28. Boys Changing Room #AlphaBetaOmega

Schweratmend stolpere ich in die Umkleidekabine der Jungen, die in diesem Moment - zum Glück - menschenleer ist.

Hinter mir fällt die Türe leise zurück ins Schloss, während ich stolpernd durch den Raum irre und mich dabei immer wieder an dem nächstbesten Spind abstütze. Dabei ist die rote Färbung meiner Umgebung keine große Hilfe, sondern eher ein riesiger Störfaktor.

Wie lange ich mich jetzt schon nicht mehr verwandelt habe. Wie lange ich jetzt schon auf die wahre Farbe meiner Augen verzichtet habe. Wie fremd es mir doch geworden ist.

Wieder stolpere ich über irgendetwas - vielleicht sogar über meine eigenen Füße - und nur durch meinen Instinkt, kann ich mich selbst vor einem Sturz auf den Boden bewahren. Denn geistesgegenwärtig krallen sich meine Finger in den nächstbesten Schülerspind, wodurch ich mich gerade noch so auf den Beinen halten kann.

Zur selben Zeit wird mir schlecht. Ich spüre, wie das pulsierten Mal schon wieder versucht, mich zu etwas zu zwingen.

Ich soll jemanden umbringen.

Jetzt sofort. 

Stöhnend kneife ich meine blau glühenden Augen zusammen, bevor ich mich mit angespannten Muskeln von dem Spind abstoße und mich anschließend entkräftend auf den Boden sinken lasse. Gleichzeitig versuche ich meine Atmung zu kontrollieren und endlich wieder zur Ruhe zu kommen. In dieser Sekunde fühle ich mich in die Zeit meiner Kindheit zurück versetzt, in dem ich keinerlei Kontrolle über meinen inneren Wolf hatte.

„Alpha...," fange ich jetzt an das Mantra meiner Familie knurrend vor mich herzusagen. Dabei erschrecke ich mich schon gar nicht mehr über die dunkle, bedrohliche Tonlage meiner Stimme. Denn ich habe sie in meiner Kindheit schon so oft zu hören bekommen.

„Beta...," spreche ich jetzt weiter und stoße wütend Luft aus. Bisher kann ich nicht spüren, dass das Mantra mir hilft, meine Kontrolle zurück zu gewinnen. Trotzdem höre ich nicht damit auf. „Omega!" stoße ich zwischen zwei Atemzüge hervor, während ich weiterhin bewegungslos - und mit geschlossenen Augen - auf dem Boden sitzen bleibe.

Ich muss mich beruhigen.

"Alpha...," beginne ich das Mantra wieder von vorne, während ich versuche alle Tipps anzuwenden, die mir meine Mutter vor ewiger Zeit einmal gesagt hat. Doch nichts scheint zu helfen. Die Kontrolle über meinen Wolf möchte einfach nicht mehr zu mir zurückkommen. Ich versuche die aufsteigende Panik zurück zu schlucken.

„Beta!" spreche ich jetzt weiter, während ich – als nächste Hilfestellung - meine Krallen langsam durch die rote, halblange Sporthose in meinen Oberschenkel bohre. Daraufhin fließt langsam dunkles Blut über meine Beine und ich kann den Schmerz spüren, der mich normalerweise menschlich hält.

Doch dieses Mal scheint er nicht zu helfen.

„Omega!" ertönt in dieser Sekunde plötzlich eine Stimme, die ich nur allzu gut kenne. McCall. Bereits in der nächsten Sekunde kniet er neben mir auf dem harten Boden und hat seine warmen Hände auf meine eigenen gelegt. „Los nochmal. Alpha...Beta...Omega," spornt er mich jetzt zum Weitermachen an und langsam wiederhole ich das Mantra.

Dabei spüre ich endlich, wie ich ruhiger werde und wie ich es schaffe, die Kontrolle über meinen Wolf zurückzugewinnen. Das beweist mir auch mein Blickfeld, dessen rote Farbe langsam verblasst. Zurück bleibt nur noch das leichte, unangenehme Ziehen an meinem Oberschenkel, als mein Körper sich selbstständig heilt.

„Geht's wieder?" fragt McCall jetzt sanft an mich gewandt und während ich tief einatme, nicke ich zur Bestätigung. Anschließend entziehe ich ihm jedoch meine - inzwischen wieder vollständig menschliche - Hände und fahre mit ihnen links und rechts durch meine Haare, die sich als schweißnass herausstellen.

Scheiße.
Schon seit einer langen Zeit habe ich meine Kontrolle nicht mehr so verloren, wie gerade eben.

„Die Handschelle bringt einen Scheiß!" murmele ich jetzt fluchend vor mich hin, während ich McCall zur selben Zeit ein bitteres Lächeln schenke. Immerhin hatte ich für wenige Stunden tatsächlich an eine vollständige Heilung gedacht. Gleichzeitig reise ich die Handschelle, mithilfe meinen übernatürlichen Kräfte, an einer Stelle auf und werfe den metallischen Ring anschließend schlitternd über den Boden.

McCall beobachtet mich dabei.

„Hey wir werden etwas anderes finden," sagt McCall anschließend mit einer aufmunternden Stimme und tätschelt mir leicht die Schultern. Mit hochgezogenen Augenbrauen schaue ich auf und starre ihn verständnislos an. „Ach komm schon...wir wissen doch beide dass mir das Mal scheiß egal ist. Was mich interessiert ist wo die Leiche meines Vaters hin ist," sage ich anschließend mit einem theatralischen Augen verdrehen, auch wenn dabei McCall eiskalt anlüge.

Denn nach dem Blutbad im Wald und der jetzigen unkontrollierten Fast-Verwandlung inmitten einer Schar Menschen, ist mir das Mal doch nicht mehr so egal. Noch so ein Ausraster kann ich mir wirklich nicht erlauben. Trotzdem habe ich in diesem Moment weiterhin mehr Interesse an dem Verschwinden der Leiche, als an einem weiteren - möglichen – Ausraster meinerseits.

„War ja klar!" ertönt jetzt die genervte Stimme von Miss Außerkontrolle, bevor sie augenverdrehend aus dem Schatten nahe der Türe tritt. Kurz schaue ich sie unzufrieden an, bevor ich mich schwerfällig aufrappele und McCall einen wartenden Leg-Jetzt-Besser-Mit-Einer-Guten-Erklärung-Los-Blick zuwerfe. Dabei blende ich Malia mit ihrer Alltagskleidung vorerst komplett aus.

„Also naja...die Leiche deines Vaters war nie wirklich in dem Grab," fängt McCall jetzt etwas zögerlich an, während ich mir ein sarkastisches 'Nein wirklich' gerade noch so verkneifen kann. Immerhin habe ich mir das schon längst selbst zusammen reimen können, weshalb ich McCall weiterhin mit einem abwartenden Blick mustere.

„Nach dem wir dich damals am Stadtrand abgesetzt hatten, sind sie zurück zur Schnapsbrennerei gefahren, um...naja...unsere Spuren zu verwischen und Stiles Vater zu informieren. Dann jedoch ist uns aufgefallen, dass...," an dieser Stelle unterbreche ich McCall, indem ich ergänzend einfüge: „...dass die Leiche meines Vaters nicht länger da war!"

Überrascht richtet sich der Blickt von McCall auf mich und genervt verdrehe ich die Augen. Immerhin war meine Schlussfolgerung kein großes Kunstwerk. Das scheint McCall in diesem Moment auch zu verstehen, da er jetzt bestätigend weiterspricht: „Ja. Seine Leute haben ihn wahrscheinlich weggebracht, um ihn selbst zu begraben!"

Malia dagegen verzieht neben ihm keine Miene. Daraus schließe ich, dass auch sie davon gewusst hat.

Bei dieser Erkenntnis verkrampfen sich meine Hände automatisch zu Fäusten, während sich zur selben Zeit ein höhnisches Lächeln auf meinen Lippen bildet. Anschließend richte ich meine Augen und McCall und Miss Außerkontrolle, bevor ich bitter lächelnd an die beiden gerichtet sage:

„Leute wie mein Vater legen keinen Wert darauf wo oder wie sie begraben werden. Seine Anhänger hätten nicht einfach seine Leiche geklaut, nur um ihn an einem anderen Ort zu begraben. Sie haben etwas vor. Versteht ihr...er hat etwas vor. Und dieser Plan besteht ganz sicher nicht darin, weiterhin in einem Grab zu liegen!"

Anschließend schüttele ich leicht den Kopf und greife nach meinen normalen Alltagsklamotten, die noch immer auf einer der Bänke liegen, wo ich sie bei dem Umziehen vor dem Spiel unachtsam hingeworfen hatte. Jedoch mache ich mir in dieser Sekunde nicht erst die Mühe mich um zuziehen. Stattdessen klemme ich mir die Klamotten einfach nur unter den Arm.

Im selben Moment wird die Türe zur Umkleidekabine laut aufgerissen und eine Schar Menschen kommt jubelnd und kreischend herein. Sie alle sind entweder selbst Spieler des Beacon Hills Lacrosse Teams oder zählen zumindest zur Fangemeinschaft. Aus ihrem Jubeln heraus schließe ich, dass das Spiel beendet ist und Beacon Hills doch noch tatsächlich gegen Devenford Prep gewonnen hat.

Doch da ich in diesem Moment näher an der Tür stehe wie die anderen beiden, bin ich auch die erste, die von der feiernden Masse umgeben ist. Somit verliere ich auch kurzzeitig den Blickkontakt zu McCall, der zur selben Zeit ebenfalls von der jubelnden Menge erreicht und dabei sogar von seinen feiernden Mitspielern abgeschlagen wird. Malia dagegen behalte ich noch für wenige Sekunden im Blick, nur um einerseits ihren suchenden Blick nach mir festzustellen und andererseits zu sehen, dass sie in dieser Sekunde ebenfalls von ein paar Menschen blockiert wird.

Somit sind die beiden für wenige Minuten vollständig von mir abgelenkt, weshalb ich mich blitzschnell zwischen den Fans durchquetsche und mit schnellen Schritten die Umkleidekabine verlasse.

Denn während McCall in dieser Sekunde bestimmt denkt, das Richtige getan zu haben, weiß ich, dass er durch sein monatelanges Nichts-Sagen meinem Vater einen riesigen Vorsprung gestattet hat.

Einen Vorsprung, den Crowley sicherlich effektiv genutzt hat, um von den Toten aufzuerstehen.

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Euch allen vielen, vielen Dank. Dank euch habe ich wirklich so viel Spaß beim Schreiben und noch mehr Spaß daran, Raven und die McCall Sekte weiter zu entwickeln ❤️ ihr seid die besten

Lg CoolerBenutzername
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