Kapitel 1 - der Neue

Die Sonne lacht; Der Tag ist schön. Und alles andere deswegen auch. Denkst d'! Ich muss früh aufstehen, weil ein erneutes Jahr -mein letztes Jahr- in dieser blöden Schule voran schreitet. Ich bin Langschläferin (ich schlafe teilweise bis 15 oder 16 Uhr -verrückt!, wie viele sagen (würden)), aber nun muss ich vor einer zweistelligen Zahl aufstehen und das sogar noch ganze vier Stunden! Was soll das? Warum muss Schule nur so früh anfangen? Ich lebe in einem Dorf, fast eine Kleinstadt, doch trotzdessen, bin ich fast unsichtbar, was mich unglaublich glücklich macht. Ich habe nämlich ein Geheimnis, das wunderlicherweise trotz Dorfleben komplett geheim bleiben konnte. Ich lebe in diesem Dorf seit fast zwei Jahren, weil dieses Geheimnis zuvor große Probleme in meinem Leben ausgewirkt hat. Damals habe ich noch in einer Stadt gelebt, wo es trotz Stadtleben seltsamerweise sehr schnell ans Tageslicht gebracht wurde.
Meine Eltern sind Zuhause, sie könnten mich immer zur Schule fahren, doch das will ich nicht. Mein Geheimnis könnte dadurch nämlich kein so großes Geheimnis mehr sein -besser gesagt: gar keins, weil sich diese Information wie ein Lauffeuer verbreiten würden.
Meine beiden besten Freunde wissen Bescheid, würden mich aber niemals verraten. Bei ihnen habe ich ein Jahr gebraucht, bis ich mich getraut habe, ihnen alles zu gestehen.
Ich packe meine Sachen, ziehe mich an, mache mir mein Frühstück und putze mir meine Zähne. Zum Schluss mache ich das, was die meiste Zeit in Anspruch nimmt: ich käme meine Haare. Dieses Nest zu bändigen ist ein verlorener Kampf, den ich jeden Tag aufs Neue führe. Genervt stöhne ich auf -und gebe auch auf- und lasse den Kamm wieder im Schrank verschwinden. Ich schnappe mir meinen Rucksack und laufe nach draußen, wo bereits Klara und Jaydon -meine beiden besten Freunde- auf mich warten, nachdem mir meine Eltern einen schönen Start ins letzte Schuljahr gewünscht und wir uns voneinander verabschiedet haben. "Und wie groß ist eure Freude?", fragt Klara. Wir drei sind unzertrennlich und verstehen uns sogar ohne Worte. Wir kennen uns in und auswendig, daher ist ihre Frage eigentlich völlig überflüssig, da sie die Antwort von uns beiden ohnehin schon kennt. "Wie wohl?", kommt zeitgleich die Gegenfrage von Jaydon und mir. "Ja, ich würde auch lieber faulenzen und mit euch irgendwelche Übernachtungen machen  und Spaß haben. Ein wenig Alkohol am Morgen, ein wenig Alkohol am Abend und euch mit drin. Eine wirklich unschlagbare Zeit." Klara ist schon irgendwie Alkoholabhängig, aber sie kann wirklich viel vertagen. Wenn wir feiern ist sie die erste, die sich eine Flasche schnappt. Aber bei ihr ist halt FEIERLAUNE groß geschrieben. Während ich mich eher zurückhalte, springt sie wild umher und singt alle Lieder mit, die gerade im Hintergrund so laufen. Sie hatte noch nie einen Kater und hält immer am längsten durch. Sie hat auch noch nie wegen Alkohol kotzen müssen. Manchmal frage ich mich, ob ihre Blutbahn zur Hälfte vielleicht einfach aus Alkohol besteht, dass ihr Körper keinerlei Reaktionen darauf gibt. Aber sie trinkt nur, wenn wir feiern oder einen gemeinsamen normalen Abend haben. Wundert mich allerdings schon, dass sie nicht wegen der Schule und den dort bestehendem Verhalten der Schüler angefangen hat, zu einer hartcore Alkoholikerin zu mutieren und sich den Ranzen voll mit Vodka zu beladen, um nach jeder Dummheit, die jeder macht, einen Shot zu trinken (auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ein voller Ranzen da ausreichen würde).
Ich bin froh die beiden zu haben. So gute Freunde, kann man sich nur wünschen. Vorher hatte ich keine Freunde, aber seit ich die beiden habe, bin ich ein glücklicherer Mensch geworden, es gibt bestimmt nichts, was das ändern könnte. Ganz bestimmt nichts!
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Aber man sollte sich ja nie zu früh freuen ...
Verwundert komme ich in unseren Klassenraum an. Gerade habe ich noch meinen Kopf nach hinten zu meinen beiden Freunden gedreht gehabt und bereits gesagt, dass sicher ein totalles Chaos darin herrschen würde. Aber so ist es nicht. Es wird weder etwas rumgeworfen, noch rumgerannt oder rumgeschrien. Stattdessen sind alle um einen Tisch versammelt. Das Objekt des großen Interesses ist allerdings hinter einigen Leuten versteckt. Ohne etwas zu sagen laufen wir langsam in den Raum rein und versuchen zu erkennen, was da so tolles sein soll. Mit Argwohn laufe ich langsam auf den Haufen zu. Wenn diese Klasse etwas toll findet, dann kann es niemals etwas gutes sein. Alle stellen seltsame Fragen, die ich nicht weiter beachte. Und dann sehe ich ihn da hinter einem blonden Haarschopf auftauchen. Mein erster Gedanke bei seim Anblick ist: Wer ist das? Kenn' ich nicht.
Er hat ein breites Lächeln und seine Augen faszinieren mich irgendwie, obwohl ich braune Augen nicht wirklich ausstehen kann. Aber seine sind nicht richtig braun, eher eine Mischung aus grün, gelb und braun. Und die Farben gehen inneinander über (hatte das nicht einen speziellen Namen? Hazel oder so?). Aber er grinst wie ein Vollidiot, also muss er auch so ein Bekloppter, wie alle anderen sein. Und dann fällt mir noch ein ganz gewaltiges Problem an ihm auf: Er sitzt auf meinem Platz! Dem perfekten Platz, an dem ich mit Jaydon und Klara zusammen sitzen kann! Finster sehe ich ihn an, in der Hoffnung, er würde es durch ein unangenehmes Gefühl, das ich dabei absondere, bemerken und sofort wissen, was mein Problem an ihm ist. Aber nein, das passiert wohl nur in Filmen oder anderen Leuten, aber nicht mir. Stattdessen lacht und redet er in Ruhe mit den anderen weiter. Ich könnte so durchdrehen. Ich versuche mich an den anderen vorbeizudrängeln, intensiviere meinen Blick und hoffe, dass er mich endlich bemerkt. Immer noch keine Reaktion. Ich schlage meine Hände auf den Tisch, starre ihn intensiv an und beuge mich ein wenig vor. Ich muss gerade wie eine Psychopathin aussehen. "Gott, was ist denn jetzt schon wieder mit der falsch?", höre ich ein Mädchen angewidert im Hintergrund fragen. Im Augenwickel erkenne ich, dass sie schräg steht und ihre Arme überkreuzt hat. Ich bin eine unbeliebte, fast schon verhasste Person in meiner Klasse. Das stört mich nicht, da sie mich in Ruhe lassen, abgesehen von seltsamen Blicken oder ein wenig Getuschel.
Er guckt mich irritiert an. "Ich hab dich schon mitbekommen. Du kannst aber auch einfach mal was sagen, statt mich einfach nur wie eine Irre anzustarren." Empört sehe ich ihn an. Wie kann dieser Dreckskerl es wagen? "Also, was ist denn nun? Hast du irgendein Problem, bei dem du dachtest, mein unwiderstehlicher Scharm und gutes Aussehen könnte dir helfen?"
Eingebildeter Kotzbrocken.
Alle lachen. Die finden den wohl super lustig. Bei der kleinen Größe ihres Gehirns kann ich aber wohl kaum mehr verlangen. Ich würde meine Klasse schon als unterbelichtet bezeichnen. Die glauben auch, dass Gänse, Enten und Dackel überdimensionierte Raten sind. Allesamt Idioten. Dieser Kerl passt hier wirklich super rein. "Du bist mein Problem", zische ich ihm entgegen. "Ich bin dein Problem? Wo bin ich denn bitte ein Problem?"
"Du sitzt auf meinem Platz!"
"Dann such dir halt einen neuen."
"Nein! Das ist die perfekte Sitzmöglichkeit, um mit meinen beiden Freunden zusammen sitzen zu können."
"Ist doch egal, im Unterricht hast du doch eh auf den Unterricht und nicht auf deien Freunde zu achten. Da brauchst du die also gar nicht."
"Doch, sehr wohl! Ich brauche sie. Mal was von mentaler Unterstützung gehört? Die beiden geben sie mir und in einer Schule und Klasser wie diese, ist das auch sehr von Nöten."
"Was soll das denn bitte heißen, du eingebildete Ziege? Hälst dich wohl für was Besseres, weil du so eine Streberin bist?", kommt es aus den Hinterenreihen. Ich ignoriere es einfach. Es gibt immerhin etwas Wichtiges, auf das -oder jemand Wichtigeres-, auf den ich achten muss. Ich sehe diesem Dreckskerl intensiv in die Augen, schon beinahe herausfordernt. Er hat mir gefälligst Platz zu machen. Leute die glauben, weil sie gut aussehen oder neu sind, dass sie sich alles leisten können, kann ich absolut nicht ausstehen. Ich werde als Streberin bezeichnet, weil ich mein Gehirn einsetze und mich Anstrenge, während die sich Sorgen machen müssen, ob sie in die nächste Klasse versetzt werden. Aber ich würde mich wohl nicht so anstrengen wenn ich keine so berühmten Eltern hätte. Ich will einfach nicht, dass jemand behauptet, dass ich es doch nur so einfach hätte, wegen meinen Eltern. Ich will mich nicht auf meinen Eltern ausruhen. Ich will etwas aus eigenem Antrieb schaffen. Und wenn jemand behauptet, ich würde glauben, dass ich etwas Besseres bin, dann nur zu. Eben weil ich mich nicht auf anderen ausruhe und mich anstrenge, bin ich etwas Besseres.
Ich warte darauf, dass er seinen knackigen (ich geh jetzt einfach mal davon aus, dass er das bei seiner dünnen Statur ist) Arsch von meinem Platz bewegt, aber er macht nicht die Anstalten, von ihm aufzustehen. Ich forme meine Augen zu Schlitzen. Da dreht sich der Scheißkerl einfach weg! Ich könnte so kotzen! Am besten auf ihn und sein scheiß Grinsen! "Hey! Hast du mich nicht gehört?" Der Kerl nervt mich bereits jetzt schon unglaublich doll. Jaydon und Klara kommen zu mir. Sanft legt er eine Hand auf meine Schulter, während er mit der anderen seinen Ranzen umgreift, der locker über seiner Schulter hängt. Ein wirklich trauriger Versuch mich zu beruhigen. Ich bin nämlich alles andere als einfach ruhig zu stellen. Ich bin ein Dickkopf, der sich nicht einfach so rumschubsen lässt. Aber er will auch nicht nachgeben, das kann ich in seinen Augen sehen. Da ist diese Angriffslust, die ganz eindeutig ich gerade ausgelöst habe. "Mia, komm schon, wir setzten uns einfach woanders hin", versucht Jaydon es erneut, aber ich schüttel ihn einfach ab. Bei der Erwähnung meines Namens, scheint etwas in den Augen meines Gegenübers aufgefunkt zu haben, als würde er sich ganz plötzlich an jemanden oder etwas erinnern. Aber warum sollte er? Mia ist ein ganz weit vertretener Name. Am liebsten hätte ich einen anderen Namen. Etwas einzigartiger. Wenn ich nur zu meiner Geburt bereits sprechen gekonnt hätte, dann hätten ich meinen Eltern bessere Namensvorschläge gemacht und wenn ich nicht ein Haufen Knietsche gewesen wäre, dann hätte ich meine Arme ausgestreckz und beiden einen Schlag verpasst. Womöglich ist dieser scheusliche Name aber auch nur die Rache, für das viele Leiden, dass sie während der Schwangerschaft wegen mir hatten. Dafür habe ich als Kind an ihnen Rache genommen, für diesen Namen. Ich war schon immer ein kleiner Wirbelwind; mit mir wurde es nie lanhweilig, es gab immer etwas zu tun.
Ein Klingeln weckt mich aus meinen Gedanken, aber nicht aus meinem Versuch,diesen Kerl von meinem Sitz zu bewegen. Ich höre die Schritte des Lehrers und spüre die Griffe meiner Freunde. "Bevor das noch ewig so weiter geht; dich bekommt man da ja doch nicht weg", höre ich Klara ssgen und kann mir gut vorstellen, wie sie in diesen Moment wohl gucken mag. "Das ist noch nicht vorbei!", sage ich und deutet ihm mit einer Geste, dass ich ihn im Auge behalten werde. Sie schleifen mich an einen anderen Platz, hinten in der Ecke. Ein Wunder, dass der noch frei ist, wenn man bedenkt, dass alle möglichst weit weg vom Lehrer sitzen wollen. Muss an diesem Kerl liegen. Die scheinen sich alle um diesen einen Platz genau neben ihn zu streiten. Klara setzt sich neben mich und Jaydon setzt sich vor uns. So ein Scheißzeug, aber so können wir wenigstens dennoch beieinander bleiben. Nerven tut es mich dennoch. Jaydon bleibt alleine. Dafür suchen sich alle anderen aber auch schnell einen Platz, bevor der Lehrer endgültig da war. Klara versucht mich zu beruhigen. "Sieh es mal so, wenigstens können wir jetzt aus dem Fenster sehen." Ich stimme ihr grummelig zu. Vielleicht könnte ich mich doch noch daran gewöhnen. Denn draußen kann ich zusehen, wie ein paar recht lustige Dinge passieren. Ein Kind ist zum Beispiel auf dem Schulhof hingefallen. Sieht so aus, als wäre es zuspät in die Schule gekommen. Ich muss grinsen. Kinder sind wirklich zu komisch. Klara hat es ebenfalls gesehen. Jetzt machen wir uns darüber lustig. Jaydon will wissen, was los ist. Wir weihen ihn ein. So wird es wieder ein Dreierspaß. Okay, es so zu vormulieren hört sich komisch an. Aber es ist ja sicher ohnehin bekannt, was ich sagen will. So könnte alles wieder ganz normal sein, wenn da nicht ein gewisser Jemand wäre, von dem ich mich ständig beobachtet fühle ...

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