70. Raven Cooper #TrueWords
„Du hast was?"
Die leise zischende Stimme meines Ersatzvaters ist so geschockt und ungläubig, wie schon lange nicht mehr, während ich im Hintergrund das herzliche Lachen von Lewis und seiner Freundin hören kann. Ein ironischer Kontrast, wenn man bedenkt, dass ich gerade kurz davor bin, Matty von dem teuflischen Plan meines Vaters zu erzählen.
„Ich habe meinen Vater getroffen," wiederhole ich meine ruhigen Worte erneut, während ich fast schon hören kann, wie Matty sich bei diesen Worten erneut überprüfend im Raum umsieht, um sicher zu stellen, dass uns keiner - allen voran Lewis - belauscht. „Also lebt er," schlussfolgert er jetzt angespannt, bevor er widerwillig nachfragt: „Bist du dir da ganz sicher?"
„Ich bin mir so sicher wir ein Sicherheitsbeamter in einem Sicherheitstrack, der sich versichert hat, dass alles sicher ist!"
Matty scheint meinen schrägen Sinn für Humor in diesem Moment nicht sonderlich passend zu finden. Ich kann fast schon hören, wie er tief Luft holt, um mich zurecht zuweisen, dann aber langsam den Mund wieder schließt. Ich kann ihn fast schon bildlich vor mir sehen, weshalb ich mir unterdrückend auf die Unterlippe beiße.
„Scheiße!"
Im ersten Moment bin ich über die Reaktion meines Ersatzvaters verwirrt. Bisher war er immer der Vernünftige und der Für-Alles-Einen-Plan-Haber. Jetzt die tiefe Ernüchterung in seiner Stimme zu hören, lässt mich schwer schlucken. Denn er weiß noch nicht einmal die ganze Geschichte.
„Crowley möchte, dass ich seine Anhängerin werde," erzähle ich das Geschehene jetzt leise weiter, woraufhin Matty sofort geschockt nachfragt: „Du hast doch hoffentlich nicht Ja gesagt?" „Für wie dumm hältst du mich denn Bitte?" frage ich instinktiv angreifend nach, bevor ich wesentlich friedschließender anhänge: „Außerdem solltest du mich inzwischen gut genug kennen um zu wissen, dass ich von niemanden die Handlangerin werde!"
Meine freie Hand fährt gedankenverloren über die Stelle, an der monatelang das teuflische Mal gepragt hat. Es nicht mehr an mir zu haben, macht mir gleichermaßen Hoffnung und Angst.
„Du solltest das alles ernster nehmen," seufzt Matty mit einer ungewohnten Erschöpfung in der Stimme und instinktiv entscheide ich mich dazu, ihm nichts von den tödlichen Waffen meines Vaters zu erzählen, die aussehen wie meine Kindheistraumas. Ryan und Rose. Ich weiß nicht wann es dazugekommen ist, die einzigen Personen in meinem Leben anzulügen, die für mich am Nächsten zu einer richtigen Familie sind.
Ich seufze ebenfalls auf, bevor ich zustimmend sage: „Du hat ja Recht!" Anschließend beiße ich mir nachdenklich auf die inzwischen rissigen Lippen. Ich habe keine Erfahrung damit Matty anzulügen. Bisher hatte er mich immer durchschaut. „Was hat er noch gesagt?" fragt mein Ersatzvater jetzt sachlich nach und wahrheitsgemäß antworte ich: „Er wird das Rudel von McCall und ihn selbst töten, wenn ich mich ihm widersetzte!"
Wieder nachdenkliches, vielleicht sogar ratloses, Schweigen am anderen Ende der Leitung und ich habe im ersten Moment schon Angst, dass er das Fehlen der zurückgehaltenen Informationen bemerkt. Doch dann fragt mich mein Ersatzvater mit ruhiger Stimme: „Was hast du jetzt vor?" Ich frage mich, was er von mir erwartet.
„Ganz ehrlich?" ich hole tief Luft, „Ich habe keine Ahnung!" Irgendwo im Hintergrund höre ich wieder die fröhlich lachenden Stimmen und glaube für wenige Sekunden auch Lewis Stimme heraushören zu können. Jedoch gehen seine Worte in dem weit entfernten Knall eines Sektkorken unter. Scheinbar gibt es etwas zu feiern.
„Du solltest auf dein Herz hören. Es wird dir sagen, was die richtige Entscheidung ist!"
Ich weiß nicht, was mir dieser Tipp bringen soll. Ich weiß noch nicht mal, ob Matty selbst diesen Rat als Hilfe empfindet oder ob er das Telefonat mit mir einfach nur schnell beenden möchte. Ich weiß nicht, ob er mit diesem Satz darauf anspielen möchte, dass ich zwangsweise entscheiden muss ob ich McCall im Stich lasse oder mich Crowley anschließe. Doch ist das wirklich sein Rat: schließe dich Crowley an?
„Hör zu Raven," fängt Matty erneut mit Sprechen an und dieses Mal bin ich mir sicher Lewis Stimme im Hintergrund zu hören, die laut nach unserem Ersatzvater ruft, „Ich möchte, dass du nichts überstürztes tust und ich möchte schon gar nicht, dass du dich Crowley anschließest," er macht eine kurze Sprechpause, in der ich erleichtert ausatme. Matty rät mir wohl doch nicht, sich meinem psychopathischen Vater anzuschließen.
„Aber nur damit du es weißt," er holt tief Luft, „Wenn du mich, oder Lewis, brauchst, dann können wir sofort zu dir kommen. Wir lassen dich das nicht alleine durchstehen!" In meinen Ohren klingt das sorglose Lachen meines besten Freundes und jahrelangen Bruders nach, das sich mit dem Lachen seiner neu gewonnenen Freundin vermischt. Sie klingt, selbst aus dieser Entfernung, nett.
„Es ist schon okay Matty," beruhige ich jetzt mit leiser Stimme meinen Ersatzvater, bevor ich mit zurückgewonnen Selbstbewusstsein einwerfe: „Ich habe schon einmal gegen ihn gewonnen. Das schaffe ich auch noch ein zweites Mal. Also kein Grund euch beide auch noch in Gefahr zu bringen und wegen Lewis," ich hole tief Luft, „Lass ihn dieses einmal glücklich sein und erzähle ihm nichts von meinem Drama!"
Ich kann bildlich sehen, wie Matty langsam mit dem Kopf nickt, als würde er mein Argument nachvollziehen können. Auch wenn ich anhand der langen Stille auch seine Unsicherheit erkennen kann. Trotz allem scheint er nicht darauf zu vertrauen, dass ich mich auch ein zweites Mal von meinem Vater retten kann. Ich vermute bereits strenge Gegenworte und den Rat Lewis doch noch davon zu erzählen, werde dann jedoch überrascht.
„Ruf einfach an wenn du unsere Hilfe brauchst," sage Matty jetzt mit einem nachgebenden Vertrauen in der Stimme und obwohl er mich nicht sehen kann, nicke ich zustimmen. Im selben Moment höre ich Lewis im Hintergrund erneut nach Matty rufen.
„Geh schon zu ihm," sage ich jetzt verständnisvoll in das Handy, „Ich komme schon alleine zurecht - und wenn nicht habe ich ja deine Nummer!" Dieser Satz scheint Matty tatsächlich etwas Ruhe einzuflößen, da er jetzt nachgebend sagt: „Pass auf dich auf und rufe lieber einmal zu viel an, als zu wenig!"
„Werde ich und jetzt gehe endlich!" erwidere ich mit einem drängenden Unterton in der Stimme, woraufhin sich Matty nachgebend verabschiedet und das Telefonat zögernd beendet. Somit bleibe ich alleine in dem kleinen Gästezimmer der McCalls zurück und wende mich erneut meiner glänzenden Waffe zu. Mein Kopf ist voller sich überschlagenden Gedanken.
In dieser Sekunde ertönt ein leises Klopfen an der Zimmertüre und ich murmele ein weniger freundliches "Herein", woraufhin sich die Türe mit einem leisen quietschen öffnet. Jedoch schaue ich nicht erst auf, sondern lenke meine Aufmerksamkeit auf die Waffe vor mir. Ich drücke auf die Stoppuhr an meinem Handy und ohne auf den Eindringlich zu achten, fange ich an, die Pistole blitzschnell und ohne einen einzigen Fehlgriff auseinander und anschließend wieder zusammen zu bauen.
„Wow," lautet daraufhin die sprachlose Reaktion des Eindringlings, den ich schon beim Eintreten als McCall erkannt habe. Auch wenn ich noch nicht ganz ausmachen kann, woran ich dies festgestellt habe. „Du bist echt gut darin," lobt der Alpha mich jetzt und stellt etwas neben mir auf den Boden. Ich muss nicht hinschauen, um es als meine eigene Reisetasche zu erkennen. „Gut um Stress abzubauen," erwidere ich jetzt schulterzuckend auf seine Feststellung und drehe mich mit dem Stuhl zu ihm um.
Meine Augen finden seine und ich kann den leicht besorgten Blick darin erinnern. Jedoch vermute ich, dass er nichts von dem Gespräch zwischen mir und Matty mitbekommen hat.
„Lydia hat dir deine Sachen vorbeigebracht," informiert der Alpha mich jetzt und weicht meinem starren Blick aus, indem er demonstrativ auf die Reisetasche zu seinen Füßen schaut. „Und?" frage ich mit einem wissenden Unterton nach, ohne meine Augen von ihm zurichten. Somit kann er meinem abwartenden Blick nicht entgehen. Auch wenn ich die Antwort auf meine eigene Frage schon zu kennen vermute.
„Ich finde wir sollten über das Angebot deines Vaters reden," er holt tief Luft, bevor er mir die alles entscheidende Frage stellt: „Wirst du dich ihm anschließen?" Ohne zu antworten starre ich den Alpha wortlos an, bevor ich mich leise räuspere und ausweichend sage: „Kommen deine Betas bis morgen wieder auf die Beine?"
An seinem Blick erkenne ich die ernüchternde Wahrheit. Wie vermutet, wird die McCall Sekte nicht vollzählig Crowley gegenüber treten können und somit auch keine Chance gegen ihn und seine neuen Freunde zu haben. Ich frage mich, ob es sein Plan war, meine einzige Allianz in dieser Stadt zu schwächen oder ob es für ihn einfach nur ein Machtbeweis werden sollte.
„Du solltest jetzt gehen," weiche ich weiteren Fragen von dem Alpha, der ebenfalls noch ein paar sichtbare Wunden hat, aus und stehe langsam von dem drehbaren Stuhl auf, „Und ich sollte wohl etwas schlafen!" Zur selben Zeit mache ich eine demonstrative Handbewegung in Richtung der angelehnten Türe. McCall jedoch macht nicht die Anstalt meiner Bitte zu folgen. Stattdessen starrt er mich unausweichlich an, als würde er die Lüge hinter meinen Worten erkennen.
Auch wenn keine direkt dahinter steckt. Immerhin sollte ich tatsächlich schlafen und mich ausruhen - auch wenn ich nicht das Gefühl habe, müde zu sein oder überhaupt einschlafen zu können. Dafür rumort noch viel zu viel in meinem Kopf herum und selbst meine Therapie mit der Waffe scheint dieses Mal nicht annähernd zu helfen.
„Wirst du dich ihm anschließen?" wiederholt der Alpha jetzt erneut seine Frage, ohne meine zu vorige Bitte zu beachten. Anschließend setzt er erklärend nach: „Ich muss wissen, auf welcher Seite du stehst!" In seinem Blick erkenne ich leichte Verzweiflung. Ich sehe, dass es ihn langsam von Innen zerstört immer zu versuchen jeden in seiner Umgebung am Leben zu erhalten, auch wenn das bedeutet, seine eigenen Leute in Gefahr zu bringen.
Ich vermute, dass er schon oft von den verschiedensten Leuten hintergangen wurde. Eine Vermutung, die in mir die Frage aufkommen lässt, warum er dann noch immer so viel Vertrauen in Fremde legt. Allem voran in mich. Ich hole tief Luft.
„Ich bin auf deiner Seite McCall!"
Ich meine meine ruhigen Worte ernst, auch wenn der Alpha selbst noch nicht sehr überzeugend aussieht. Jedoch glaube ich auch zu erkennen, dass er seinen Kopf bei meinen Worten minimal schräg legt und meinem Herzschlag lauscht. Er möchte mir glauben. Ich hole tief Luft.
„Ich bin immer auf deiner Seite!"
---
Ein kleiner #Scaven Moment und für alle Fans da draußen auch mal wieder ein bisschen emotionaleres Gespräch zwischen Raven und Matty XD ich hoffe die beiden (mit Lewis: die drei) erwärmen noch immer eure Herzen, denn es werden noch ein paar dieser Gespräche kommen - freut euch schon einmal auf Morgen, da kommt wahrscheinlich bereits das nächste Kapitel mit ein paar mehr oder weniger wichtigen Informationen und Fragen :)
LG CoolerBenutzername
---
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top