Kapitel 17 ~ Four letters one word
„Richtig gut, dass wir endlich mal wieder einen Mädelsabend gemacht haben." Sophia saß hinten auf dem Gepäckträger von meinem Fahrrad und quasselte schon am frühen Morgen wie eine Weltmeisterin.
„Jup", stimmte ich ihr freudig zu. Ich fühlte mich heute Morgen viel fitter als sonst, irgendwie ganz energiegeladen und voller Tatendrang.
„Aber was genau hast du eigentlich deiner Mutter erzählt?" Die Tatsache, dass ihre Mutter niemals erlaubt hätte, dass Sophia unter der Woche bei mir übernachtet, machte mich irgendwie ganz nervös.
„Ach, Marvin hat mich gedeckt", erzählte sie leichthin. „Wir haben sein Surfbrett unter meiner Decke drapiert." Oh man das war ja mal wieder typisch. Ich verdrehte die Augen, was Sophia hinter mir auf dem Fahrrad natürlich nicht sehen konnte, denn sie quasselte schon wieder unbeirrt weiter.
„Freust du dich schon auf unsere Abschlussfahrt, nächste Woche? Da haben wir dann jeden Abend Mädelsabend", erzählte sie begeistert. Oh man die Klassenfahrt hatte ich ja ganz vergessen. Aber richtig, es waren nur noch zwei Wochen bis zu den Sommerferien und in der vorletzten Woche würden wir nach Mardorf in eine Jugendherberge am Steinhuder Meer fahren. Viele von uns würden natürlich nach den Sommerferien in der Oberstufe weitermachen. Aber einige würden auch nach der zehnten Klasse aufhören, somit war es doch irgendwie ein bisschen eine Abschlussfahrt.
„Klar freu ich mich", nickte ich zustimmend, auch wenn mir das Ganze momentan noch ziemlich weit weg erschien.
Wir bogen gerade auf unseren Schulhof ein, da sah ich Niklas mit Tom neben den Fahrradständern stehen. Ich verlangsamte unser Tempo und blieb schon etwas früher stehen.
„Du Sophia, geh doch schon mal rein. Ich komm dann gleich nach", murmelte ich. Sophia ließ ihren Blick zu Niklas schweifen und dann wieder zu mir. Sie nickte wissend.
„Alles klar, wir sehen uns dann gleich, Süße." Sie schwang sich von meinem Gepäckträger und warf sich ihren Rucksack lässig über eine Schulter, ehe sie an Niklas und Tom vorbei Richtung Schulgebäude ging. Ich schob mein Fahrrad langsam und möglichst lässig auf die beiden zu.
„Morgen, Niklas", begrüßte ich ihn schüchtern. Er drehte sich zu mir um.
„Hey, Katherina, guten Morgen." Schüchtern lächelte mich Niklas an. Tom verdrehte hinter ihm die Augen.
„Ich geh dann schon mal rein. Das dauert ja bestimmt länger", meinte er genervt und stapfte dann los in Richtung Schulgebäude.
Ich umarmte Niklas kurz zur Begrüßung.
„Wie geht's dir?", fragte Niklas und sah mich unsicher an.
„Um ehrlich zu sein: Nicht allzu gut", gab ich zu. „Mein Vater war schon nichtmehr da, als ich gestern Nachmittag nach Hause kam." Niklas sah mich traurig an.
„Und diesmal wird er auch nicht wieder kommen. Zumindest nicht für meine Mutter", erzählte ich ihm. Niklas seufzte.
„Das tut mir leid."
„Ja, naja... Ich kann's nicht ändern, richtig?" Zerknirscht sah ich ihn an. Niklas kratzte sich unsicher am Arm.
„Du kannst vielleicht nicht ändern, was deine Eltern tun... aber du kannst ändern, wie du dich damit fühlst", meinte Niklas und sah mich wissend an.
„Wie meinst du das?" Ich runzelte die Stirn und sah ihn verwirrt an.
„Naja, meine Geschwister und ich, vor allem mein Bruder, haben immer alles persönlich genommen, was zwischen unseren Eltern passiert ist", erklärte mir Niklas traurig. Dann sah er mich ernst an.
„Aber es ist nichts persönliches. Und wie auch immer es sich im Moment anfühlt, es ist auf keinen Fall wegen dir passiert." Niklas warf mir einen durchdringend Blick zu. Klar, da hatte er Recht, trotzdem fühlte ich mich schlecht.
„Deine Eltern haben ihr eigenes Leben, mit dem sie fertig werden müssen. Du bist nicht die, die es reparieren muss." Niklas griff nach meiner Hand und drückte sie vorsichtig. Ich grinste ihn unsicher an.
„Danke. Ich fühl mich nur trotzdem so schlecht wegen meiner Mum. Sie leidet grade."
„Ich weiß." Niklas sah mich verstehend an. „Aber das macht dich ja nur zu einer mitfühlenden großartigen Person. Und deine Mutter kann echt stolz sein dich an ihrer Seite zu haben", sagte Niklas mit fester Stimme. Ich spürte, wie ich rot wurde. War das etwa grade ein Kompliment?
Kurz darauf ertönte der erste Gong und wir machten uns ebenfalls auf den Weg in Schulgebäude. Niklas hielt immer noch meine Hand und ich traute mich auch nicht sie wegzuziehen, schließlich hatte er sich grade so lieb um mich gekümmert.
Als wir zusammen die Klasse betraten war Jonas schon da. Er saß neben Florian und unterhielt sich angestrengt mit ihm. Florian allerdings blickte genau in meine Richtung, als ich mit Niklas zur Tür reinkam und sein Blick fiel sofort auf unsere Hände, die noch immer ineinander verschränkt waren. Er stupste Jonas aufgeregt an und raunte ihm etwas zu, woraufhin Jonas seinen Kopf in meine Richtung drehte. Sofort schüttelte ich Niklas energisch ab.
Jonas Blick glitt zu meinen Augen hoch und wir taxierten einander.
Neben mir stöhnte Niklas leise auf. Ich riss meinen Blick von Jonas los und schaute nun zu Niklas rüber, der aber ebenfalls Jonas im Blick hatte. Er sah mich kurz traurig an und ging dann ohne ein weiteres Wort rüber zu seinen Kumpels Tom und Lewis.
Ich fühlte Jonas Blick immer noch schwer wie Blei auf mir ruhen, als ich mich auf den Weg zu Sophia in die letzte Reihe machte. Es war wohl ziemlich taktlos von mir gewesen mit Niklas Hand in Hand in die Klasse zu marschieren. Was hatte ich mir bloß dabei gedacht?
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Nach dem Unterricht machte Sophia sich direkt auf den Weg zu Schwimmtraining. Niklas war auch direkt abgehauen. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Langsam packte ich meinen Kram zusammen, während die Klasse sich schon merklich leerte. Aber einer war natürlich noch da. Ich konnte seine Anwesenheit förmlich spüren und wahrscheinlich war es auch meine Absicht gewesen, als ich getrödelt hatte, ihm zu begegnen. Als ich das letzte Buch in meinem Rucksack verstaut hatte hob ich den Blick.
Und da saß er, eine Reihe vor mir auf dem Tisch und warf mir einen merkwürdigen Blick zu.
„Hey...", murmelte ich verlegen. Jonas schaute mich nur an. Ich hatte das Gefühlt seine Augen bohrten sich so tief in meine, dass er meine Gedanken lesen können müsste. Ich fing an zu schwitzen.
„Was ist das, was da zwischen Niklas und dir läuft?", fragte er und sah mich nachdenklich an.
Hmm ertappt. Ich bemerkte, wie meine Hände schwitzig wurden und versuchte den Spieß umzudrehen.
„Bist du eifersüchtig?", fragte ich und lächelte ihn kokett an.
„Sollte ich denn?" Er verzog keine Miene und sah mich weiter abwarten an. Ich wurde immer nervöser.
„Niklas ist bloß ein Freund", versuchte ich zu relativieren. „Gut, es gab da diesen Kuss..."
„Einen Kuss?" Jonas Augen weiteten sich. Ich biss mir verlegen auf die Lippe. Aber man konnte viel über mich sagen. Wenigstens war ich ehrlich.
„Ja, aber es war wirklich ein ganz harmloser Kuss, vorgestern, als ich bei Niklas übernachtet hab", erklärte ich abwinkend.
„Übernachtet?!", sagte Jonas schrill und verlor kurz die Kontrolle über seine Stimme. Shit, das hörte sich wirklich ungut an, wenn man das so aussprach.
„Ja, aber das war doch nur, weil sich meine Eltern getrennt haben."
„Deine Eltern haben sich getrennt?" Jonas Mund stand immer noch offen und er sah mich ungläubig an.
Richtig, davon wusste er ja auch nichts.
„Ich hab gerade das Gefühl, ich kenn dich gar nicht", meinte Jonas traurig. Ich zog zerknirscht die Luft ein.
„Ich mein, niemand versteht das besser als ich, wenn man sich auch mal mit jemand anders ablenken will. Und vermutlich habe ich auch kein Recht sauer zu sein, dass du jemand anders geküsst hast. Aber ich hab auch nicht vergessen, dass du ja nun schon mal auf diesen Idioten Niklas standest", sagte Jonas abwertend und verschränkte die Arme.
„Hey, er ist kein Idiot", fing ich an Niklas zu verteidigen. Das war ich ihm irgendwie schuldig, nachdem er mich die letzten Tage so einfühlsam unterstützt hatte.
„Ich mach grad wirklich eine schwierige Zeit durch... und Niklas versteht mich. Und er hilft mir irgendwie da durch." Jonas schüttelte verletzt den Kopf.
„Und du dachtest mich interessiert das nicht, wenn es dir nicht gut geht?", fragte er mich enttäuscht. Ich atmete tief durch.
„Es ist... es ist nur...", frustriert seufzte ich auf. „Ich kann grad einfach nicht darüber reden." Müde und enttäuscht von mir selbst schüttelte ich den Kopf.
„Es tut mir leid", nuschelte ich und sah in Jonas verletzte Augen. Er seufzte.
„Ist schon okay. Du musst nicht drüber sprechen, wenn du nicht so weit bist..." Er verzog seinen Mund, so als würde es ihm selbst nicht passen, was er da gerade sagte.
„Aber, ich möchte, dass du eine Sache weißt..." Erstaunt blickte ich auf. Es lag so etwas Gewichtiges in seiner Stimme. Er knirschte leicht mit den Zähnen. Es fiel ihm scheinbar nicht leicht das folgende auszusprechen.
„Ich hab mich wirklich in dich verliebt." Er biss sich unsicher auf die Lippe und ich blickte ihn geschockt an.
„Und ich werd um dich kämpfen, ob du das willst oder nicht." Jonas Augen funkelten in meine Richtung und mir lief ein wohliger heißer Schauer über den Rücken.
Hmm, Jonas hat das L-Wort benutzt, was sagt ihr dazu.
Und wie kommt eigentlich Katherina so bei euch an? Ist ihr Verhalten für euch nachvollziehbar oder ist sie ein bisschen zu flatterhalt?
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