Kapitel 28

Thomas POV

Mein Kopf fühlte sich an, als wäre er mit Watte ausgestopft. Ich hatte mich nicht gewehrt, als man mir das Beruhigungsmittel verabreicht hatte. Eher hatte ich gehofft, dass es mir helfen würde, wenigstens für einen Moment alles zu vergessen. Und das tat es wirklich.

Meine Wange brannte noch immer, ich hatte nicht damit gerechnet, dass Alex diese Kraft aufbringen würde.
Anscheinend hat er seine gesamte Wut aufbewahrt, um sie an mir auszulassen. Aber zum Glück hatte ich Nelli dabei. Ich wollte mir gar nicht vorstellen was passiert wäre wenn es nicht so gewesen wäre. Hätten die anderen Besucher des Parks mir geholfen? Ich wollte es glauben, doch bezweifelte es.

Jetzt saß ich in einem leeren Behandlungszimmer auf der Liege und lehnte mit Rücken und Kopf gegen die weiße Wand. Nelli war gegen aller Vernunft auch hier, auch wenn Hunde rein gar nichts hier verloren hatten. Aber wahrscheinlich wussten sie nicht was sie sonst mit ihr hätten tun sollen. Nun lag sie vor der Liege auf dem Linoliumboden und hatte den Kopf auf die Vorderpfoten gelegt.

Ich schloß die Augen und versuchte, das Chaos in meinem Kopf unter Kontrolle zu bringen. Alex hatte offensichtlich nach mir gesucht, vielleicht sogar Dylans Haus gestalkt. Allein bei dem bloßen Gedanken daran bekam ich eine Gänsehaut. Hatte er gesehen, wie Dylan und ich uns geküsst hatten? Hat er mich beobachtet, als ich die anderen wenige Male mit Nelli im Park oder einfach spazieren war? Wieso hatte er dann bis heute gewartet, um mich zu konfrontieren...?

Fragen über Fragen löcherten mein Gehirn, aber ich war nicht derjenige, der die Antwort auf sie hatte. Es war Alex, er sie hatte.

In dem Moment öffnete sich mit solchen Schwung die ebenfalls weiße Tür, dass sie sogar noch gegen die Wand prallte und wieder zurückschwang. Im Türrahmen selbst stand ein komplett aufgewühlter Dylan, der anscheinend für die ersten Momente nicht glaubte, dass ich wirklich hier war. Es konnte aber auch sein, dass ich mir das nur einbildetete.

Nelli hob den Kopf, kam auf die Beine und trottete zu dem noch immer wie erstarrten Dylan hinüber. Endlich rührte dieser sich und kraulte Nelli kurz, bevor er zu mir herüber ging. Schon oft hatte ich Sorge in Dylans Blick gesehen, doch diesmal war es anders.
Es war fast so etwas wie Panik.
Nein.
Es WAR Panik.

"Was ist passiert?", fragte er aber dennoch ruhig und setzte sich neben mir auf die niedrige Liege. Das war eine der Sachen, über die ich auch noch in 20 Jahren bei ihm staunen würde. Egal wie schlimm die Situation sein mochte, Dylan behielt immer die Nerven. Anstatt ihm aber zu antworten, versuchte ich mal wieder es alles nicht so schlimm aussehen zu lassen. Als würde Dylan mir das überhaupt noch glauben, vor allem jetzt. "Der Kittel steht dir", sagte ich deshalb stattdessen und versuchte ihn von der Seite anzulächeln, scheiterte aber kläglich.

Irgendwie fühlte sich mein Kopf schwer an, doch ich hielt ihn weiter oben. "Es war Alex, oder?" Dylan ging nicht auf meinen Ausweichversuch ein.
Kein Lächeln.
Kein Danke.

Kaum merklich nickte ich und senkte nun doch den Kopf. Zum einen, weil er wirklich schwer wirkte und zum anderen, weil ich Dylan nicht in die Augen schauen konnte, wenn ich ihm schon wieder erzählen müsste, wie schwach und hilflos ich ohne ihn war. Stattdessen fixierte ich wieder Nelli, welche sich erneut vor der Liege auf den Boden gelegt hatte und mit angewinkelten Ohren auf den Fußboden vor ihren Pfoten starrte. Ich hörte, wie Dylan neben mir geräuschvoll einatmete.

"Nelli hat mich beschützt", sagte ich nach einiger Zeit und ließ die Beine etwas baumeln. "Nachdem Alex ausgeflippt ist, hat sie ihn in seinen Arm gebissen." Mir war neu, wie fremd sich meine Stimme anhörte. "Natürlich hat sie das. Sie liebt dich eben", entgegegnete Dylan mit einer überraschend sanften Stimme, doch keine Sekunde später wurde er wieder toternst.

"Das alles reicht jetzt." Nun schaute ich doch wieder auf und drehte meinen Kopf zu Dylan. "Du zeigst ihn an. Wir zeigen ihn an." So entschlossen wie Dylan sprach, konnte man sofort merken, dass er nicht zum ersten Mal diese Aktion in Erwägung zog. "Wir beantragen eine einstweilige Verfügung gegen ihn, fuck, wir verlassen den gesamten Kontinent wenn es sein muss..."

Bevor ich etwas erwidern konnte hatte Dylan eine seine warmen Hände in meinen Nacken gelegt und zog mich zu ihn. Dann lehnte er seine Stirn gegen meine eigene und schloß die Augen. Es dauerte einen Moment, bevor er weitersprach.
"Es tut mir unendlich leid, dass ich mein Versprechen nicht eingehalten habe... Ich- Ich dachte, du könntest wenigstens im Park sicher sein und wieder du selbst sein." Ich legte eine Hand an Dylans Wange und streichelte mit dem Daumen darüber.

"Ich bin ich selbst, wenn ich bei dir bin", brachte ich nach einer Ewigkeit hervor und Dylan öffnete die Augen.
Mühsam versuchte ich erneut, ihn anzulächeln.

Dann zog er mich innerhalb von einer Sekunde ganz zu sich heran und küsste mich.

Wir werden sehen ob und was Dylan und Tommy gegen Alex unternehmen werden...

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