47. Kapitel: Hoffnung


Jenna erwachte und die Sonnenstrahlen fielen durchs Fenster. Ein schwerer Arm lag quer über ihrem Bauch und so musste sie eine Sekunde überlegen, was in der gestrigen Nacht geschehen war.

Sie wandte sich um und sah Liam, der vollständig angezogen neben ihr lag. Ganz offensichtlich waren sie beide eingeschlafen, während sie das Buch gelesen hatten. Jenna schob vorsichtig Liams Arm von ihrem Oberkörper und setzte sich dann auf. Sie schaute auf ihn hinab und war beeindruckt von der Ruhe die er ausstrahlte. Er atmete stetig ein und aus, seine Haare fielen ihm ins Gesicht und die rechte Hand hatte er unter sein Gesicht geschoben. Die andere hatte er, jetzt da Jenna sich befreit hatte, zur Faust geballt doch er war nicht aufgewacht. Er wachte auch nicht auf, als Jenna aufstand und sich Unterwäsche und Wechselwäsche schnappte. Sie musste dringend duschen, fühlte sich unwohl nach einem Tag Trübsal blasen und schmollen, dabei hätte es das alles gar nicht gebraucht! Liam war zu ihr gekommen, hatte sie in den Arm genommen, hatte ihr gezeigt, dass es nicht nur um den Sex ging sondern um die Zeit mit ihr. Er hatte mir ihr ein Buch gelesen, war neben ihr eingeschlafen und lag heute immer noch an der selben Stelle. Bevor sie das Zimmer verließ warf sie einen letzten Blick auf ihn und konnte ihr Glück in diesem Moment kaum fassen.

Sie betrat das Badezimmer und war froh, keinen auf dem Boden liegend vorzufinden. Hinter sich sperrte sie die Tür ab, entledigte sich ihrer Anziehsachen die zerknittert waren und stellte die Dusche an. Während sie darauf wartete, dass das Wasser warm wurde sah sie sich noch kurz im Spiegel an. Ihre Wangen glänzten rosig, sie sah glücklich aus. Jeder würde ihr ansehen können, dass etwas geschehen war, wenn sie sich nicht bemühte ihre Emotionen nicht offen mit sich mit zu tragen. Als sie sich endlich unter den warmen Strahl stellte, lockerten sich ihre Muskeln beinahe augenblicklich. Sie genoss das Gefühl des warmen Nass auf ihrem Körper, das all die Ängste und Unsicherheiten für den ersten Moment davon schwemmte. Sie wusste nicht wie lange sie das Wasser genoss, doch irgendwann stellte sie fest, dass sie langsam aber sich wieder nach draußen musste und sich all den ungeklärten Dingen stellen musste.

Als Jenna in ihr Zimmer zurück kam stellte sie fest, dass Liam nicht mehr in ihrem Bett lag und für einen kurzen Moment war sie enttäuscht, aber schließlich hatten sie die Nacht auf ganz andere Art und Weise verbracht.

Nachdem sie ihre schmutzige Wäschen in den Korb gelegt und ihre nassen Haare durchgebürstet hatte, ging sie die Treppe hinunter und in die Küche. Bereits auf dem Weg dorthin hatte sie festgestellt, dass das Wohnzimmer einer Müllhalde glich doch in der Küche lagen überall Becher und leere Flaschen verteilt, nicht alle unversehrt. Was sie jedoch tatsächlich überraschte war, dass Liam bereits einen großen blauen Sack in der Hand hielt und damit begonnen hatte den Müll hinein zu verfrachten während der Kaffee bereits aufbrühte.

„Guten Morgen!", sagte er, als Jenna ihn verwirrt ansah.

„Guten Morgen. Ich dachte du wärst gegangen!", erklärte sie wahrheitsgemäß und schnappte sich zwei Becher, die ihren Inhalt über die gesamte Theke verteilt hatten, um sie in den blauen Sack fallen zu lassen.

„Ich habe dir doch gestern gesagt, dass ich das nicht tun würde...", Liam klang ruhig und geduldig. Er klang irgendwie anders.

Gerade als Jenna ihn fragen wollte, was das zwischen ihnen eigentlich war, gerade als sie den Mut fasste um eventuell doch mehr zu erfahren hörte sie die Haustür zuschlagen und ein paar Sekunden später kam Chris stolpernd in die Küche und rieb sich verschlafen durch die zerwühlten Haare. Als er Liam entdeckte hielt er inne und sah zwischen den Beiden hin und her.

„Was machst du denn hier Mann?", er war ernstlich verwirrt, das konnte Jenna auf Anhieb sagen und auch Liam entging dies nicht, denn er grinste. Es war aber nicht sein echtes Grinsen sondern Jenna hatte den Eindruck, es war ein herausforderndes. Bevor also Liam irgendwas Falsches sagen konnte sprang Jenna in die Bresche.

„Er hilft beim Aufräumen des Chaos, das ihr hier angerichtet habt.", sie tat es als Selbstverständlichkeit kund.

„Das sehe ich, aber was macht er so früh hier?", erneut glitt sein Blick zwischen Jenna und Liam hin und her. Sie sah auf die Uhr und stellte fest, dass es erst neun war. Sie hatte den Eindruck gehabt es müsste wesentlich später sein, kein Wunder also, dass Chris sich darüber wunderte.

„Ich hab hier gepennt?", Liam sah Chris an als wäre er derjenige, der nicht ganz sauber tickte. Jennas Blick glitt zwischen den Beiden hin und her und blieb schließlich an Chris hängen, dem die Verwirrung ins Gesicht geschrieben stand.

„Jetzt sag mir nicht, dass du nicht mehr weißt, dass ich gestern noch vorbei gekommen bin!", Liam sah Chris an, als wäre er bescheuert und dieser begann an seinem Verstand zu zweifeln, das erkannte Jenna sofort. Liam hatte nicht gelogen, hatte aber einen Teil der Wahrheit auch verschwiegen, was ihr zu denken gab. Chris griff sich an den Kopf, strich erneut mit den Fingern durch seine Haare und setzte sich dann zu der Kaffeemaschine in Bewegung, die fröhlich vor sich hin brühte. Obwohl der Kaffee noch nicht durchgelaufen war nahm sich Chris eine Tasse aus dem Oberschrank und goss sich etwas ein, drehte sich dann um und lehnte sich an die Arbeitsplatte.

„Fuck, die Party ist ein wenig aus dem Ruder gelaufen hab ich das Gefühl!", meinte er und sah ein wenig blass aus. Er konnte noch gar nicht nüchtern sein, denn so wie er aussah hatte er eine ganze Menge getrunken und war bestimmt nicht vor vier ins Bett gegangen. Die Frage lautete, warum er so früh wach war!?

„Und du? Warum bist du schon wach?", fragte Jenna und hatte das leise Gefühl, dass die vorhin zuschlagende Tür ein Mädchen gewesen war, dass früh raus musste. Chris sah auf, sein Teint war vielleicht sogar noch ein wenig bleicher geworden, doch das konnte auch an der schnellen Kopfbewegung liegen und überlegte, während er einen großzügigen und äußerst langsamen Schluck von seinem Kaffee nahm.

„Keine Ahnung...bin einfach wach geworden.", erklärte er gelassen und sah zum Fenster im Wohnzimmer hinaus.

„Einfach wach geworden? Um neun Uhr in der Früh nach einem Rausch...?", Liam schien ihm die Geschichte nicht abzukaufen und auch Jenna zweifelte sehr daran.

„Musst du grad sagen. Du stehst doch hier in der Küche und räumst auf in aller Herrgottsfrühe, oder?", meinte jetzt Chris und sah zwischen Liam und Jenna hin und her. Bevor er jedoch weiter nachhaken konnte stellte Jenna die Gegenfrage.

„Ach und wer ist da gerade eben so schnell zur Tür raus verschwunden?", als Chris leicht errötete lächelte Jenna siegessicher.

„Touché.", Chris fuhr sich mit der Hand durch die Haare und blickte sich im Zimmer um. Er wollte ablenken, das war klar, doch stattdessen überraschte er Jenna mit seinen nächsten Worten.

„Ok, ich frage bei euch nicht nach und ihr lasst mich mit der Fragerei in Ruhe, ok?", er war zu einem Kompromiss gekommen, mit dem Jenna gut leben konnte. Aber auch nur, weil sie nicht wollte, dass Chris heraus bekam, dass Liam die Nacht in ihrem Zimmer verbracht hatte. Hätte sie nichts zu verbergen hätte sie alles getan um zu erfahren, was Chris vor ihr geheim halten wollte.

„Nun gut, die Party gestern ist wohl ein klein wenig aus dem Ruder gelaufen. Wann sind Mom und Dad wieder da?", fragte Chris und sah erneut auf die Uhr. Seine Augen waren blutunterlaufen und er hätte definitiv noch mehr Schlaf gebraucht, doch die Pflicht rief.

„Irgendwann Abends...", entgegnete Liam und fuhr fort, den Müll in die Säcke zu befördern.

„Ok, dann legen wir mal los.", begeistert war Chris nicht doch er sah wohl ein, dass diese Party und Ausartung auf seinen Mist gewachsen war.

Auch Jenna machte nicht zwangsläufig Luftsprünge bei dem Gedanken den ganzen Tag aufzuräumen, andererseits war Liam dann in ihrer Nähe. Und wenn er in ihrer Nähe war, konnte er sich nicht so viele Gedanken machen, denn das war noch nie eine gute Idee gewesen. Er dachte generell negativ und er würde diese Sache so schnell beenden, so schnell würde Jenna gar keine Einwände vorbringen können sollte er das Gefühl bekommen, ihr zu schaden. Und da sie sich in ihn verliebt hatte würde er unweigerlich glauben, dass er ihr schade würde.

Kopfschüttelnd schnappte Jenna sich einen weiteren der großen, blauen Säcke und ging ins Wohnzimmer wo die Verwüstung sehr augenscheinlich war doch das würde sie ablenken.

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„Ok, ich glaube wir haben alles.", Chris schmiss sich auf das Sofa, legte beide Arme auf der Rückenlehne ab und sah sich zufrieden um. Mittlerweile war es zwei Uhr Nachmittags und alle waren erledigt von dieser Putzaktion.

„Ich bestell uns mal ne Pizza.", erklärte Jenna die jetzt erwartete, dass Liam sich verabschieden und nachhause gehen würde. Obwohl sie den Abend, die Nacht und den gesamten bisherigen Tag mit ihm verbracht hatte, hatte sie das Gefühl, dass es nicht genug war. Sie wollte ihn am liebsten rund um die Uhr in ihrer Nähe haben, wollte wissen, dass sie jederzeit mit ihm sprechen konnte.

„Wie wäre es, wenn wir uns einen Film reinziehen während wir auf die Pizza warten?", erklärte Liam in diesem Moment und Jenna blickte überrascht auf. Er wollte sich nicht verabschieden. Er wollte auch die nächsten Stunden hier bleiben. Diese Erkenntnis brachte Jenna dazu zu lächeln und damit niemand sie dabei sah ging sie zum Telefon in der Küche.

„Klar warum nicht. Sucht ihr doch einen aus, ich bestelle schonmal.", sie konnte es nicht verhindern. Sie lächelte wie ein Honigkuchenpferd und obwohl sie es nicht wollte keimte in ihr der Gedanke auf, dass vielleicht am Ende alles ganz anders werden würde. Dass sie sich umsonst Sorgen machte.

Zehn Minuten später saßen alle im Wohnzimmer. Liam und sie teilten sich die große Couch, dafür lag Chris auf der etwas kleineren weit ausgebreitet und machte bereits jetzt den Eindruck, als würde er jeden Moment einschlafen. Sie hatten sich für Django entschieden, Chris' Lieblingsfilm doch er würde sowieso nicht viel davon mitbekommen. Nach weiteren zwanzig Minuten klingelte es an der Haustür und Liam nahm die Pizza entgegen. Chris bekam schon nichts mehr mit und war in einen tiefen Schlaf versunken. Während Jenna Teller holte öffnete Liam den Karton und brachte eine dampfende, unglaublich gut riechende Pizza zum Vorschein in die Jenna sich am liebsten augenblicklich reingelegt hätte. Ihr Magen knurrte zur Bestätigung und sie schnappte sich ein Stück, lehnte sich dann wieder zurück und genoss den Film. Liam saß so nah bei ihr, dass sich ihre Arme immer wieder berührten, was jedes mal einen Schauer durch ihren Körper jagte. Vor zwei Tagen waren sie sich so nahe gewesen und dennoch verursachte diese winzige Berührung ein Gefühl, dass sie bei Richard niemals erlebt hatte. Welches sie höchstwahrscheinlich nie wieder so erleben würde, denn sie war sich sicher, dass Liam so schnell nicht mehr aus ihren Gedanken verschwinden würde. Jenna konnte sich nicht vorstellen, dass jemals wieder irgendjemand sie so tief berühren würde.

„Alles in Ordnung bei dir?", Jenna erschrak bei diesen Worten und wandte sich in Liams Richtung, der sie beobachtet hatte. Ihr Gesichtsausdruck musste verraten haben, dass sie in Gedanken gewesen war.

„Alles bestens.", erklärte sie und setzte dabei ihr stählernstes Lächeln auf. Zumindest hoffte sie, dass sie das tat denn sie konnte ihre Gesichtszüge gerade nicht wirklich kontrollieren.

„Ja klar, ich hab nur gerade daran gedacht, dass es bald weg geht. Die Abschlussprüfungen stehen direkt vor der Tür und danach dauert es nicht mehr lange und wir gehen aufs College!", sie musste zugeben, sie wollte Liams Reaktion auf diese Aussage sehen. Würde er es schade finden, dass sie sich nicht mehr so häufig sehen würden? Oder dachte er überhaupt nicht daran? Jenna fiel auf, dass sie keine Ahnung hatte wohin Liam gehen würde, doch wenn er es ihr noch nicht erzählt hatte wollte er vielleicht gar nicht, dass sie es wusste. Oh sie würde definitiv noch verrückt werden.

Liam zuckte mit den Schultern und legte seinen Teller auf dem Tisch ab.

„So ist halt das Leben. Das eine Kapitel wird beendet und ein neues beginnt. Aber ich dachte es ist dein Traum endlich hier weg zu kommen?", erwiderte er, sah sie dabei jedoch nicht an. Er fixierte den Fernseher, tat so als würde da gerade etwas unglaublich spannendes geschehen obwohl die zwei Protagonisten in diesem Moment eigentlich nur durch die Wildnis ritten.

„Ja schon. Aber nur weil es mein Traum ist heißt es ja nicht, dass es mir nicht schwer fallen wird zu gehen.", erklärte Jenna und wünschte sich irgendeine Reaktion von Liam die ihr sagte, was er tatsächlich dachte.

„Warum sollte es dir schwer fallen? Irgendwann musst du ja dein eigenes Leben beginnen, oder? Du lässt dein Leben hier ja nicht vollkommen zurück. Du wirst Chris und deine Eltern in den Ferien sehen, zu den Feiertagen. Du wohnst nur ein paar Stunden weiter weg!", er schien nicht einmal im geringsten eine Ahnung zu haben, worauf Jenna eigentlich hinaus wollte und obwohl sie am liebsten fragen würde, was mit ihm war, wann sie ihn dann das nächste Mal sehen würde, hielt sie ihren Mund und kaute abwartend. Vielleicht würde Liam ja doch noch etwas zu dem Thema sagen. Doch das tat er nicht.

„Und was ist mit dir? Wohin gehst du?", sie hatte ihren gesamten Mut zusammen genommen und die Frage gestellt, doch jetzt fürchtete sie sich vor der Antwort.

Liam zuckte mit den Schultern.

„Ganz ehrlich?", er wandte Jenna sein Gesicht zu und zog dabei seine Augenbrauen nach oben. Sie nickte zur Bestätigung und spürte ihren Herzschlag, der sich langsam beschleunigte.

„Ich habe keine Ahnung. Meine Noten waren die ganzen letzten Jahre nicht so prickelnd und deswegen entscheidet sich dies bei mir erst nach den Abschlussprüfungen, aber ich habe da ein paar im Auge, die gar nicht schlecht wären.", dieser Mistkerl hielt genau jetzt inne und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Film. Merkte er denn nicht, wie dringend Jenna wissen wollte, was er nach der Schule tun würde? Sie wollte wissen, wie weit sie voneinander weg wären und ob sie sich überhaupt noch sehen würden. Doch sie fragte nicht noch einmal nach. Denn Teller, den sie gerade noch in der Hand gehalten hatte, stellte sie auf dem Tisch vor sich ab und anschließend erhob sie sich.

„Was machst du?", fragte Liam sie überrascht.

„Ich muss schnell auf die Toilette...", log Jenna nicht sonderlich bemüht und ging in den Flur. Im kleinen Gästebad angekommen betrachtete sie sich einige Sekunden im Spiegel, bevor sie das Wasser aufdrehte und sich die Hände wusch nur um etwas zu tun zu haben.

Sie musste jetzt wirklich langsam anfangen sich zusammen zu reißen verdammt. Das ganze Wochenende hatte sie damit verbracht vor sich hin zu grübeln stattdessen hätte sie ihre Energie für wesentlich bessere Dinge sparen können. Schließlich hatte Liam ihr diesen Brief gegeben, hatte ihr in diesem seine Liebe gestanden und ihn ihr trotzdem gegeben. Natürlich war er darüber hinweg was er damals empfunden hatte doch wer zum Teufel sagte denn bitte, dass es nicht irgendwann doch wieder geschehen konnte? Und selbst wenn nicht, war das jetzt wirklich ein Grund dafür, all die anderen Dinge aus ihren Gedanken zu verbannen? Nein verflucht. Das war es nicht.

Jenna atmete tief durch und öffnete anschließend die Tür, doch als sie in den Flur trat hielt sie abrupt inne. Liam stand an der gegenüberliegenden Wand angelehnt und hatte die Arme vor der Brust verschränkt.

„Was ist los?", er wippte mit dem einen Fuß auf und ab, aufgeregt oder beunruhigt, das konnte Jenna nicht genau sagen.

„Gar nichts, was soll los sein?", log sie erneut und ging aufs Wohnzimmer zu, doch Liam hielt sie am Arm fest.

„Carson ich kenne dich, ich weiß wann du lügst und wann nicht und glaub mir, jetzt gerade hast du gelogen. Was soll dieses ganze Geschwätz von der Zukunft? Warum willst du wissen, wohin ich gehe und warum fällt es dir plötzlich so schwer von hier weg zu gehen? Ich bin doch nicht bescheuert, ich weiß doch, dass hier irgendwas im Busch ist!", Liam löste sich von der Wand und legte seine Hände auf Jennas Schultern. Sie versucht sie davon abzuhalten zu zittern.

„Ich habe einfach Angst ok? Ich habe Angst ein Leben zu führen, in dem ich nicht weiß was mich erwartet!", woher diese Worte kamen wusste sie nicht, doch anscheinend entsprachen sie zumindest zum Teil der Wahrheit, sonst wären sie ihr nicht so spontan über die Lippen gekommen. Liam begann zu lächeln und zog sie an seine Brust, was sie noch mehr überraschte als die Tatsache, dass er immer noch da war.

„Carson...darüber haben wir doch schon einmal gesprochen. Du wirst aufs College gehen, wirst einen Typen kennenlernen, dich in ihn verlieben und irgendwann werdet ihr in einem kleinen Häuschen mit Garten leben. Bis dahin lass dich doch einfach mal überraschen!", sein Griff verstärkte sich minimal und dabei schloss Jenna die Augen. Vielleicht hatte Liam Recht. Man musste nicht immer alles planen bis ins kleinste Detail. Liam zog sich ein wenig zurück und sah sie an.

„Und bis es dazu kommt bin ich auch noch da. Ich habe mich schließlich dazu entschlossen die Herausforderung anzunehmen...", und eine Sekunde später küsste er sie, als wäre es eine Selbstverständlichkeit. Als würde es nicht ein Erdbeben in ihr verursachen. Gerade als sie Liam noch näher an sich ziehen wollte hörte sie, wie die Haustür aufgeschlossen wurde und in Eifer des Gefechts stieß sie Liam hart gegen die Brust. Dieser taumelte zurück und landete an der Wand an der er vorher noch gestanden war. Ein irritierter Blick huschte über sein Gesicht verschwand jedoch augenblicklich als er Jennas Mutter sah, die fröhlich plappernd herein spaziert kam. Ihr Vater folgte ihr bepackt mit zwei Koffern (es sah tatsächlich so aus als wären sie über eine Woche unterwegs gewesen) und nickte immer wieder, so als höre er wirklich zu. Mitten in ihrem Satz hielt sie inne und betrachtete die beiden, die im Flur standen und eindeutig so aussahen, als hätten sie etwas angestellt.

„Jenna, Liam. Alles in Ordnung mit euch? Ihr seht ein wenig blass aus!", meinte sie und deutete ihrem Mann an, die Koffer ins Eck zu stellen. Dieser ließ sie erleichtert auf den Boden plumpsen und strich sich dann mit der flachen Hand über die Stirn.

„Ach was Mom, du kennst die Beiden doch. Die hecken ständig was aus. Wahrscheinlich hatten sie gerade wieder irgendeine Auseinandersetzung...", Chris kam in den Flur und umarmte seine Mom, anschließend sah er Liam und Jenna eingehend an. Sein Blick verengte sich und als Jenna dies sah, schluckte sie einmal schwer. Chris hatte sie gesehen. Eindeutig. Sie hatte immer abgestritten, das etwas lief zwischen den Beiden, doch Chris musste sie gesehen haben. Seine ganze Körpersprache schien Bände zu sprechen.

„Na wie dem auch sei, ich hau ab. Ich wünsche euch allen noch einen schönen Abend.", Liam strich sich durch die Haare die ihm anschließend ins Gesicht fielen und ging auf die immer noch offene Tür zu. Ein letztes Mal drehte er sich um und sah Jenna an, doch sein Blick verweilte nicht lange bei ihr. Stattdessen ging er weiter zu Chris, der jetzt an der Stelle lehnte, an der Liam vorhin gestanden war. Er hatte die Arme verschränkt und Jenna wurde schlagartig klar, dass Chris Liam als einen Bruder zwar liebte jedoch niemals damit einverstanden wäre, wenn dieser mit Jenna zusammen wäre. Warum auch immer Chris diese Abneigung gegen Liam hatte, sie würde so schnell nicht vergehen. Liam nickte ihm zu und verschwand dann durch die Haustür, die Jennas Mom hinter ihm schloss.

„Jetzt hab ich Hunger, wir waren gefühlt eine Ewigkeit unterwegs!", erklärte sie und rieb sich die Hände, während Jennas Dad ins Wohnzimmer ging und sich aufs Sofa niederließ.

„Jenna hat vorhin erst Pizza bestellt, es ist bestimmt noch was da!", erklärte Chris ihr, sah sie dabei jedoch nicht an. Sein Blick war nur auf Jenna gerichtet. Während ihre Mom sich ebenfalls aufs Sofa setzte rechnete Jenna damit, jeden Moment von Chris angesprochen zu werden, doch er tat es nicht. Er schien sich noch nicht ganz sicher zu sein, was er überhaupt von sich geben wollte und so beschloss Jenna, bevor es ihm einfiel das Weite zu suchen. Sie hatte mittlerweile schon Kopfschmerzen von all dem Nachdenken und so beschloss sie in diesem Moment, dass alles nur so schlimm war, wie sie zuließ. Außerdem hatte Liam, bevor er sie geküsst hatte, gesagt, dass er beschlossen hatte die Herausforderung anzunehmen. Jetzt stellte sich nur noch die Frage welche Herausforderung genau er gemeint hatte.


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