Kapitel 11 ~ Was die Nacht so bringt



Um kurz vor sieben hatte ich das Bedürfnis mich für heute Abend richtig hübsch zu machen. Mum war gerade von der Arbeit wieder gekommen und ich fragte sie, ob ich mir etwas von ihrem Make-up borgen dürfte. Sie hatte nichts dagegen sondern freute sich wahrscheinlich, weil sie dachte, dass mit Jonas hätte sich geklärt und ich würde mich für ihn hübsch machen. Ich legte eine Spur zu viel Make-up und definitiv zu viel Mascara auf. Mein Spiegelbild sah mir ganz fremd entgegen. Wenn ich ehrlich war sah ich aus wie eine Crack-Nutte. Aber irgendwie fühlte es sich gut an mal wie jemand ganz anderes auszusehen. Heute Abend würde ich einfach auch mal jemand ganz anderes sein. Passend zu meinem neuen Gesicht schlüpfte ich in den kürzesten Jeansrock, den ich in meinem Schrank finden konnte und zog ein enges T-Shirt mit tiefem Ausschnitt dazu an. Mums Augen wurden groß als ich um kurz vor acht an ihr vorbei zur Tür ging. Aber sie verkniff sich jeglichen Kommentar.

„Ich geh auf einen Geburtstag. Mach's gut", rief ich ihr zu.

„Ist gut. Viel Spaß", murmelte Mum deutlich verwirrt.


Ich wartete an der Straße auf Florian. Er kam zehn Minuten zu spät auf einem ziemlich aufgemotzten Roller daher. Als er mich entdeckte hielt er an und schob sich die Sonnenbrille hoch.

„Nicht schlecht, Kath", pfiff er anerkennend und musterte mich von oben bis unten. „Ich bin beeindruckt." Ich rollte mit den Augen.

„Können wir los?"

„Klar spring auf." Helme gab es scheinbar nicht. Ich schwang ein Bein über den Sitz und setzte mich hinter Florian. Der Rock war irgendwie doch keine gute Idee gewesen. Zumindest nicht, wenn man breitbeinig auf einem Roller saß. Ich versuchte den Rock etwas nach unten zu ziehen. Funktionierte nicht wirklich.

„Setz dich einfach dichter an mich, dann kann dir keiner reingucken", meinte Florian ungerührt und gab Gas. Der hatte bestimmt schon einige Mädchen in kurzen Miniröcken hinten auf seinem Roller sitzen gehabt und kannte das Problem. Wir fuhren in die entgegengesetzte Richtung, als die in der Florian wohnte; ins Industriegebiet. Die Häuser wurden weniger und grauer und hässlicher. Irgendwann bogen wir in einen Feldweg ein, der zu einem kleinen Waldstück führte. An dessen Rand befand sich eine sehr heruntergekommene Grillhütte. Um einen großen Grill draußen sah ich ein paar Jungs stehen, die versuchten die Kohle anzubekommen. Florian hielt an und stieg ab. Ich beeilte mich es ihm gleichzutun und zog schnell meinen Rock runter sobald ich wieder stand.

„Das Geburtstagskind heißt Kai. Ich kenn ihn ausm Fitnessstudio und wir schenken ihm eine Fasche „Jack Daniels" zusammen, falls es dich interessiert", raunte mir Florian zu. Oh man jetzt hatte ich schon zweimal in zwei Wochen die Sache mit dem Geburtstagsgeschenk vermasselt. Ich nickte dankbar.

„Wie alt wird Kai?" Ein paar Eckdaten abzustecken war sicher sinnvoll. Wo ich schon auf einen Geburtstag ging, auf dem ich niemanden kannte.

„20. Los komm mit." Florian zog mich hinter sich her zu dem Grill. 20? Krass. Ich hatte keine Freunde, die vier Jahre älter waren als ich. Florian umarmte einen großen muskulösen Kerl.

„Alles Gute man. Die kleine hier ist Kath", stellte er mich vor. Kai und die umstehenden Jungs musterten mich und warfen Florian anerkennende Blicke zu.

„Cool, dass du mitgekommen bist. Ihr könnt euch in der Hütte schon mal ein Bier holen. Grill dauert noch nen bisschen", meinte Kai an mich gewandt.

„Okay, danke." Die ganzen älteren Jungs schüchterten mich ein bisschen ein und ich war dankbar Florian in die Hütte folgen zu können. Hier waren jetzt doch zwei, drei Mädels allerdings immer noch deutlich mehr Jungs. Ein paar waren mit dem Laptop zu Gange um für Musik zu sorgen. Jonas konnte ich allerdings tatsächlich nirgends entdecken. In einem kleinen abgetrennten Raum standen zwei Kühlschränke und Florian holte zwei Cola-Bier raus und drückte mir eins in die Hand.

„Die Jungs stehen auf deinen kurzen Rock", raunte mir Florian zu und tatsächlich blickten einige der Jungs, die an den Tischen saßen in unsere Richtung. Ich nahm schnell ein paar große Schlucke von meinem Bier, um mich nicht unwohl zu fühlen.

„Komm ich stell dir ein paar Leute vor", meinte Florian und zog mich zu einer Gruppe Jungs rüber. Die meisten kannte er scheinbar aus dem Fitnessstudio oder einfach von irgendwelchen Partys. Inzwischen hatten die Jungs mit dem Laptop es auch geschafft die Musik in Gang zu bekommen. Die dröhnte uns jetzt so laut um die Ohren, dass man sich nicht wirklich unterhalten konnte. Was mich aber auch nicht wirklich störte, da es mir ersparte irgendein geistreiches Gespräch anzufangen. Als ich mein erstes Bier fast leer hatte schlug einer der Jungs vor eine Runde zu deckeln. Ich saß links von Florian und Florian traf eigentlich immer. Ich leider nicht, weshalb ich nach zehn Minuten spielen schon zwölf Becher getrunken hatte und mich prächtig mit dem Typ links neben mir verstand, der mir ab und zu einen Becher abnahm. Ich wusste seinen Namen nicht, aber als ich Becher Nummer 21 trinken wollte legte er mir einen Arm um den Hals.

„Du hast echt sagenhafte Beine", lallte er mir ins Ohr. Plötzlich rauschte sein Arm mit einer Wucht wieder von meiner Schulter. Florian musste ihn weggeschlagen haben. Jetzt stand er auf und zog an meinem Arm.

„Ich glaub du hast genug, Kath. Lass uns mal rausgehen und gucken wann die Würstchen fertig sind." Widerstandslos ließ ich mich mit nach draußen ziehen.

„Bist du irgendwie angepisst, weil der Typ seinen Arm um mich gelegt hat?", fragte ich.

„Son Quatsch. Ich hab bloß Hunger", wich Florian meiner Frage aus. Zum Glück waren die Würstchen fertig. Florian ließ sich gleich zwei davon in ein Brötchen fallen. Ich begnügte mich mit Einem. Hauptsächlich, weil ich die Hoffnung hatte das Brötchen würde den Alkohol aufsaugen, der mir langsam in den Kopf stieg.

„Du bist dir deiner Wirkung auf Jungs scheinbar nicht bewusst, oder?" Meinte Florian und sah mich prüfend an.

„Wie meinst du das?" Ich sah ihn verwirrt an und kaute auf meinem Brötchen rum. Florian schüttelte den Kopf.

„Naja, der Typ da drin hätte dich nur zu gerne begrabscht, wenn ich nicht auf dich aufgepasst hätte. Und die Jungs da drüben sabbern auch schon." Ich runzelte die Stirn. Florian spann ja gewaltig. Oder er hatte Halluzinationen.

„Liegt nur daran, dass so wenig Mädels hier sind. Begrenzte Auswahl. Da darf man nicht so wählerisch sein", meinte ich trocken. Florian lachte.

„Mensch, Kath. Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein könnte dir nicht schaden. Ich meine Jonas ist wegen dir total neben der Spur." Mir blieb fast das Herz stehen. Was sollte das denn heißen? Wenn überhaupt war Jonas wegen Layla neben der Spur. Für mich hatte er doch nicht mal mehr einen Blick übrig.

„Was meinst du?", fragte ich doch Florian schüttelte nur den Kopf.

„Ach vergiss es. Ich hab geredet ohne nachzudenken."

„Florian!" Ich sah ihn ernst an. „Spuck's aus. Was wolltest du damit sagen?" Doch er blieb mir die Antwort schuldig, denn in diesem Moment kam Kai zu uns rüber. Er grölte irgendwas und verwickelte Florian in ein Gespräch über Sport. Ich stand etwas verloren daneben und grübelte über Florians Worte nach. Was sollte das? Jonas war garantiert nicht wegen mir neben der Spur. Ich war ihm total egal. Er hatte seinen Spaß mit mir gehabt und jetzt war das Ganze für ihn beendet. Ich wurde ziemlich traurig und deprimiert und der Alkohol tat sein Übriges um diese Gefühle noch zu verstärken.

Etwas abseits neben dem Grill war eine Bank auf der gerade keiner saß. Ich ging rüber und setzte mich. Dann biss ich herzhaft in mein Brötchen. Es tat gut etwas zu essen. Leider dauerte es nicht lange und einer von Kais Freunden, die als wir gekommen waren neben dem Grill gestanden hatten, setzte sich zu mir.

„Hey, alles klar bei dir?" Ich hatte den Mund gerade voll und gab ihm ein Daumen hoch.

„Echt lecker Würstchen", meinte ich als ich runter geschluckt hatte. Der Typ schmunzelte.

„Danke. Ich bin übrigens Sebastian." Ich nickte und biss wieder in mein Brötchen. Irgendwie hatte ich überhaupt keine Lust mich mit ihm zu unterhalten.

„Ist Florian eigentlich dein Freund?", fragte er plötzlich unvermittelt. Ich verschluckte mich fast an meinem Brötchen.

„Nein, nein. Florian hat keine Freundin. Er probiert gern jedes Mädchen mal aus", sagte ich und schüttelte den Kopf.

„Also hast du was mit ihm?" Jetzt verschluckte ich mich wirklich. Ein Stück Brötchen blieb im meinem Hals hängen und ich musste übelst Husten. Sebastian klopfte mir auf den Rücken. Mir stießen Tränen in die Augen und Sebastian rieb als weiter über meinen Rücken. Als es nach einer Weile endlich wieder halbwegs ging wischte ich mir einmal über die Augen und atmete tief ein.

„Himmel, nein!", sagte ich bestimmt.

„Oh, gut. Ich find dich nämlich echt süß", sagte Sebastian und lächelte mich an. Oh Gott, wie kam ich denn jetzt aus der Nummer wieder raus? Ich war so dumm. Hätte ich doch Florian einfach zu meinem Freund gemacht. Ich ärgerte mich über mich selbst und schaute mich panisch nach Florian um. Er war doch schließlich mein selbst erkorener Aufpasser. Aber Florian stand immer noch bei Kai und unterhielt sich angestrengt mit ihm. Dabei schaute er natürlich keine Sekunde in unsere Richtung, sodass ich ihm ein Zeichen hätte geben können.

„Ihrem Blick nach zu urteilen würde ich dir den Tipp geben, dass sie kein Interesse hat." Ich blickte hoch und da stand Jonas direkt neben mir und blickte belustigt runter auf Sebastian. Sebastian sah erst etwas verwirrt aus. Dann jedoch zog er die Augenbrauen zusammen und funkelte Jonas böse an.

„Was willst du denn?", sagte er genervt. Scheinbar kannten die beiden sich.

„Verpiss dich einfach. Sie will nichts von dir." Sebastian stand auf. Er hatte einen Blick drauf, als wollte er Jonas umbringen.

„Du bist so ein Idiot Jonas. So wie du die Weiber behandelst stehst du am Ende eh alleine da." Dann wandte er sich an mich.

„Komm lass uns abhauen. Der Klügere gibt nach."

Ich schüttete stumm den Kopf. Sebastian zog wieder die Augenbrauen kraus.

„Du willst bei dem Typ bleiben? Keine gute Idee." Dann zucke der die Achseln.

„Ach, mir kann's egal sein. So hübsch bist du nun auch wieder nicht", sagte er und trat einen Tannenzapfen zur Seite, ehe er wieder zu seinen Kumpels rüber ging. Jonas ließ sich neben mich auf die Bank fallen. So dicht, dass unsere Oberschenkel sich berührten. Dann schlang er einen Arm um mich. Ich erstarrte. Was sollte das?

„Lust ein bisschen rumzumachen?" Jonas zwinkerte mir zu.

„Spinnst du?" Ich befreite mich aus seiner Umarmung.

„Was?" Jonas sah mich irritiert an. Ich konnte es nicht fassen.

„Du hast mich die ganze Woche ignoriert und jetzt willst du mit mir rummachen?" Ich sah Jonas verständnislos an. Jonas wirkte sichtlich irritiert.

„Ich hab dich nicht ignoriert." Er machte eine Pause. „Wir haben uns nur einfach nicht unterhalten. Aber hättest du mich was gefragt hätte ich geantwortet." Ich sah ihn entgeistert an. War das sein Ernst?

„Du hast mit Layla rumgemacht."

„Achso darum geht's." Jonas schlug sich an die Stirn, so als ginge ihm ein Licht auf. „Du bist eifersüchtig. Voll süß." Jonas drückte mich an sich. Der spann wohl. Ich drückte ihn mit aller Kraft von mir weg.

„Lass das." Jonas lächelte mich an.

„Du bist echt eifersüchtig, oder?" Ich war vor allem sprachlos. Jonas nahm mich überhaupt mich ernst. Er hatte scheinbar nichts dagegen einfach dort weiter zu machen, wo wir aufgehört hatten, als ich das letzte Mal bei ihm gewesen war, so als wäre gar nichts gewesen.

„Jonas ich bin nicht eifersüchtig. Ich bin einfach nur verwirrt."

„Aber weswegen?" Blauäugig sah Jonas mich an. Ich raufte mir die Haare.

„Du bist so süß", murmelte Jonas und dann zog er mich an sich und küsste mich einfach so. Ich hätte ihm vermutlich eine Ohrfeige geben müssen, so wie die Mädchen das in Filmen in solchen Situationen taten. Aber ich konnte nicht. Es fühlte sich einfach zu gut an, trotz allem. Als Jonas den Kuss beendete und ich die Augen öffnete stand Florian vor uns.

„Na, ihr zwei", verschlagen grinste er uns an.

„Joau Jonas, cool, dass du noch gekommen bist." Die beiden begrüßten sich mit einem Faustschlag. Ich warf Florian böse Blicke zu aber der ignorierte mich.

„Du hast ja noch gar kein Bier, Jonas. Oder wollen wir den Wodka plündern?" Florian sah mich vieldeutig an.

„Kath wäre bestimmt dabei." Ich stöhnte auf. Die beiden machten mich echt fertig.

„Meinetwegen. Wodka könnte ich jetzt eigentlich ganz gut gebrauchen", gab ich nach.

„Perfekt." Florian strahlte und ging voraus Richtung Grillhütte. Jonas und ich folgten ihm. Auf halber Strecke griff Jonas nach meiner Hand. Ich schüttelte sie schnell ab und ging einen Schritt schneller. Aber ich konnte förmlich spüren, wie Jonas lächelte und mir auf den Arsch starrte.


Als ich in die Hütte kam drückte mir Florian drei Becher in die Hand. Er selbst hielt den Wodka und eine Flasche Orangensaft.

„Lass damit raus setzten. Drinnen ist es zu voll", meinte er. Wir setzten uns zu dritt wieder auf die Bank und Florian füllte unsere Gläser, wobei er mit dem Wodka nicht sparte.

„Wir könnten „Ich habe noch nie..." spielen", schlug Florian schließlich begeistert vor. Jonas runzelte die Stirn und sah Florian vieldeutig an.

„Ich bin mir nicht sicher, ob ich eure schmutzigen Sexgeheimnisse erfahren will", meinte ich trocken und nippte schon mal an meiner Wodkamischung. Die war so stark, dass meine Kehle brannte und ich husten musste.

„Doch, ich finde das ist eine gute Idee", lobte Florian sich selbst.

„Ich fange auch an."

„Na dann lass mal hören." Ich zog meine Augenbrauen hoch.

„Alsoo. Ich habe noch nie im Bett meiner Eltern Sex mit einem Mädchen gehabt, als die nicht da waren", sagte Florian trocken und trank. Jonas setzte ebenfalls sein Glas an und nahm einen großen Schluck. Ich musste Tränen lachen.

„Das ist doch witzlos. Am Ende liegt ihr eh betrunken am Boden und ich bin wieder ausgenüchtert."

„Keine Sorge kleine Katherina. Wir kriegen dich schon auch noch zum Trinken." Florian zwinkerte mir optimistisch zu.

„Jonas du bist dran."

„Na schön. Ich habe noch nie betrunken in unserem Garten abwechselnd von zwei Mädchen einen geblasen bekommen."

„Touché, mein Freund", sagte Florian grinsend und stieß mit ihm an. Ich verdrehte die Augen. Was wollten sie mir damit beweisen?

„Du bist dran, Katherina", meinte Jonas an mich gewandt und sah mich abenteuerlustig an. Na toll. Ich hatte null Komma null spannende Erfahrungen gesammelt, die ich hier zum Besten geben könnte. Außer Sachen, die mit Jonas zu tun hatten. Aber die konnte ich nicht nehmen. Dann dachte ich an Sophia, die hier sicher ganz groß gewesen wäre und so fiel mir doch noch etwas Brachbares ein.

„Ich habe noch nie Popcorn in einer Wohnung hochgehen lassen um Strings verschwinden zu lassen." Gut das war nicht wirklich ich gewesen. Aber ich war immerhin daran beteiligt gewesen. Mit einem großen Schluck trank ich mein Glas halb leer.

„Nicht schlecht für den Anfang. Aber da geht noch mehr", meinte Florian.

„Ich habe noch nie nackt vor unserer Haustür gestanden den „Da hat das rote Pferd" Tanz getanzt, bis meine Mum mich reingeholt hat, weil die Nachbarn meinen Hintern nicht weiter bewundern wollten." Florian trank sein Glas leer und Jonas kugelte sich vor Lachen.

„Ja, daran kann ich mich noch gut erinnern", meinte er unter Tränen.

„Ihr seid verrückt." Ich schüttelte den Kopf.

„Ja, deshalb hast du ja auch so viel Spaß mit uns." Florian zwinkerte mir zu und legte mir einen Arm um die Schulter. Ich seufzte.

„Naja Spaß nicht gerade."

„Laber nicht. Jonas hau einen raus", forderte Florian Jonas auf.

„Mhh, mal überlegen. Also ich habe noch nie nur mit Boxershorts bekleidet, gefesselt an einem Autobahnschild gestanden, bis die Polizei mich befreit hat, weil ich gleichzeitig was mit Zwillingsschwestern hatte, die bis dahin nichts davon wussten und dann sehr verärgert waren." Jonas trank sein Glas leer.

„Genial", jubelte Florian und klatschte Jonas ab. Dann füllte er unsere Gläser nach.

„Es tun sich Abgründe auf", seufzte ich.

„Jetzt du Katherina. Das Schmutzigste, Atemberaubendste, Unglaublichste, was du je getan hast." Florian sah mich auffordernd an.

„Sorry, aber da kann ich nicht mithalten. Ich trink aber trotzdem", meinte ich und nahm einen großen Schuck, Florian nahm mir mein Glas weg.

„Das gilt nicht, Spielverderberin."

„Na schön." Ich eroberte mein Glas zurück. Langsam begann sich mal wieder alles zu drehen. Ein für mich in letzter Zeit gewohntes Gefühl.

„Ich habe noch nie mit einem Kerl rumgeknutscht, von dem ich nichts wollte, nur weil mich der Kerl, den ich wollte nicht wollte und dann gemerkt, dass der Kerl, den ich eigentlich nicht wollte, doch ganz interessant aber leider nicht gut für mich war, weil er als ich anfing ihn zu mögen wieder mit einer anderen rumgemacht hat." Ich trank mein Glas leer. Jonas und Florian sahen mich entsetzt an. Scheiße warum hatte ich das gesagt?

„Ohh...", brachte Florian heraus. Jonas blieb stumm. Er sah mich nur unergründlich an.

„Mehr Wodka?", fragte mich Florian.

„Gerne", sagte ich dankbar und Florian füllte mein Glas nach. Ich trank es auf ex leer. Eine unangenehme Stille lag zwischen uns und ich hatte das Bedürfnis ihr zu entkommen. Als ich aufgestanden war merkte ich jedoch, dass das keine gute Idee gewesen war, denn der Boden unter mir begann sich unaufhaltsam zu drehen. So schnell, dass ich beim ersten Schritt vorwärts direkt Richtung Boden fiel. Jonas fing mich auf.

„Vorsicht, Kath."

„Ich geh mal ein Glas Wasser holen", meinte Florian sachlich.

„Mir's so schlecht", jammerte ich am Boden sitzend. Jonas hockte sich neben mich. Und mir war wirklich unglaublich schlecht. Hoffentlich musste ich mich nicht übergeben.

„Ich weiß." Jonas schob mir eine Haarsträhne hinters Ohr.

„Du Kath, hör mal. Wir haben doch nie gesagt, dass wir zusammen sind und, dass wir nichts mit anderen haben dürfen." Jonas sah mich traurig an.

„Ich weiß", murmelte ich. Oh Gott es stieß mir als auf bestimmt musste ich gleich kotzen. Reiß dich zusammen Katherina. Befahl ich mir.

„Also warum bist du sauer? Ich hab doch nichts falsch gemacht." Scheiße ich konnte es nicht mehr aufhalten. Ich sprang auf und rannte zum Rand des Waldstücks hinter der Bank. Dort beugte ich mich nach vorne und übergab mich. Auf dem Weg nach oben brannte der Alkohol noch viel schlimmer und trieb mir die Tränen in die Augen. Dann wurden meine Haare von hinten zu einem Zopf aus meinem Gesicht genommen. Jonas war mir scheinbar nachgelaufen. Er hielt meine Haare fest und rieb meinen Rücken. Dabei murmelte er als irgendwas aber ich konnte ihn nicht verstehen, weil ich einfach als weiter kotzen musste. Gott das war so peinlich. Aber mir war einfach so unglaublich schlecht. Verschwommen nahm ich war wie Florian zurück kam und Jonas ein Glas Wasser in die Hand drückte.

„Hey, kommst du allein klar? Drinnen ist ne Schlägerei und ich sollte Kai helfen."

„Klar geh ruhig." Florian verschwand wieder und irgendwann hörte ich zum Glück auch endlich auf mich zu übergeben. Erschöpft ließ ich mich etwas abseits auf dem Boden nieder. Mein Hals brannte wie Feuer und meine Augen klebten von den Tränen zusammen. Ich sah bestimmt furchtbar aus. Jonas setzte sich neben mich und reichte mir das Wasser.

„Danke", murmelte ich und nippte an dem Glas.

„Du solltest weniger trinken", meinte Jonas und lächelte mich schräg an.

„Danke für den Tipp. Ich denke ich werd ihn in Zukunft beherzigen." Ich lächelte matt zurück. Jonas legte einen Arm um mich und zog meinen Kopf an seine Schulter. Ich war viel zu schwach um mich dagegen zu wehren.

„Mensch, Kath. Ich will nicht, dass du sauer auf mich bist", nuschelte Jonas in meine Haare hinein.

„Warum hast du mich dann die ganze Woche ignoriert und dich nur für Layla interessiert?" Jonas schwieg eine Weile und spielte mit meinen Haaren.

„Ich weiß nicht. Ist kompliziert", meinte er schließlich und drückte mich enger an sich.

„Versuch es zu erklären, bitte." Ich konnte so nicht weiter machen. Ich wollte nicht eine von vielen sein, die darauf wartete, dass Jonas gerade mal wieder Lust auf sie hatte.

„Es ist nur Mädchen kommen und gehen. Das war bei mir schon immer so. Nur Layla nicht. Layla war einfach schon immer da. Ich kenn sie seit dem Kindergarten und egal wie scheiße ich je zu ihr war ich konnte immer wieder zu ihr zurückkommen. Sie hat mir nie eine Szene gemacht. Ich meine ich mag Layla nicht so, wie... dich. Aber es ist einfach..."

„So einfach mit ihr, weil sie dich nicht zwingt dich festzulegen und trotzdem bei dir bleibt?", unterbrach ich ihn. Jonas lachte bitter.

„Ja, vielleicht." Ich schüttelte den Kopf und wand mich aus seiner Umarmung.

„Ich meine was willst du von mir? Das ich nichts mehr mit Layla mache?" Jonas sah mich mit großen Augen an. Ich schlang meine Arme um mich. Mir war plötzlich richtig kalt.

„Jonas ich will dir doch nichts verbieten. Du musst schon selbst wissen, was für dich richtig ist. Aber ich will nicht einen von deinen vielen „ab und zu" Freundinnen sein." Jonas sah mich an und überlegte.

„Möchtest du denn meine eine Freundin sein?"

„Ja, vielleicht. Aber du hast doch gerade gesagt, dass du das nicht kannst", frustriert sah ich ihn an.

„Ich könnte es versuchen. Also wenn du es möchtest." Erwartungsvoll sah Jonas mich an. Ich wusste nicht, was ich denken sollte. Klar wollte ich das. Aber Jonas war betrunken. Er meinte das eh nicht ernst. Und selbst wenn wusste ich nicht, ob er das konnte. Layla war scheinbar sein sicherer Halt. Sein konstanter Pol im Leben. Ich wusste nicht, ob ich das auch sein konnte. Und ob es fair war ihm diesen Halt wegzunehmen. Andererseits wollte ich ihn so sehr, dass es fast wehtat. Also schwieg ich einfach.

„Also, was meinst du? Wollen wir es versuchen?" Jonas lächelte mich schief an.

„So Unheil abgewendet." In die Hände klatschend kam Florian auf uns zu. „Alles ist wieder im Lot. Wir können fahren. Magst du deine Schwester anrufen, damit sie uns abholt?" Fragte Florian und blieb vor uns stehen. Jonas riss seinen Blick von mir los.

„Klar kann ich machen." Er kramte sein Handy raus und fing an zu tippen.

„Und bei dir wieder alles fit, Katherina?", fragte Florian mich augenzwinkernd.

„Ja, geht schon. Danke fürs Wasser holen."

„Kein Ding." Florian winkte ab. „Bedank dich lieber bei Jonas. Der hat schließlich deine Haare gehalten."

„Also meine Schwester ist in zehn Minuten da. Wir können ihr ja schon mal entgegen gehen." Jonas stand auf und machte sich auf den Weg in Richtung Straße. Florian zog die Augenbrauen hoch.

„Was ist los bei euch?", fragte er mich. Ich zuckte die Achseln. Florian half mir hoch und runzelte die Stirn. Mit einigem Abstand folgten wir Jonas.

„Na los. Spuck's aus. Er ist bestimmt nicht sauer, weil du gekotzt hast."

„Er hat mich gefragt, ob wir zusammen sein wollen. Und ich hab noch nicht geantwortet."

„Oh, das hat er gefragt? Ernsthaft?", sagte Florian erstaunt.

„Mmh."

„Aber ist das nicht das, was du wolltest?"

„Schon. Nur ich weiß nicht, ob er das ernst meint. Ich meine er hat getrunken und so."

„Klar, aber ich glaube nicht, dass er das schon jemals ein Mädchen gefragt hat. Also wird er sich schon was dabei gedacht haben. Ich glaub nicht, dass er das leichtfertig fragen würde. Außerdem war er die ganze letzte Woche down wegen dir."

„Wegen mir?" Erstaunt blickte ich Florian an.

„Naja, ich glaub er war auch ein bisschen genervt wegen sich selbst. Ich weiß nicht so genau. Wir quatschen ja nicht so miteinander wie Mädels." Florian verzog das Gesicht.

„Aber ich weiß, dass er schwach wird bei dir. Also gib ihm ne Chance. Du hast doch nichts zu verlieren."

„Was quatscht ihr zwei da hinten? Jetzt kommt doch endlich mal", rief Jonas von vorne. Aus der Ferne kamen Scheinwerfer auf uns zu. Das musste Maria sein.

„Na komm", meinte Florian und wir gingen einen Schritt schneller. Das ich nichts zu verlieren hatte stimmte ja nicht ganz. Es hatte mich schon völlig fertig gemach ihn mit Layla zu sehen, als wir nur eine Nacht zusammen verbracht hatten. Ich hatte einfach Angst davor, wie weh es tun würde, wenn wir erst eine Weile zusammen waren und er dann merkte, dass er es nicht konnte. Maria hatte angehalten und Jonas öffnete gerade die Tür, als Florian und ich an gejoggt kamen.

„Hey ihr drei." Maria strahlte uns an. Wo nahm sie nur immer diese viele gute Laune her?

„Hallo Maria. Cool, dass du uns abholst", sagte ich. Jonas setzte sich vorne hin. Er hatte ein miesepetriges Gesicht aufgesetzt. Florian und ich mussten also hinten einsteigen.

„Und wie war die Party?", fragte Maria enthusiastisch während sie auf dem Schotterweg zu drehen versuchte.

„Ach ganz gut. Katherina hat zwar ein bisschen gekotzt und es gab eine Schlägerei, die ich beenden musste. Aber sonst war's eigentlich ganz gut", quatschte Florian drauf los.

„Florian!" Entsetzt boxte ich ihn in die Seite. Maria lachte.

„Ja. Hört sich nach einer gelungenen Party an." Sie hatte es inzwischen geschafft zu wenden und wir befanden uns auf dem Weg zurück durchs Industriegebiet. Als wir nur noch ein paar Straßen von meinem Zuhause entfernt waren hatte Jonas immer noch nichts gesagt. Florian hingegen quasselte wie ein Wasserfall und erzählte Maria, wie er den einen in den Schwitzkasten genommen hatte und dem anderen gleichzeitig einen sauberen linken Haken verpasst hatte. Maria sah immer wieder skeptisch zu Jonas rüber. Schließlich konnte sie nicht mehr an sich halten.

„Was los Brüderchen? Warum so schlecht drauf?" Jonas warf ihr einen bösen Blick zu.

„Ach, halts Maul, Maria." Dann sah er wieder aus dem Fenster

„Okay", meinte Maria. Kurz darauf hielt Maria vor unserem Haus.

„Also dann danke fürs Fahren, Maria. Kommt noch gut nach Hause", sagte ich und stieg aus.

„Jetzt bring sie wenigstens kurz zu Tür", raunte Florian Jonas nach vorne zu.

„Wir sind doch in keinem schlechten 60er Jahre Film", meinte Jonas genervt. Maria boxte ihm in den Oberschenkel und dann stand er schließlich doch auf und folgte mir. Wir gingen stumm zu unserem Treppenhaus.

„Du warst auch noch nie bei mir zu Hause. Könntest du ja dann mal machen", meinte ich und sah Jonas an. Jonas grinste schelmisch zurück.

„Könnte ich wann mal machen?"

„Na, wenn wir jetzt zusammen sind?", fragte ich unsicher. Jonas grinste breit und beugte sich zu mir runter um mich zu küssen. Ich lehnte mich schnell zurück.

„Ähm... lass das besser verschieben. Wegen du weißt schon. Gekotzt und so", stotterte ich peinlich berührt. Jonas lachte.

„Achso, ja klar." Stattdessen drückte er mich einmal fest an sich. „Dann bis Montag, Katherina. Schlaf gut." Jonas zwinkerte mir zu, drehte sich um und verschwand in Richtung Straße.


Ich machte mich auf den Weg die vielen Treppen hoch zu unserer Wohnung. Hoffentlich hatte ich gerade das Richtige getan. Als ich unsere Wohnungstür öffnete brannte im Wohnzimmer noch Licht. Ich hatte kaum zwei Schritte in die Wohnung gemacht, da stand meine Mutter auch schon im Flur.

„Du siehst ja furchtbar aus. Was ist passiert?", entsetzt sah sie mich an.

„Hey, Mum", murmelte ich und warf einen Blick in unseren Flurspiegel. Jap, ich sah definitiv furchtbar aus. Das ganze Crack-Nutten-Make-up war verlaufen und hatte schwarze verschwommene Linien unter meinen Augen bis zu meinen Backen hinterlassen.

„Warum bist du noch wach?", wich ich ihrer Frage aus.

„Ich habe gerade mit deinem Vater telefoniert und er kommt übermorgen nach Hause."

„Waas?" Entgeistert sah ich sie an.

„Wie das?" Ich dachte vor Weihnachten würde das nichts geben.

„Naja, ich hab ihm gesagt, wenn er sich nicht bald mal blicken lässt lasse ich mich scheiden", sagte sie trocken. Ich sah sie baff an. Der Abend war wirklich zu viel für mich.

„Okay, ich geh dann mal ins Bett." Wie in Trance schob ich mich an ihr vorbei ins Bad. Mit viel Reinigungsmilch und unzähligen Wattepads befreite ich mich schließlich von dem Desaster in meinem Gesicht und dann fiel ich völlig fertig in mein Bett und einen traumlosen Schlaf.

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