33| Nathalie Smith
Müde rieb ich mir über die Augen und konzentrierte mich darauf, nicht einzuschlafen. Aber in Anbetracht dessen, dass ich schon seit mehreren Stunden die Konstellationen an der Wand analysierte und die Situation auf mich wirken ließ. Jason und Nathan hingegen saßen mittlerweile auf den Sesseln und ließen mich in Ruhe, während sie selbst eine kleine Pause machten. Mir war bewusst, dass die beiden bereits genügend Arbeit geleistet hatten und es eigentlich nichts mehr zu suchen und recherchieren gab. Was nun nötig war, war das Erarbeitete und Herausgefundene wie Puzzleteile zusammenzufügen und herauszufinden, wer unter Milows Namen weiteragierte und uns zu beobachten schien.
Und ich wusste bei Gott nicht weshalb, aber mein Blick schweifte immer wieder zurück zu Nathalie Smith, zu Lauras Mutter. Ich konnte ihre Daten mittlerweile schon im Kopf wiedergeben, so oft hatte ich mir alles durchgelesen. Dabei war nicht einmal etwas interessant an ihren Informationen, es war vielleicht nur das Wissen, dass sie die Mutter des Mädchens war, welches ich nicht retten konnte. Ob sie mir wohl die Schuld gab? Ein unwohles Gefühl beschlich mich, welches sich nur verstärkte, als ich an das damalige Treffen mit ihr dachte.
Ich erinnerte mich kaum noch an diesen Tag, es schien, als habe sich ein Schleier über die Ereignisse und Worte gelegt, die Nathan mit Sicherheit noch detailliert im Kopf haben würde. Doch wenn ich mich an eines erinnerte, dann an diese Leblosigkeit in ihren Augen, die genauso groß und leer waren wie die von Laura.
„Claire, es wird spät, wollen wir nicht zu dir?", murmelte Nathan gähnend in die Stille hinein. Fragend blickte ich auf die Uhr und erschrak leicht, als ich sah, dass es bereits halb drei nachts war. „Oh kacke", murmelte ich und griff nach meinem Handy. Wie erwartet fand ich eine Nachricht von meinem Bruder auf meinem Display.
‚Ich schlafe jetzt. Wehe, ihr weckt mich nachher auf und wenn ich... Geräusche höre, dann bring ich ihn um.'
„Was ist?"
Ich blickte etwas zu schnell zu Nathan auf, welcher tief im Sessel hing und mich nur mit einem geöffneten Auge beobachtete. Durch seine Position war sein Shirt ein wenig hochgerutscht und ermöglichte mir damit einen kleinen Blick auf seinen gut gebauten Körper. Doch dies führte augenblicklich dazu, dass ich mit meinen Gedanken ein wenig auf den schmutzigeren Weg abkam, wodurch ich Aidans Worte wieder im Kopf schwirren hatte. Mir stieg die Röte auf, als ich mich am Überlegen erwischte, ob er laut sein würde.
„Claire?" – „Nichts!", rief ich erwischt und verdeckte mein Gesicht beschämt mit meinen Händen. Doch das gab ihm noch mehr Grund, misstrauisch zu sein, sodass ich gar nicht schnell genug reagieren konnte, als er schon bei mir ankam und das Handy entwendete.
Panisch rief ich seinen Namen und wollte aufspringen, doch er hielt mich mit einer Hand am Sitzen, während er mein Handy entsperrte und die noch geöffnete Nachricht las.
Oh liebe Hölle, bitte öffne den Boden und nimm mich mit zu dir.
Ich schloss die Augen und hoffte darauf, dass er einfach gehen würde, oder zumindest das Thema nicht ansprechen. Doch als ich spürte, dass er die Lehnen des Stuhls ergriff und mich an sich zog, öffnete ich wieder die Augen und beobachtete mit großen Augen, wie er sich zu mir runterbeugte und lachend seine Stirn auf meine Schulter lehnte.
„Man, warum tust du das", seufzte er und ließ seinen Atem gegen meinen Hals prallen, sodass mich eine Gänsehaut überkam, „ich dachte schon, dass du wieder von irgendjemand Anonymen Nachrichten bekommst."
Erneut lachte er auf, dass ich seinen Körper sogar vibrieren sah. Zeitgleich mit seinem Lachen wurde mir wohlig warm. Er machte sich so viele Sorgen um mich, immer und unaufhörlich. Womit hatte ich einen so tollen Menschen verdient?
„Ich liebe dich", sprach ich meine Gedanken aus und drehte meinen Kopf, um ihm einen Kuss auf die Wange zu schenken. Als Reaktion öffnete er seine Augen, doch hob seinen Kopf nicht hoch und ich glaubte sogar, ihn erröten zu sehen, was mich aufkichern ließ.
„Okay, das reicht. Ich schmeiß euch beiden jetzt raus, ihr turtelt mir zu viel!", grollte Jason, welcher gerade aufgewacht zu sein schien, und schmiss ein Sitzkissen nach uns. Glücklicherweise war Nathans Allerwertester durch sein Beugen ein perfekter Abwehrmechanismus, sodass das Kissen ihn nicht aufhielt, mir einen sanften Kuss auf die Lippen zu drücken.
„Komm, lass uns gehen. Wir machen jetzt ja schon zu viele Geräusche, wie soll das dann nur werden, wenn wir Liebe machen", lächelte er verschmitzt und beobachtete zufrieden, wie meine Haut sich weiter errötete.
Von seiner Frechheit motiviert schubste ich ihn weg und lief zu Jason zu, dessen Kopf ich zum Abschied tätschelte. Dieser bellte zufrieden auf und schmiegte sich wie ein Hund an meine Hand, wodurch ich lachen musste. „Ein Wunder, dass du keine Freundin hast. Du bist so zahm und lieb!", kicherte ich und kraulte ihn aus Spaß hinter den Ohren.
Beleidigt griff Nathan nach meiner Hand und ließ diese trotz Jasons Proteste, weitergekrault werden zu wollen, nicht los. „Aber ich bekomme nie Liebe! Das war echt angenehm", schmollte der Braunschopf und schob seine Unterlippe dabei weit hervor. Ich lachte nur los, weil ich die Situation so absurd fand und zudem Nathans Eifersucht schon niedlich war.
„Fein", grummelte mein Freund und ließ meine Hand los, guckte mich jedoch ermahnend an. Und gegen meine Erwartungen führte er seine Hand auf einmal in Jasons Haare und fing an, diesen unbeholfen zu tätscheln, was mich augenblicklich losprusten ließ. Irgendwie hätte ich es kommen sehen müssen.
Jason stimmte mit einem Grinsen mit ein und guckte neckend zu seinem besten Kumpel, woraufhin dieser errötet innehielt und seine Hand an seiner Hose abwischte. „Schwein", murmelte dieser und griff wieder nach meiner Taille, um mich an sich zu ziehen.
„Jaja, ich liebe dich doch auch, meine Hannah", kicherte Jason und warf ihm einen Kussmund zu, ehe er seine Hand ausstreckte und damit zu deren typischen Handschlag aufforderte. Wie immer führten die beiden schnell und geübt deren Abschied aus, anschließend winkte ich noch verabschiedend und machte mich Richtung Treppen, als Jason mich auf einmal aufhielt: „Wir werden übrigens am in drei Tagen, also am Freitag, mit Christian einige Leute besuchen gehen, aber das klären wir dann. Aber nun geht fleißig schlafen, meine Kiddies, morgen ist Schule!"
Fragend drehte ich mich zu Nathan, der abtuend den Kopf schüttelte und mich zur Treppe bugsierte. „Bis morgen, Idiot", rief Nathan noch nach oben, ehe wir beide wieder in Jasons Schrank standen und rüber zu meinem Haus liefen. Mit einem Mal überfiel uns beide die Müdigkeit, sodass wir nach dem Zähneputzen direkt aneinandergekuschelt einschliefen.
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