Kapitel 19

"Wann wollen wir los?", fragte Rauchpfote die zweite Anführerin mit leuchtendem Blick. Er sah sich auf der Lichtung um und sein Blick blieb kurz beim Frischbeutehaufen hängen. Dann schaute er nach oben in den Himmel, kleine Schäfchenwolken bahnten sich ihren Weg über ihren Köpfen. Es war ein angenehmes Wetter, fand Rauchpfote. Daher freute er sich auf die Patrouille noch mehr. Er konnte es kaum erwarten, endlich den Geruch vom lebenden Wald in seiner Nase zu spüren und damit seine Lungen zu füllen. Etwas ungeduldig fuhr er seine Krallen ein und aus, bis leichte Furchen im Boden zu sehen waren.

Efeublatt wandte sich zu Rauchpfote um, als sie in der Mitte des Lagers standen. "Ich werde nur noch Goldregen und Glanzpfote holen." Damit trottete sie los, um ihre Clankameraden zu suchen. Rauchpfote suchte mit den Augen das Lager ab und entdeckte die ältere Schülerin. Glanzpfote saß vor dem Schülerbau und putze sich ihr Fell. Als sie gerade damit fertig war, sah sich um und streckte sich. Rauchpfote tappte zu ihr und berichtete: "Efeublatt sucht gerade nach Goldregen. Wir wollen zusammen auf Patrouille gehen." Er blitzelte ihr zu und wartete vorsichtig auf ihre Reaktion. Hatte er alles richtig gemacht? Glanzpfote sah ihn mit ihren blauen Augen an. "Alles klar. Danke, dass du mir bescheid gesagt hast", miaute sie und überlegte. "Ich habe Goldregen heute noch nicht gesehen. Lass uns sie suchen gehen", sagte sie langsam und blinzelte. "Hast du eine Idee, wo sie sein könnte?", fragte Rauchpfote und sah sich ebenfalls im Lager um. "Vielleicht ist sie im Kriegerbau...", murmelte er eher zu sich selbst. "Mal überlegen", miaute Glanzpfote, wurde aber direkt von Rauchpfote unterbrochen. "Nicht mehr nötig." Efeublatt kam gerade mit der sandgelben Kätzin mit den weißen Beinen im Schlepptau zu ihnen getrottet. Die beiden Kätzinnen gingen an den Schülern vorbei und Efeublatt drehte sich noch einmal um. Über ihre Schulter miaute sie: "Na dann. Auf geht's!" Und schon stürmten die vier Katzen aus dem Lagerausgang. Rauchpfote war gespannt auf das, was passieren würde. 

Sie trabten in den Wald hinein, und Rauchpfote passte sich dem Tempo von Efeublatt an. Das Wetter machte ihn noch fröhlicher. Er genoss die frische Luft der Blattgrüne, die ihm in die Nase stieg. Er genoss die Sonne,  die ihm auf den Pelz schien, wenn sie auch etwas zu warm war. Wachsam sah er sich um. Er hoffte, dass sie an einem See oder Bach vorbeikamen. Ich bin eine richtige Clankatze! Ein brummen in dem Magen von Efeublatt unterbrach ihn in seinen Gedanken. "Dürfen wir auch jagen?", fragte er, als dann ein Vogel über ihren Köpfen hinweg flog. Als Antwort nickte die Kätzin nur und lächelte. "Wir sich gleich bei der Grenze. Wenn ihr Beute riecht oder hört, könnt ihr auch gerne nebenbei jagen. Aber auf unserer Seite der Grenze." Rauchpfote freute sich darüber, nebenbei jagen zu dürfen. Er schnupperte und auf einmal bemerkte er einen anderen Geruch - einen, den er noch nie gerochen hatte. "Wir sind nun an der Grenze zum HeideClan", erklärte ihm Glanzpfote leise.

Plötzlich hob Efeublatt die Nase in die Luft und richtete die Ohren auf. Mit der Schwanzspitze bedeutete sie den zwei Schülern, still stehen zu bleiben. Auch Goldregen blieb wie erstarrt stehen und sah aufmerksam um sich. "Eindringlinge?", zischte sie, und ein leises Knurren stieg in ihrer Kehle auf. Rauchpfote zuckte zusammen und erstarrte. Was hatte das zu bedeuten?

Die Stellvertreterin schüttelte sich kurz und fing an zu lachen. "Alles gut", beruhigt sie die Schüler. "Es ist nur Dunststern!" Mit gesträubten Nackenfell setzte sich Rauchpfote hin und beobachtete die Katzen, die vor ihnen aus dem Gebüsch traten. Eine große, graue Kätzin und zwei jüngere, sie waren etwa in Rauchpfotes Alter. Sie rochen anders - fremd. Nach Sand und Heide. Der Kater war hellgrau und die Kätzin hatte einen hübschen, cremefarbenen Tigerpelz mit weißer Brust. Rauchpfote legte seinen aufgeplusterten Schweif um die Pfoten. "Es ist eine Ewigkeit her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, Dunststern." Efeublatt zuckte mit ihren Schnurrhaaren und setzte sich. Die fremde, dunkelgraue Kätzin schnurrte und setzte sich ebenfalls. "Stimmt. Wie geht es dir und dem Clan? Und Blütenstern?", fragte sie und ihr Blick fiel auf die beiden Schüler, die dicht hinter ihr saßen. Insbesondere Rauchpfote musterte sie genau. Rauchpfote legte den Kopf leicht schief und beobachtete die fremde Katze mit funkelnden Augen. Von ihr schien keine Gefahr auszugehen. Aber man wusste ja nie. Aufmerksam hörte er dem Gespräch zu. "Uns geht es bestens. Danke der Nachfrage", antwortete Efeublatt. Mit einem schiefen, nachdenklichen Blick sah Dunststern die Schüler an. "Ich sehe, ich werde auf der großen Versammlung viel zu erfahren haben." Rauchpfote sah nun aufmerksam zu Efeublatt. Große Versammlung?

"Oh, richtig. in drei Tagen ist die große Versammlung. Gut, dass du das sagst." Efeublatt drehte ihren Kopf zu Rauchpfote und Glanzpfote. "Blütenstern möchte euch beiden dabei haben." Rauchpfote riss die Augen auf. "Wirklich?" Efeublatt nickte. "Die erste Versammlung ist immer die aufregendste", schnurrte Goldregen. Rauchpfote kribbelte der Pelz. Das konnte er sich gut vorstellen! Falls er sich darunter überhaupt etwas vorstellen konnte. "Ach, wenn du schon dabei bist", miaute Dunststern, "Honigpfote, Nebelpfote, ich möchte, dass ihr zwei ebenfalls mit zur großen Versammlung kommt." Honigpfote riss die Augen überrascht auf, als ihre Anführerin ihr sagte, dass sie mitkommen durfte. "Wow! Danke!", miaute sie laut und sah kurz zu den LaubClan-Katzen. Auch Nebelpfote, der dagesessen und den Boden unter seinen Pfoten nervös platt getreten hatte, erhob sich nun und sträubte seinen Pelz. "Wirklich?", fragte er unsicher und zuckte nervös mit den Ohren. Rauchpfote bemerkte das und wurde ebenfalls unsicher. War eine große Versammlung so angsteinflößend? Sollte er auch Angst davor haben? Aber Dunststern lächelte. "Kein Grund zur Besorgnis. Nun kommt, wir müssen weiter. Auf Wiedersehen!" Die HeideClan-Anführerin nickte höflich zum Abschied und die Katzen verschwanden wieder im Unterholz.

Rauchpfote sah den fremden Katzen interessiert hinterher. "Waren diese Katzen aus dem HeideClan?", fragte er und schnupperte in der Luft. "Und woher kennt ihr euch? Was passiert auf einer großen Versammlung?" Seine Fragen überschlugen sich in seinem Kopf. Efeublatt sah zu dem grauen Schüler und musste lächeln. "Das waren Dunststern, die Anführerin des HeideClans und zwei ihrer Schüler." Rauchpfote nickte. Nebelpfote und Honigpfote waren also ebenfalls Schüler, Schüler eines anderen Clans. Und doch glichen sich auch ihre Namen mit dem seinen. Er runzelte die Stirn. "Was haben sie auf unserer Seite des Territoriums gesucht?", fragte er leise. Glanzpfote lachte. "Nein, nein, sie waren noch auf ihrer Seite. Deshalb hatten wir so viel Abstand zueinander", erklärte sie geduldig. Goldregen fügte hinzu: "Das ist richtig. Trotzdem darf keiner in unser Territorium eindringen, es sei denn, unser GrenzClan hat gute Gründe dafür." Rauchpfote nickte. "Achso", miaute er beruhigt. Er stand auf, blickte aber noch in die Richtung, in der die HeideClan-Katzen verschwunden waren. "Und wir dürfen dann auch nicht ihr Territorium betreten, außer, wir haben einen Grund dafür?", schlussfolgerte er. Efeublatt nickte. "Das ist richtig. Du hast es scheinbar verstanden", schnurrte Goldregen und sah zu der zweiten Anführerin. Rauchpfote verstand das System, nach welchem die Grenzen zu funktionieren schienen. Aber warum gibt es Grenzen, wenn jede Katze überall jagen könnte? Das wäre doch viel sinnvoller. Das gäbe doch mehr Beute für die Clans! 

Er wollte gerade seine Gedanken aussprechen, da deutete Efeublatt auf ein braunes Wesen in der Ferne. Rauchpfote fokussierte seinen Blick und dann sah er das Kaninchen. "Wollt ihr zeigen, was ihr könnt?", fragte die schildpattfarbende Kätzin und duckte sich, bereit, abzuspringen. Glanzpfote und Rauchpfote tauschten einen Blick. "Klar!", miaute Rauchpfote aufgeregt. "Dann los! Bist du bereit?", fragte Glanzpfote mit leuchtendem Blick. Rauchpfote wusste von früher, dass Kaninchen sehr schwer zu fangen waren. "W.. Weißt du, wie man Kaninchen fängt?", fragte er deshalb die ältere Schülerin vorsichtig. Die hellgraue Kätzin nickte. Rauchpfote schluckte. "Ich habe das auch noch nie gemacht. Aber ich weiß, dass sie sehr gut hören können", überlegte er. "Also müssen wir leise sein. Wollen wir versuchen, dass du es verschreckst?", fragte Glanzpfote mit blitzendem Blick. Der graue Kater sah Glanzpfote an. "Wozu soll das gut sein?", fragte er sichtlich verwirrt. "Du wirst sehen. Lass es uns probieren!", schnurrte Glanzpfote voller Freude.

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