57| Das Ende der Hölle

„Wie wäre es, wenn wir das zu Ende bringen? Du wirst ein wunderbares Symbol sein. Und jeder wird am Ende denken, dass Adam auch der Mörder von Laura war!", freute sich Jack und strich dabei mit dem Messer meinen Hals herab.

Das Stechen an meiner Haut ließ mich schlucken und reflexartig wegzucken. Berechenbar, wie es war, zog er mich brutal zurück, sodass sich die Spitze mit einem Mal in meinen Hals bohrte. Es war nicht tief, aber durch die ruckartige Bewegung dennoch genug, um durch meine Haut zu dringen. Scharf zog ich die Luft ein und versuchte, die körperlichen Schmerzen zu verdrängen. Doch das Brennen war zu stark. „Bitte", flehte ich und kniff meine Augen noch stärker zusammen.

„23:54 Uhr", sprach er ruhig. Kurzer Moment Stille. „Du hast Recht. Wir sollten lieber direkt anfangen mit dem Meisterwerk", kicherte er und schmiss mich auf den Boden. Zu meinem Pech landeten meine Arme zuerst auf dem Boden, sodass ich nicht mit dem Kopf so hart aufschlagen konnte, um mein Bewusstsein zu verlieren. Rücksichtslos setzte er sich auf mich und riss mir meine Jacke vom Leib. Ich schrie auf, doch ihn kümmerte dies nicht. Kurz darauf spürte ich, wie er mein Kleid hinten am Rücken zeriss, sodass mein Rücken freigelegt war. Meinen BH hatte er ebenso herausgerissen.

Ich versuchte mich mit aller Kraft zu wehren, doch es brachte nichts. Das Schluchzen war mittlerweile nicht mehr aufzuhalten. Ich spürte Jacks Hand auf meinem Rücken, wie sie zärtlich darüber strich. „So schön rein", wisperte er, bevor ich das kalte Metall auf meinem Rücken spürte. „Nein", weinte ich leise, doch als Antwort erhielt ich nur das Brennen von frischen Wunden, wenn sie mit Luft in Kontakt kamen. Ich hörte auf, mich zu wehren, weil ich mir dadurch nur das Messer in den Körper jagen würde.

Meinen Atem hatte ich angehalten, die Zähne knirschend zusammengebissen. Es schmerzte so verdammt doll, dass ich dachte, jeden Moment ohnmächtig zu werden und alles in mir wünschte sich genau das. Es waren bestimmt nur wenige Millimeter bisher und doch fühlte es sich, als hätte er mir bereits den ganzen Rücken zerschnitten. Bei dem Gedanken daran, wie das ganze Blut aus meinen Wunden floss, wurde mir schummerig.

Ein Lachen entfloh ihm. Gestört wie er war, hörte er damit nicht auf. Es schien ihm zu gefallen, mich so leidend und schreiend zu erleben. Ich betete einfach nur noch, dass es aufhörte. „Hör auf zu heulen", zischte er und kurz darauf ertönte mein Schrei. Er hatte mir das Messer noch tiefer reingedrückt. „Bitte", hauchte ich kraftlos und angespannt.

Als er das Messer leicht drehte, gab ich es endgültig auf. Mit einem Ruck hob ich meinen Oberkörper und verspürte den Schmerz, welcher mich dennoch zu erlösen schien.

„Nein, nein! Du Schlampe! Wage es ja nicht, jetzt zu gehen, ich werde dich sonst sowas von-", schrie Jack rum. Ich wurde misstrauisch, als er nicht weiterredete, doch war es mir so ziemlich egal. Er konnte mich nicht umbringen, wenn ich bereits tot war.

Ich konnte förmlich spüren, wie mir mein ganzes Blut dahinfloss und ich die letzten Minuten meines Lebens in einer dunklen Gasse zu verbringen hatte. Genau dort, wo mein unbeschwertes Leben als Kind damals geendet hatte, so würde auch mein jugendliches Ich sterben. Wie ironisch.

Aber ich würde auf eine seltsame Art glücklich sterben.

„Claire", rief eine Stimme nach meinem Namen, doch ich konnte mich nicht mehr darauf konzentrieren. Alles, was ich hörte, war dieses störrische Rauschen in meinem Ohr, welches alle anderen Geräusche übertönte.

Plötzlich merkte ich, wie ich mein Oberkörper angehoben wurde. Mir wurde etwas um meinen Oberkörper gewickelt. Kräftig und abschnürend. Dann wurde ich auf den Rücken gedreht.

Ich versuchte, meine Augen zu öffnen. Mit all meiner letzten Kraft konzentrierte ich mich darauf. Tatsächlich hatte ich es noch geschafft, doch war meine Sicht nach wie vor nur schemenhaft.

„Claire, ich bin es. Nathan. Es ist in Ordnung, ich bin für dich da. Habe keine Angst", murmelte er mehr zu sich selbst als zu mir. Ich sah nur unscharf, wie sich seine Lippen bewegten, doch das genügte mir, um mich zum Lächeln zu bringen. „Nate", hauchte ich mit einem Ansatz eines verspielten Grinsens. Ich wollte ihm sagen, dass er aufhören sollte, so zu trauern. Das stand ihm nicht. Aber mir fehlte die Kraft.

Die Augen wieder schließend konzentrierte ich mich. „Das bin ich."

Dann merkte ich, wie mich die Schmerzen Stück für Stück betäubten.

Er sagte noch etwas, doch darauf konnte ich mich nicht mehr konzentrieren. Im Hintergrund bemerkte ich auch, wie ich hochgetragen wurde. Mein Körper wurde in die Hände von jemand anderes gegeben und verschwommen beobachtete ich, wie Nathan seine Jacke auszog und mir um die Schultern schlang. Ich stöhnte auf, als Nate mich wieder in die Arme nahm und eine Hand dabei meinen Rücken berührte.

Mir tat alles so furchtbar weh. Und als ich ein lautes, penetrantes Geräusch in meinen Ohren hörte, beschloss ich, schlafen zu gehen. „Nach dem Schlaf sah nämlich immer alles gleich viel besser aus", dachte ich mir stumm und driftete langsam ab. Zu den Rufen von Nates wundervoller, samtiger Stimme schlief ich dann mit einem Lächeln ein.

-

-Nathans Sicht-

Niedergeschlagen hockte ich an ihrem Bett, ihre Hand haltend. Ich wusste nicht genau, was ich fühlen sollte. So war mir noch das Bild ihres Auffindens im Kopf präsent und vor Augen. Wie sie hilflos auf dem Boden lag, unter dieser Missgestalt von Arschloch. Schreiend und weinend. In dem Moment, in dem Jason und ich die Gasse betreten hatten, war es zu spät. Sie hatte aufgegeben für diesen Moment.

Sie so aufgefunden zu haben, machte mich unglaublich wütend. Ich wünschte, die Polizei wäre später gekommen, damit ich diesem Psycho noch ein paar Dinge mitgeben konnte in die Klapse. Wie zum Beispiel ein zweites blaues Auge und ein paar gebrochene Knochen.

Stur schüttelte ich leicht den Kopf und versuchte zeitgleich, die Kopfschmerzen zu verdrängen. Schlafmangel.

Ein Verband am Hals, ein riesiger Verband am Oberkörper und am Kopf. Sie hatte einige geprellte Rippen, wenige gebrochene davontragen müssen. Ebenso eine Gehirnerschütterung und man befürchtete ein Traumata.

Zum Glück hatte das Messer keines ihrer wichtigen Organe getroffen. Aber Blut hatte sie zu Genüge verloren. Und zwei Wochen in einem lebenskritischen Stand waren uns allen auch genug.

Niemand sollte es wagen, meiner Prinzessin etwas anzutun. Sie wusste zwar nicht, dass sie meine Prinzessin war, aber sie war es. Irgendwie.

Ich war unglaublich froh, selber so kontrollsüchtig gewesen zu sein, und mir die ID ihres Handys auf meinen Laptop rübergezogen zu haben. So konnte ich ihren Aufenthalt ohne Probleme orten.

Im Grunde genommen hatte ich den Abend die ganze Zeit damit verbracht, auf ihren Standort zu starren, doch das musste sie nicht wissen. Es war erstmal nur wichtig, dass sie sich erholte. Zum Glück hatte mir Jason auch noch Bescheid gegeben, als er sie hatte gehen sehen. Dafür waren Freunde da.

Für das Helfen von Stalken?

Genervt über mich selbst, verdrehte ich meine Augen. Es stimmte zwar, dass das bereits an Stalking grenzte, aber ich hatte es nur zu ihrer Sicherheit getan. Ich wusste, dass sie mich nicht gefährden wollte und sie es mir deshalb niemals gesagt hätte. Aber das zählte nicht, wenn ich mich freiwillig in die Gefahr stürzte. Ich mochte Gefahren. Und ich mochte Claire.

Ich hatte den ganzen Tag verbracht, ebenso wie die davor, etwas über Jack herauszufinden. Er schien auch nicht unverdächtig mit seinem Internetverlauf.

Und damit meinte ich von den Drecksseiten abgesehen; allein die ganzen Seiten über den Mordfall vor fünf Jahren. Oder die Tatsache, dass er ernsthaft gegooglet hatte, wie man eine Leiche entsorgte.

Die Vermutung war immer da, er hatte Claire seltsam angeschaut, wenn sie nicht geguckt hatte. Und er wusste, dass ich ihm misstraute.

Doch es stand kaum etwas über ihn veröffentlicht und das hatte mich immer in Unsicherheit gelassen.

Hätte ich wissen können, dass er in Wahrheit Milow Hymes hieß und seit vier Jahren unter dem Decknamen Jack Collins lebte? Oder, dass er unter Schizophrenie litt?

Seufzend vergrub ich meinen Kopf in meinen Armen. Ich war müde.

Gott, war ich froh, dass sich der ganze Terror endlich dem Endlich zuneigte. Jack oder Milow, wie immer ich ihn nun nennen sollte, war in der Psychiatrie und entkam nur deshalb einer Gefängnisstrafe. Davor hatte man aber alles über den Mordfall Laura herausfinden können. Jedoch nicht anhand der Aussagen von Jack, da diese von Schizophrenie-erkrankten niemals zuverlässig sein würden. Man hatte am Messer jedoch noch Fingerabdrücke von Jacks Vater – ja, ich hatte mich für Jack entschieden – gefunden und ebenso noch Blut von Laura am Griff finden können.

Da Jack es sogar zugegeben hatte - stolz und dumm wie er war - ging man davon aus, dass es tatsächlich so war. Aber momentan suchte man nach Lauras Mutter, die anscheinend mal einige Jahre Jacks Stiefmutter gewesen war. Wow, war dies eine komplizierte Familienangelegenheit.

Ich müsste Claire da wohl noch ziemlich viel erzählen. Aber erst hatte ich eine Predigt auszuhalten, wie sie mich beleidigte, mich wütend mit Blicken vernichtete und dann erneut beleidigte, weil ich uns beide bei einem Psychologen eingetragen hatte. Eigentlich eher sie, aber den Psychologen konnte ich überzeugen, weil ich ja schließlich „durch das Helfen und objektive Betrachten emotionale Schäden mit mir tragen könnte".

Clever, nicht wahr?

Nichtsdestotrotz freute ich mich darauf. Claire sah unglaublich süß aus, wenn sie sich aufregte. Selbst verletzt sah sie knuffig aus. Und zum Glück waren ihre Wunden größtenteils alle verheilt. Ihre Schmerzen wären damit dann gedämpft. Lediglich die Narben waren beständig.

Mit einem Lächeln auf den Lippen wegen Claire hob ich meinen Kopf wieder und schaute sie an. Die Tür öffnete sich, doch bevor ich weggeschickt werden konnte, wank ich ab und versicherte der Krankenschwester, dass ich gleich gehen würde.

Seufzend betrachtete ich Claire noch kurz. Langsam beugte ich mich zu ihr hinunter und drückte ihr einen sanften Kuss auf ihr Verband.

Wow. Was war das denn? Absolut keine Ahnung, aber es hat sich seltsam erfrischend angefühlt.

Mit einem letzten Blick zu ihr wollte ich mich abwenden, bis mich fast ein Herzinfarkt heimgesucht hätte. Mit großen Augen starrte sie mich an und verfolgte jeden meiner Bewegungen. Erschrocken, verwirrt und... peinlich berührt? Sie wollte ansetzen, etwas zu sagen, doch kam kein Ton heraus. Sofort reichte ich ihr das Wasserglas von mir, welches sie direkt gierig austrank. Ich fing an, breit zu grinsen. Sie hatte nichts gegen den Kuss gesagt. Das war was Gutes.

Ich sah ihren Augen an, was sie wissen wollte, und mit einem glücklichen Lächeln nickte ich: „Es ist jetzt vorbei. Er ist jetzt da, wo er hingehört." Sie atmete erleichtert aus, doch ihre Tränen konnte sie nicht unterdrücken. War es Freude, Trauer, Wut oder Verzweiflung?


Ich wusste es nicht, aber jetzt würde sich alles bessern.

Den kleinen Kuss ignorierten wir geflissentlich, doch mein Grinsen blieb und das Strahlen ihrer Augen auch. Es erschien mir, als hätte sie endlich ihren Frieden gefunden und das machte sie zum wunderschönsten Mädchen, welches ich kannte.

Aber eines war klar. Es würde dauern, bis sie endgültig abschließen konnte.

„Was ist?", grinste sie mich verwirrt an. Ich legte meinen Kopf leicht schief und grinste frech. Als ob ich ihr sagen würde, weshalb ich sie anstarrte. Aber jetzt hatte ich ja schon die perfekte Möglichkeit, also konnte ich es ja auch direkt sagen. „Wir beide gehen ab nächster Woche regelmäßig zum Psychologen. Also, ich freue mich schon und du?"

Stille. Schweigen. Skepsis. Bis sie realisierte, dass es mein absoluter Ernst war.

„Bitte was?", quietschte sie auf und ich könnte schwören, würde sie körperlich nicht im Nachteil sein, so hätte sie mich angesprungen und erwürgt. Doch so, wie sie jetzt schmollend im Bett lag, konnte ich nur kichern.

Und wie ich mich freute.

ENDE.
EPILOG FOLGT NOCH!

Wie gefällt euch das Ende? ;D ich mag es nicht xD

Ihr dürft mir gerne noch offene Fragen stellen:) Wnen ich nicht antworte, dann beantworte ich die Fragen noch im Epilog c:

Oh mein Gott, ist es schwer, die erste richtige Geschichte auf Wattpad zu beenden >.<

Freue mich über Meinungen und Votes, xxT~♥

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