72. Isaac Lahey #loyaluntildeath
„Es wird Zeit die Böse zu spielen, oder etwa nicht?!"
Motiviert greife ich nach meiner schwarzen Pistole und schiebe sie in meinen hinteren Hosenbund. Anschließend ziehe ich den Stoff des T-Shirts darüber, wodurch sich die Waffe nur noch als leichte Ausbeulung andeutet. Als nächstes greife ich nach meinem Springmesser und lasse es geschickt in meinen schwarzen Boot gleiten, was mit einer erneuten Schmerzwelle verbunden ist. Jedoch ignoriere ich die neu angestachelten Schmerzen und binde stattdessen die Schnürsenkel beider Schuhe nacheinander ordentlich - jedoch nicht allzufest - zusammen. Somit verhindere ich - in Erinnerung an die gestrige Begegnung - dass das Messer bei einem Angriff erneut unkontrolliert herausrutschen kann.
Als ich nach meinem Waffenholster greife, bemerke ich Isaacs Blick. Er hat die Augenbrauen hochgezogen, während sich seine Lippen zu einem leichten 'O' Formen. „Noch nie eine Pistole gesehen?" frage ich jetzt mit einem kritischen Unterton, während ich mir das Holster geschickt um den Oberschenkel schnalle. „Öfter als du vielleicht denken magst," beantwortet mir dabei Isaac die Frage, wobei er jetzt längst nicht mehr so überrascht klingt, wie er vor wenigen Sekunden noch aussah. Ich schenke ihm einen kurzen Blick und erwidere mit einem neckenden Unterton: „Auch schon von der anderen Seite?" Ich lasse ihn meine Worte selbst interpretieren.
„Was hast du jetzt vor?" fragt der Beta, anstatt auf meine rhetorische Frage einzugehen und schiebt seine Hände tief in die Hosentasche. Ich dagegen platziere in dem eng anliegenden Waffenholster meine zweite Handfeuerwaffe - dieses Mal für alle sichtbar. Anschließend fange ich damit an seelenruhig meine Ansammlung an unverschossener Munition abwechselnd in meine Hosen- und Jackentaschen zu schieben, bevor ich Isaac seine Frage ruhig beantworte: „In meinen Augen gibt es ab diesem Punkt nur noch vier verschiedene Möglichkeiten!"
„Und die wären?"
Ich stoppe kurz meine Vorbereitung und richte meinen Blick fest auf den Beta. „Möglichkeit Nummer eins: ich komme brav mit dir mit und trete meinem Vater mit eurer Sekte gegenüber," ich lege meinen Kopf schnell schräg, bevor ich einwendet sage: „Was eine ziemlich-" Isaac schneidet mir sofort das Wort ab: „Gute Idee wäre?!"
Ich ziehe die Augenbrauen nach oben und erwidere auf seine fragliche Feststellung: „Eigentlich wollte ich sagen, was eine ziemliche Selbstmordaktion wäre," kurzes Schulterzucken, „Aber vielleicht hast du ja Recht und wir gewinnen. Immerhin haben wir dann ja die positive Alles-Wird-Gut-Einstellung!" Jetzt ist Isaac derjenige, der die Augenbrauen überrascht hochzieht und kritisch meinen plötzlichen Stimmungswandel hinterfragt: „Wirklich?!"
Ungläubig über seine Gegenfrage schüttele ich den Kopf, bevor ich genervt meinen zuvor benutzen Sarkasmus berichtige: „Nein natürlich nicht. Wir werden alle sterben!"
Kurzes Schweigen. Dann erneut eine Frage: „Und was ist dann die bessere Lösung?"
„Möglichkeit Nummer zwei," an dieser Stelle mache ich eine eindrucksvolle Pause, um den Beta klar zu machen, dass ich mich von ihm nicht hetzten lasse, „Ist, dass ich mir hier und jetzt das Hirn wegballere und alles was danach kommt, euch überlasse," für einen kurzen Moment sehe ich Schock in Isaacs Gesichtszügen, weshalb ich nachdenklich - und vielleicht auch etwas beruhigend - einwerfe: „Aber so feige bin ich dann auch wieder nicht!"
Ich kann fast schon hören, wie der Beta erleichtert durchatmet, auch wenn er in dieser Sekunde nichts anderes tut als die Augenbrauen weiter hochzuziehen und mich weiterhin abwartend anzustarren. Er hat sein Pokerface aufgesetzt, was mich in dieser Sekunde ehrlich gesagt ziemlich überrascht. Also spreche ich weiter.
„Die dritte Möglichkeit, wäre dass ich den Wunsch meines Vaters erfülle und mich ihm anschließe. Die vierte, und nicht gerade bessere, Möglichkeit ist, dass ich allein meinem Vater gegenüber trete und dabei wahrscheinlich im Kugelhagel draufgehe!"
Isaac zieht unbeeindruckt eine Augenbraue hoch und fragt direkt an mich gewandt: „Und was wirst du jetzt machen?"
Vorerst ignoriere ich diese wissbegierige Frage und schlüpfe stattdessen in die schwarze Lederjacke, deren Taschen bereits mit leise klappernder Munition gefüllt sind. Zum Schluss lasse ich noch mein Handy in die Jackentasche gleiten und verziehe meine Lippen zu einem teuflischen Lächeln, bevor ich meinen Blick auf Isaac richte und seine zu vorige Frage beantworte: „Daher das keine der genannten Möglichkeiten allzu verlockend klingt," ich fahre mir locker durch die Haare, „werde ich das alles wohl selbst in die Hand nehmen müssen!"
Ich drücke mich an dem Beta vorbei und verlasse selbstbewusst das Gästezimmer. Dabei genieße ich die vorläufige Sprachlosigkeit Isaacs und seinen verwunderten Blick in meinem Rücken, während ich die Treppe ansteuere. Doch noch bevor ich die oberste Stufe erreichen kann, drückt sich Isaac - seine Sprachlosigkeit hat nicht annähernd so lange angehalten, wie erwartet - an mir vorbei und stellt sich mir selbstbewusst und mit verschränkten Armen in den Weg. Ich bleibe stehen und starre ihn abwartend und mit hochgezogenen Augenbrauen an. Sagen tue ich jedoch nichts.
„Sorry Raven, aber ich kann dich nicht gehen lassen," ich bewundere ihn für seinen Mut, sich mir in den Weg zu stellen. Vor allem wenn man bedenkt, dass ich bewaffnet bin und in nur vor wenigen Tagen K.O. geschlagen und dabei sogar fast umgebracht habe. „McCalls Anweisung?" frage ich jetzt wissend nach und verschränke ebenfalls meine Arme vor der Brust. Auch wenn diese Bewegung erneut Schmerzen in meiner Hüftgegend verursacht.
Anschließend richte ich meinen Blick standhaft auf Isaac und sehe in seinen Gesichtszügen die Antwort: es ist McCalls Anweisung.
Ich hole tief Luft und entschränke meine Arme wieder. Zur selben Zeit spüre ich ein leichtes, antreibendes Kribbeln an meinem linken Unterarm und ich muss mich selbst zurückhalten, um meinen Blick nicht überprüfend auf meinen Arm zu senken. Immerhin ist das Mal verschwunden und das Kribbeln ist nur eine Einbildung - hervorgerufen durch die gewohnten Reaktionen die letzten vier Monate lang. Ich atme noch einmal tief durch und unterdrücke ein nachgebendes Seufzen. Gleichzeitig rufe ich mir noch einmal jede Information ins Gedächtnis, die ich über dem Beta vor mir habe. In dieser kurzen Zeit, verzieht Isaac keine Miene. Daraus schließe ich, dass er selbst sehr genau weiß, dass ich mich nicht so schnell geschlagen gebe.
Jedoch entscheide ich mich dieses Mal nicht aufs Ganze zu gehen und Isaac zu verletzen, wie es das Hautmal bei so einem Zeitpunkt sicherlich von mir verlangt hätte. Stattdessen nutze ich meine neugewonnene Freiheit und versuche stattdessen mein Wissen über ihn und seine Persönlichkeit, gegen ihn einzuwenden.
„Du hast es Scott zu verdanken, dass du aus der Hölle, die du Familie nennst, entkommen bist, oder?" frage ich jetzt mit einem wissenden Unterton in der Stimme nach, obwohl meine rhetorische Frage komplett ins Schwarze geraten ist. Jedoch zuckt Isaac als Antwort leicht mit den Schultern, bevor er zustimmend sagt: „Kann man so sagen!" Ein winziges Lächeln bildet sich auf meinen Lippen, bevor ich selbstbewusst weiterspreche:„Und du vertraust ihm," wieder nickt der Beta vor mir als kleine Zustimmung, „Und was würdest du tun, um ihn und sein Rudel zu beschützen?"
Ich kann sehen, wie sich Isaacs Arme leicht anspannen, wodurch seine verschränkte Haltung noch abweisender wirkt. Zur selben Zeit ziehen sich seine Augenbrauen leicht zusammen und er wirft mir einen misstrauischen Blick zu. „Du würdest alles tun, oder?" frage ich jetzt wissend nach, während ich zur selben Zeit daran denken muss, wie stark die Bindung zwischen einem Alpha und seinem Beta sein kann. Vor allem dann, wenn auch noch persönliche Gründe - wie jemanden von seinem gewalttätigen Vater zu retten - mit ins Spiel kommen.
„Inwiefern spielt das eine Rolle?" fragt Isaac jetzt mit einer kühlen Stimme nach und ich kann ihm ansehen, dass er mir nicht mehr lange zuhören wird und ich dann vielleicht doch auf meinen Plan A - ihn erneut K.O. zu schlagen - zurückgreifen muss. Also hole ich tief Luft und rate direkt ins Schwarze herein:
„Du würdest alles für McCall tun, weil er dein Alpha ist. Dein Freund. Deine Familie. Du bist ihm gegenüber loyal und deshalb brauche ich deine Hilfe!"
Isaac mustert mich kurz, bevor er nickend zugibt: „Du hast Recht, ich bin McCall gegenüber loyal. Aber der heißt nicht, dass ich es auch dir gegenüber bin. Denn ihm vertraue ich, während du...naja," seine Arme entschränken sich und ich kann die schwarzen Werwolfskrallen sehen. Ich mustere sie mit einem verächtlichen Blick, bevor ich Augenverdrehend einwende: „Steck die Krallen weg, Kleiner und denk mal nach. Ich brauche nicht deine Loyalität mir, sondern McCall, gegenüber!"
Ich atme tief durch und fahre mir entspannt durch die Haare, ohne mich von seiner angespannten Haltung oder seinen gezückten Krallen beunruhigen zu lassen. Dabei wäre ich mit dem Mal an meinem Arm bereits hier zum wahllosen Angriff übergegangen.
„Wenn du mich jetzt zu McCall schleppst, unterschreibst du sein Todesurteil und von jeder anderen Person, die ihm helfen wird. Denn mein Vater wird keine Rücksicht auf euch nehmen!" „Und wenn ich es nicht tue, bringt Scott mich um," entgegnet Isaac abweisend, was ich als eine klare Übertreibung einstufe. Denn McCall würde niemanden töten. Schon gar nicht einen von seinen eigenen Leuten. Das macht nunmal einen wahren Alpha aus.
„Die Entscheidung liegt bei dir," verkünde ich jetzt verständnisvoll, „Entweder du bringst mich wie erwartet zu McCall und ihr werdet alle an meiner Seite sterben, oder du lässt mich gehen und die einzige die heute sterben wird bin höchstens ich!"
Isaac legt leicht den Kopf schräg, woran ich erkennen kann, dass er meine Worte und die dahinter liegende Entscheidung tatsächlich bedenkt. Somit habe ich tatsächlich die Chance, dass er mich kampflos gehen lässt. Auch wenn ich noch immer Zweifel auf seinem Gesicht sehen kann. Deshalb hole ich noch ein letztes Mal tief Luft und frage den Beta schulterzuckend:
„Also wer wird heute sterben, Isaac?"
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Nach vier Tagen Funkstille, kommt heute endlich mal wieder ein neues Kapitel. An dieser Stelle aber erstmal ein riesiges Dankschön an euch und eure tollen Titelideen - jetzt habe ich erstmal damit zu tun aus diesen tollen Ideen einen passenden Titel auszusuchen (😫 das ist so schwer) aber sobald ich eine Entscheidung getroffen habe, seid ihr die ersten die es erfahren ❤
Lg CoolerBenutzername
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