Kapitel 11
In unserem Dorf gab es viele heiße Quellen, aber es gab auch ein paar ganz besondere Orte zum baden.
Das magische Wasser unserer Quelle, floß vom Tempel, in dem sich das Hauptbecken befand, noch in fünf weiteren Becken.
Dieses Wasser ist nicht nur magisch, es hat auch heilende Wirkung, so wurden diese Bäder von je her hauptsächlich zur Regeneration eingesetzt.
Baba-chi's Haus in dem Tsuki, Lúcca und ich aufwuchsen, stand neben dem Tempel und das kleinste der Heilwasserbecken befand sich genau dahinter.
Das Haus hatte einen direkten Zugang dazu und es war mit einem kleinen Bambuszaun umgeben, so hatte man beim baden seine Ruhe.
Tsuki und ich gingen langsam runter, denn schnell bewegen konnte ich mich nicht.
Unterwegs begegneten wir Baba-chi.
Nachdem ich ihr glaubhaft versichert hatte, daß ich noch lebte und mir eine gesalzene Standpauke anhören durfte, gingen wir zu dem kleinen Vorraum des Bades. Dort waren ein paar Regale angebracht worden, für Klamotten und Handtücher, alles war mit schönen alten Holzdielen ausgelegt.
Wir zogen uns aus und holten uns flauschige Handtücher, bevor ich mich allerdings darin einwickelte, schaute ich noch mal an mir hinab und fragte Tsuki skeptisch: „Tsuki, sind diese ganzen Bandagen eigentlich nötig?" Mein ganzer Oberkörper war fest eingewickelt, ich fühlte mich wie eine Mumie.
„Ja, sind sie! Wehe, du machst sie ab, bevor ich dir die Erlaubnis dazu gebe, verstanden?" fauchte sie und sah mich streng an.
„Jawohl!" sagte ich schnell.
Wir gingen über eine Steinterrasse raus, in einen schönen kleinen Garten.
In der Mitte war mit großen Steinen das Becken eingefaßt, in das über einen kleinen Bach, das Wasser der Quelle floß. Dahinter stand ein großer alter Kirschbaum, der dank dem besonderen Wasser, schon ein paar tausend Jahre alt war.
Vorsichtig ließ ich mich in das warme Wasser gleiten und spürte sofort die wohltuende Wirkung.
Als Tsuki sich neben mich gesellte, genoß ich schon selig grinsend die Wärme und das angenehme Prickeln, das meinen Körper durchzog.
„Rie-chan?" fing Tsuki auf einmal an.
„Ja, was ist?" sagte ich, mit geschlossenen Augen.
„Sag mal, wie lange willst du eigentlich noch so weiter machen?"
Ich machte die Augen auf und sah sie an, ihr Blick war ernst und besorgt. „Was meinst du?"
„Na ja, du springst ständig zwischen hier und deiner Gilde hin und her. Erledigst deine Pflichten und Aufträge dem Klan gegenüber und übernimmst die Aufträge in der Gilde, außerdem bildest du noch Rai und Rei aus, das kostet alles eine Menge Kraft. Versteh mich nicht falsch, ich mag die Leute aus deiner Gilde, du hast schon soviel von ihnen erzählt, daß ich sie mir genau vorstellen kann und ich sehe auch, daß sie dir gut tun. Aber du mußt auch bedenken, daß du nicht ewig bei ihnen bleiben kannst. Wir leben wesentlich länger und früher oder später mußt du als Prinzessin, als Kristallhüterin, deinen Platz hier einnehmen." Ich wollte gerade Luft holen... „Außerdem vermissen wir dich alle hier sehr, Lúcca allen voran. Er macht sich große Sorgen um dich." endete sie und sah mich traurig an.
Ich lächelte warm. „Ich weiß, ich vermisse euch ja auch, aber es gefällt mit dort und du weißt, daß ich Ani ein Versprechen gegeben habe. Und solange es mir möglich ist, werde ich dieses Versprechen nicht brechen, auch Lúcca weiß das. Natürlich fehlt er mir, auch wenn er mich meist zur Weißglut treibt und, daß er sich Sorgen macht ist mir auch bekannt. Warum sonst, hätte er mir die Zwillinge hinterher geschickt oder warum kommt er ständig in meine Dimension und versteckt sich irgendwo? So, wie jetzt gerade." Ich sah in Richtung Kirschbaum. „Wie lange willst du uns eigentlich noch belausche?"
Tsuki hob verwundert eine Augenbraue und folgt meinem Blick.
Erst regte sich nichts, dann trat Lúcca, ganz langsam hinter dem Baum hervor. Er hatte nur ein Handtuch um und war wie ich völlig ein bandagiert, vor allem der um seine Brust fiel mir auf.
Mein Herz schmerzte, ich wußte, daß es meine Schuld war und kurz ließ ich mich von diesem Gefühl einnehmen.
Er blickte ernst zu Boden, doch dann sah er mich mit einem Blick an, den ich überhaupt nicht ausstehen konnte: schuldbewußt und mitleidig.
Das ließ mein Blut wieder kochen. Ich stand auf, hielt mit einer Hand mein Handtuch fest, mit der anderen schnappte ich mir eine der Holzschallen, die am Rand standen, um sie nach ihm zu werfen. Gerade als ich ausholen wollte, durchzuckte mich ein heftiger Schmerz, sein Blick wurde noch gequälter.
Tsuki nahm mir die Schalle aus der Hand und warf sie ihm mit voller Wucht an den Kopf.
Volltreffer!
Lúcca kippte nach hinten um und hielt sich den Kopf. „Sag mal spinnst du? Was sollte das? Wie gehst du den mit schwer verletzten Leuten um, du Quacksalberin?" maulte er.
„Selbst schuld, du perverser Spanner! Und wenn du mich noch mal Quacksalberin nennst, sorge ich gleich persönlich dafür, daß du mit Recht als schwer verletzt bezeichnest wirst." sagte sie mit einem Lächeln im Gesicht, das viel schlimmer als jede Drohung war.
'Und die anderen fragten sich immer woher ich das hab...'
Bis dahin, hatte ich mir die Szene nur verdutzt angesehen, doch jetzt mußte ich anfangen zu lachen. Was keine gute Idee war, mir tat immer noch alles weh.
So schlich sich in mein Lachen, ständig ein 'Au' und ich hielt mir den Bauch dabei.
Davon mußten Tsuki und Lúcca auch anfangen zu lachen, doch ihnen ging es nicht besser als mir.
So saßen wir drei da und lachten uns 'Autsch' stöhnend kaputt.
Als wir uns endlich beruhigt hatten, meinte Tsuki: „Ich muß noch was erledigen, wir sehen uns später." Sie stand auf und ging in Richtung Haus.
Bevor sie jedoch weg war, zwinkerte sie mir noch mal zu, was soviel heißen sollte wie 'Mach was draus!'.
'Man Tsuki!'
So waren wir plötzlich ganz allein, Lúcca saß am Beckenrand und ich, mit dem Rücken zu ihm darin. 'Na toll! Peinliches Schweigen!'
Ich drehte mich halb zu ihm um und fragte: „Wie geht es dir?"
Er fing an überheblich zu grinsen. „Prima! Die paar Kratzer sind kaum der Rede wert."
Lächelnd verdrehte ich die Augen. 'Typisch'
Er schaute mich schon wieder so komisch an.
'Ah nein, schnell ein anderes Thema!'
„Was ist eigentlich aus den Drachenherzen geworden?" Diese Frage brachte ihn kurz aus dem Konzept, doch er fing sich gleich wieder. „Ba-chan hat sie erst mal in die Quelle gelegt, damit sie sich erholen können, bis wir ihre Klans ausfindig gemacht haben."
„Das ist eine gut Idee. Später muß ich mich unbedingt noch bei ihnen bedanken, schließlich haben sie mir das Leben gerettet." Lúcca holte gerade Luft, um etwas zu sagen, da sprach ich schnell weiter. „Meine Güte, mir ist schon ganz schummrig, ich sollte besser raus kommen."
Ich stand auf und hielt mein Handtuch vorne zusammen, jedoch rutschte es hinten etwas runter, so daß die Bandagen zu sehen waren. Lúcca zog scharf die Luft ein, schnell dreht ich mich ganz um und ging langsam aus dem Wasser.
Als ich draußen war, schwindelte es mich plötzlich und meine Beine drohten nachzugeben.
Sofort war Lúcca da, er fing mich auf und umarmte mich, behutsam damit er mir nicht wehtat, aber fest genug, so daß ich nicht fliehen konnte.
Mein Kopf lag auf seiner Schulter und meine Hände lehnten an seiner Brust, ich konnte seinen Herzschlag spüren, der genau so schnell war wie meiner.
Seine eine Hand ruhte auf meinem Hinterkopf, die andere hielt mich am Rücken fest, sein Mund war ganz nah an meinem Ohr, als er flüsterte: „Bitte mach so etwas nie wieder! Ich dachte kurz, ich hätte dich für immer verloren! Tu mir das bitte nicht noch mal an! Was soll ich den machen ohne dich? Bitte, ich..."
Da spürte ich wie etwas Warmes, Nasses auf meine Schulter tropfte.
'Weint er etwa?'
So hatte ich ihn noch nie gesehen. Behutsam schlang ich meine Arme um ihn und versuchte ihn zu beruhigen. „Scht, alles ist gut. Ich bin hier. Keine Angst, ich verlaß dich nicht."
Sanft streichelte ich über seinen Rücken und merkte wie er langsam ruhiger wurde. Doch wir blieben noch eine Weile einfach so stehen.
Irgendwann lösten wir uns von einander und sahen uns in die Augen. Es war als würde die Zeit still stehen. Ich verlor mich völlig in seinen Augen, die leuchteten wie flüssiges Silber. Wir kamen uns immer näher...
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