dieses Mal sah er sie nicht einmal an sondern stoppte direkt. Dann platzierte er seine Hand auf ihrer und begann damit mit seinen Fingern auf ihre zu klopfen. Jenna lächelte. Er war wirklich aufgeregt. Vermutlich sogar mehr als sie selber.

„Meine Damen und Herren. Wir würden sie bitten ihre Plätze einzunehmen. Wir haben ein straffes Programm heute und wir wollen ja jedem, der die Chance wahrnehmen möchte, diese auch geben. Deswegen bitte ich sie ihre Handys auszuschalten, damit wir nicht gestört werden. Getränke finden sie zu beiden Seiten der Halle. Es wird natürlich eine Pause geben.", Mrs. Star war ans Pult getreten an dem jeder einzelne Schüler bald stehen würde, und erklärte den Ablauf des Tages.

„Ich werde jedes Paar kurz ankündigen und ein paar Gedanken teilen. Allerdings werde ich mich natürlich kurz halten. Und dies tue ich auch jetzt und somit möchte ich unser erstes Paar begrüßen. Alec und Lexie bitte.", Mrs. Star deutete mit der Hand auf die Gruppe von Schülern und schon machten sich Alec und Lexie mit zitternden Beinen auf den Weg nach vorne. Jetzt würde der Spaß beginnen.

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Gefühlte Stunden später wusste Jenna, dass sie als nächstes dran wären. Ihre Aufregung hatte über die zahllosen Präsentationen nachgelassen doch jetzt wuchs sie wieder an da sie wusste, dass sie bald selber dort stehen würde. Liam drückte ihre Hand und als Mrs. Star die Bühne betrat zog er sie nach oben. Es handelte sich jetzt nur noch um Sekunden.

„Das nächste Paar, das ich Ihnen ankündigen möchte, machte mir in den letzten Jahre besonders Sorgen. Wer wusste nicht von den Streitereien zwischen ihnen, wer hat sich nicht in Sicherheit gebracht, wenn die Beiden im Gang aufeinander getroffen sind?", Mrs. Star lächelte und anscheinend erkannten sofort alle, welches Paar gemeint war, denn viele stimmten in ihr Lachen mit ein und dabei sahen sie die Beiden an, die sich bereit hielten auf die Bühne zu gehen. Jetzt mit hochrotem Kopf.

„Dennoch muss ich zugeben, dass die Beiden eine fantastische Arbeit geleistet haben, allen Zweiflern zum Trotz!", fuhr Mrs. Star fort. Doch sie war noch nicht fertig.

„Wie oft habe ich den Satz gehört ‚Sie haben sich noch nicht zerfleischt'? Das kann ich gar nicht sagen, aber ich kann Ihnen eines sagen. Oft. Und dann las ich die Aufsätze der Beiden und diese haben mich wirklich berührt. Ich denke wir werden jetzt Teil einer Geschichte werden wie aus Feinden Freunde wurden. Und deswegen begrüßen Sie mit mir Jenna Carson und Liam Welsh.", Mrs. Star klatschte während Liam sich in Bewegung setzte und Jenna ihm folgte. Der Applaus war wesentlich größer als der der vorherigen Paare. Vermutlich waren alle gespannt darauf zu erfahren, wie die beiden es geschafft hatten ihre Streitereien hinter sich zu lassen. Sie betraten die kleine Bühne und Jenna machte sich auf den Weg zu dem Pult während Liam sich auf den Stuhl in der Ecke setzte und seine Arme auf den Beinen abstützte. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Er beobachtete Jenna, die sich einmal räusperte, dann lächelte und schließlich einen Zettel auseinander faltete und ihn flach vor sich legte. Dann begann sie zu sprechen.

„Als ich Liam Welsh kennen gelernt habe, waren wir beide quasi noch Babys. All die Hoffnungen unserer Eltern lagen auf uns. Sie prophezeiten uns eine großartige Liebesgeschichte.", sie hielt für einen kurze Pause inne. Alle Augen waren auf sie gerichtet.

„Nun ja, ich glaube mit zwei Jahren schon zerstörten wir jede Hoffnung darauf und seither ging es nur bergab. Bis zu diesem Jahr. Bis zu dem Tag an dem Mrs. Star uns mitteilte, wir sollten die Pluspunkte aneinander finden. Sie können sich alle vorstellen, wie unsere Reaktion auf diese Eröffnung ausfiel.", sie machte erneut eine kurze Pause und man hörte das Räuspern von Mrs. Star, die sich noch sehr genau erinnern konnte. Einige begannen zu lachen.

„Nun zwang uns also ein Projekt dazu, mehr Zeit miteinander zu verbringen und positive Eigenschaften am anderen zu entdecken. Unvorstellbar im ersten Moment. Unmöglich im zweiten. Doch im dritten Moment, begann ich bereits in den ersten Tagen damit, die ersten Punkte auf meiner Liste zu notieren. Und schnell wurden es mehr. Ich möchte Ihnen nur einen kleinen Einblick darin geben, wie sich der Alltag mit Liam Welsh gemeinsam gestaltet. Naja, zumindest wenn er gut drauf ist!", dabei lachte sie selber und wieder hörte Liam einige andere mit einstimmen. Er knetete seine Hände, beobachtete Jenna, ließ sie keine Sekunde aus den Augen. Sie war so selbstsicher und locker dort an dem Pult. Sie stellte alles so witzig dar. Wenn er zurück dachte, dann war es keineswegs lustig gewesen. Doch Jenna hatte das Talent ein kleines Märchen aus dieser Sache zu machen und alle waren ihr verfallen. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals.

„Bereits ganz am Anfang setzte sich Liam für mich ein, um mich davor zu bewahren ziemlichen Ärger mit anderen Mitschülern zu bekommen. Er setzte sich für mich ein, obwohl er mich nicht einmal leiden konnte. Was mir damals schon zeigte welch großes Herz Liam eigentlich hat. Liam kümmert sich nicht darum, was andere Menschen von ihm denken könnten. Nein er tut das, was er als richtig erachtet und das ohne über die folgenden Konsequenzen nachzudenken. Er würde es niemals zugeben, aber er denkt viel mehr an andere als an sich selber und stellt seine eigenen Bedürfnisse zurück wenn sie jemand anderem im Weg stehen könnten!", begann Jenna und wusste nicht, wie sehr sie damit ins schwarze getroffen hatte. Auch wenn es Liam nicht klar war, so war er im Begriff genau dies zu tun.

„So oft hat Liam sich für mich eingesetzt, mich vor Ungerechtigkeiten bewahrt, oder mir geholfen meinen Mann zu stehen. Unzählige Male, die ich natürlich nicht alle hier aufzählen werde.", sie machte eine kurze Pause bevor ihr Finger eine Zeile niedriger wanderte. Sie hatte nur ein paar Stichpunkte doch sie füllte sie mit eigenen Worten aus.

„Jeder der mich kennt weiß, dass ich immer eine ziemliche Spaßbremse war. Ja so rückblickend betrachtet, kann ich dies doch ziemlich klar so sagen. Doch Liam schaffte es, mich dazu zu bringen aus mir heraus zu kommen. Spaß zu haben. Es waren nicht immer konventionelle Methoden derer er sich dabei bediente, doch mit jedem Tag mehr schaffte er es, mir mehr Spaß in meinem Leben zu bescheren. Er überlegte sich regelmäßig Dinge, die wir miteinander unternehmen konnten. Dinge die ich vorher noch nie getan habe und die ich doch sehr genoss, auch wenn es im Beisein von ihm war. Dinge, die mich aus der Reserve lockten.", Liam dachte dabei an all die Sachen die sie gemeinsam erlebt hatten. Er hatte sie die meiste Zeit auf den Arm nehmen wollen, sie provozieren wollen. Das war ihr doch klar oder?

„Liam hat keine Angst davor, Schwächen zuzugeben. Nein im Gegenteil. Er geht damit hausieren, weil er so niemanden enttäuschen kann. Was ihm jedoch nicht klar ist ist, dass die meisten Dinge die er als Schwäche ansieht andere als Stärke ansehen würden. Die Kraft die er in gewissen Situationen aufgebracht hat und es immer noch tut, ohne dabei einzubrechen sind herausragend. Ihm ist nur noch nicht klar, wie stark er ist und wieviel in ihm steckt. Die Zeit wird es ihm aber bestimmt zeigen und dann wird er ein großartiger Mensch werden. Ist er heute schon, aber er weiß es eben noch nicht.", Jenna schluckte schwer und hatte Angst davor, in Liams Augen zu blicken. Was würde sie darin sehen?

„Liam ist ein Gentleman, er kennt und wendet alles an, was einen solchen ausmacht ohne es auch nur darauf anzulegen. Liam öffnet Türen für einen, erhebt sich damit man selber einen Sitzplatz hat, rückt einem den Stuhl zurecht oder trägt schwere Koffer, die man selber kaum vom Fleck weg bekommt. Das alles mit einer Selbstverständlichkeit, dass ich nicht umhin komme zu sagen: Gut gemacht Mr. Welsh. Sie haben einen wahren Gentleman heran gezogen!", sie machte eine kurze Pause und sah seinen Vater an, während Liams Herz einen Schlag aussetzte.

„Ist Liam frei von Fehlern? Bestimmt nicht. Doch wer ist das schon? Liam tut sein bestes um die beste Version seiner selbst zu sein. Schafft er es täglich? Nein. Aber auch hier noch mal: Wer schafft das schon? Haben wir nicht alle Höhen und Tiefen? Machen wir nicht alle Fehler? Liam weiß um seine Fehler sehr gut, man muss sie ihm nicht erst eröffnen und er tut alles, um sie wieder gut zu machen. Liam ist ein Herzensmensch, kümmert sich um andere mehr als um sich selbst und ist nicht bereit sich einzugestehen, was für ein fantastischer Kerl er eigentlich ist. Auch ich musste ihn erst richtig kennenlernen um all diese Dinge festzustellen doch jetzt, da ich sie weiß, werde ich wohl leider nie wieder behaupten können, dass Liam Welsh ein Mistkäfer ist, wie ich es so häufig von mir gegeben habe!", erklärte Jenna und wurde dabei ein wenig rot. Man hörte ein einzelnes Lachen, dass eindeutig von Chris stammte. Er kannte diese Äußerung zu gut.

Liams Herz schlug ihm immer noch bis zum Hals. Ihm war nicht klar gewesen, wie Jenna ihn sah. Natürlich schon irgendwie, waren sie doch Freunde geworden. Doch sie sah ihn beinahe wie einen Heiligen, wenn all das was sie da sagte, stimmte.

„Liam hat mir durch eine äußerst schwere Zeit geholfen und dafür werde ich ihm für immer dankbar sein. Selbst in der Zeit als wir uns nicht verstanden, trat er an meine Seite und tat alles dafür, mich und auch irgendwie meine Ehre zu schützen. Hätten wir nicht den Fehler begangen, uns die letzten Jahre bis aufs Blut zu bekriegen, wäre vermutlich alles anders gekommen. Jetzt hingegen konnten wir einiges an Zeit miteinander verbringen und ich kann mit Sicherheit eine Sache sagen....", Jenna schluckte einmal schwer und Liam platzte beinahe vor Spannung.

„Liam Welsh ist genau so wie er ist perfekt. Auch wenn er es noch nicht weiß! Danke!", damit faltete Jenna ihre Zettel zusammen und verstaute sie in ihrer Hosentasche. Sie hätte noch so viel mehr sagen können. Sie hatte so viel mehr in ihrem Aufsatz geschrieben. Doch viele Dinge davon waren privat und sie wollte nicht alles teilen. Sie trat vom Pult zurück, während die Menge anscheinend wieder zum Leben erwacht war und für sie applaudierte. Anscheinend hatten sie beide doch wirklich viele Menschen in Atem gehalten. Jenna trat auf Liam zu und er drückte einmal kurz ihre Hand, während sie den Platz tauschten. Ihm war vollkommen egal, was die Menschen vor ihm davon halten würden.

Jetzt war seine Zeit gekommen. Er stellte sich an das Pult und auch er kramte seinen Zettel aus der Hosentasche. Würde er Jenna gerecht werden? Er schluckte einmal schwer, dann sah er in die Menge und entdeckte seinen Vater. Er hatte ihn eine Stunde vorher schon gesehen und war überrascht darüber gewesen, dass er hier war. Würde er ihn wieder enttäuschen? Er fuhr sich einmal mit der Hand durch die Haare, rückte das Mikrofon ein wenig zurecht und passte es damit auf seine Größe an und begann zu sprechen.

„Da Jenna euch schon einen guten Einblick darin gegeben hat, wie das mit uns so war, brauche ich darüber glaube ich nicht auch noch zu sprechen.", begann er seine Ansprache und räusperte sich.

„Da ich kein Mann der großen Worte bin dachte ich, ich bleibe dem Konzept der Pluspunkte treu. Es gibt sehr viele Dinge, dich ich über Jenna sagen könnte. Positive und natürlich auch negative, denn wie sie schon richtig erklärt hat, ist niemand wirklich perfekt. Doch Jenna Carson kommt diesem Begriff doch ziemlich nah!", Liams Herz schlug immer heftiger. Er hatte gehofft, dass sein Puls sich ein wenig beruhigen würde, sobald er zu sprechen begann, doch dem war nicht so. Ganz und gar nicht. Bei seinen letzten Worten hatte er irgendwo zwischen seinen Mitschülern ein seufzen wahrgenommen, doch er reagierte nicht darauf. Der letzte Satz war nicht auf seinem Zettel gestanden und deswegen beschloss er sich jetzt strikt an diesen zu halten, um keinen Blödsinn von sich zu geben und alles zu ruinieren.

„5 Gründe dafür, dass... so habe ich meinen Aufsatz schon genannt und so benenne ich auch diesen Vortrag über Jenna.", erneut machte er eine kurze Pause. Schweiß trat ihm auf die Stirn.

„Grund Nummer 5: Jenna setzt sich für andere Menschen ein, auch wenn sie eigentlich vollkommen unterlegen ist. Sie macht sich keine Sorgen darüber, ob sie selber als Leidtragende davon kommen konnte sondern sorgt sich um die Anderen um sie herum und beschützt diejenigen die schwächer sind.", dieser Punkt ähnelte dem was Jenna gesagt hatte. Doch es entsprach der Wahrheit.

„Grund Nummer 4: Jenna ist so herrlich unnormal, dass man nur mit ihr einen vollkommen normalen Tag erleben kann und dennoch am Ende sagen kann, er war einzigartig. Sie macht alles was sie anfasst und beginnt zu etwas besonderem. Bei ihr gibt es keine halben Sachen. Ich weiß noch, ich habe einmal zu ihr gesagt, dass sie langweilig ist. Ist sie nicht. Glaubt mir.", erklärte Liam mit einem Grinsen und einige Mädchen reagierten darauf. Jenna hingegen saß stocksteif auf ihrem Stuhl und traute sich nicht sich zu bewegen.

„Grund Nummer 3: Jenna ist eine unglaublich gute Zuhörerin. Sie hört nicht nur das Gesagte, sondern sie blickt einem ins Innerste und weiß genau, was in einem vorgeht, ohne dass man es selber aussprechen muss. Sie weiß Dinge, die ich niemandem erzählt habe, und bei denen ich doch weiß, dass sie sicher bei ihr sind. Sie gehört nicht zu denen, die sich in den Mittelpunkt spielen müssen, sondern sie ist wie sie ist, beobachtet von außen und merkt dabei gar nicht, dass sie doch eigentlich im Mittelpunkt steht. Wer sie nicht sieht, hat keine Augen im Kopf. Und das nicht nur wegen ihrer Größe!", bei dem Satz begannen einige zu lachen. Jenna dachte an die Dinge die sie miteinander geteilt hatten hatte jedoch nicht viel Zeit denn Liam fuhr fort.

„Sie urteilt nicht über ihr erzähltes. Sie versucht hinter die Fassade zu blicken und zeigt dabei ein Einfühlungsvermögen, das einen in die Knie zwingt. Ich habe noch nie in meinem Leben so gute Gespräche mit jemandem führen können. Und auch noch nie so gut streiten können mit jemandem.", er hielt kurz inne und nahm seine zweite Seite in die Hand.

„Grund Nummer 2: Jenna ist bereit, hinter die Fassade zu blicken und hält nicht an einer Meinung fest, die sich jahrelang in ihrem Kopf verfestigt hat. Sie war bereit mir eine Chance zu geben, hat mich Zeit mit ihr verbringen lassen und mir damit Dinge gezeigt, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Haben wir unsere Streitereien vergessen? Nein gewiss nicht. Die haben sich eingebrannt in unsere Erinnerung, so viel ist Gewiss. Doch beeinflussen sie das Hier und Jetzt noch? Nein das tun sie nicht. Ihnen sei eines gesagt, ich war nicht immer fair zu Jenna. Das ist noch sehr milde ausgedrückt. Ich habe Dinge getan und gesagt, auf die ich wahrlich nicht stolz bin. Und dennoch gab sie mir eine Chance ihr eine Seite von mir zu zeigen, die vermutlich noch niemand kennen lernen durfte. Sie hat geschafft, was andere vor ihr nicht geschafft haben. Das führt mich auch zum letzten Grund. Grund Nummer 1: Jenna ist eine wunderschöne Person. Innen sowie außen. Sie strahlt etwas aus, wonach viele Menschen in ihrem Leben lange suchen. Sie ist verlässlich, partnerschaftlich, aufopferungsvoll, empathisch, nicht eitel, führsorglich und so vieles mehr. Und das alles macht sie zu diesem wunderschönen, fantastischen Menschen der sie nun einmal ist. Und irgendwann, wird sie das alles auch selber noch einsehen, da bin ich mir sicher. Sie ist unglaublich mutig, hat ihre Zukunft geplant wie keine zweite und zielstrebig genug, um ihre Ziele im Leben nicht aus den Augen zu verlieren. Jetzt fragen sich bestimmt alle noch, warum der Titel 5 Gründe dafür, dass lautet. Diese fünf Sachen, und glauben Sie mir, ich habe mich hier nur auf ein paar beschränkt, sind alles Gründe dafür, warum ich Jenna Carson als meine beste Freundin ansehe. Die beste die man haben kann. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass ich diese Worte jemals aussprechen würde, aber es fällt schwer es nicht zu tun wenn sie nur der Wahrheit entsprechen. Ich werde Jenna sehr vermissen, wenn sie bald wegzieht. Werde sie als Freundin vermissen. Dinge mit ihr unternehmen zu können, Sachen mit ihr teilen zu können. Ich hoffe sehr, dass ich Jenna mein ganzes restliches Leben als Freundin haben werde, denn mit so einem Menschen an seiner Seite, kann eigentlich nicht mehr viel schief gehen. Dankeschön!", damit endete Liam seine Rede und erntete einen doch sehr ansehnlichen Applaus. Jennas Herz hatte jedoch vor einigen Momenten gefühlt aufgehört zu schlagen. Er sah sie als seine beste Freundin an. Nicht mehr und nicht weniger.


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