Sturkopf

Nach einer Weile liess ich Chenoa alleine und ging Zoe und Cyprian suchen. Zoe fand ich bei Shaman auf der Koppel. Sie ritt ohne Helm und Sattel auf ihm. Das wurde nicht gerne gesehen, aber auch ich wusste, dass es sicherer auf einem Pferd wie Shaman war. Mit dem Sattel und der Trense hatte er schlechte Erfahrungen gemacht, aber ein Helm wäre eigentlich nicht schlecht. Da Zoe in dieser Angelegenheit aber furchtbar stur war versuchte ich gar nicht es ihr zu verklickern. Ich rief ihr zu: „Hi Zoe. Wir haben jetzt gleich Französisch. Das fällt leider nicht aus." Zoe lenkte Shaman ans Gatter und stöhnte: „Wenn du das sagst ist es richtig schlimm. Schliesslich ist Französisch deine Muttersprache. Ist alles ok bei dir, Isabelle? Du wirkst sehr besorgt. Und ich glaube nicht, dass es etwas mit Französisch zu tun hat." Sie hatte meine Besorgnis bemerkt. Mist! „Ist das so offensichtlich? Ja ich mache mir Sorgen um Caleb. Ich hab das Gefühl es schmerzt mehr als er zugeben will. Ich hab mir auch mal den Fuss verstaucht und war nicht vorsichtig genug. Ich hab niemanden etwas davon erzählt, da ich nicht wollte das sie mir das trainieren verbieten. Nach einem Ritt bin ich doof von Chenoa abgestiegen und hab mir den Fuss ganz gebrochen. Er muss sich wirklich schonen und ich bezweifle dass er es macht. Immerhin hat er jetzt ein Pferd da, dass er therapieren muss." gab ich zu. Nachdenklich schwiegen wir während wir zu Französisch gingen. In Franz war keiner und keine aus unserer Klasse zu gebrauchen. Alle waren mit den Gedanken wo Anders. Nämlich entweder bei dem Hengst oder bei Caleb. Verzweifelt fragte mich die Lehrerin: „Kannst wenigstens du mir die Frage beantworten, Isabelle?" „Tut mir leid, ich war mit den Gedanken wo anders." gestand ich. Frustriert seufzte die Lehrerin: „Heute ist zwar ein chaotischer Tag, aber es ist in zehn Minuten Mittag. Könntet ihr euch bitte so lange noch zusammenreissen? Am Nachmittag habt ihr ja wie immer nur noch reiten. Und danach Freizeit." Gehorsam nickten wir und versuchten es uns nochmal anzustrengen. Gut funktionierte es allerdings nicht. Als es endlich zum Mittag klingelte hasteten wir alle so schnell wie möglich nach draussen. Zoe war mit mir und Cyprian rausgekommen. Sie fragte uns: „Denkt ihr Caleb unterrichtet uns heute schon in Dressur? Oder wird er sich noch schonen?" Cyprian antwortete etwas verärgert: „So wie ich ihn kenne wird er uns unterrichten. Wahrscheinlich sogar aufs Pferd steigen falls es nötig ist." Das bestätigte meine Vermutung nur noch. Ich stimmte zu: „Das glaube ich auch. In so Sachen ist er mindestens genauso stur wie ich." Gemeinsam gingen wir zum Mittagessen. Mystery war Gesprächsthema Nummer 1. Wen wundert's? Nach dem Mittag gingen wir die Pferde holen. Wir sollten alle ein Schulpferd nehmen. Ich nahm diesmal Vulkan. Er war wirklich ein richtiger kleiner Vulkan. Man musste ihn genau beobachten um vorauszusehen wann er explodierte. Und es rechtzeitig verhindern. Zoe nahm Domino und Cyprian Silver. Wir sattelten und putzten die drei und gingen zur Halle. Dort wartete Caleb schon. Ich seufzte. Wir hatten richtig geraten. Cyprian ging besorgt auf ihn zu und redete eindringlich auf ihn ein: „Caleb! Du bist so stur. Du sollst noch nicht reiten. Ich rate dir: Lass es! Verstanden?" Inzwischen waren auch Zoe und ich bei den Beiden angekommen und ich erinnerte ihn: „Weisst du noch als ich mir bei einem Sturz von Chenoa mein Fuss verstaucht habe und es niemandem erzählt habe? Als ich dann doof von Chenoa abgestiegen bin hab ich mir das Bein gebrochen. Hast du das vergessen? Also pass gefälligst auf." Caleb beschwichtigte uns: „Ich werde nur eine kurze Runde auf Leia reiten. Sie ist total brav. Also keine Sorge! Und zum Auf und Absteigen benutze ich den Tritt." „Leia ist nur brav wenn der Reiter in Topform ist. Sie merkt sofort wenn der Reiter nicht 100% fit ist. Und dann schaut sie wie weit sie gehen kann. Sprich sie galoppiert an, buckelt und so weiter. Und das kann man ihr auch nicht übelnehmen. Sie ist halt noch jung und die Rangordnung ist bei ihr noch nicht geklärt, aber für dich wäre das dennoch ein Problem. Auch wenn du nicht runterfällst könntest du dir dein Bein anschlagen oder so." mischte sich nun Zoe ein. Caleb seufzte: „Es wird schon gut gehen." meinte er mit einer Stimme die keinen Widerspruch duldete. Wir erkannten dass es keinen Sinn hatte. Vom Reiten würde er sich keinesfalls abbringen lassen. Aber vielleicht würde er sich ja dazu bewege lassen ein ruhigeres Pferd zu nehmen? Haruko hatte gerade mit Rosie die Halle betreten. Und Rosie war genau das Pferd was wir brauchten. Ich ging zu ihr und bat sie verzweifelt: „Könntest du bitte mit Caleb Pferd tauschen? Er hat sich in den Kopf gesetzt zu reiten. Und zwar auf Leia. Du weisst ja wie sie sich benimmt sobald sie merkt dass ihr Reiter eine Schwachstelle hat. Sie nutzt diese total aus. Und das kann Calebs Bein nicht gut tun. Er lässt sich nicht davon abbringen reiten zu wollen." Haruko stimmte sofort zu und rief unserem Lehrer zu: „Caleb? Könnte ich vielleicht Leia reiten? Ich bin sie schon ewig nicht mehr geritten und hätte mal wieder Lust." Erstaunt blickte Caleb sie an und nickte. Erleichtert blickten wir uns an. Rosie war viel braver und nutzte die Schwächen des Reiters nicht so dreist aus. Sie war früher ein Reitschulpferd für Anfänger. Da war sie einiges gewohnt. Caleb erklärte uns die Übungen und zeigte es einmal auf Rosie vor. Dabei sah man in seinem Gesicht leichten Schmerz. Wahrscheinlich weil er im Leichtreiten Gewicht auf sein Bein geben musste. Aber er war ja so stur gewesen nicht auf uns zu hören. Als er vorsichtig wieder abgestiegen war humpelte er zum Cavaletti das immer in der Mitte stand zum draufsitzen und setzte sich. Auch wenn Rosie ein Schulpferd war, war sie wahnsinnig sensibel und spürte es gut wenn es ihrem Reiter nicht gut ging. Sie war ihm hinterhergetrottet und stupste ihn aufmunternd an. Caleb streichelte sie lachend zwischen den Vorderläufen. Da mochte sie es am liebsten. Freudig schnaubte sie ab und suchte seine Jacke nach Leckerlis ab. Das brachte auch uns zum Lachen. Inzwischen hatte sie es geschafft den Reissverschluss zu öffnen, das hatten ihr die Reitschulkinder beigebracht und sich ein Leckerli daraus geschnappt. Jetzt konnten wir uns nicht mehr halten vor lachen. Vulkan schaute mich verwirrt an und warf unruhig den Kopf hoch. Ich beruhigte zuerst mich wieder, dann Vulkan. „Willst du gerade als Nächstes, Isabelle?" fragte Caleb mich und ich schwang mich auf Vulkan. Erstmal ritt ich ihn eine Runde im Schritt, dass er ruhiger wurde. Dann trabte ich ihn an und machte die Übungen die Caleb vorgezeigt hatte. Er schlug nur einmal hinten aus. Aber ich machte die Übung dennoch ein zweites Mal und diesmal schnaubte er sogar einmal ab. Das war das Zeichen der ultimativen Entspannung bei Pferden. Sofort liess ich ihn im Schritt laufen, da Horsemanship dem Pferd zeigen sollte: Wenn du dich entspannst und mir vertraust gibt es Belohnung. Und in dem Fall war die Belohnung das Schrittgehen. Caleb lobte mich: „Das war sehr gut. Mit Vulkan kommen sogar einige der DeCesco Klasse nicht klar. Du aber schon. Es war auch gut das du ihn gelobt hast als er sich entspannt und dir vertraut hat." Ich nickte ihm lächelnd zu und ritt mit ihm in die Mitte der Halle wo wir nicht störten. Als Nächstes war Zoe dran. Sie kam auch gut durch. Das reiterliche Können hatte sie längst aufgeholt. Und ich war überzeugt, dass sie Horsemanship auch erlernen würde. Oder besser gesagt lernen würde dass sie Pferde ihr vertrauen. Bisher hatte sie diesen Status nur bei Shaman erreicht. Das war ein halbes Weltwunder. Der schwarze Hengst hatte nach diesem einen Turnier sämtliches Vertrauen in Menschen verloren. Damals waren alle ungünstigen Ereignisse zusammengekommen. Das erste Mal hatte Calebs Vater bei einem Turnier wo Caleb auf Shaman ritt zuschauen, deswegen war Caleb nervös und Shaman drum erst Recht. Dieser Mann hat ihn nie gut behandelt. Als Shaman dann ein Hindernis verweigert hat hat Caleb ihn geschlagen. Das erste Mal überhaupt. Das war zu viel für Shaman. Er hat Caleb hinuntergeschmissen und seitdem hatte er niemandem mehr vertraut. Er hat immer nach Caleb getreten und ihn weggebissen wenn er versucht hat sich ihm zu nähern. Aber Zoe hatte er aus unerklärlichen Gründen sofort akzeptiert. Nach der Stunde brachten wir die Pferde wieder auf die Koppeln.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top