Kapitel 25.

POS:

Sie liefen schnell, hielten sich abseits der gepflasterten Straßen und je näher sie der Stadt kamen, desto vorsichtiger bewegten sie sich durch das Unterholz.

Kurz vor der Stadtmauer blieben sie stehen und beobachteten im Schutz der Bäume, das geschäftige Treiben am Eingangstor.

Sie wussten, dass dies eine eher mittelalterlich Dimension war, doch wussten sie bis dato nicht, wer alles hier lebte.

So staunten sie nicht schlecht, als sie nicht nur normale Menschen sondern auch Mischwesen, wie z.B Mensch Tier und groß Tierwesen, wie große Wölfe, am Tor ein und aus gehen sahen.

„Wo in der Stadt müssen wir eigentlich genau hin?" fragte Rie und Lúcca zog noch einmal die Streunerkarte hervor und entfaltete sie.

Er tippte das Symbol der Stadt an und sofort veränderte sich die Karte und war nun ein Stadtplan von Mis'tare.

„Wir müssen zum Rathaus, das ist genau im Zentrum. Heißt also, wenn wir drin sind immer gerade aus." sagte er und packte die Karte weg.

Sie nickten sich noch Mal zu und schlossen die Augen. Als sie sie wieder öffneten, standen nunmehr kein junger Mann und eine junge Frau, mehr in dem Waldstück, sondern ein großer, schwarzer Wolf mit silbernen Augen und eine zierliche Samt schwarze Katze mit leuchtend grünen Augen.

Sie sahen sich an und unterhielten sich in Gedanken.

Die Katze setzte sich. „Wie war das mit 'unauffällig'?"  frotzelte Rie und betrachtete den Wolf, der vor ihr stand skeptisch.

Der Wolf wiederum legte nur den Kopf etwas seitlich. „Ich finde Wölfe toll, ja. Es können ja nicht alle Leute so niedlich sein, wie du. Mieze! Außerdem muss ja jemand auf das Kätzchen acht geben."

Rie stellte sich auf, machte einen Buckel und fauchte. „Nenn mich nochmal Mieze und du kannst was erleben! Und im Übrigen ist es fraglich, wer hier auf wenn acht geben muss. Wölfchen!"

Doch noch bevor Lúcca antworten konnte, hatte Rie sich schon in Richtung Tor in Bewegung gesetzt. „Komm, lass uns das später ausdiskutieren. Erledigen wir den Auftrag und gehen wieder nach Hause."

Lúcca trottete ihr hinterher. „Die erste gute Idee, die ich heute von dir höre."

Sie verließen den Wald und gingen auf der Straße, auf die große Stadtmauer und das Eingangstor zu, ohne das sich irgendjemand an ihnen gestört hätte.

Am Tor angekommen wurde ihnen von den Wachen freundlich zugenickt und ungehindert Durchlass gewährt.

Irgendwie geht mir das fast zu leicht."  sagte Rie, als sie sich das Städtchen genauer ansah.

Wunderschöne Fachwerkhäuser schmiegten sich an die auffällig sauber Straße und bei näherem hinsehen bemerkte man, dass die Stadt doch nicht ganz so mittelalterlich war, wie angenommen.

Es fuhren zwar noch einige Pferdefuhrwerke herum, doch waren überall elektrische Straßenlaternen zu sehen. Und in so manchem Schaufenster eines Geschäftes stand ein Fernseher oder etwas das zumindest so aussah.

Auch Lúcca begutachtete ihre Umgebung genau, doch meinte er nur: „Nun sei doch nicht so misstrauisch. Ist doch schön, wenn ein Auftrag mal etwas leichter ist."

Ob er leicht ist, werden wir noch sehen."  sagte Rie, als sie immer weiter die Straße entlang schlenderten.

Nach einer Weile, kamen sie an ihrem Ende, auf einen großen Platz, an dessen Ende sich wiederum das imposante Rathaus befand.

Sie ließen sich an einer Straßenecke nieder und sondierten das Gelände.

Die Informationen, die wir brauchen befinden sich im obersten Stock. Es ist ein kleines Buch, das sich in einem Tresor, im Büro des Bürgermeisters befindet. Erstes Fenster von links, zur Straße hin." erklärte Lúcca die Fakten.

Rie nickte. Dann gingen sie los und umrundeten unauffällig das Gebäude, um den besten Punkt für einen Einstieg zu finden.

In einer Seitenstraße links des Gebäudes war es perfekt. Ein Fenster in der obersten Etage war offen, darunter befand sie ein kleiner Holzverschlag und das Nachbargebäude bot genügend Schutz um nicht sofort entdeckt zu werden.

Also los. Dein Auftritt Mieze." meinte Lúcca und grinste Rie an, was in der Wolfsgestalt einigermaßen komisch aussah.

Halt deine blöde Klappe! Ich schwöre, wenn wir Zuhause sind, bist du fällig!" schnauztesie ihn an und fauchte.

Ja ja. Nun mach endlich. Wir haben nicht Ewig Zeit. Du holst das Buch und ich bleib hier und halte Wache."

Tz. War klar." sagte sie genervt und sprang auf den Holzverschlag und von dort aus in das offene Fenster. Kurz sah sie nochmal zu Lúcca und verschwand dann vollends im Gebäude.


Rie POS:

Der Gang, den ich betrat war mit weichem Teppich ausgelegt und an den Wänden hingen große in Goldrahmen gefasste Bilder. Ich hielt mich zunächst im Schatten der Möbel, bis ich sicher war, dass niemand außer mir hier herumschlich.

Die Ohren gespitzt ging ich in die Richtung, in der sich das Büro befand. Mit jedem Schritt, beschlich mich mehr und mehr das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte.

Ich kam zu einer Abbiegung; direkt vor mir war die Tür, die ich suchte, doch aus dem Gang links von mir hörte ich Stimmen, die zügig näher kamen. Schnell versteckte ich mich hinter einem schweren Vorhang und wartete bis die Stimmen an mir vorbei waren.

Langsam kam ich aus meinem Versteck und vergewisserte mich, dass ich wieder allein war. Dann ging ich auf die Tür zu und legte mein Ohr an das dunkle Holz.

Kein Laut war von drinnen zu hören. Doch um auf Nummer sicher zu gehen, klopfte ich kurz kräftig mit der Pfote dagegen und hechtete schnell wieder hinter den Vorhang.

Keine Reaktion.

Gut, es war niemand da. Ich machte mir gar nicht erst die Mühe, nachzusehen ob abgeschlossen war oder nicht.

Kurzerhand wechselte ich abermals die Gestalt und war nun nicht mehr als ein Schatten, der ohne Probleme unter der Tür hindurch konnte.

Im Zimmer nahm ich wieder Menschengestalt an und sah mich um.

Der Raum war groß und mit protzigen Holzmöbeln voll gestellt, vor allem der Schreibtisch stach einem sofort ins Augen, da er fast ein drittel des Raumes beanspruchte.

Hinter diesem Monstrum aus Holz hing an der Wand ein ebenso monströser Ölschinken, der wohl den Bürgermeister darstellen sollte.

'Der, der das gemalt hat, muss einen guten Magen und viel Humor gehabt haben.'

Kopfschüttelnd sah ich mich weiter nach dem Tresor um.

Ich ließ meinen Blick durchs Zimmer wandern, vorbei an scheußlichen Bildern, geschmacklosen Skulpturen und in der hintersten Ecke sah ich ihn.

Dort stand wie um Trotz ein massiver Schrank aus Stahl und schien jeden zu verhöhnen, der versuchen wollte an seinen Inhalt heran zu kommen.

Bedächtig ging ich auf ihn zu und überlegt mir schon, wie ich ihn wohl öffnen könnte.

So griff ich nach dem massiven Riegel und ruckelte daran herum.

Und siehe da! Der Schrank war offen!

Ungläubig öffnete ich die Tür und konnte es irgendwie nicht ganz fassen.

'Welcher Idiot, leistet sich so ein Ding und verschließt ihn dann nicht mal?!"

Schon wieder kopfschüttelnd begann ich das Innenleben des Tresors unter die Lupe zu nehmen.

Es befanden sich einige Unterlagen, Schriftstücke, Päckchen und ein kleines grünes Buch darin.

'Volltreffer!'

Schnell schnappte ich mir das Buch und ließ es in meine Tasche gleiten.

'Und jetzt nichts wie weg.'

Abermals als Schatten, glitt ich unter der Tür hindurch und schlich als Katze wieder den Gang entlang.

An dem Fenster angelangt, durch das ich gekommen war, konnte ich schon laute Stimmen von Unten hören.

Mit einem Sprung saß ich auf dem Fenstersims und sah runter.

Dort, am Anfang der Gasse, standen zwei uniformierte Männer, die einen Wolf umzingelt hatten.

Leise sprang ich auf den Holzverschlag und von dort in den Schatten des Nachbargebäudes.

Die Männer hatten mich nicht bemerkt und jetzt konnte ich auch verstehen was sie sagten.

„Was tun sie hier?" fragte der eine, er war groß, schlaksig und hatte ein herrisches Gesicht. Der Andere war eher klein und rundlich und überließ wohl mit Freuden das Reden seinem Kollegen.

Lúcca sah sie an und sagte: „Ich sitze hier."

„Und, warum sitzen sie hier?" fragte der Herrische wieder.

„Weil, ich warte."

„Und worauf warten sie?"

„Auf jemanden."

„Auf wenn?"

'Meine Güte! Das kann man sich ja nicht mitanhören!'

Ich wechselte wieder in die Menschengestalt, strich den Umhang zurecht, sodass mein Säbel nicht zu sehen war und ging auf die Gruppe zu.

Mit Erleichterung in der Stimme rief ich: „Wölfchen da bist du ja! Ich hab dich schon überall gesucht!"

Die beiden Männer sah mich verwundert an.

„Gehört der Wolf zu ihnen, Madame?" fragte mich der Dicke und ich wunderte mich insgeheim, über seine doch sehr wohlklingende Stimme.

„Gewiss! Das tut er! Ich habe ihn schon in der halben Stadt gesucht. Sie müssen wissen, er hat einen schrecklichen Orientierungssinn und verläuft sich ständig." Ich sah sie von unten mit den Augen klimpernd an. „Es tut mir schrecklich Leid, falls er ihnen irgendwelche Unannehmlichkeiten bereitet hat." sagte ich, mit belegter Stimme und senkte schuldbewusst meinen Blick.

Die Männer schnappten nach Luft, hoben abwehrend die Hände und schüttelten heftigst mit den Köpfen.

„Aber nein! Nicht doch, Madame! Sie müssen sich keines Falls entschuldigen. Wir sind froh, dass sie ihren Begleiter wieder gefunden haben." sagte der Herrische und der Dicke lächelte.

Ich sah auf und schenkte ihnen ein strahlendes Lächeln.

Worauf die Beiden knallrot anliefen, ihre Mützen hoben und uns mit vielen Guten Wünschen verließen.

Als sie weit genug weg waren, sah mich Lúcca skeptisch an. „Was war das den?"

„Was?" Ich zuckte mit den Schultern und lief los, er trottete mir hinterher.

Wir waren noch keine zehn Meter weit gekommen. Da kreischte es plötzlich hinter mir und ich sah mich erschrocken um.

Ein junges hübsches blondes Mädchen hatte sich Lúcca voller Verzückung um den Hals geworfen und drückte ihre Wange in sein Fell.

„Nein! Was bist du süß und so weich!" quietschte sie.

Lúcca stand wie vom Donner gerührt da und wusste nicht was er tun sollte.

Gerade als ich etwas sagen wollte, kamen plötzlich noch mehr Mädchen aus irgendwelchen Ecken und fingen an Lúcca zu knuddeln.

'Gib es hier irgendwo ein Nest?'

Bald war er völlig umzingelt und ich hatte keine Chance mehr an ihn heran zukommen.

'Rie! Hilf mir!' rief er mir in Gedanken zu.

Schwer seufzend ging ich einige Schritte auf die Meute zu.

„Hey, Mädels! Könntet ihr ihn bitte freigeben, wir müssen weiter." sagte ich so freundlich wie möglich.

Plötzlich sahen mich viele Augenpaare wütend an.

'Oh Oh!'

„Wer bist du den?" fragte mich die Blondine herablassend und die Anderen bauten sich neben ihr auf.

'Nicht schon wieder!'

„Der Wolf gehört zu mir und wir haben es etwas eilig. Also, könntet ihr ihn jetzt bitte gehen lassen?" fragte ich und lächelte sie an.

Sie wiederum musterten mich von Oben bis Unten und schienen alles andere als zufrieden zu sein.

„Ph, das glaube ich nicht. Und selbst wenn es wahr wäre..." sagte die Blondine wieder und fing an zu lächeln „Warum sollte er mit dir mitgehen, wenn er doch bei uns bleiben könnte?" fragte sie und kuschelte sich wieder an Lúcca's Fell.

Da platzt mir der Kragen.

Jetzt reicht's!"

Lúcca riss die Augen auf. „Beruhig dich, Rie!"

Halt die Klappe!" schnauzte ich ihn in Gedanken an und fing an zu lächeln.

„Jetzt hört mir mal gut zu, ihr postpubertären, aufgetakelten, Dachlatten ähnlichen Schminkunfälle!" Immer noch lächelnd ging ich langsam auf sie zu. Die Blonde war aufgestanden und stand stocksteif einfach nur da und sah mich mit weit aufgerissenen Augen an, während die Anderen vor mir zurück wichen.

„Ich werde meinen Wolf jetzt mitnehmen und ihr seht zu, dass ihr Land gewinnt, sonst werdet ihr mehr als ein bisschen Makeup benötigen, um euch wieder auf die Straße trauen zu können. Haben wir uns verstanden?" sagte ich und lächelte sie nochmal besonders nett an.

Sie schluckten schwer und nickten nur.

„Dann ist ja gut." Ich sah Lúcca mit dem gleichen Lächeln an „Lúcca, kommst du jetzt endlich?"

Auch er schluckte und nickte, bevor er aufstand und sich neben mich stellte.

Ich wand mich nochmal an die Mädchen. „Ich wünsche euch noch einen schönen Tag." Damit drehte ich mich um und ging, dicht gefolgt von Lúcca.

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