64 - Crack Pt. III
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Kapitel 64
»Crack Pt. III«
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Hoseok
»Bitte pack deine Sachen mit noch etwas mehr Motivation. Mich wirft es fast aus meinen Socken, so viel Energie strahlst du ab!«
Normalerweise war Sarkasmus nicht so Hoseoks Ding, aber bei Yoongis Anblick hatte er sich diese Worte einfach nicht verkneifen können. Der Rapper im Körper der kleinen Blondine warf so wahllos die Klamotten in seinen auf dem Boden liegenden Koffer, dass man fast meinen könnte, er tat es nur, um zu schauen, ob er traf.
»Du hast seit Tagen nicht mit Maya geredet«, fuhr Hobi fort, als er keine Reaktion von Yoongi bekam. »Denk nicht, ich hätte das nicht mitbekommen.«
»Schön, dass du das mitbekommen hast«, brummte der Ältere, ohne ihn dabei anzusehen.
»Ich würde mich da normalerweise echt nicht einmischen, aber da ich hin und wieder mit Maya alleine trainiere und sie deshalb auch mal genauer unter die Lupe nehmen kann –«
»Was willst du von mir, Hoseok?!«
Yoongi hatte sich ungewohnt erbost zu seinem Rapperkollegen umgedreht und funkelte ihn nun aus kalten eisblauen Augen an. Hoseok hätte niemals gedacht, dass ihm so eine kleine Erscheinung von Mensch mal solche Angst einjagen könnte. Allerdings gelang es ihm, seine Unsicherheit vollständig zu überspielen und er verschränkte stattdessen trotzig die Arme vor der Brust.
»Sie hat mir erzählt, dass du willst, dass sie nicht auf die Bühne geht.«
»Und?«
Hoseok biss sich unwillkürlich auf die Lippen. Zu sehr hingen ihm noch die Bilder von Mayas und seiner letzter Trainingsstunde zu zweit im Kopf. Wie sie kaum geredet und sich nur darauf konzentriert hatte, alles richtig zu machen. Nachdem ihr bei den »Rehearsals« der gesamten Setlist zwei kleine Fehler bei der Choreografie unterlaufen waren und sie einmal den Text vergessen hatte, war ihr Kampfgeist ins Unermessliche gestiegen. Besonders, nachdem das Management nach genauer Analyse der Generalproben nur widerwillig das »Okay« gegeben hatte, dass die beiden Mädels anstelle von Yoongi und Taehyung auf die Bühne durften.
Hoseok hatte allerdings gewusst, dass es nicht nur die Fehler gewesen waren, die Maya beschäftigten. Sie hatte ihm ja bereits vor dem Boy-With-Luv-Shoot von der Situation und den daraus entstandenen Komplikationen mit Yoongi erzählt. Beim Musikvideodreh selbst hatte der Rapper die beiden dann mehrmals beieinanderstehen gesehen und eigentlich hoffnungsvoll gedacht, es würde wieder in die richtige Richtung gehen. Doch die letzten Tage hatten ihm das pure Gegenteil bewiesen. Maya und Yoongi hatten sich bis zum Geht-nicht-mehr ignoriert. Wenn sie Fragen zur Show gehabt hatte, die ihr eigentlich am besten der Rapper selbst beantworten hätte können, war sie zu jedem gegangen, nur nicht zu ihm. Es war einfach offensichtlich gewesen, dass unmittelbar nach dem Shoot etwas zwischen den beiden vorgefallen sein musste.
Bei ihrem letzten gemeinsamen Training hatte Hoseok es dann tatsächlich gewagt, Maya darauf anzusprechen. Und sie hatte ihm letztendlich nach ein wenig Nachbohren seinerseits alles erzählt. Auch von der Tatsache, dass sie nun fest davon überzeugt war, dass sie für Yoongi nie mehr als ein Fan sein würde. Auf Hoseoks Entschärfungsversuche war sie nicht eingegangen. Alles, was sie wohl gerade zu interessieren schien, war, Yoongis Vorhersagen zu den Konzerten nicht wahr zu machen.
»Du hättest Einwände erheben können«, sagte Hoseok mit eiserner Miene an den Rapper gewandt. »Du hättest die ganze Zeit schon deine Zweifel äußern können. Wieso hast du es nicht getan? Wieso packst du deine Koffer, wenn du dagegen bist, dass die Shows stattfinden?«
»Wie ich bereits bei unserem ersten Gespräch dazu sagte«, erwiderte Yoongi kühl, woraufhin er seinen Kulturbeutel mit etwas zu viel Schwung in den Koffer warf. »Ich werde sie nicht aufhalten. Es ist ganz alleine ihre Entscheidung, ob sie das durchziehen will.«
»Nein, ist es eigentlich nicht! Es ist deine Entscheidung, ob du willst, dass sie als Du auf die Bühne geht!«
»Schön wär's, wenn die Person da oben wirklich ich wäre. Aber nein, Hoseok. Das ist Suga von BTS. Nicht Min Yoongi. Dementsprechend habe ich kein Recht, mich hierbei einzumischen. Es wäre egoistisch und falsch.«
Hoseok konnte in diesem Moment nicht wirklich etwas entgegnen, sondern nur resigniert seufzen. Er verstand Yoongis Einwand. Hier ging es nicht um eine Einzelperson, sondern die ganze Band. Aber durfte er deshalb etwa nicht einschreiten, wenn er Gefahr witterte? Immerhin stand hier ganz schön viel auf dem Spiel...
»Wenn du schon nichts dagegen unternehmen willst, dass Maya auf die Bühne geht...denkst du dann nicht, dass es das Mindeste wäre, dich mit ihr zu vertragen? Wenn sie es unbedingt tun will, solltest du ihr doch wenigstens das Gefühl geben, dass du sie nicht dafür verurteilst. Und jetzt schau nicht so! Ich weiß, dass du das nicht tust!«
Yoongi rümpfte die Nase und gab es letztendlich ganz auf, seinen Koffer währenddessen weiterzupacken. Stattdessen ließ er sich auf sein Bett fallen.
»Sie ist sauer auf mich. Und um das zu ändern, müsste ich anfangen, sie anzulügen. Und das werde ich ganz sicher nicht tun.«
»Mit was anlügen?«, fragte Hoseok spitz und setzte sich geradewegs neben ihn auf die Matratze. »Dass du hinter ihr stehst oder dass du anscheinend keine Gefühle für sie hast?«
Yoongi riss augenblicklich den Kopf zu ihm herum.
»Ich habe keine Gefühle für sie.«
»Ja, siehste? Du kannst ja doch ganz passabel lügen.«
»Ich lüge aber nicht!«
»Wenn du es nicht tun würdest, hättest du mich inzwischen auf deine wirklich niederschmetternde Weise ausgelacht und mir wahrlich das Gefühl gegeben, dass ich einen an der Waffel habe. Hast du aber nicht. Von daher kannst du mich nicht mehr umstimmen. Und ganz nebenbei...Ich weiß von eurem Fast-Kuss. Also versuche ja nicht nochmal, dich da rauszureden.«
Es hatte Hoseok einiges an Überwindungskraft gekostet, ihm das an den Kopf zu werfen. Normalerweise lieferte er sich keine Wortgefechte mit Yoongi, weil es auch nie Grund dazu gegeben hatte. Dieses Mal war es jedoch unvermeidlich gewesen.
»Ich mag sie gerne, das ist alles«, brummte Yoongi, während er stur auf die gegenüberliegende Wand starrte. »Ich habe sie theoretisch noch nie als sie selbst gesehen. Wie soll man so bitte für jemanden Gefühle entwickeln?«
»Ach, komm schon, Hyung. Muss ich dir jetzt ernsthaft erklären, dass Gefühle sich nicht durch die Optik entwickeln?«
»Ganz sicher auch nicht aus so einer Situation heraus.«
»Vielleicht aber auch genau aus der Situation heraus...Immerhin seid ihr durch diesen ganzen Körpertausch dazu gezwungen, euch ziemlich nahzustehen. Ich behaupte ja nicht, dass du dich Hals über Kopf in Maya verliebt hast. Aber da hat sich auf jeden Fall etwas zwischen euch beiden entwickelt...ob du das nun wahrhaben willst, oder nicht.«
Yoongi sah aus, als wollte er die Wand mit bloßen Augen zum Einstürzen bringen. Offensichtlich schien ihn dieses ganze Thema ziemlich in Rage zu bringen. Eine Gefühlslage, die er normalerweise tief in sich zu vergraben wusste. Ihn nun so offen aufgewühlt zu sehen, machte Hoseok tatsächlich ein wenig Sorgen...
»Ich bin in einer Beziehung«, presste der ältere der beiden Rapper schließlich hervor. »Alleine nur darüber nachzudenken, ob da irgendwas zwischen Maya und mir ist, wäre eine Art von Betrügen.«
»Und mit ihr in einem Bett zu liegen und zu kuscheln nicht? Oder mit ihr nachts rauszuschleichen, um zu einem absoluten Pärchen-Spot zu gehen? Oder sie fast zu küssen?«
Yoongi stöhnte auf, als wollte er ihn damit zum Schweigen bringen, und vergrub das Gesicht in den Händen.
»Fuck...Hör auf, mich daran zu erinnern. Ich will nicht so sein.«
»Weißt du, was ich denke? Dass du tief in dir drinnen eigentlich schon sehr genau weißt, was Sache ist. Und genau deswegen nimmst du es auch so mit offenen Armen in Kauf, dass Maya und du gerade Abstand zueinander sucht. So kannst du bestmöglich deinen Problemen aus dem Weg gehen und es nicht schlimmer machen, als es ohnehin schon ist.«
Yoongi rollte mit den Augen und ließ sich rücklinks auf die Matratze fallen. Hoseok drehte sich darauf so, dass er ihn besser anschauen konnte. Auch, wenn der Ältere es vorzog, nun die Decke über ihnen niederzustarren.
»Mein Gefühl sagt mir, dass es besser ist, mich von ihr fernzuhalten«, erwiderte er nach einer kleinen Pause. »Nicht nur, weil es besser für mich ist, sondern vor allem für sie.«
»Stimmt es denn, dass du in ihr irgendwie noch einen Fan siehst? Hast du ihr wirklich deswegen den Anhänger geschenkt?«
»Nein! Nein, das habe ich nicht! Das ist alles komplizierter, als es aussieht...«
»Dann erklär's mir.«
Hoseok drehte sich nun vollends zu ihm um, indem er es sich im Schneidersitz bequem machte. Yoongi starrte zwar immer noch stur nach oben, wirkte jedoch ein Glück nicht mehr so angespannt und aufgewühlt wie noch vor wenigen Minuten. Fast so, als wäre er nun, nach etwas Tuchfühlung seitens des Jüngeren endlich bereit, sich ein wenig zu öffnen.
»Ich stand in diesem Laden und dann hatte ich zwei Szenen vor Augen. Einmal, wie ich mit Chija dort wäre und einmal mit Maya...«
»...und dir hat die Vorstellung mit Maya besser gefallen.«
Hoseok konnte sich in diesem Moment ein Grinsen nicht verkneifen. Es war subtil und doch eindeutig. Ob Yoongi nun Gefühle für Maya entwickelte, oder nicht...Tatsache war, dass er sich bei ihr wohler fühlte. Und das sollte schon was heißen, wenn man die Umstände bedachte, die den Rapper und die Frau aus Deutschland verbanden. Hoseok hatte Chija leider nie kennengelernt und doch fühlte er ganz eindeutig, dass die Vibes zwischen Maya und Yoongi besser sein mussten, als zwischen ihr und ihm.
»Ich finde, du solltest dich wirklich mit ihr vertragen«, fuhr Hoseok fort, als der Ältere keine Anstalten machte, etwas darauf zu sagen. »Gefühle hin oder her. Ihr sitzt im gleichen Boot und ihr tut euch gegenseitig gut. In dieser mehr als schwierigen Situation könnt vor allem ihr beide keinen Streit gebrauchen. Und schon gar nicht das Gefühl, dass ihr alleine dasteht. Weder Maya, noch du! Taehyung und Julia kabbeln sich schon genug für vier Personen, also lasst mich bitte nicht die Hoffnung verlieren, dass wir auch die nächste Zeit in Harmonie leben können...«
»Hoffnung«, schnaubte Yoongi, wobei sich aber ein leichtes Grinsen auf seinem Gesicht abzeichnete. »Ist das nicht ohnehin dein Job, J-Hope?«
»Genau deswegen bin ich ja gerade hier, bei dir«, gab Hoseok lächelnd zurück. »Weißt du, dir mag es vielleicht total seltsam vorkommen, wie du selbst gerade zu Maya stehst und wie sich das entwickelt. Es ist ja auch komisch. Wer von uns hätte es je für möglich gehalten, mal mit einem Fan...nun ja...so zu sein? Aber irgendwie hat das mir persönlich auch bewiesen, dass es möglich ist. Dass Menschen fähig sind, zu differenzieren. Ja, sie können Fans von uns sein und trotzdem ist ein normaler Umgang möglich. Mit Maya kann ich inzwischen reden wie mit einer guten Freundin und ich bekomme absolut nicht das Gefühl, dass ich ihr nicht vertrauen könnte. Ich weiß, dir geht es genauso. In vielerlei Hinsicht ist das zwischen euch so viel...intimer, als es irgendwer je für möglich gehalten hätte. Und es ist nichts, für was du dich irgendwie...schämen oder sonst was musst. Es ist okay...wirklich.«
Er konnte sehen, wie Yoongis Mundwinkel ein wenig zuckten, doch danach legte sich wieder die grenzenlose Ausdruckslosigkeit auf sein Gesicht. Inzwischen wirkte er ziemlich ausgelaugt.
»Ich denke...ich denke, ich muss über all das noch einmal nachdenken«, sagte er nach einer Weile des Schweigens träge, ohne Hoseok dabei anzusehen. »Ich will keine übereilten Entscheidungen treffen...Gefühle hin oder her. Ich will nicht, dass Maya sich am Ende Hoffnungen macht. Egal, wie das hier ausgehen sollte.«
»Denkst du wirklich, sie macht sich...naja...so richtige Hoffnungen? Also ich meine...eure Situation ist schon speziell...«
„In dieser Hinsicht habe ich wirklich keine Ahnung, was in ihrem Kopf vorgeht."
Hoseok musterte Yoongi mit zusammengepressten Lippen. Um ehrlich zu sein, war er nun nach diesem Gespräch auch nicht wirklich schlauer darüber, was im Kopf des Älteren vorging. Er hatte ein Talent dafür, seine Aussagen wie ein Politiker zu formulieren. So, dass man sie am Ende schwer gegen ihn verwenden konnte, wenn es hart auf hart kam. Das tat er nicht immer, sondern hauptsächlich, wenn es um seine eigenen Probleme und Gefühle ging.
»Hoseok-ah?«
Der jüngere Rapper schreckte aus seinen Gedanken auf und sah zu Yoongi, der sich unbemerkt wieder aufgesetzt hatte.
»Ich denke nicht, dass ich es noch schaffen werde, vor dem ersten Konzert mit Maya zu reden...«
In seiner Stimme schwang unmissverständlich mit, dass der Grund hierfür nicht der Mangel an Zeit und fehlenden Möglichkeiten waren. Es lag ganz alleine daran, dass er selbst nicht so schnell so weit sein würde, sich ihr erneut anzunähern. Über das zu sprechen, was noch unausgesprochen zwischen den beiden war. Klar...er hatte es ja nicht einmal wirklich fertiggebracht, mit ihm – Hoseok – darüber zu reden. Und das, obwohl sie seit Jahren ein sehr enges Verhältnis zueinander pflegten.
»Nimm dir die Zeit, die du brauchst«, erwiderte Hoseok mit verständnisvollem Unterton. »Aber bedenke, dass es vielleicht nach hinten losgehen könnte. Maya kann gerade wirklich jede Rückendeckung gebrauchen, die sie kriegen kann. Und immerhin musst du so oder so ihren Wegbegleiter Backstage machen.«
»Da müssen wir aber nicht wirklich miteinander reden.«
»Wie auch immer...lass dir auf jeden Fall nicht zu viel Zeit, bitte...«
Yoongi schnaubte frustriert und ließ darauf den Kopf sinken. Er starrte seine Hände an. Mayas Hände, die da ganz locker in seinem Schoß lagen. Kurz sah es so aus, als würde er sich in seinen Gedanken verlieren, bis er schließlich wieder den Blick hob und erneut zu Hoseok hinübersah.
»Kannst du mir einen Gefallen tun?«, fragte er nüchtern. »Versuch ihr den Rücken zu stärken...solange ich es nicht kann. Ich weiß inzwischen, dass sie nichts davon abhalten wird, mit euch auf die Bühne zu gehen...also bitte, versuch sie bestmöglich darauf vorzubereiten. Ich würde es selbst tun...aber es geht gerade einfach nicht.«
»Es ist okay, Angst zu haben, Hyung. Lass dich davon nicht auffressen.«
»Dass ich mir das mal gerade von dir sagen lassen muss...«
»Heeey«, lachte Hoseok auf. »Es sind nur die Höhen, okay? Und Schlangen...Und Käfer, aber nur die großen, klar?!«
»Du hast Achterbahnen und Jungkook vergessen.«
»Ja, siehst du, ich kann dich voll und ganz nachfühlen. Aber bitte lass uns aufhören, alles aufzuzählen.«
Inzwischen saßen sie beide mit einem Grinsen auf dem Gesicht da, was Hoseok ungemein erleichterte. Vielleicht halfen Yoongi ja ein paar gute Gedanken, um positiver über die ganze Problematik nachdenken zu können. Eines war jedenfalls sicher...er wünschte sich selbst absolut nicht an seine Stelle.
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