Kapitel 5
Kapitel 5 – Mensa
Die Unterrichtsstunden gehen relativ schnell rum und so kommt es, dass es Zeit für das Mittagessen ist. Dieses verbringe ich meistens alleine, entweder in der Mensa oder mit einem guten Buch draußen auf dem Pausenhof. Da heute das Wetter allerdings nicht besonders gut ist, gehe ich mit meinem Buch in die Mensa. Innerlich hoffe ich, dass diese Pause ohne Zwischenfälle verläuft. Yoongi sitzt, obwohl er mein bester Freund ist, bei den Jungs und lacht mit ihnen, allerdings weiß ich nicht worüber. Arya und ihr Bruder Yugyeom gehen leider nicht auf meine Schule, deshalb bekommt sie es auch nie so wirklich mit, wenn ich gemobbt werde, was mir allerdings nur recht ist. Ich will nicht, dass sie sich meinetwegen noch unnötig Gedanken macht, ich komme schon klar. Stumm hole ich mein Brötchen aus meinem Rucksack und beginne zu essen. Nebenbei lese ich weiter und muss sagen: Das Buch ist echt der Hammer. Ich bin zwar erst auf der dreißigsten Seite, von über 500, aber das reicht schon um einschätzen zu können, dass es ein gutes Buch ist. Zumindest reicht das bei mir. Es war ziemlich schwer das Buch zu finden, denn es ist schon sehr alt. Ich bin froh, dass ich es neulich in einem Second Hand Shop gefunden habe.
Nur am Rande bekomme ich mit, dass mein Bruder sich scheinbar mit Jimin streitet, beziehungsweise, dass die beiden wohl angeregt diskutieren, wobei es den Anschein macht, dass Jimin den kürzeren zieht, denn er grummelt nur vor sich hin und sieht dann eingeschnappt auf sein Handy. Idiot.
Ich esse in Ruhe weiter, als sich plötzlich drei Schatten vor mir aufbauen. Ich muss gar nicht erst gucken um zu wissen, dass es Dalika, Dao und Lideya sind. Der Parfümgeruch, der sich plötzlich in der Gegend ausbreitet, schreit förmlich nach ihnen. Also versuche ich mich weiter auf mein Buch zu konzentrieren und sie zu ignorieren. Klappt auch ganz gut, zumindest so lange, bis sie mich ansprechen.
„An deiner Stelle würde ich aufhören so viel zu essen. Tut deinen Beinen gar nicht gut.", Dalikas hohe Stimme jagt mir fast eine Gänsehaut ein.
„Ist das nicht meine Sache, was ich esse?", frage ich sie nur und sehe dann wieder auf mein Buch.
„Was liest du da?", will sie dann wissen, doch ich kann den abfälligen Ton in ihrer Stimme mitschwingen hören.
„Dalika, was willst du? Verschwende nicht meine Pause.", meine ich nur und ignoriere sie weiter. Zumindest so gut es geht, denn der Geruch ihres Parfüms steigt mir erneut in die Nase und erinnert mich so dauerhaft daran, dass sie noch vor mir steht.
„Du solltest froh sein, dass überhaupt jemand mit dir redet.", sagt Lideya und beginnt dann zu lachen, Dao und Dalika steigen mit ein.
„Was sind das denn überhaupt für Klamotten? Ist das dein trauriger Versuch cool zu wirken?", fragt mich Dao dann und ich sehe zu ihr.
„Nein, Dao. Das ist der Versuch einen eigenen Willen zu haben und das zu tragen, worin man sich wohlfühlt. Das mit dem eigenen Willen kennst du aber sicherlich nicht.", antworte ich kalt und versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass sie mich immer noch etwas einschüchtern.
Schade, das Selbstbewusstsein steht dir, hallen Namjoons Worte in meinem Kopf nach. Ja so ein bisschen Selbstbewusstsein ist wirklich nicht schlecht.
„Sag mal geht's dir noch gut? Was denkst du, wer du bist, dass du so mit uns reden kannst?", fährt mich Dalika plötzlich an und ich zucke zusammen. Goodbye, Selbstbewusstsein.
„Mein Gott, lasst mich doch einfach in Ruhe. Habt ihr nichts besseres zu tun?", frage ich dann verzweifelt und Dalika reißt mir plötzlich das Buch aus den Händen.
„Hey! Gib das wieder her!", meine ich laut und ziehe damit unbewusst die Aufmerksamkeit der anderen auf mich. Na super, genau das hatte ich vor.
„Das ist doch nur ein Buch, was heulst du denn so rum?", lacht Dalika und hält das Buch immer wieder von mir weg, als ich danach greifen will. Ich bekomme nicht mit, dass Dao langsam eine Wasserflasche aus der Tasche holt und sie öffnet. Erst als Dalika anfängt Seiten aus dem Buch heraus zu reißen und sie auf den Boden schmeißt, wo sie dann von Dao mit Wasser übergossen werden, merke ich es. Geschockt starre ich die Mädchen an. Ich erwache erst aus meiner Starre, als mich der Rest Wasser aus der Flasche direkt ins Gesicht trifft. Alle um mich herum beginnen zu lachen. Ich werfe einen Blick zu meinem Bruder und seinen Freunden. Hoseok, Namjoon und Yoongi lachen nicht, denken aber auch nicht daran mir zu helfen. Jins und Jimins Lache dringt am lautesten zu mir vor und ich würde am liebsten etwas nach ihnen werfen. Schnell sammele ich die Buchseiten ein, stopfe sie zwischen das Buch und hänge mir meinen Rucksack um die Schultern. Dann verlasse ich mit schnellen Schritten die Mensa und betrachte auf dem Schulflur mein völlig zerstörtes Buch. Toll, das wollte ich noch lesen. Ich höre, dass sich die Tür öffnet und sehe wie Jimin aus der Mensa heraus kommt. Schnell schmeiße ich das, was einmal mein Buch war, in den Müll und laufe dann auf die nächste Toilette, wo ich versuche meine Klamotten irgendwie zu retten, was mir allerdings kläglich misslingt. Toll.
Frustriert wringe ich zumindest meine Haare aus und trete dann wieder, durchnässt, aus der Toilette heraus. Der nächste Schreck kommt, als ich sehe, dass Jimin davor steht. Und wie ich es nicht anders bei ihm erwarte, gleitet sein Blick erst mal meinen Körper herunter, dann bleibt er bei meinen Brüsten hängen.
„Willst du mich jetzt noch weiter fertig machen?", frage ich wütend und er sieht mir endlich ins Gesicht. Er zieht eine Augenbraue nach oben, wahrscheinlich ebenso überrascht von der Frage, wie ich selber.
„Hatte ich eigentlich nicht vor, aber wenn du willst, dann kann ich auch gerne-„
„Was willst du dann?", unterbreche ich sein dummes Gelabere.
„Was ist mit dir? Bis gestern hast du fast losgeweint, wenn man dich nur blöd angemacht hat und jetzt bist du... so.", stellt er fest und ich schmunzele innerlich.
„Vielleicht habe ich einfach keine Lust mehr, mir das leben von euch zur Hölle machen zu lassen? Vielleicht möchte ich meine Schulzeit ohne Stress verbringen? Vielleicht möchte ich euch aber auch zeigen, dass es so nicht weiter gehen kann und ihr nicht das geringste bisschen Recht dazu habt, so mit den Menschen umzugehen.", antworte ich ihm, dann drängele ich mich an ihm vorbei und gehe zu meinem nächsten Klassenraum. Dabei ignoriere ich Jimins stechenden Blick in meinem Rücken.
Dort angekommen knalle ich meine Tasche auf den Tisch und krame mein Haargummi aus der Tasche, damit ich mir wenigstens die nassen Haare aus dem Gesicht binden kann. Meine Haare sind zwar nur schulterlang, aber für einen kleinen Zopf wird es schon reichen.
Innerlich bin ich schon wieder sauer auf mich selbst, dass ich mich nicht gegen die drei gewehrt habe.
Ich würde ihnen so gerne zeigen, dass es so nicht weiter gehen kann und, dass sie nicht einfach so mit den Menschen umgehen können, wie sie es gerne machen. Allerdings fehlt mir dazu noch das Selbstbewusstsein. Und wenn genau eine Person an dieser Schule sich gegen die drei auflehnt, dann wird das auch nicht viel bringen.
Allerdings vergesse ich immer wieder, dass ich nicht die einzige bin, die von denen gemobbt wird – mit dem Unterschied, dass ich offensichtlich die einzige bin, die sich nicht damit abfinden möchte.
Sollte ich mit den anderen reden?
Sollte ich einfach auf eigene Faust versuchen, diesem Mobben ein Ende zu setzen?
Oder sollte ich einfach aufgeben und es über mich ergehen lassen?
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