Hoffnung aufgegeben
Jimin
Emotionslos starre ich das blasse Gesicht der Frau in dem Krankenhausbett an. Yoongis Mutter hat die Augen geschlossen, weshalb es ein bisschen so wirkt, als würde sie nur friedlich schlafen.
Aber ich weiß es besser.
Ich kann Menschen das Leben retten und spüre so ganz genau, wie es ihnen gesundheitlich geht. Und am liebsten würde ich den Doktor, der sich an der Tür mit Yoongi unterhält, dafür schlagen, dass er meinem Freund Hoffnungen macht.
Hoffnungen darauf, dass die erschöpfte, kranke Frau in diesem Bett jemals wieder aufwachen wird. Denn genau das wird nicht passieren. Sie ist keineswegs tot, nein. Aber sie wird auch nie wieder zu den Lebenden zurückkehren.
"Sie müssen sich gut überlegen, vielleicht die Geräte abzustellen," spricht der Arzt gerade und Yoongi schaut ihn emotionslos an. Nach seinem Ausbruch gerade eben ist er sehr mitgenommen und auch mir schlägt die Tatsache mit meiner Unsterblichkeit ziemlich auf den Magen.
"Ich gebe die Hoffnungen nicht auf," antwortet mein Freund lediglich teilnahmslos und der Arzt lächelt.
"Hoffen sollte man immer."
Du Arsch weißt ganz genau, dass jede Hoffnung zu spät ist.
Sollte ich Yoongi sagen, dass er ruhig die Geräte abstellen kann? Das es nichts mehr bringen wird und das er seine Mutter sicher verloren hat?
Nein, ich denke erstmal nicht. Heute ist kein Tag der sich gut dafür eigenen würde.
Wobei - es gibt wohl nie einen Tag der sich für so etwas eignen würde. Aber vielleicht nicht jetzt, wenn Yoongis Stimmung eh schon am Boden ist.
Der Arzt verlässt den Raum und Yoongi kommt zu mir. Er nimmt meine Hand, aber seine fühlt sich ganz kalt an. Er starrt auf die Frau in dem weißen Bett und schüttelt den Kopf.
"Ich komme nicht gerne hierher. Sie sieht so anders aus, gar nicht wie meine Mutter, die ich so gut kenne. Mama und ich haben immer alles zusammen durchgestanden, sie war der Mittelpunkt meines Lebens. Und auf einmal war sie weg. Jetzt ist sie nur noch eine Hülle, eine Verpackung ohne Gefühle und Reaktionen."
Yoongi rollt eine winzige Träne über die Wange, aber weder er noch ich wischen sie Weg. Ich bin einfach nur still und drücke seine Hand.
"Ich habe eben gelogen, als ich das mit dem hoffen gesagt habe. Weißt du Jimin, ich würde so gerne hoffen das sie zurück kommt. Ich liebe meine Mutter. Aber...ich denke, ich habe vor einiger Zeit aufgeben zu hoffen.
Doch ich bringe es nicht übers Herz die Geräte abzustellen. Wer sagt mir, dass sie nicht ein paar Monate später wieder aufgewacht wäre?"
Ich! würde ich am liebsten schreien, aber ich tue es nichts. Ich bin lieber still und lasse Yoongi in seinem Ungewissen.
Warum weiß ich nicht. Vielleicht weil ich mich nicht in den Lauf des Schicksals einmischen will, vielleicht aber auch weil ich nicht der mit der schlechten Botschaft sein möchte.
Wenn ich es Yoongi sage, wird er die Geräte abstellen. Und dann habe ich gewissermaßen auch Schuld, auch wenn ich weiß das sie so oder so nicht wieder aufgewacht wäre.
"Ich...," beginne ich, stoppe aber. Ich weiß ja gar nicht was ich sagen soll. Tröstende Worte? Die sind in dieser Situation gerade einfach überflüssig. Da hilft kein 'Das wird schon' oder 'Schau nach vorne'. Da hilft nur jemand, der für den anderen da ist.
Yoongi zieht mich an der Taille zu sich und schaut auf seine Mutter hinab.
"Mama, wenn du mich jetzt hörst, dann sollst du wissen das ich nicht alleine hier bin. Das neben mir ist mein fester Freund Jimin. Er ist ein Engel und hat dir das Leben gerettet, aber dafür deine Blumen im Garten kaputt gemacht. Er ist eine Spur zu notgeil, aber das ist wirklich lustig. Und er hat den geilsten Hintern und ich liebe ihn sehr. Also Jimin, und nicht seinen Hintern. Den finde ich nur sexy, aber Jimin ist mein Engelchen. Ich hoffe, du magst ihn auch."
Yoongi schnieft einmal und ich bin selber kurz davor zu weinen. Warum sagt er so süße Sachen? Ich schmiege mich von der Seite an meinen Freund und vergrabe meine Nase an seiner Schulter. Er soll nicht unbedingt sehen, wir glücklich mich seine Worte machen.
"Vielleicht...vielleicht lernt ihr euch mal richtig kennen, Mama. Und dann kannst du Jimin zeigen wie er neue Pflanzen in dein Beet setzt. So plattgesessen sieht das nämlich scheisse aus," lächelt Yoongi traurig.
Seine Mutter reagiert nicht. Yoongi scheint nichts anderes zu erwarten, aber trotzdem sieht er enttäuscht aus.
Er wird sie verlieren, dass weiß ich. Und wird er bei mir genauso traurig sein, wenn er mich verliert?
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