Kapitel 8
Langsam rappelte ich mich wieder auf und schaute in die Gesichter um mich herum, die mich anstarrten.
Bakúm war irritiert, hatte aber das Lächeln eines Kindes im Gesicht, das gerade ein neues Spielzeug entdeckt hatte.
Koga und Tsuki schaute mich mit großen Augen und offenen Mündern vom Boden aus an.
In Lúcca's Gesicht spiegelt sich erst pures Entsetzen, was dann allerdings von tiefster Sorge abgelöst wurde. „
Nein! Bitte nicht! Rie! Bitte, bitte nicht!" murmelte er, als er mir direkt in die Augen sah.
Es kümmerte mich kaum, nur tief in meinem Inneren fing etwas an zu schreien. Mein Selbst schien in den Hintergrund gerückt worden zu sein und sah nur zu was geschah.
Prüfend schloß und öffnete ich immer wieder meine Hände, alles fühlte sich irgendwie fremd an, da merkte ich das ungewohnte Gewicht an meinem Rücken.
Der Nebel hatte sich komplett verdichtet und ein paar Flügel gebildet.
Es waren große, samtig, schwarze Flügel, die aussahen wie eine Mischung aus Drachen und Engelsflügeln.
Ich hatte sie schon einmal gesehen, sie gehörten zu der Gestalt des Geisterdrachen Engels, doch heute war es anders und doch eigenartig vertraut.
Neue Kräfte durchströmten mich, es war berauschend und die Wunden, sowie die Schmerzen, die ich hatte interessierten mich nicht mehr
Mein Bewußtsein hatte Platz für den puren Instinkt und zwei Gefühle gemacht: Rachedurst und Mordlust.
„Phantastisch! Ausgezeichnet! Ich weiß schon, warum ich dich unbedingt haben wollte!" jubelte Bakúm laut und klatschte in die Hände.
Ich ignorierte ihn, war völlig in mich versunken, bis er einige Schritte auf mich zu machte.
Mein Körper schien automatisch zu reagieren, ich hob den Kopf, legte ihn schief und sah Bakúm ausdruckslos an.
„Diese Augen! Wie schwarze Onyxe!" schwärmte er und schickte sich an noch näher zu kommen.
Plötzlich lief alles wie von selbst ab.
Ein Impuls stieg in mir auf und sendete eine gewaltig Schockwelle aus, die Bakúm von den Füßen riss, ihn nach hinter weg schleuderte und die umliegenden Kristalle in tausend Stücke zerspringen ließ.
Augenblicklich erlosch der Bannzauber und Tsuki und Koga kamen ächzend wieder auf die Beine. Tsuki wollte auf mich zu gehen.
„Nein! Bleibt weg von ihr!" brüllte Lúcca, Tsuki zuckte zusammen und schaute ihren Bruder sichtlich verwundert an. „Im Moment, ist sie nicht sie selbst!" sagte er.
„Woher weißt du das? Wir kennen diese Form von ihr doch schon." mischte sich jetzt auch Koga ein, während sie zu Lúcca gingen.
Ich beobachtete sie aus den Augenwinkeln und hörte was sie sagten, doch meine Aufmerksamkeit galt Bakúm, der sich gerade an der Wand aufzurichten versuchte, gegen die er gekracht war.
„Könntet ihr mich vielleicht freundlicher Weise erst einmal hier runter holen? Allmählich schlafen mir die Arme ein!" maulte Lúcca und klapperte mit den Ketten.
„Och, nun stell dich doch nicht so an, eigentlich machst du dich ganz gut da oben. Du hängst da so schön lässig und bequem." stichelte Koga.
„Wir können gerne tauschen! Mal sehen wie lange du es aushältst!" fauchte Lúcca giftig zurück. „Suchst du Streit? Den kannst du gerne haben!" meinte Koga und ballte die Fäuste.
„Jungs, echt jetzt! Es ist ja schön wie lieb ihr euch habt, aber wir haben im Moment wirklich andere Sorgen. Wenn wir wieder Zuhause sind, könnt ihr euch von mir aus gern die Köpfe einschlagen, aber jetzt reißt ihr euch zusammen, kapiert?" sagte Tsuki und ließ keinen Raum für Widerspruch.
„Jawohl" sagten beide gleichzeitig und schluckten schwer.
Sie holten Lúcca runter und dieser ging gleich zu einer bestimmten Stelle, bückte sich, hob Etwas kleines, glitzerndes auf und ging wieder zurück.
„Was ist das?" fragte Koga.
„Es ist die Kette, die die Zwillinge und ich für sie gemacht haben. Sie hat sie vorhin verloren, als sie gegen die Wand geschleudert wurde." sagte Lúcca und sah traurige auf das glitzernde Kleinod in seiner Hand. „Ich wußte nicht, daß sie ihr die Kette schon gegeben hatten."
Tsuki lächelte ihn warm an. „Kurz bevor wir hierher aufgebrochen sind."
In dem Augenblick, in dem ich die Kette sah, regte sich etwas in mir, weit hinten in meinem Kopf, doch es wurde gleich wieder übertönt, den Bakúm hatte es endlich geschafft, wieder sicher auf den Beinen zu stehen.
„Nicht schlecht, das muß ich dir lassen. Den Schlag habe ich nicht kommen sehen. Aber noch mal wirst du mich so nicht erwischen." meinte er und zog ein großes Breitschwert von der Wand neben sich.
Lächelnd zog meinen Säbel und ging in Angriffsposition.
Er preschte nach vorne und hob sein Schwert gegen meinen Kopf, oder er versuchte es zumindest. Mein Körper reagierte wieder von alleine, ich blockte den Schlag und mein Grinsen wurde noch breiter.
Er führte Schlag um Schlag aus und jeden Einzelnen parierte ich.
Beim nächsten Schlag von oben gegen meinen Oberkörper, wich ich zur Seite hin aus und donnerte ihm meinen Schwertknauf so gegen den Oberarm, daß man es nur noch knacken hörte, er sein Schwert fallen ließ und laut aufheulte.
Sein rechter Arm war gebrochen und hing schlapp an seinem Körper.
Nun dämmerte es ihm, daß er gegen mich kein Land sehen würde. Die Angst und die Panik in seinem Blick zu sehen bereite mir außerordentliches Vergnügen und ich wollte mehr davon, wollte ihn leiden sehen!
Kichernd ging ich auf ihn zu und er wich zurück, dann drehte er sich abrupt um und rannte auf die Wand zu, an der das Regal mit den Gläsern stand.
Dort angekommen, schnappte er sich eins davon, riss mit dem Zähnen den Deckel ab und hielt die Öffnung in meine Richtung.
Wie aus dem Nichts, schoß ein Tornado auf mich zu, hob mich von den Füßen und schleuderte mich so wuchtig gegen die Decke, daß mir mein Säbel aus der Hand fiel.
Es hätte wohl sehr wehtun müssen, doch ich spürte nichts.
Einige Sekunden lang, drücke mich die Gewalt des Windes gegen den harten Stein.
Über das Tosen, hörte ich Bakúm schreien: „Und, wie gefällt es dir von der Magie deiner eigenen Rase platt gemacht zu werden?" Er lachte und freute sich über seinen Triumph.
Zu früh. Der Wind ließ nach, doch anstatt zu Boden zu fallen wie die Steine, die der Tornado aus der Decke gebrochen hatte, fingen mich meine Flügel ab und brachte mich sanft zu Boden.
Prüfend begutachtete ich sie, bewegte sie auf und ab. Sie waren stark, das spürte ich.
Mein Gegenüber war aus seiner Starre erwacht und griff zum nächsten Glas.
Gleich darauf flog ein gewaltiger Feuerball auf mich zu. Leise hörte ich Lúcca und die anderen Fluchen und wie Tsuki erschrocken meinen Namen rief, während sie hinter einem großen Felsen in Deckung gingen.
Doch die Sorge war unbegründet, wie ein eifriger Diener schlossen sich diese großen, starken Flügel wie ein Schild um mich.
Die Magie prahlte einfach ab und das Feuer flog in alle Richtungen davon, so daß es den Berg zum beben brachte.
Vorsichtig, öffnete sich mein Schild wieder und ich sah einen völlig verängstigten Bakúm, der mich nur ungläubig anstarrte.
In blinder Panik warf er jedes Glas, das in seiner Reichweite war auf mich, während ich immer weiter auf ihn zuging.
Jedoch erreicht keines der Wurfgeschosse sein Ziel, die Flügel fegten jedes Einzelne einfach beiseite.
Ringsherum erfüllten Explosionen den Raum, von den berstenden Gläsern erzeugt, die gegen die Wand oder den Boden geflogen waren.
Eines dieser Geschosse, landete direkt neben Bakúm und detonierte in einem wunderschönen blaugrünen Licht, was sein linkes Bein arg in Mitleidenschaft zog.
Er taumelte Rückwärts und fing sich an einem der Regalbretter ab, wo er stehen blieb und weiter versuchte mein Vorwärtskommen zu verhindern.
Mittlerweile, schwankte und ächzte der ganze Berg über uns, unter dem Bombardement. Immer größere Felsbrocken fielen herab und in diesem Chaos aus Explosionen und herabstürzenden Steinen, ging ich immer weiter, Schritt für Schritt, lächelnd auf ihn zu, bis ich unmittelbar von ihm stand.
Zwischenzeitlich war ihm die Munition ausgegangen, so stand er nun wie versteinert, mit weit aufgerissenen Augen einfach nur da und starrte mich an.
In einer fließenden Bewegung, packte ich ihn an der Kehle und hob ihn ein paar Zentimeter vom Boden in die Höhe.
Mit seinem gesunden Arm packt er mein Handgelenk und versuchte den unerbittlichen Würgegriff irgendwie zu lockern, was jedoch nichts brachte.
„Rie!"
Das war Lúcca's Stimme, er und die anderen kamen auf mich zu. Doch noch bevor sie uns erreicht hatten, breitete ich die Flügel aus und flog zusammen mit Bakúm zur Decke hinauf.
Dort angekommen, schlug ich kräftig mit den Flügeln auf und ab um uns auf der Stelle zuhalten.
Er wand sich, fluchte und schimpfte, er versuchte alles um sich zu befreien.
Und zum ersten Mal, seit ich mich verwandelt hatte, sprach ich.
Meine ansonsten weiche Stimme war rau, tief und bedrohlich. „Nun ist dein Ende gekommen. Ich hatte es dir versprochen. Das ist für all die Leben, die du ausgelöscht hast. Viel Spaß in der Hölle!"
Mit einem letzten Lächeln und einem Blick in seine vor Entsetzten geweiteten Augen, ließ ich ihn los.
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