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Alea
Ich atmete erleichtert auf, als ich die Zimmernummer 126 sah. Vorsichtshalber schaute ich noch einmal auf meine Unterlagen. Zimmer 126, das ist es.
Ich kramte meine Schlüsselkarte aus dem Umschlag und hielt sie gegen die Tür. Ein piepsen und die grüne Lampe symbolisierten mir, dass es geklappt hat.
Vorsichtig zog ich die Tür auf und spähte ins Zimmer. Das erste, was ich sah, waren zwei blonde Zöpfe, die kopfüber von einem Bett baumelten.
»Da bist du ja endlich!«, rief das Mädchen und grinste.
Sie setzte sich aufrecht hin und ihr roter Kopf zeigte, dass sie anscheinend schon länger kopfüber vom Bett hing.
»Hey, ich bin Josie.«
»Alea.«, ich lächelte.
Wahrscheinlich konnte man mir meine Erleichterung ansehen. Bevor ich nach Manibell gezogen war, hatte ich gründlich nach Wohnheimen recherchiert. Meine Voraussetzung war dabei definitiv, ein Einzelzimmer zu haben, da ich zum einen oft meine Ruhe brauchte, besonders wenn ich kreativ sein musste. Zum anderen aber hatte ich Angst vor einer zickigen Mitbewohnerin, die mehr Geld für Nagellack Fläschchen als für Nahrungsmittel ausgab.
Wie sich jedoch herausstellte, war das nicht ganz so einfach, wie ich es mir vorgestellt habe. In dieser Stadt gab es nämlich nur Wohnheime mit Doppelzimmern. Die Alternativen wären eine WG, oder eine eigene Wohnung gewesen. Da ich zu spät mit der Suche dran war, gab es jedoch keinen WG Platz mehr und für eine eigene Wohnung hatte ich auch nicht genug Geld.
Meine anfänglichen Zweifel schwanden aber beim Anblick meiner neuen Mitbewohnerin. Sie schien nett zu sein und war keinesfalls ein zickiger Hungerhaken mit Nagellack Sucht.
»Freut mich sehr Alea. Ich hoffe es ist nicht schlimm, dass ich mir bereits eine Zimmerhälfte ausgesucht habe.«
»Nein, alles gut.«
»Na dann, warum stehst du noch so rum. Los! Mach es dir gemütlich in der Suite Jolea.«, sie machte eine einladende Geste.
»Jolea? Ernsthaft?«, ich schmunzelte.
»Sorry, mir ist so schnell nichts besseres eingefallen.«, lachte sie.
♡ ♡ ♡
Das Zimmer war nicht besonders groß, ich versuchte trotzdem es mir so gemütlich wie möglich zu machen und warf meine meine weiße Kuscheldecke auf mein Bett, nachdem ich es mit meiner Bettwäsche bezogen habe. Über meinen Schreibtisch hängte ich die Polaroids, die ich von zuhause mitgenommen habe.
»Oha, wie cool!«, Josie stand plötzlich neben mir und betrachtete die Wand. »Die sehen voll professionell aus, machst du sowas oft?«
Ich lief etwas rot an bei ihrem Kompliment, da ich selbst sehr selbstkritisch war, konnte ich noch nicht sehr gut mit Komplimenten umgehen und musste mich zusammenreißen um sie anzunehmen.
»Danke...Ehm...Ja, ich fotografiere als Hobby.«
»Dann möchtest du also Fotografin nach dem Studium werden?«, sie runzelte fragend die Stirn.
»Nein. Als Fotografin verdient man einen Hungerlohn. Zumindest, wenn man nicht zu den wenigen Profis auf dieser Welt gehört. Ich dachte daher etwas im Bereich Journalismus kommt der Fotografie noch am nächsten. Daher auch das Studium.«, ich seufzte.
Den Punkt, dass meine Mutter außerdem wahrscheinlich enttäuscht sein würde, wenn ich nicht irgendwas studieren würde, ließ ich aus.
»Also ich glaube, du könntest zu den wenigen Profis gehören. Du musst nur an dich glauben.«
Ich lächelte. »Das ist lieb, danke. Aber es ist in der heutigen Zeit einfach wichtig, etwas festes in der Tasche zu haben.«
»Immerhin habe ich so das Glück, mit dir zusammen studieren zu können. Auch wenn ich Kommunikationsdesign studiere.«, sie grinste.
Ich schmunzelte. Josie ist echt niedlich, ich glaube ich werde sie ziemlich schnell in mein Herz schließen.
»Ach übrigens steigt beim Kumpel von meinem Bruder heute eine Party. Er ist im dritten Semester.«, wechselte Josie das Thema. »Möchtest du mitkommen?«
»Studiert dein Bruder auch Kommunikationsdesign?«
Sie schüttelte den Kopf. »Informatik«
»Achso.«
»Und?«, sie schaute mich an. »Möchtest du mitkommen?«
Ich überlegte. Wahrscheinlich wäre es eine gute Idee mitzukommen und neue Kontakte zu knüpfen, allerdings muss ich noch ein paar Dinge klären und einkaufen.
»Sorry, heute kann ich leider nicht. Ich habe noch einiges vor, nächstes Mal gerne«, antwortete ich daher und hoffte, dass es ein nächstes Mal gibt und ich es nicht soeben mit meiner Mitbewohnerin versaut habe.
Doch Josie lächelte mich an. »Klar, nächstes Mal bestimmt«
♡ ♡ ♡
Nachdem ich mich mit den Rezeptionszicken der Uni abgemüht habe, die mich dafür verantwortlich machen wollten, dass bei der Kurszuteilung etwas schief gelaufen ist und ich schließlich zweimal in Medienrecht, dafür aber kein Mal in Fotografie gelandet bin, saß ich nun auf meinem Bett und scrollte durch Instagram, um mich etwas abzuregen.
»Alea?«, fragte Josie.
Ich schaute hoch und sah, dass sie zwei Kleider hoch hielt.
Ich zeigte auf das hellblaue mit Blümchenmuster im Vintage Look. »Das ist süß«
Anschließend schaute ich wieder auf mein Handy. Ich freute mich, als ich sah, dass Jeff Slater, mein Lieblingsfotograf ein neues Bild gepostet hatte. Doch im nächsten Moment erstarrte ich.
»Oh...mein...Gott«, murmelte ich und konnte mein Blick nicht von den blauen Augen auf meinem Display lösen.
»Was ist?«, fragte Josie, die inzwischen ihr Kleid übergezogen hatte. Wie erwartet passte der Blauton perfekt zu ihren Haaren.
Ich drehte mein Handy, damit sie rauf schauen konnte.
Josie betrachtete das Bild stirnrunzelnd. »Der ist hübsch«, sagte sie und löste ihr Haargummi.
Ich nickte nur wie benommen. Und las derweil die Caption:
Heute hatte ich die große Ehre mit Sean Harrington zu shooten. Es sind sehr schöne Bilder entstanden. Hier ein kleiner Einblick.
»Ehm, also versteh mich nicht falsch... Der Typ ist hübsch, keine Frage, aber deshalb muss man doch nicht gleich schauen, als hätte man einen Geist gesehen.«, sie öffnete ihren Zopf und schnappte sich die Haarbürste auf ihrem Schreibtisch.
Ich schüttelte den Kopf.
»Was ist los?«, fragte sie.
»Ich...Der...«, ich schluckte. »Dieser Sean Harrington... Ich habe ihn vorhin am Bahnhof gesehen.«
»In Manibell?«, sie schaute mich fragend an. Sie streckte ihren Arm nach meinem Handy aus.
Ich nickte und gab es ihr.
Sie tippte kurz auf dem Display herum und ihre Augen weiten sich.
»Was macht so ein erfolgreiches Model in Manibell?«, sie drehte das Display und ein Instagram Account erschien. Man sah Bilder von Sean, wie er an ganz bekannten Orten shootete. Auf einem lief er im Anzug über den Hollywood Boulevard.
»Ich habe keine Ahnung«, flüsterte ich. Viel mehr fragte ich mich außerdem, warum ich ihn bisher noch nicht kannte. Ich folgte eigentlich vielen Models auf Instagram.
—
Danke, dass ihr meine Story bis hier hin gelesen habt. Wie gefallen euch die ersten beiden Kapitel? :)
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