19.Dezember Solangelo

Ich greife vorsichtig nach Nicos Händen. Sie sind weich und glühen fast. An den Stellen, wo wir uns berühren prickelt es angenehm und ich fühle mich wie unter Strom gesetzt. Ich könnte ewig hier sitzen bleiben, einfach nur Nicos Hände in meinen halten und ihn heimlich beobachten: Seine verstrubbelten schwarzen Haare, die  Augen in dunklem Braun, die so schön leuchten können, über denen aber viel zu oft ein Schatten liegt, seine Lippen und wie er auf ihnen herumkaut, wenn er nervös ist, die süßen Augenringe vom Schlafmangel, die blasse Haut, weil er mal wieder unerlaubt Schatten gereist ist, der verträumte Ausdruck auf seinem Gesicht der in diesem Moment die verschlossene Mine ersetzte, die süße Stupsnase, die schön geschwungenen Augenbrauen, das weite schwarze T-Shirt mit dem Totenkopf, die Lederjacke, die er aufgrund der Temperatur ausgezogen hat, dieser eine Wirbel in seinem Haar, der immer auffiel, das kleine Muttermal an seinem rechten Nasenflügel, sein linkes Ohr, das weiter Abstand als das rechte, ... Alle diese kleinen Details, die ich in- und auswendig kann und trotzdem noch gerne betrachtete. Aber das ist nicht der Grund, warum wir hier sind. Deshalb halte ich Nicos Hände auch nicht fest, sonder lege sie behutsam auf die Klaviatur. Es hat lange gebraucht Nico dazu zu überreden, aber da man draußen vor Kälte sowieso nichts machen kann und ich ihn ewig damit genervt habe, hat er schließlich eingewilligt Klavierspielen zu lernen. Natürlich nicht perfekt irgendwie auf Orchestermusikerniveau oder so. Einfach nur ein paar Weihnachtslieder. Die Grundlagen, also welcher Ton welcher ist und mit welchem Finger man ihn meistens spielt, habe ich ihm gerade erklärt, Noten lesen hat er mir versichert, kann er schon und deshalb versucht er sich direkt am ersten Lied aus den Noten, die ich ihm gegeben habe: Jingle Bells. Zuerst erklingt nur ein sehr langsamer und zögerlicher Refrain, beim fis muss ich ihn einmal korrigieren, dann wird er langsam sicherer und erhöht das Tempo ohne dabei aus dem Rhytmus zu kommen. Die Strophe spielt der Sohn des Hades wieder langsamer, aber schon bald ist er so sicher, dass ich mich traue, ihn zu begleiten. Es klingt schön, wie die Töne sauber und klar das bekannte Weihnachtslied bilden, während untendrunter ein sanfter Bass liegt. Ich kann nicht anders und fange an mitzusingen. Das hätte ich aber nicht tuen sollen, denn jetzt hört Nico auf zu spielen und hält sich die Ohren zu. Meine Stimme hab ich tatsächlich weder von Mum noch von Apollo, was schade ist, denn ich sing sehr gerne, auch wenn meine Mitmenschen sich oft beschweren. Aber ich will Nico nicht ärgern oder verschrecken, deshalb höre ich auf. Nico nimmt die Hände von den Ohren: „Wir spielen Klavier, Solace, komm nicht noch einmal auf die Idee zu singen, oder ich beschwör eine mörderische Skelettkapelle!" „Keine Unterweltmagie bis zur Sommersonnenwende, di Angelo, du musst dich erholen!" ,tadele ich ihn. „Dann hör auf zu singen!" Lächelnd gebe ich klein bei, als mir eine Idee kommt: „Willst du nicht singen? Du kannst das bestimmt besser als ich!" Ich brauche eine Weile um ihn zu überreden, aber schließlich gibt Nico nach. Ich zähle vor und Nico beginnt zu singen und zu spielen. Ich lausche so andächtig seiner tiefen gefühlvollen Stimme, dass ich meinen Einsatz verpasse. Sobald Nico bemerkt was los ist, unterbricht er schaut beschämt zu Bodem: „War ich so schlecht?" „Mensch Nico!!" ,erklärte ich: „Es war wunderschön! Ich riskiere es ja nur ungern, Eselsohren verpasst zu bekommen, aber ich weiß nicht, ob mein Dad so schön singen kann wie du." „Du übertreibst!" „Nein!" „Ok" „Wolln wir nochmal?" „Gut. Bekomm aber bitte deinen Einsatz!" ,Nico zählt vor, spielt und singt. Dieses Mal bekomm ich meinen Einsatz und so tönt ein wirklich wunderschönes Jingle Bells durch die Apollohütte.

Merkt man, dass ich keine Ahnung vom Klavierspielen habe? Ist hoffentlich nicht schlimm.

Danke übrigens noch mal für über 300 Reads!!

Maja

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