3. Kapitel
Vollidioten und seltsame Wecker
Es gibt Momente im Leben, wo man sich einfach nur denkt: Was? Wie zur Hölle habe ich das denn jetzt bitte hinbekommen? Das ist doch nicht normal!
Genau das dachte sich Saphira, als sie Mordo in Kampfkunst das erste Mal besiegte.
Mordo, mit völlig verdattertem Gesichtsausdruck, lag mit Feuerseilen gefesselt am Boden und hatte keine Möglichkeit, sich aufzusetzen.
„Wow", sagte er, als die von sich selbst überraschte Saphira schließlich die Seile verschwinden ließ und er sich den Staub von der grünen Robe klopfte. „Wow! Saphira, ich glaube, du bist jetzt schon ein bisschen gefährlicher als ein Schwamm geworden", sagte er. Saphira erwiderte nichts, sondern starrte nur verblüfft auf ihre Hände. „Heilige Maria."
Verwirrt runzelte Mordo die Stirn. „Was?"
„Nichts", sagte Saphira schnell und ließ ihre Hände wieder sinken. „Nichts, alles gut."
„Ah", sagte er. „Machen wir weiter. Mal sehen, ob du weiter so gut bist."
Tatsächlich schaffte Saphira es noch weitere drei Mal, Mordo in die Knie zu zwingen. Zwar kämpften sie insgesamt zwanzig Mal, aber es war ein Fortschritt. Ein ziemlich gewaltiger sogar.
„Was ist denn heute mit dir los?", fragte Stephen entsetzt. „Bist du krank?"
Saphira verdrehte die Augen.
„Ich darf auch mal Erfolge haben, Strange", entgegnete sie spitz, bevor sie sich schwungvoll umdrehte und zurück in das Gebäude stolzierte.
Konzentriert saß Saphira in der Bibliothek von Kamar Taj und las ein Buch. Ihre Finger trommelten auf dem Buchdeckel einen gleichmäßigen Rhythmus, der sie an ein Lied erinnerte, dass sie auf einen ihrer Reisen gehört hatte. Unbewusst begann sie, leise zu summen.
„Was liest du da?"
Erschrocken zuckte Saphira zusammen und ließ beinahe das Buch fallen. „Heiliger Feuerstein, Strange! Geht es etwas weniger plötzlich?"
„Ich freue mich auch sehr, dich zu sehen", entgegnete er kühl. „Übrigens, ich habe dich gerade gefragt, was du da liest."
„Sherlock Holmes", antwortete sie. „Toller Mann, dieser Sherlock. Er besitzt Hirnmasse. Im Gegensatz zu anderen Menschen, die ich jetzt nicht beim Namen nennen möchte."
„Vielen Dank für dieses äußerst nette Kompliment. Darf ich dich darauf aufmerksam machen, dass die Älteste dich erwartet?"
„Darf ich dich darauf aufmerksam machen, dass die Älteste dich erwartet?", äffte Saphira und sah Stephen verächtlich an. „Du redest noch schlimmer als ein Anwalt."
Genervt warf sie das Buch hinter sich, wo sich ein kleines Dimensionstor gebildet hatte, sodass das Buch etwa drei Reihen weiter hinten an seinen Platz zurückfiel. Verstört starrte Stephen Saphira an.
„Was?", fragte sie. „Faulheit macht erfinderisch."
Und mit diesen Abschiedsworten drehte sie sich um und machte sich auf den Weg zu der Ältesten.
„Saphira. Setz dich doch."
Etwas verlegen ließ sich Saphira vor der Ältesten nieder, die im Schneidersitz auf dem Boden saß und meditierte. „Sie wollten mich sprechen?"
„Ja."
Die Älteste öffnete ihre Augen. „Ich habe von Mordo gehört, dass du Fortschritte in Kampfkunst machst."
Saphira hob ihre Brauen. „Wirklich?"
„Allerdings."
„Darüber wollten sie mit mir reden?", fragte Saphira verblüfft.
„Nicht nur."
Verwirrt saß Saphira da. „Äh...okay...und worüber noch?"
„Über deine Herkunft."
Jetzt hatte Saphira wirklich einen Knoten im Hirn. „Hä? Aber das wissen sie doch schon!"
„Aber nicht alles. Irgendetwas hast du mir verschwiegen, dass weiß ich."
Saphira saß da und blickte zu Boden. Sollte sie lügen, oder die Wahrheit sagen?
„Woran haben sie das gemerkt?"
Die Älteste lächelte. „Du warst so ungewöhnlich offen, als du uns direkt erzählt hast, wer du bist. Ich hätte sofort erkennen müssen, dass etwas daran nicht stimmt."
Saphira kniff ihre Lippen zusammen.
„Sie haben Recht."
Die Älteste lächelte. „Und? Willst du mir deine Geschichte erzählen?"
Saphira hob ihren Kopf und sah die Älteste entschlossen an.
"Nein."
Jetzt war es an der Ältesten, verwirrt zu gucken. "Wie, nein?"
"Ich sagte, nein. Ich werde ihnen nicht mehr über mich erzählen."
Jetzt war es an der Ältesten, verwirrt zu sein. "Okay. Wenn du nicht willst... Setzen wir doch unseren Unterricht fort."
Zugegeben, Saphira ist nicht gerade nett gewesen. Aber was machte das schon? Ihr war es jedenfalls egal. Und sie glaubte auch nicht, dass sich noch etwas daran ändern würde.
Genervt machte sie sich wieder auf den Weg zurück in ihr Zimmer. Wann bekam sie diesen verdammten Stoff endlich hin? Sie war zwar erst seit ein paar Wochen in der Ausbildung, hatte aber nur noch knapp sieben Tage Zeit, um alles zu lernen. Eine Ausrede währe ja, dass gewöhnliche Menschen Jahre brauchten, um das zu erlernen. Nur war Saphira kein gewöhnlicher Mensch, sondern nur ein Halbmensch. Die andere Hälfte bestand aus höchstem magischen Potential und Phoenix-Genen, welche eine noch höhere Macht verliehen als X-Gene. Nur schien das bei Saphira nicht gerade in Kraft zu treten.
Das alles schoss Saphira in Sekunden durch den Kopf, während sie die Tür zu ihrer Miniwohnung öffnete. Sie wollte gerade eintreten, als sie mit voller Wucht nach vorne knallte und sich so gerade noch mit den Händen abfangen konnte. „Ah! Was war das denn?"
Verwirrt richtete sie sich auf und entdeckte ein Packet, dass auf ihrer Türschwelle lag. Ihr Fuß muss daran hängen geblieben sein und sie somit zu Fall gebracht haben. All ihre Frust und Enttäuschung war verschwunden, als sie neugierig ihre Hände nach dem Karton ausstreckte und ihn aufhob.
Die Tür fiel hinter ihr zu, als sie in die Wohnung trat, sich auf das Bett setzte und den Karton schüttelte. Ein leises Klingelt und Rasseln ertönte.
Saphiras Neugier wuchs. Gespannt ließ sie eine leuchtende, winzige Feuerklinge aus ihrem Finger schießen und schlitzte damit rasch den Karton auf. Verblüfft blickte sie auf...
„...einen Wecker?"
Rrrrring! Rrrrring! Rrrrring!
„Aah!"
Wie ein tollwütiges Eichhörnchen sprang ihr der Wecker ins Gesicht und rasselte lauter als eine Polizeisirene.
„Stopp! Aufhören! Bleib weg! Bleib weg!"
Mit wild durch die Gegend fuchtelnden Händen traf sie den Wecker mit voller Wucht an der Seite und schleuderte ihn somit durch das ganze Zimmer.
Der Wecker zuckte in der Ecke und wollte gerade wieder auf Saphira losspringen, als diese mit einem gebieterischen Gesichtsausdruck aufstand und energisch auf ihn zeigte.
„Du regst dich keinen Millimeter mehr vom Platz, verstanden?! Bleib in der Ecke!! Hörst du?!?"
Das nervige Rasseln verstummte. Wie zur Salzsäule erstarrt stand der Wecker auf dem Zimmerteppich neben der Tür. Nur das leise Ticken der Uhrzeiger war noch zu hören.
Entnervt seufzte Saphira auf und ließ sich auf ihr Bett fallen. Welcher Vollidiot hatte sich diesen Spaß mit ihr erlaubt?! Mit forschendem Blick nahm sie den Karton in ihre Hände und tastete ihn ab auf der Suche nach einem Zettel oder einem Brief. Tatsächlich befand sich eine kleine Notiz zwischen dem Kartonboden und einer Lasche.
„Damit du das nächste Mal rechtzeitig zu deinen Nachhiflestunden kommst. Viel Spaß mit dem kleinen Quälgeist! Ihr werdet euch bestimmt sehr gut verstehen.
M"
Empört zerknüllte Saphira den Zettel und warf ihn zurück ins Paket. Mordo! Das hätte sie sich doch eigentlich denken können. Nur weil sie zweimal zu spät gekommen war, da sie verschlafen hatte, schenkte er ihr gleich einen Wecker mit ADHS. Na, vielen Dank auch!
Der Wecker war mittlerweile wieder aus seiner Starre erwacht und sprang fröhlich rasselnd auf dem Teppich umher. Saphira seufzte nur und stand auf. Jetzt brauchte sie dringend eine heiße Dusche.
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