Sirius wurde von den hellen Sonnenstrahlen geweckt, die durch das Fenster schienen. Im ersten Moment war er verwirrt, als er die Augen öffnete und sich in dem vorerst unbekannten Zimmer umsah. Doch sofort dämmerte es ihm... das Versteck in Norwegen...

Er gähnte und setzte sich auf. Peters Bettdecke lag zerknüllt auf seinem leeren Bett. Er war wohl schon nach unten gegangen. Sirius, der nur in Unterhose geschlafen hatte, hob seine Hose und sein T-shirt vom Boden auf und zog sich an um ebenfalls nach unten zu gehen.

Wie vermutet war Peter bereits unten in der Küche. Er hatte ein paar Eier im Kühlschrank und Brot gefunden, welche Shila und Bruce wahrscheinlich gestern Abend noch besorgt hatten. Sirius kam die Treppen hinunter und sah Peter wie er Rührei zum Frühstück machte. James saß am Küchentisch.

„Guten Morgen!" sagte Sirius und bekam ein einstimmiges „Morgen" von Peter und James zurück. Ohne Worte setzte er sich zu James an den Tisch. James sah besser aus als gestern, nicht mehr so aufgebracht. Ein wenig Schlaf hatte ihm wohl gut getan. Doch ihm war anzusehen, dass ihn immer noch etwas bedrückte.

„Ist sie da?" fragte Sirius an Peter gerichtet. Dieser zuckte nur mit den Schultern und stellte die Pfanne mit dem Rührei auf den Untersetzer am Tisch ab, gemeinsam mit vier Gabeln.

„Bon appétit!" sagte Peter und stellte eine Schüssel mit in Scheiben geschnittenem Brot dazu.

Sirius griff sofort zu und nahm einen Bissen vom Rührei mit Brot. Doch als er kaute stockte er plötzlich.

„Das schmeckt scheiße, Peter!" stellte er perplex fest und kassierte dafür einen grimmigen Blick von ihm.

„Natürlich schmeckt das scheiße, es gibt hier ja kein weder Salz oder Pfeffer oder sonst was..." raunte er ihm zu. Sirius zog die Augenbrauen hoch.

„Es ist besser als nichts." seufzte James.

„Dankeschön!" entgegnete Peter. Plötzlich ertönten dumpfe Schritte von der Treppe. Die Jungs fuhren herum und warteten gespannt ab.

„Guten Morgen, Leute..." gähnte Remus. Die Jungs wandten sich nur enttäuscht wieder ihrem Essen zu und James schnaubte. Keiner von ihnen antwortete.

„Schönen guten Morgen, Remus! Na, hast du gut geschlafen?" ahmte Remus die Stimme seiner Freunde nach. „Oh, danke der Nachfrage! Ich hab gut geschlafen!"

„Entschuldige, Moony." seufzte Sirius.

„Wir dachten nur, du bist vielleicht Area..." fügte Peter hinzu.

„Ich hab sie gestern gesehen!" meinte Remus während er neben Peter Platz nahm. Die Jungs sahen ihn überrascht an, vor allem James.

„Was, wirklich?"

„Also ist sie hier?"

„Wie sieht sie aus!"

„Keine Ahnung, ich hab nur ihren Rücken gesehen... und sie war auch nicht sehr gesprächig." antwortete Remus, nahm sich ein Stück Brot und wollte zum Rührei greifen.

„Das schmeckt echt nicht gut!" warnte ihn Sirius schnell.

„Halt die Klappe!" fuhr Peter ihn an, woraufhin Remus doch zugriff. Doch nach dem ersten Bissen konnte man an seinem Blick erkennen, dass an Sirius' Worten wirklich etwas dran zu sein schien.

„Hat sie was zu dir gesagt?" fragte James neugierig. Remus schüttelte nur den Kopf.

„Sie ist nur schnell in ihr Zimmer gegangen und hat die Tür zugeknallt."

„Aber das heißt sie ist hier!" sagte Peter. „Also ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir sie kennen lernen."

Er erntete ein zustimmendes Gemurmel von seinen Freunden. Danach schwiegen sich die Jungs neben ein paar Kommentaren hauptsächlich an. Sie warteten einfach ab.

Und schließlich hörten sie Stimmen von oben. Weibliche Stimmen, die sich miteinander unterhielten. Alle vier wurden sofort hellhörig und richteten ihre Blicke auf die Treppe. James schluckte und atmete nervös.

Die ersten Schritte ertönten. Ein Schritt, zwei, dann der dritte. Es war Shila, die die Treppe hinunter kam. Als sie die starrenden Blicke der Jungs bemerkte, wusste sie sofort worauf die vier warteten. Besser gesagt, auf wen...

Sie seufzte und stieg von der Treppe hinunter und ging an die Wand, die am weitesten vom Esstisch entfernt war, um sich dort anzulehnen und das kommende Geschehen am Rand zu beobachten. Sie wusste was jetzt kommen würde...

Wieder hörte man Schritte von oben. Sie ertönten dumpf durch die Stille im Haus und alle hielten angespannt die Luft an. Ein nicht sehr großes Mädchen mit braunem Haar stand auf der Treppe und stieg diese hinunter. Ein Mädchen, welches den Rumtreibern sehr bekannt vorkam und welches die vier die Augen aufreißen ließ.

Ein „Hä?" von Peter durchbrach als erstes die Stille. Es folgten verwirrte und gleichzeitig erschrockene Blicke von den anderen.

„Tucker?" fragte Sirius, der Area anstarrte als wäre sie ein Dinosaurier und seit Millionen von Jahren ausgestorben.

Area schluckte. Die Tatsache, dass sie auf der Treppe und den vieren gegenüber stand, kam ihr so surreal vor. Doch sie hielt den Blicken einfach stand. Die Jungs schienen viel zu verwirrt um irgendetwas zu realisieren.

Remus runzelte die Stirn. Vor ihnen stand niemand anderes als Jane Tucker aus Slytherin. Er musterte sie gründlich. Er musterte ihre Gesichtszüge, ihr braunes Haar, ihre Statur... und plötzlich fiel ihm ein ganz bestimmtes Detail auf. Ein Tattoo auf ihrer linken Hand...

Remus seufzte.

„Oh..."

Die Rumtreiber wandten ihm ihre Blicke zu.

„Was?" fragte Peter. Remus sah zuerst seine Freunde an und dann das Mädchen. Sein Blick war eindringlich...

„Nicht Tucker..." murmelte er.

„Potter."

Remus Worte schlugen ein wie eine Bombe. Es bildeten sich sofort wieder Tränen in James' Augen, der seine Schwester ansah und es kaum glauben konnte.

Peter und Sirius blieben fast die Worte weg.

„Das ist ein Scherz, oder?" schnaubte Sirius ungläubig.

Area verschränkte die Arme und schüttelte seufzend den Kopf.

„Nein." sagte sie.

Sirius schlug die Hände hinter seinem Kopf zusammen.

„Und ich hab gedacht die ganze Story kann gar nicht noch abgefuckter werden..."

„Gut, hört zu Jungs..." meldete sich Shila von der Seite und wandte sich an Sirius, Peter und Remus.

„Ich denke wir sollten die Familienzusammenkunft nicht stören. Kommt mit, wir holen Feuerholz..." sagte sie und widerwillig folgten die drei ihr mit einem letzten Blick zu James nach draußen. Nun waren er und Area allein.

Es folgte eine unangenehme Stille, in welcher Area nur ungläubig von James angestarrt wurde.

„Okay, das ist irgendwie unangenehm..." murmelte Area und rieb sich mit der Hand über die Augen. James antwortete nicht. Stattdessen fing er an in seiner Tasche nach etwas zu suchen. Er zog ein goldenes Amulett hervor. Natürlich... Areas Herzamulett! Sie hatte es ihm zu seinem Geburtstag geschenkt, gemeinsam mit ihrem Brief.

James öffnete es und sah abwechselnd das Bild von Area als kleines Mädchen und die Area an, die ihm gegenüberstand.

„Du hast es bei dir..." stellte sie schmunzelnd fest. James schien immer noch herausfinden zu wollen, ob das Mädchen, das vor ihm stand, tatsächlich seine Schwester war.

„Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern..." fuhr Area fort und begab sich langsam von den Treppe hinunter auf James zu. „Wir haben im Garten fangen gespielt bevor Brooks mich geholt hat..."

„Sei still!" fuhr er sie an! Seine Augen waren voll von Unsicherheit und Schmerzen. Area sank den Kopf...

„Du... du bist nicht Area!"

„Doch, Jamie, das bin ich..." versuchte sie ihm zu erklären.

„Nenn mich nicht so!"

Sie seufzte abermals und ging weiter auf ihn zu. Er starrte noch immer das Bild an. Dann sie. Dann das Bild. Dann wieder sie.

„Hör mir bitte einfach zu." sagte sie ruhig. Seine Unterlippe zitterte ganz leicht und er starrte sie weiterhin mit glasigen Augen an. Area musste sich zusammenreißen, damit die Emotionen nicht auch sie übermannten.

„Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll..." murmelte Area. Dann blickte sie ihm in die Augen.

„Ich hab dich vermisst..."

Daraufhin begann James zu weinen. Er drehte sich weg von ihr und wandte ihr den Rücken zu.

„James..." sagte sie verzweifelt und legte ihm eine Hand auf die Schulter, doch daraufhin fuhr er schnell herum.

„Warum kommst du erst jetzt?" fragte er verständnislos mit zitternder Stimme. Area schluckte. James fuhr fort.

„Ich hab dich mein ganzes Leben lang vermisst! Ich hab jeden einzelnen Tag an dich gedacht und es hat mir so weh getan! Und seit einem halben Jahr hättest du wieder bei mir sein können, du warst wieder hier, aber du lügst mich an?! Du spielst mir irgendeine Rolle vor? Eine verdammte Slytherin-Göre?"

Area bemerkte, dass sich ein Kloß in ihrem Hals bildete.

„Glaubst du, du hast mir nicht gefehlt? Dass ich nicht jeden Tag an dich denken musste?" fragte sie ihn und ihre Augen wurden nun ebenfalls wässrig.

„Ja, natürlich!" fuhr er sie mit sarkastischem Unterton an. „Man sieht, wie sehr ich dir gefehlt hab!"

„Ich hatte keine Wahl, James!" erwiderte sie. „Es ist mir verboten Kontakt mit meiner Familie aufzunehmen, nur so kann ich mich auf meine Arbeit konzentrieren. Ich war da, um Hogwarts vor Todessern zu beschützen, wegen nichts anderem!"

James sah sie vorwurfsvoll an.

„Man hat immer eine Wahl..." sagte er während ihm die Tränen über sein Gesicht liefen. „Und du hast deine vor elf Jahren getroffen, als du von Zuhause weg gegangen bist!"

„James, ich war fünf Jahre alt!!" schrie sie ihn an und James fuhr überrascht zurück. Mit einer derartigen Reaktion hatte er nicht gerechnet.

„Vielleicht hab ich ja eine dumme Entscheidung getroffen..." schrie sie während eine einzige Träne ihre Wange hinunter lief. „Aber ich kann sie verdammt nochmal nicht mehr ändern! Ich bin jetzt was ich bin und ich habe nunmal Verpflichtungen! Das musst du verstehen!"

James antwortete nicht.

„Es tut mir leid, dass ich nie da war und, dass ich nie die Schwester war, die du dir gewünscht hättest... Aber ich bin jetzt hier! Und ich weiß nicht wie lange ich das noch sein kann..." fuhr sie fort.

„Ich kann verstehen, warum du wütend auf mich bist, aber bitte lass es mich versuchen, alles wieder gut zu machen..."

James sagte noch immer nichts. Area schluckte und ging noch weiter auf ihn zu.

„Bitte, James..." murmelte sie. James blickte zu ihr hinunter. Sie hatte recht... er hatte ihr viele Momente der Trauer zu verdanken. Doch hatte er nicht seit er ein Kind war darauf gewartet, sie wieder sehen zu können? Und jetzt stand sie vor ihm... Diesmal war sie ihm nicht fremd. Er erkannte ihre Nase, die genau so aussah wie früher, nur etwas größer. Sie hatte noch immer ganz leichte Sommersprossen, die kaum zu sehen waren. Er erkannte so viel wieder. Ihre Ohren, ihre Lippen, ihre Augen...

„Du bist wieder da..." seufzte er schließlich. Daraufhin musste Area lächeln. Sogar ihr Lächeln war gleich geblieben. Das Lächeln, dass er so sehr vermisst hatte.

„Ja!" sagte sie und fiel ihrem Bruder in die Arme. Zögernd erwiderte James die Umarmung. Er konnte es nicht glauben...

„Ich lasse dich nie wieder los!" sagte er.

„AWWWWW!" ertönte es plötzlich von draußen.

Area und James lösten sich verwirrt und blickten zur Tür. Mit einem Schwung ihrer Hand ging die Tür auf und drei Gestalten stolperten tollpatschig hinein. Shila stand dahinter im Türrahmen.

„Habt ihr gelauscht?" fragte Area und verschränkte ihre Arme. James zog eine Augenbraue nach oben. Die drei rappelten sich auf.

„Natürlich nicht..." meinte Remus und schüttelte den Kopf.

„Doch!" sagte Shila von hinten, woraufhin sie einen bösen Blick der drei kassierte. Doch sie zuckte nur mit den Schultern. Area und James schmunzelten nur.

„Krass..." murmelte Peter plötzlich.

„Was ist?" fragte James verwirrt. Auf Peters Gesicht schlich sich ein Lächeln und er deutete auf die beiden.

„Schaut mal, sie haben die gleiche Nase!" meinte er grinsend und auch die anderen mussten schmunzeln.

„Ach ja?" fragte Area ihren Bruder. Er legte einen Arm um sie.

„Das will ich doch hoffen!" scherzte er. Plötzlich stockte er und sein Lachen verschwand. Area sah ihn verwirrt an.

„Alles in Ordnung?" fragte sie unsicher. James blickte zu Sirius und deutete mit dem Finger auf ihn.

„Du hast meine Schwester fast umgebracht!!" fuhr er ihn an.

Sirius wurde ganz blass um die Nase und schluckte.

„Verdammt..." murmelte er und machte sofort auf dem Absatz kehrt um durch die Tür wegzurennen, James dicht auf den Fersen.

„Na warte, wenn ich dich kriege!!!"

„James, es tut mir leid!"

„Sei still!!"

„Aber es war ein Unfall!" schrie Sirius panisch während ihn James über die Lichtung jagte und die anderen sich kaum mehr halten konnten vor lachen.

„James, lass uns doch darüber reden!"

„Renn solange du noch kannst!!!"