Kapitel 1

Rauch tappte zwischen den Bäumen hin und her. "Sie müssen doch hier irgendwo sein", murmelte der kleine, rauchgraue Kater und schaute in ein kleines Loch zwischen den Wurzeln einer Eiche. Plötzlich landete ein Gewicht auf seinem Rücken. Erschrocken quiekte Rauch auf und sackte auf den Boden. Dann hörte er seine Schwester lachen. "Du siehst aus wie ein aufgeschreckter Igel!", schnurrte sie. Rauch wand sich unter ihrem Gewicht. "Geh von mir runter, Qualm! Du erdrückst mich ja!" Qualm sprang auf. "Oh, das.. Das wollte ich nicht!", rief sie erschrocken und ließ von ihm ab. Jetzt musste Rauch lachen. "Und du siehst aus wie ein fetter Dachs, der seine Beute verpasst hat!", miaute er höhnisch, während er sich aufrappelte. "Hast du mich gerade fett genannt?", rief Qualm empört. "Ich bin nicht fett! Und außerdem", fügte sie hinzu, "habe ich meine Beute nicht verpasst. Sondern voll erwischt!" Mit diesen Worten sprang sie wieder auf ihren Bruder und nagelte ihn fest. Rauch knurrte auf. "Komm schon, Qualm, das ist unfair", quengelte er. "Du bist schwer. Ich kriege keine Luft! Geh. Von. Mir. Runter!"

Von Weitem hörte Rauch seinen Vater rufen. "Rauch! Qualm! Wolke! Kommt nach Hause, wir wollen gleich los!" Rauch warf seine Schwester von sich. "Ich muss noch Wolke finden." Qualm setzte sich und leckte sich kurz über das hellgraue Brustfell. "Ich helfe dir, dann sind wir schneller", meinte sie dann. "Danke", miaute Rauch und setzte seine Suche fort. Wolke musste doch leicht zu finden sein, wegen seines schwarz-weiß gefleckten Fells dürfte er im Wald doch auffallen. Rauch spitzte seine Ohren und sah sich aufmerksam um. "Da!", quiekte Qualm. Sie sah in einen Baum mit weiß-schwarzer Rinde. Die Äste waren niedrig genug, um hinaufklettern zu können. "Das ist raffiniert!", murmelte Rauch. Wolke wusste, wie er sich anpassen musste. Kleine, grüne Augen starrten zwischen den Ästen auf die beiden Katzen hinab. "Ihr habt mich gefunden!", rief Wolke erfreut. Qualm legte den Kopf schief. "Natürlich. Wir sind ja keine Blindschleichen", meinte sie und zuckte mit dem Ohr. "Komm runter, wir wollen gleich los."

"Ich.. Ich weiß nicht, wie", stotterte Wolke. Er saß noch immer stocksteif auf dem Ast. Rauch zuckte mit den Schnurrhaaren. "Du bist doch auch hoch gekommen, dann wirst du doch auch wieder runter kommen können", meinte er. Sein Bruder fauchte. "Das sagt sich so leicht. Ihr sitzt ja nicht hier oben!" Qualm lachte. "Sollen wir hoch kommen?", fragte sie und schlug ihre Vorderpfoten in die weiche Rinde des Baums. "Qualm, lass das! Bist du schon mal auf einem Baum gewesen?", fragte Rauch ängstlich. "Nein", miaute sie ehrlich und schüttelte ihren Kopf. "Siehst du. Wir sollten lieber Papa holen", überlegte Rauch. Aus dem Baum erklang ein Fauchen. "Niemals! Ich schaffe das auch alleine!" Rauch sah zu seinem Bruder hoch, der sich gerade erhob und auf dem zitternden Ast versuchte, zu stehen. "Pass auf!", rief Qualm, doch da hatte er schon das Gleichgewicht verloren und purzelte hinunter. Nicht weit entfernt wuchs ein weiterer Ast, nach dem Wolke griff und sich baumelnd festkrallte. Er schrie auf. "Hilfe!"

"Halt dich fest! Ich hole Papa!", rief Rauch aufgeregt und zischte aus dem Wald. Schon von Weitem sah er den schwarzen Kater ungeduldig hin und her laufen. Als Schatten seinen Sohn sah, blieb er kurz stehen und lief dann auf ihn zu. "Da bist du ja! Wo sind deine Geschwister?" Rauch blieb atemlos stehen und bekam nur schlecht Worte heraus. "Wolke... Auf einem Baum.. Hilfe..", stammelte er und hoffte, dass sein Vater ihn verstand. "Wo?", fragte er und lief los. Rauch sammelte sich und lief wieder zurück, dieses Mal seinem Vater hinterher. Er japste und seine Lunge brannte, doch er blieb erst stehen, als er bei seinen Geschwistern angekommen war. Wolke hatte es geschafft, sich wieder auf den Ast zu ziehen und saß nun stocksteif dort. Qualm huschte unter dem Baum hin und her. "Was jetzt?", fragte sie aufgeregt. Schatten setzte sich unter den Ast, auf dem sein Sohn saß und miaute mit tiefer Stimme: "Gut, Wolke, du tust jetzt genau, was ich dir sage. Setze deine Pfoten mit ausgefahrenen Krallen in die Richtung des Stammes. Sei vorsichtig. Ja, gut so." Rauch sah gespannt zu, wie sein Bruder zitternd und vorsichtig eine Pfote vor die andere setzte und sich langsam in die Richtung des Stammes schob. Der kurze Schwanz zuckte hin und her, während Wolke sein Gleichgewicht hielt. "Gut, Wolke", murmelte Rauch konzentriert und hoffte, dass seinem Bruder nichts passierte. "Weiter so. Sehr schön", ermutigte Schatten seinen Sohn. "Jetzt krall dich ganz fest an die Rinde des Stamms und setze eine Pfote hinter die andere, wie beim Rückwärtslaufen, nur, dass du dir vorstellen musst, dass deine Pfoten tief in der Erde stecken müssen", erklärte Schatten. Wolke schlug bei jedem Schritt die spitzen Krallen in die Rinde und kam dann heil auf die Erde. Zitternd sank er zu Boden. "Du hast es geschafft!", rief Qualm aufgeregt und sprang um ihn herum. Schatten leckte ihm über den Kopf. "Das hast du sehr gut gemacht. Kannst du laufen?", fragte er ruhig. Wolke versuchte aufzustehen, doch seine Beine zitterten zu stark und er fiel wieder ins Laub. "Ist schon in Ordnung", miaute Schatten und nahm den kleinen, gefleckten Kater am Nackenfell hoch. "Kommt mit", sagte er durch das Fell zu seinen anderen Jungen und machte sich auf den Weg nach Hause.

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