17. Rose Piers #dream
Es ist Nacht.
Jedoch wirft der helle Schein des Mondes ein trübes Licht auf die Umgebung. Ich befinde mich im abgebrannten Hale Haus. Ich bin alleine. Suchend lasse ich meinen Blick durch den Raum voller Trümmern gleiten und entdecke mein schwarz glänzendes Motorrad. In den zu mir gedrehten Seitenspiegel kann ich meine platinblonden Haare erkennen, während meine schwarzen Boots neben dem Vorderreifen auf dem Boden stehen.
Plötzlich ertönt ein lauter Schrei und überrascht zucke ich zusammen. Ich drehe mich blitzschnell in Richtung der geöffneten Haustüre, durch die ich den dunklen Wald mit dem dichten Blätterwerk erkennen kann. Gleichzeitig gleiten meine Finger instinktiv an meiner Hose herunter, bis zu meinen schwarzen Boots. Jedoch kann ich keine Waffe ertasten.
Wieder ertönt ein lauter Schrei. Doch dieses Mal setze ich mich in sofort in Bewegung. Mit einem rennenden Schritt eile ich auf die weiße Eingangstüre zu und durchschreite ohne zu Zögern den Türbruch.
Meine Füße berühren Schnee.
Verwundert schaue ich an mir herunter. Meine Boots stecken tatsächlich in dem leise knirschenden Schnee. Auf meiner schwarzen Jeanshose bildet sich dunkelrote Flecken ab: Blut. Mein Blick wandert weiter meinen Körper herauf. Anstelle von Fingernägel, bluttropfende Wolfskrallen. Das Hautmal an meinem Arm noch deutlicher zu sehen als sonst. Mein T-Shirt ebenfalls blutig.
Wieder ertönt ein Schrei.
Mein Blick richtet sich schlagartig auf meine Umgebung. Schnee liegt überall. Bäume, der Boden, der gesamte Wald: schneeweiß. Dicke Flocken fallen vom Himmel. Ein kleines Mädchen. Es liegt mit dem Rücken zu mir im Schnee. Ein blaues, kurzärmliges Kleid ziert ihren Körper. Ihre braunen Haare, wie ein angedeuteter Schleier in meine Richtung.
Ich drehe mich leicht zur Seite. Lasse meinen Blick schlagartig dorthin zurück gleiten, wo ich hergekommen bin...das Hale Haus.
Es ist weg.
Abgerissen. Noch ein paar zurückgelassene Trümmer und Bauteile lassen den früheren Grundriss erahnen. Doch von dem Haus meiner Familie ist nichts mehr übrig. Genau wie von meiner Familie selbst.
Mein Blick schweift wieder zurück. Das kleine Mädchen. Jetzt in dunkelrotes Blut getränkt. Zwei Personen um sie herum. Die eine männlich. Groß. Kräftig. Die andere eindeutig feminin. Sportlich. Schlank. Ich kann ihre Gesichter nicht erkennen und trotzdem habe ich das Gefühl sie zu kennen.
Der Mann kniet im Schnee. Ein silbernes Schwert auf seinen Rücken geschnallt. Hält sein Ohr lauschend über das Mädchen. Überprüft ob sie noch atmet. Noch am Leben ist. Es ist Matty. Ich bin mir sicher.
Die Frau. Sie läuft unruhig hinter dem Mädchen auf und ab. Fuchtelt mit ihren Armen wild in der Luft herum. Sie ist aufgebracht. Wütend. Unschlüssig. Ich kann ihr Gesicht nicht erkennen. Sie läuft zu schnell. Ich kann sie nicht fokussieren. Aber ich habe ein Gefühl. Eine Vermutung.
Es kann nur meine Mutter sein.
Mom.
Urplötzlich eine Bewegung leicht links von mir. Ich drehe meinen Kopf. Sehe gerade noch so einen blauen Umhang hinter ein paar dunklen Bäumen verschwinden. Kneife meine Augen leicht zusammen. Suche nach der Person. Entdecke sie ein paar Meter weiter links. Es ist ein Junge. Er verschwindet wieder. Taucht wieder auf. Ich erkenne den blau-rot-gelben Umhang.
Superman.
Der Junge bleibt steht. Wendet mir seinen Blick zu. Sein Gesicht leicht verschwommen. Rot glühenden Augen. McCall. Es ist McCall. Plötzlich stürmt der Junge wieder los. Flieht vor mir. Ich versuche einen Schritt auf ihn zu zumachen. Ihm zu folgen. Doch ich kann mich nicht bewegen. Der Schnee scheint zu Eis geworden zu sein. Zu weißen Treibsand. Er lässt mich nicht mehr gehen.
Ich schreie seinen Namen.
„McCall!"
Doch er ist schon weg. Verschwunden zwischen den Bäumen. Selbst der lächerliche Umhang ist verschwunden.
Wo ist er hin?
Mein Blick gleitet ruckartig zurück. Das kleine Mädchen. Ich erkenne es. Rose. Ich zucke zusammen. Sehe dem Mann - Matty - dabei zu, wie er den Kopf schüttelt. Die Frau - Mom - bleibt stehen. Richtet ihren Blick geradewegs auf mich. Hebt langsam die Hand. Deutet beschuldigend auf mich.
Ich stolpere zurück.
Eine Hand legt sich fest um meinen Oberarm. Ich spüre den Druck. Drehe meinen Kopf. Erblicke ein Mann mit schwarzer Lederjacke. Ein glänzender Motorradhelm versperrt mir die Sicht auf das Gesicht. Sehe jedoch die Augen durch das verdunkelte Visier. Eisblau. Lewis.
Ruckartige Bewegung. Blick zurück zu dem Mädchen. Es lebt. Steht zwischen dem Mann und der Frau. Sie alle haben die Hand erhoben. Deutend anklagend auf mich. Verschwommene Gesichter. Blutgetränkte Kleidung.
Ich werde zurück gerissen. Lewis. Er zieht mich durch den Schnee. Seine Fingernägel graben sich in meinen Arm. Das Mal ist verschwunden. Wie McCall. Meine Klamotten: kindisch bunt. Blut überall.
Mein Blick richtet sich wieder auf.
Sie stehen noch immer da. Finger beschuldigend auf mich gerichtet. Ihre Augen leer. Tod. Ihre Gesichter verschwommen. Sie treten alle gleichzeitig einen Schritt nach vorne.
„Was hast du getan?"
Ihre Stimmen. Sie hallen pausenlos durch meinen Kopf. Werden lauter. Ich schließe meine Augen. Kneife sie zusammen. Schmerzverzerrtes Gesicht. Versuche die Stimmen auszublenden. Es funktioniert. Sie verstummen. Genau wie der Druck an meinem Arm. Lewis ist weg.
Ich öffne meine Augenlieder. Lewis steht bei ihnen. Ebenfalls mit erhobenem Finger. Zeigt auf mich. Wieder die hallenden Stimmen. „Was hast du getan!" Kneife meine Augen zu. Presse meine Hände auf meine Ohren. Die Stimmen werden leiser. Entfernen sich.
Augen wieder auf.
Erschrockene zurück stolpern. Das kleine Mädchen steht vor mir. Die drei anderen Personen leicht nach hinten versetzt. Sie ist auf einer Höhe mit mir. Ich stolpere zurück. Ihre blutrote Hand greift nach mir. Ist kurz vor meinem Hals. Wieder die anklagenden Stimmen. „Was hast du getan!"
Dann Dunkelheit.
Ruckartig schrecke ich aus meinem unruhigen Schlaf hoch und werfe dabei bereits einen überprüfenden Blick durch das dunkle Zimmer, während mein erster Instinkt einsetzt und ich blitzschnell nach der Schusswaffe unter meinem Kopfkissen greifen möchte. Jedoch kann ich mich, noch bevor meine Finger die Waffe schusssicher umfassen, zur Besinnung rufen.
Es war nur ein Alptraum.
Tief atme ich aus, während ich meine Hand langsam wieder unter dem Kissen hervorziehe und mir anschließend damit durch die leicht verstrubbelten Haare fahre. Dabei konzentriere ich mich für wenige Sekunden lang auf meinen Herzschlag, der sich während meines Traumes nur leicht verschnellert hat. Genau wie meine Atmung, die weder stoßweise noch hektisch ist. Gleichzeitig hat sich auf meinem Körper keine einzige Schweißperle gebildet.
Mir geht es gut...auch wenn ich jetzt wohl unmöglich wieder einschlafen kann.
Langsam lasse ich mich jetzt aus dem himmlischen weichen Bett gleiten, während ich schon mit dem Gedanken spiele etwas joggen zu gehen, um meinen Kopf frei zubekommen. Jedoch kann ich mich auch hier wieder gleich zur Besinnung rufen. Denn ich wohne seit Neustem ja bei den Martins und am Liebsten würde ich vermeiden sie zu wecken. Ansonsten würden ein Haufen Fragen auftauchen. Gleichzeitig sollte ich wegen dem letzten Vorfall während des Joggens heute lieber mal aussetzen - oder wer weiß was dieses Mal passiert.
Deshalb fahre ich mir jetzt wieder seufzend durch die Hare, bevor ich mich schleichend an dem Schreibtisch innerhalb meines neuen Zimmers niederlasse und meine unausgepackte Reisetasche etwas näher zu mir ziehe.
Anschließend lasse ich meine Finger suchend durch den Inhalt wandern, bevor ich meine Lieblingshandfeuerwaffe gefunden habe. Mit festem Griff ziehe ich diese nun hervor, bevor ich sie vor mir mittig auf dem Tisch ablege. Gleichzeitig ziehe ich mit meiner anderen Hand mein Handy etwas näher und öffne daraufhin anschließend meine Stoppuhr, ohne die ungelesenen Nachrichten zu beachten.
Anschließend atme ich noch einmal tief durch, bevor ich mit der einen Hand bereits die gesicherte Waffe umschließe, während ich mit der anderen bereits die Stoppuhr anschalte. Anschließend fange ich blitzschnell damit an, die Waffe in meinen Händen geschickt auseinander zu bauen und die Einzelteile fein säuberlich vor mir auf dem Tisch aufzureihen.
Ich brauche genau 29,9 Sekunden.
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Hey Leute ein neues Kapitel, dass euch hoffentlich nicht allzu sehr verwirrt...saß nämlich gefühlte Ewigkeiten an der 'Traumsequenz' und musste anschließend sogar noch nach Tipps etc googeln um überhaupt was realistisches hinzu bekommen. Übrigens werde ich später noch etwas mehr zu dem Traum bringen - nur so als kleine Vorahnung vielleicht.
Ach ja und vielen Dank an charly_odair da sie mir bei diesem Kapitel - mal wieder etwas -helfen musste...weiß gar nicht, was ich ohne deine Hilfe machen würde XD
Lg CoolerBenutzername
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