12. Der Absturz


Die nächtlichen Geräusche durchdrangen den Dschungel, während sie sicher auf dem kahlen, felsigen Berg saßen. Mittlerweile war das Feuer fast heruntergebrannt, doch keiner der beiden hatte Lust. sich auf zu raffen und im Wald nach neuem trockenem Holz zu suchen. Die ersterbende Glut zwang die beiden dennoch dazu.

Kannst du mir etwas versprechen?", zögerte Melissa während sie über das Blätterdach des Dschungels unter sich blickte.

Ich denke schon,", antwortete er in Windeseile „Worum geht es denn?"

Versprichst du mir, dass wir uns hier draußen nicht trennen? Egal was passiert?", Melissas Stirn zeigte ihre kleine Angstfalte und sie starrte hoffnungsvoll in seine warmen Augen.

Du möchtest dich mit mir fraternisieren?", fragte er.

Wir sind keine Soldaten und selbst wenn, dann ständen wir auf derselben Seite. Es ist mehr eine Nutzfreundschaft, als eine wahre Verbrüderung.", die ernsten Worte klangen rechtfertigend und eine sichtliche Entspannung in Melissa war erst zu bemerken, als Mark einwilligte. Er atmete leise aus und stand auf. Kurz betrachtete er die glühende Asche und streckte Mel seine Hand entgegen, als wolle er einen Packt eingehen. Sie griff seine und schüttelte sie mit einem festen Händedruck, doch er ließ nicht los, sondern riss an ihr und zog sie vom Boden hoch.

Wir brauchen neues Holz!", sagte er steif. Melissa schnaubte, der Gedanke sich von der Glut zu entfernen gefiel ihr nicht. Dennoch lief sie ihm zum Rand des Waldstücks, auf der Erhöhung, hinterher. Je näher sie dem Wald kamen, desto weniger Mücken konnten sie hören und desto unbehaglicher fühlte sich Melissa.

Hastig begannen sie tote und abgebrochene Äste von dem Boden, welcher von schwachem Halbmondlicht beschienen wurde, aufzusammeln.

Unter den Baumkronen, in den Büschen und dem Gestrüpp nicht tief im Wald, wo das Mondlicht nicht bis auf den Boden fiel, da lauerte eine ihnen unbekannte Kreatur. Die Ausmaße nicht größer als ein Mensch, doch ihr Schnabel war scharf und konnte ohne Mühe Knochen brechen. Sie blinzelte mit ihren kleinen Augen, welche umgeben von rötlich erscheinenden Schuppen waren. Mit den drei Krallen an jeder Hand scharrte sie im Unterholz nach ihrer Leibspeise. Plötzlich schreckte sie auf. Sie hatte hinter sich ein weitaus gefährlicheres Tier entdeckt. Das Scharren verstummte und geräuschlos starrte sie um sich. Der Fleischfresser hinter der Kreatur begann zu brüllen und rannte auf allen Vieren auf die fast hilflose Kreatur zu. Diese dachte nicht lange über eine Abwehr nach und flüchtete in Richtung Lichtung. Schnell gab der Fleischfresser auf, doch die Kreatur rannte weiter und weiter. Sie hatte den Rand des Waldes erreicht, schreckte auf, als sie Melissa und Mark zu Gesicht bekam und versuchte auszuweichen. Voller Panik streift sie Mark am Oberarm. Die Klauen krallten sich in sein Fleisch. Die Kreatur riss ihn mit sich während sie mit ihm in Richtung Glut taumelte. Plötzlich löste sich ihr Griff von Marks Oberarm, vor Schmerz ließ er sich zu Boden fallen.Die Kreatur verlor erneut die Kontrolle, wusste nicht mehr wo oben und unten war, aber hastete dennoch immer weiter. Sie achtete nicht mehr auf ihre in schwarz getauchte Umgebung. Merkte nicht, wie sie an den Zelten vorbei auf den Abgrund zulief. Mit einem Lauten Schrei stürzte sie von dem Bergvorsprung in die Tiefe. Der Aufprall klang gedämpft, danach war alles still. Geschockt hatte Melissa dem Spektakel zugesehen, erstarrt, nur ihre Hand hatte es geschafft nach ihrem Messer zu greifen. Dann begriff sie die Situation, ließ das Holz aus ihrer anderen Hand fallen und rannte zu Mark.

Sie beugte sich über ihn. Mit zusammengekniffenen Zähnen hielt er sich seinen Arm. Sein Blut hatte den zerfetzten Wollpullover rot-schwarz gefärbt.

Mark?", die Panik in Melissas Stimme war nicht zu überhören. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie zu ihm. Die Schmerzen ließen ihn nicht klar denken und er war mit der Situation eindeutig überfordert.

Lass mich kurz in Ruhe, alles ist gut", Mark versuchte die pochende Wunde zu ignorieren. Doch die Qualen hinderten ihn sich aufzurichten und zwangen ihn somit liegen zu bleiben.

Das ist gar nicht wahr, du bist verletzt. Lass mich nachsehen", widersprach sie ihm gereizt.

Finger weg.",empört und entrüstet versuchte er seine verletzte Schulter von ihr weg zu drehen. Der aufkommende Schmerz ließ ihn erneut die Zähne zusammen beißen.

Lass mich nachsehen." forderte Mel, zögernd und mit einem mürrischen Blick willigte er ein.

Vorsichtig und mit einem angewiderten Blick betrachtete sie die offene Wunde. Sie war tief und das Blut quoll heraus.

Wir müssen die Blutung stoppen.", entschlossen rannte sie die wenigen Meter bis zu den Zelten. Kurz darauf kroch sie aus ihrem Zelt und reckte das Verbandszeug triumphierend in die Luft während sie mit schnellen Schritten auf ihn zu kam. Sie ließ sich neben ihn auf die Steine fallen und begann in einer der Taschen zu wühlen. Hektisch streifte sie sich einen der Handschuhe über, legte eine Kompresse auf die Wunde und umwickelte den blutenden Arm mit einer Bandage, dann drückte sie fest auf die Wunde. Marks Atmung wurde schneller.

Du hattest Glück, ein paar Zentimeter weiter rechts und es hätte vermutlich eine Arterie getroffen. Wenn die Blutung nachgelassen hat, sollte man die Wunde nähen. Und da weder du noch ich jemals genäht haben, haben wir vermutlich ein Problem.", ihre Stimme klang beruhigend, auch wenn sie selbst in vollkommener Panik schwebte.

Ich vertraue dir, dass du die Wunde gut versorgst.", erwiderte er schon wieder fast gefasst. Melissa reagierte nicht auf diese unpassende Bemerkung, „Du hast doch schon einmal genäht oder? Auch wenn es nur eine Jeans war?" Sie nickte nur und wünschte sich erneut, dass James endlich auftauchte. Einhändig durchsuchte sie die Tasche nach Nähzeug. Ihre Hand um fasste ein kleines Fläschchen.Sie zog es heraus und versuchte die Aufschrift im Dunkeln zu entziffern.

Alkohol?", fragte Mark neugierig.

Zum Sterilisieren der Wunde.", antwortete sie knapp.

Lass mir etwas davon übrig.", versuchte er zu scherzen.

Eine halbe Stunde lang verweilten die beiden. Die Blutung hatte noch immer nicht aufgehört und Melissa hatte auch noch keine Nadel gefunden.

Das alles sieht nicht gut aus. Die Blutung hätte längst stoppen sollen und in den Verbandstaschen habe ich keine Nähsachen gefunden.",sie zögerte, „Wenn die Wunde nicht aufhört zu bluten haben wir keine Wahl."

Du meist wir müssen sie ausbrennen?",seine Augen aufgerissen starrte er ihr entsetzt entgegen.

Ich fürchte es führt kein Weg daran vorbei.", gestand sie ihm.

Dann sollten wir keine Zeit verlieren, wir haben noch die Glut neu zu entfachen." Melissa stimmte zu und half ihm auf. Gemeinsam gingen sie zu der ausgebrannten Feuerstelle.Sie begab sich erneut - diesmal allein - an den Waldrand, sammelte das fallengelassene Holz wieder auf und machte so schnell es ging kehrt. Melissa schürte das Feuer neu an und begann einen der langen eiserne Heringe des Zeltes in die Flammen zu halten. Mark kippte einen Teil des hochprozentigen Alkohols in seine Wasserflasche und trank sie leer. Danach kippte er den Rest über die Wunde.

Ich wäre dann bereit!", er hatte sich zusammengerissen und versuchte erneut taff zu wirken. Zögernd nahm Melissa mit einem Tuch in der Hand den Hering aus der Glut, sie befreite seinen Arm von dem Mull und presste ohne Vorwarnung das Eisen auf die Wunde. Ein kurzer zuckender Schmerz durchfuhr Mark. Es zischte laut. Die Hitze ließ den Alkohol entflammen und die Haut verödete, die Nervenenden verbrannten und die Haut wurde taub. Schnell umhüllte Melissa den Arm mit dem Tuch, um die Flamme zu ersticken. Wie paralysiert starrte er auf seine ausgebrannte Wunde. Die meiste Haut hatte sich schwarz verfärbt und ein roter Ring zierte die irreversible Verbrennung. Er blickte erleichtert auf, als er erkannte, dass kein weiteres Blut die Wunde verließ.

Entschuldigung, dass ich nicht Bescheid gegeben habe.", sagte sie kleinlich.

Und es tut mir leid, dass ich anfangs so aggressiv und abweisend reagiert habe.", gab er zu.

Tat es sehr weh?", fragte sie ohne die Antwort eigentlich hören zu wollen. Er schüttelte den Kopf: „Es war annähernd schmerzfrei.", sagte er ehrlich und ohne dabei taff wirken zu wollen. Sie atmete erleichtert aus.

Müde und erschöpft lehnte sie sich noch eine Weile an ihn, bevor beide jeweils in ihr Zelt gingen, um friedlich einzuschlafen. James war noch immer nicht gekommen.

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