57 - Blood, Sweat & Tears Pt. I
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Kapitel 57
»Blood, Sweat & Tears Pt. I«
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Maya
Yoongi und ich sprachen in den folgenden Tagen nicht wirklich miteinander. Nicht nur aus dem Grund, dass es einfach nicht besonders viel zu sagen gab, sondern auch, weil das Training auf ganz neue Ebenen gezogen wurde. Zwar trainierten Julia und ich ohnehin schon wie zwei Bekloppte, doch nun taten wir es eben auch zu Zeiten, zu denen wir vor wenigen Wochen noch geschlafen oder gegessen hatten. Aber aus gegebenen Anlässen war das sogar ganz gut. Es lenkte mich ganztags (und manchmal auch nachts) davon ab, dass Yoongi und ich uns fast geküsst hätten. Und um es nochmal zu betonen: Dass wir uns fast im falschen Körper geküsst hätten!
Ich konnte immer noch nicht wirklich fassen, dass das tatsächlich passiert war. Wie zur Hölle hatte es überhaupt so weit kommen können? Wie war je dieses Bedürfnis in mir aufgekommen? Ich meine...das wäre theoretisch ich selbst gewesen, die ich da geküsst hätte. Die pure Vorstellung war einfach nur...absurd.
Yoongi schien da wohl ähnliche Gedanken zu haben, denn er sah mich nun kaum noch mit dem Arsch an. Wahrscheinlich, weil er ebenfalls nicht fassen konnte, was uns da für Dämonen geritten hatten und er sich nun noch mehr vor der Situation ekelte. So, wie ich mich vor mir selbst ekelte, weil ich mich nun wieder mehr denn je mit der verdammten Szene im Badezimmer konfrontiert sah, bei der Julia mich erwischt hatte. Und der Tatsache, dass es vielleicht nicht die letzte gewesen war, wenn wir nicht bald eine Lösung für diesen Körpertausch fanden. Ich könnte deswegen wirklich immer und überall auf der Stelle losheulen. Sogar meine dämliche Periode vermisste ich inzwischen.
Ein anderer Gedanke, der mir seit Yoongis Geburtstag immer wieder durch den Kopf spukte, war, warum er mir überhaupt diesen Shooky-Anhänger aus Hongdae mitgebracht hatte. Im ersten Moment hatte es sich angefühlt wie eine unglaublich schöne Geste seinerseits...nun fragte ich mich, ob ich es viel mehr als ein Zeichen deuten sollte, dass er in mir immer noch nicht mehr als einen Fan sah. Immerhin handelte es sich bei dem Schlüsselanhänger um ein Fan-Produkt...
Heute war der letzte Tag, bevor es an die Dreharbeiten zu Boy With Luv ging. Das bedeutete für fast alle von BTS: Haare nachfärben. Dafür wurden die Jungs sowie Maya und ich extra in einen dieser High-Society-Saloons gebracht, in denen wir schon kurz vor den Grammys gewesen waren. Zu Julias großer Missgunst stand für sie wieder Blau auf dem Plan. Und das nun, wo sich die alte Farbe endlich soweit rausgewaschen hatte.
Meine Haare wurden von Hellbraun auf einen etwas dunkleren Ton gebracht, der einen leichten Grau-Lila-Stich besaß. Allerdings handelte es sich hierbei nur um eine vorübergehende Tönung, die sie bald wieder loswerden wollten. Für die Konzerte in Hongkong sollte ich wieder die ursprüngliche Farbe haben...auch wenn ich keinen Schimmer hatte, wie diese Friseure das hinbekommen wollten. Letztendlich war es mir aber auch irgendwie egal... Ich hatte immerhin gerade größere Probleme als eine verdammte Haarfarbe.
Julias miese Laune über ihren nun wieder strahlend blauen Schopf sorgte dafür, dass sie auf der kompletten Fahrt zurück zu BigHit kein Wort mit irgendwem sprach und damit fühlte ich mich einsamer denn je. Hoseok, der bei uns im Auto mitfuhr, bekam das mit. Zumindest glaubte ich das, nachdem er plötzlich aus heiterem Himmel damit anfing, mir lustige Videos der Members auf seinem Handy zu zeigen, um mich zum Lachen zu bringen. Es klappte letztendlich nur bedingt, denn ab und zu tauchten da eben auch die echten Yoongi und Taehyung auf...
»Mach den Kopf ein wenig frei«, sagte Hobi schließlich, nachdem er sein Handy wieder weggepackt hatte. »Wir üben jetzt noch ein letztes Mal vor dem Dreh morgen und wenn du möchtest, kann ich mit dir heute Abend nochmal Outro: Tear, das Medley und die Choreos durchgehen, bei denen du meintest, dass es noch hakt.«
»Ja, das wäre gut...«
Mir kamen die Worte über die Lippen, als wäre ich ein Roboter. Meine Gedanken hatten sich inzwischen zu einem seltsamen Einheitsbrei vermischt und alles an mir schrie nach etwas mehr Schlaf. Die letzten Nächte hatten wir davon viel zu wenig abbekommen.
Zurück im Entertainment gingen wir direkt eigenständig zu den Trainingsräumen, um weiter für morgen zu proben. Taehyung, der genauso wie Yoongi nicht mit beim Friseur gewesen war, stieß wenige Minuten später zu uns, wobei er ziemlich geknickt aussah. Von ihm erfuhr ich letztendlich, dass der Rapper sich schon zurück in den Dorm begeben hatte. Ihm würde es nicht sonderlich gut gehen. Ein Blick auf den Kalender genügte mir, um zu wissen, was der Grund dafür war.
»Hey«, murmelte Hoseok mir nach unserem dritten Durchgang zu. Er hatte wohl gleich registriert, dass ich nicht ganz bei der Sache war. »Ich meinte das vorhin im Auto ernst. Mach den Kopf frei. Die nächsten drei Tage werden nicht so schlimm, wie du denkst. Musikvideodrehs sind eigentlich sogar immer ziemlich lustig! Und danach haben wir nochmal drei volle Tage, um uns ganz und gar auf die Shows zu konzentrieren.«
Ich schnaubte missmutig. »Wenn das Management es denn überhaupt zulässt...«
Hoseok verzog das Gesicht. »Dafür gibt es ja am Tag vor dem geplanten Flug die "Generalprobe", wie sie es nennen. Einmal den kompletten Durchlauf der Show in Originalzeit. Und außerdem haben sie euch doch jetzt endlich das Honorar zugestanden, für die bisherigen Mühen, das Musikvideo UND die Shows! Ihr seht endlich mal Geld dafür, Maya!«
»Das Geld ändert nichts an meiner Situation, genauso wenig wie ein Luxusapartment, neue Handys und was weiß ich noch alles...«
Tatsächlich war das Thema eines der wenigen gewesen, das zwischen Julia und mir in der letzten Zeit auf den Tisch gekommen und in dem wir uns einig gewesen waren: Das Geld, das uns jetzt bezahlt werden sollte – wohl dank eindringlichen Bitten der ganzen Band – war zwar toll, aber letztendlich nichts, was uns wirklich half. Ich hatte keine Hebel in Bewegung gesetzt und Pauli zu verstehen gegeben, dass ich die WG weiterzahlen konnte. Dafür war mir die Hoffnung zu gering, dass ich überhaupt je wieder nach Berlin zurückkehren würde.
»Oh Maya...«, seufzte Hoseok und legte mir vorsichtig eine Hand auf den Arm. »Das alles...tut mir manchmal wirklich weh, mitanzusehen, weißt du? Dir...euch ist hoffentlich klar, wie viel uns das alles bedeutet, oder? Also...du weißt schon...was ihr hier eigentlich tut.«
Ich zwang mich zu einem Lächeln und einem ehrlichen Nicken, was Hoseok dazu veranlasste, ebenfalls zu lächeln. Jenes schöne Lächeln, bei dem seine Augen zu Halbmonden wurden und man sich fühlte, als würde man von einem lauwarmen Sommerwind gestreift werden. Wie gerne hätte ich ihm in diesem Moment gesagt, dass das Angesprochene von ihm lange nicht alles war, was mich gerade beschäftigte. Dass Yoongi und ich seit dieser verdammten Fast-Kuss-Szene nicht mehr wirklich miteinander sprachen und mich das regelrecht fertigmachte. Und das Traurige war zudem, dass das nicht das erste Mal war, dass ich dieses Bedürfnis bei Hobi empfand. Da stand er vor mir, mit einem offenen Ohr und einem zuversichtlichen Blick, der mir eigentlich sagte, dass ich ihm alles erzählen konnte. Doch meine Zunge wollte einfach nicht.
Besser wurde es auch nicht, als die anderen das Boy-With-Luv-Training beendeten und Hoseoks und meine Einzelstunde begann. Er ging mit mir Yoongis schwierige Rap-Parts von Outro: Tear und Dope durch und gab mir Tipps, wie ich dabei mehr nach ihm klingen und authentischere Bewegungen machen konnte. In diesem Fall war es besser, es von einer Person zu lernen, die den Rapper schon seit Jahren beobachtete und es vielleicht sogar besser als er selbst beurteilen konnte, wie er auf der Bühne agierte. Hobi ging außerdem noch einmal die Choreografien mit mir durch, die ich inzwischen zumindest alle auswendig konnte, um mir auch da zu helfen, mehr nach Yoongi auszusehen.
Ich konnte gar nicht in Worte fassen, wie dankbar ich Hoseok für seine ganze Hilfe war. Letztendlich schlug es fast ein Uhr und wir beide waren an einem Punkt angelangt, der eindeutig aussagte, dass es genug für heute war. Mein Kopf schien zum Bersten gefüllt mit Informationen, über die ich wohl besser eine Nacht schlafen sollte, bevor es weiterging. Wobei...die nächsten drei Tage würde es sich ohnehin fast ausschließlich um das Musikvideo drehen. Na toll.
»Ich werde mal langsam jemanden organisieren, der uns nach Hause fahren kann«, sagte Hobi, der inzwischen im Schneidersitz mit mir zusammen auf dem Boden des Trainingsraums saß. »Sag mir nur, ob du lieber hier oder zuhause duschen möchtest. Ich richte mich nach dir.«
»Mir...mir ist es eigentlich ziemlich egal.«
Ich spürte, wie sein Blick auf mich fiel, während ich gerade an den Schnürsenkeln von Yoongis Turnschuhen herumknibbelte. Mein Kopf fuhr Achterbahn. Schon die letzten Tage, an denen Hoseok Einzeltraining mit mir gemacht hatte, war mir in den Sinn gekommen, ihm einfach alles zu erzählen, was mich beschäftigte. Heute, nach der Fahrt zum Entertainment, drängte es mich innerlich mehr denn je.
»Sicher, dass dich nichts beschäftigt?«, fragte er schließlich und legte mir vorsichtig eine Hand auf das Knie. »Du bist schon seit Tagen so...abwesend, sobald wir nicht trainieren.«
Ich hob den Kopf und sah ihm in die Augen. Es war einfach nur seltsam, hier mitten in der Nacht mit Jung Hoseok alias J-Hope zu sitzen und mich von ihm fragen zu lassen, ob alles in Ordnung war. Jetzt ist deine letzte Chance, flüsterte eine Stimme in mir. Erzähl es ihm jetzt, oder lass es besser ganz bleiben.
»Ich glaube, Yoongi und ich haben ein...Problem.«
Es war mir letztendlich ziemlich piepsig über die Lippen gerutscht und ich spürte augenblicklich, wie mir die Hitze in die Wangen schoss. Hoseok dagegen riss erstaunt die Augen ein wenig auf.
»Ein Problem? Was meinst du damit?«
»Ich...nun ja...Es...es ist schwer zu erklären«, begann ich unschlüssig und fuhr mir nervös durch die Haare. »Es sind einige Sachen passiert...Ich habe ihm ein paar...dumme Sachen gesagt...Und an seinem Geburtstag...«
»Wow wow wow, warte mal...«, unterbrach Hobi mein Gefasel und fasste mich an den Schultern. »Bitte alles auf Anfang. Ich verstehe nur Bahnhof.«
Ich atmete tief durch und versuchte die Tatsache zu ignorieren, wie peinlich das ab diesem Punkt für mich nun werden könnte. Da musste ich jetzt eben durch.
»Ich...ich weiß nicht, ob du es weißt...aber Yoongi war schon vor dieser ganzen Geschichte hier mein...mein Bias.«
Hobi legte den Kopf ein wenig schief und nahm die Hände wieder von meinen Schultern. »Naja...es wurde nie gesagt, aber das habe ich mir schon irgendwie gedacht.«
Ich rümpfte die Nase. Offensichtlich hatte ich es wirklich ganz schön durchhängen lassen, wie viel ich für ihn übrighatte. Ganz toll.
»Nun...wenn du das weißt, dann kannst du dir sicher vorstellen...dass das alles hier nochmal ein ganz anderes Level von "schwierig" für mich ist. Versteh mich nicht falsch...Ich mochte ihn schon immer für seine Person und nicht nur, weil ich finde, dass er gut aussieht. Und dann wach ich plötzlich...so auf und fühle mich in allem, was ich tue, als würde ich ihn sexuell belästigen. Dazu kommt noch...dass mich die Tatsache, in seiner Nähe zu sein, einfach extrem nervös gemacht hat...«
»Gemacht hat?«, wiederholte Hoseok neugierig, der mir aufmerksam an den Lippen hing. »Also ist es inzwischen besser?«
»Naja...nicht wirklich«, erwiderte ich kleinlaut. »Aber es hat sich was verändert...Weißt du...als wir vor zwei Wochen in diesem Park waren...da habe ich ihm quasi...gestanden, warum er mein Bias ist. Es hat sich angefühlt wie eine Liebeserklärung und war einfach nur superpeinlich.«
»Uff«, gluckste Hoseok. »Das klingt auf jeden Fall nach einer...besonderen Situation. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass du ihm da so peinliche Sachen gesagt hast. Soweit ich dich kennengelernt habe, glaube ich nicht, dass du...naja...uns aus oberflächlichen Gründen magst. Und wenn Yoongi dein Bias ist, sagt das auch nochmal eine ganze Menge aus. Nicht jeder versteht seine Art und kann sein Verhalten richtig einordnen.«
Unwillkürlich stieg ein bitteres Gefühl in mir auf. Es war kein großes Geheimnis, dass die Rap-Line von den wenigsten Leuten »gebiased« wurde und irgendwie schwang das auch in Hoseoks Worten mit, ohne dass er es wahrscheinlich selbst bemerkte. Ich hätte ihm gerne an dieser Stelle gesagt, dass sie in meinen Augen alle toll waren. Dass ich sein Solo-Mixtape liebte und Sope mein Lieblings-Freundschafts-Ship in der Band war. Aber gerade war wohl nicht der richtige Zeitpunkt dazu...
»Ich denke...problematisch wurde es zwischen ihm und mir erst an seinem Geburtstag«, zwang ich mich schließlich, mit der Sprache herauszurücken. »Da...da ist was passiert...was uns beide ziemlich vor den Kopf gestoßen hat. Und ich glaube, ich bin dafür verantwortlich.«
»Und was wäre das?«
Ich schluckte und schaffte es dabei nicht, ihm weiter in die Augen zu sehen.
»Naja...erstmal habe ich ihm ja mit der Gitarre, die du mir geliehen hast, einen Song gespielt. Iris von den Goo Goo Dolls, falls du den kennst...Ich glaube, ich wollte ihm damit einfach klar machen, dass ich ihn wirklich sehe. Die Person, die er ist. Egal, wie er aussieht. Und ich wollte ihm sagen, dass er mich sehen soll...in gleicher Hinsicht. Er wusste, nachdem ich fertig war, nicht wirklich, was er sagen soll...was ich auch voll verstehen konnte...Also haben wir uns einfach umarmt...und dann fast geküsst.«
Es war, als hätte man mit dem letzten Wort Hoseoks Gesichtszüge von einem auf den anderen Moment völlig entgleiten lassen. Seine Augen waren nun weit aufgerissen und seine Mundwinkel in der üblichen Position, wie immer, wenn er schockiert war.
»Woah«, entfuhr es ihm, wobei er ein wenig den Kopf schüttelte, als wollte er so testen, ob er nicht doch gerade träumte. »Das...ist allerdings echt...heftig.«
Ich verzog das Gesicht und presste die Lippen aufeinander. Seine Reaktion bestätigte mir nur noch einmal mehr, wie abgedreht diese ganze Sache war.
»Ich weiß wirklich nicht, wie es dazu gekommen ist«, murmelte ich niedergeschlagen. »Aber es macht mich fertig, weil...es vielleicht einen kurzen Augenblick gab, in dem ich das sogar gewollt habe...Und jetzt redet Yoongi nicht mehr wirklich mit mir. Ich habe es einfach komplett verkackt.«
»Aber warte mal...Du sagtest doch, ihr hättet euch fast geküsst. Nicht du ihn. Oder habe ich das falsch verstanden?«
Ich hob verwundert den Kopf. »Nein...das...das war schon richtig so. Es ist irgendwie...von alleine dazu gekommen.«
»Ja, also!«, erwiderte Hobi, der seinen Schock nun einigermaßen überwunden zu haben schien. »Wenn das so ist, halte ich es für viel realistischer, dass er sich gerade mindestens genauso viele Vorwürfe macht wie du dir. Du darfst nicht vergessen...er ist in einer Beziehung. Eigentlich ist es schon schlimm genug, dass er so viel Zeit mit dir verbringt. Jetzt mal abgesehen von dem ganzen...Körpertausch. Alleine dieser Besuch im Park war schon grenzwertig, meiner Meinung nach. Vor allem, wenn man nun bedenkt, über was ihr da alles geredet habt.«
Seine Worte stießen mich tatsächlich ein wenig vor den Kopf. Seit dem Spaziergang zu dem Pavillon hatte ich das Thema Chija erfolgreich verdrängt, weil es mir zu viele Bauchschmerzen bereitet hatte. Es nun wieder vor Augen zu haben, erklärte natürlich einiges an Yoongis Verhalten. Und es förderte die Tatsache, dass nun noch mehr Schuldgefühle in mir aufstiegen. Ich hätte niemals zulassen dürfen, ihm überhaupt so nahe zu kommen.
»Mach dir bitte keinen Kopf«, versuchte mich Hobi zu beruhigen und legte mir erneut vorsichtig seine Hand auf das Knie. »Ich kann mir vorstellen, dass das alles gerade...einfach nur überfordernd sein muss. Da spielen bei jedem die Gefühle verrückt. Gib Yoongi etwas Zeit. Ich bin mir sicher, er wird von alleine wieder auf dich zukommen, wenn er das erstmal mit sich selbst ausgemacht hat. Du hast dir in der Hinsicht nichts vorzuwerfen. Und wenn es dich beruhigt...Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass er es dir sehr hoch anrechnet, dass du ihm deswegen seinen Freiraum gibst. Das habe ich schon eine Weile im Gefühl, denn ich sehe echt selten, dass er so oft von sich aus auf jemand Fremdes zugeht, wie er das immer wieder bei dir macht.«
Diese letzten Aussagen des Rappers zeigten mir nur noch einmal mehr, dass das, was ich bisher von ihm gewusst hatte, nicht gespielt gewesen war. Hoseok war ein Sonnenschein. In der Realität nicht so offensichtlich nach außen hin, wie in den Videos, aber er wusste genau, wie er jemanden aufbauen konnte. Ob nun auf eine ernste Art und Weise, oder mit einem strahlenden Lächeln.
»Er...er hat mir aus Hongdae das hier mitgebracht«, sagte ich leise und zog meine Tasche zu mir heran, um den kleinen Shooky-Anhänger herauszuholen. »Ich weiß inzwischen nicht mehr so recht, was ich davon halten soll...«
Hoseok nahm mir den Schlüsselanhänger ab und drehte ihn nachdenklich zwischen seinen Fingern. Als er wieder zu mir aufsah, war seine Miene ziemlich unergründlich.
»Um ehrlich zu sein...verwundert mich das selbst ein wenig. Yoongi ist zwar ein Mensch, der gerne mal so kleine Gesten bringt...aber in Hinsicht auf all die anderen Dinge, die du mir erzählt hast, kann ich seinen Gedankengang dahinter nicht wirklich verstehen...Aber ich denke, du solltest es auf jeden Fall positiv sehen.«
»Nicht als Zeichen, dass er in mir nichts weiter als einen Fan sieht?«
Diese Frage hätte ich Hobi gerne gestellt, doch ich fürchtete mich zu sehr vor der Antwort, die er mir darauf geben könnte. Ich beließ es schließlich dabei und war letztendlich doch mehr als froh, überhaupt mit ihm gesprochen zu haben. Es fühlte sich im Nachhinein so an, als hätte ich diese eine letzte Mauer zwischen ihm und mir zum Einsturz gebracht. Auf der ganzen Fahrt zurück redeten wir offen wie nie und erzählten uns zum ersten Mal ganz alltägliche, private Dinge. Wie zwei ganz normale Freunde es eben taten...obwohl ich nicht wusste, ob ich ihn in diese Kategorie je einstufen durfte. Jedenfalls tat es gut, jemanden außer Yoongi aus der Band zu haben, mit dem etwas mehr »Normalität« einkehrte. Gerade auch in Hinsicht auf die Tatsache, dass ich Julia gerade nicht mit meinen Problemen belasten wollte, wo sie doch selbst mehr als genug davon hatte...
Als wir auf Hannam The Hill ankamen, brachte mich Hobi sogar noch bis zur Tür. Und das nur, um mir noch einmal eine gehörige Motivationsrede für den nächsten Tag um die Ohren zu hauen. Ich verabschiedete mich letztendlich mit einem Lächeln auf dem Gesicht von ihm und fühlte mich tatsächlich um einiges gefasster, um mich dem Musikvideodreh zu stellen.
Auf dem Weg zu meinem Zimmer überlegte ich noch kurz, ob ich vielleicht bei meiner besten Freundin vorbeischauen sollte. Alle Lichter in der Wohnung waren ausgeschaltet gewesen und als ich mich umdrehte, konnte ich auch keinen hellen Streifen unter ihrer Tür sehen. Letztendlich entschied ich mich dafür, direkt zu Duschen und dann ins Bett zu gehen. Wenn sie schon schlief, war das immerhin ein gutes Zeichen...oder?
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