51 - Daydream Pt. I
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Kapitel 51
»Daydream Pt. I«
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Maya
Meine Gedanken fuhren Achterbahn, als Yoongi und ich gemeinsam wieder den steilen Weg hinunter zum Hannam-The-Hill-Gelände gingen. Er hielt meine Hand. Nicht, weil es ja ach so romantisch gewesen wäre, sondern weil wir so irgendwie zu verhindern versuchten, auf den teilweise glitschigen Steinen auszurutschen. Immer wieder krallten wir uns deswegen gegenseitig die Finger in die Haut...und trotzdem schaffte ich es irgendwie, von dem Ganzen Herzklopfen mit einem bitteren Beigeschmack zu bekommen.
Ich wollte eigentlich nicht, dass diese Nacht endete. Trotz des wirklich ernüchternden Gesprächs über Yoongis Beziehung war es so schön gewesen, mit ihm rauszugehen und einfach mal für eine Weile so zu tun, als wäre alles normal. Naja, zumindest ansatzweise. Auch, wenn ich jetzt wieder dauernd an Chija dachte, die ich für eine Zeit lang völlig aus meiner Gedankenwelt verdrängt hatte, so fühlte ich mich dem Rapper doch näher als zuvor. Näher, als ich es mir je erträumt hätte. Und irgendwie – das wusste ich – musste das auch reichen. So oder so hätte es, selbst wenn alles wieder normal werden würde, nie eine Chance für uns gegeben. Alleine darüber nachzudenken und es in Erwägung zu ziehen, war geradezu absurd!
Dieser Gedanke jedenfalls half mir irgendwie, nicht völlig in ein Tief abzusinken. Dieser und die Tatsache, dass sich bei unserem Abstieg eine weitere Erkenntnis in meinen Kopf schlich: Bis auf kurz nach unserem Verlassen der Wohnanlage war mir nicht ein einziges Mal wieder in den Sinn gekommen, dass wir hier eigentlich etwas ziemlich Leichtsinniges und Verbotenes taten. Oder besser gesagt, getan hatten. Niemand war informiert gewesen und ich hätte eigentlich bedenken müssen, dass spätestens bei Julias und Taehyungs Rückkehr meine beste Freundin bemerken musste, dass ich nicht da war. Diese Tatsache überrollte mich aber erst, als wir auf dem Weg den Berg runter bereits sahen, dass die Lichter im Dorm im Block 111 noch brannten.
»Ich glaub's einfach nicht«, begrüßte uns Namjoon mit wütender Stimme, als wir durch die Tür des Apartments der Jungs traten. »Wo zur Hölle habt ihr gesteckt?! Wir konnten keinen von euch beiden erreichen!«
Innerhalb von kürzester Zeit hatten sich Julia sowie alle anderen Members hinter ihm eingefunden. Manche mehr oder weniger unauffällig in den Türrahmen, meine beste Freundin dagegen direkt hinter dem Leader. Beim Anblick ihres Gesichtsausdrucks musste ich schlucken. Sie sah nicht minder sauer aus, was mit Taehyungs Zügen fast noch gruseliger wirkte, als mit ihrem echten Gesicht.
»Ich kann nicht fassen, dass du jetzt verdammt nochmal zwei Handys hast und es tatsächlich trotzdem hinbekommst, beide zu vergessen!«, fuhr sie mich an und stemmte die Fäuste in die Seite. »Hast du eigentlich eine Ahnung, wie viele Sorgen wir uns gemacht haben?!«
»T-tut mir leid«, stotterte ich kleinlaut drauf los, doch Yoongi hielt eine Hand vor mich, um mich zum Schweigen zu bringen.
»Es war meine Schuld«, sagte er mit entschlossener Stimme. »Ich habe sie überredet, mit mir ein bisschen spazieren zu gehen.«
»Mit dem Skateboard spazieren?«, schnaubte Namjoon und schielte missbilligend auf das Brett, das nach wie vor unter Yoongis, oder besser gesagt meinem Arm klemmte.
»Hey«, ertönte plötzlich Jungkooks Stimme. »Das gehört doch mir!«
Yoongi verzog verständnislos das Gesicht. »Es lag in der hintersten Ecke im Schrank und war komplett eingestaubt. Du hast bestimmt seit drei Jahren nicht einen Gedanken daran verschwendet, dass du es noch besitzt.«
»Trotzdem«, meckerte der Maknae und beäugte dabei wie ein Adler das Skateboard. »Es hat historischen Wert. Wehe, ihr habt irgendwelche Kratzer reingemacht.«
Ich spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht schoss. Am liebsten wäre ich auf der Stelle einfach im Boden versunken. Das letzte, was ich je gewollt hatte, war, auch nur einen der BTS-Members zu verärgern. Und nun stand ich sechs von ihnen gegenüber, die allesamt nicht amüsiert darüber waren, was Yoongi und ich uns geleistet hatten. Es fühlte sich einfach nur furchtbar an, sie enttäuscht zu haben.
»Jetzt reg dich mal ab, wir sind so gut wie gar nicht damit gefahren«, verteidigte sich der Rapper und hielt wie zum Beweis das Brett gut sichtbar vor sich.
»Ach ja? Was habt ihr denn ansonsten gemacht?«, hakte Namjoon nach und verschränkte die Arme vor der Brust. »Habt ihr eigentlich eine Ahnung, was dieser kleine Spaziergang für Konsequenzen haben könnte?«
»Natürlich weiß ich das«, zischte Yoongi empört und musterte den Leader mit einem fassungslosen Blick. »Wir sind nicht in die Innenstadt gegangen! Denkst du echt, ich bin so bescheuert?«
In diesem Moment schien ein seltsames Zucken durch Namjoons Gesicht zu gehen. Als hätte er gerade erst realisiert, dass er gerade mit seinem Hyung und nicht, nun ja, mit mir redete. Augenblicklich liefen seine Ohren ein wenig rot an und seine Hand schnellte zu seinem Nacken.
»Ja...wo wart ihr dann?«, fragte er mit einem wackeligen Trotz in der Stimme.
»Drüben im Park«, brummte Yoongi abweisend. »Die Leute, denen wir begegnet sind, kann man an einer Hand abzählen.«
»Es war trotzdem absolut unverantwortlich«, schaltete sich nun Seokjin ein, der ein wenig verärgert über Namjoons dezentes Einknicken zu sein schien. »Wenn BigHit das mitbekommen hätte! Oder vielleicht haben sie das sogar, jetzt, wo sie die Kameras vor unseren Türen checken.«
»Das durften sie erstens vorher schon und zweitens tun sie's nur, wenn sie Grund dazu haben.«
Plötzlich räusperte sich Hoseok. »Findet ihr nicht, dass dieses ganze Drama...ein wenig übertrieben ist? Ich habe selbst zu Julia bei unserer Ankunft hier nach den Grammys gesagt, dass sie und Maya bestimmt mal im Park spazieren gehen können. Wir machen das doch selbst auch ab und zu. Also warum so ein Aufstand jetzt?«
»Ganz einfach«, schnaubte Jin. »Weil es nicht Julia und Maya, sondern Yoongi und Maya waren! Und für jeden Außenstehenden, der BTS kennt, sieht das aus wie ein Date.«
Jimin kicherte ungehalten. »Wer weiß, Leute...vielleicht war es ja sogar eins.«
Aus welchem Grund auch immer schienen diese Worte Yoongi auf dem wahrlich falschen Fuß zu erwischen. Soweit man das in seinem Fall so nennen konnte. Jedenfalls war klar erkennbar, wie seine komplette Mimik mit einem Schlag erkaltete und er Jimin anstarrte, als hätte er ihn gerade auf eine sehr heftige Weise beleidigt.
»Ich weiß nicht, ob es dir vielleicht nicht aufgefallen ist«, sagte er in einem langsamen und geradezu bedrohlichen Ton. »Aber wir befinden uns gerade nicht in der Situation und der mentalen Lage, um so etwas wie Dates abzuhalten. Wir wollten einzig und alleine mal raus und uns ein bisschen von dieser ganzen Scheiße ablenken, zu die unsere Welt nun mal eben geworden ist.«
Ich wusste wirklich nicht, ob es mir in diesem Moment absolut unangenehm sein sollte, oder ob ich mich darüber freuen konnte, dass er die ganze Zeit so selbstverständlich von »uns« gesprochen hatte. Im Prinzip hatte er mit diesen Worten nur noch einmal mehr zum Ausdruck gebracht, dass er auch an mich dachte und nicht nur sich selbst bemitleidete. Er sah uns beide zusammen im Boot sitzen. Und so dumm es auch war...ergab es irgendwie eine schöne Vorstellung.
Jimin dagegen schien nun ganz schön peinlich berührt von dem Kommentar zu sein, den er sich selbst erlaubt hatte. Auf der Lippe herumkauend ließ er seinen Blick nach unten gleiten und nuschelte irgendwas Unverständliches, ehe er sich wieder in den Hintergrund bewegte.
Namjoon, der sich in der Zwischenzeit wieder beruhigt hatte, seufzte vernehmlich. »Ihr könnt so froh sein, dass die Agentur davon keinen Wind bekommen hat, sonst wären sie inzwischen wahrscheinlich schon längst hier aufgetaucht oder hätten versucht, irgendwen von uns zu erreichen. Das hätte richtig Ärger gegeben! Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass euch wirklich niemand gesehen oder sogar fotografiert hat.«
Yoongi grunzte und machte sich dann daran, das Skateboard in einer Ecke der Garderobe zu verstauen, wo es niemandem im Weg rumstand. Unterdessen kündigte sich durch leise Schritte an, dass sich einige der Members nun still und heimlich wieder davonstahlen, um wahrscheinlich ins Bett zu gehen. Es war offensichtlich, dass das Wichtigste nun gesagt worden war. Und ich blieb hier mit meinem mehr als schlechten Gewissen zurück.
»Wir möchten euch echt nicht länger vom Schlafen abhalten«, hörte ich plötzlich Julias etwas verlegene Stimme, die sie an Namjoon gerichtet hatte. »Maya und ich werden jetzt auch nach oben gehen...Danke, dass...naja...Danke, eben.«
Ich hob den Kopf und sah, wie sie mit rosa-angelaufenen Ohren schnurstracks auf mich zugehechtet kam. Gleich darauf schob sie mich förmlich aus der Wohnung der Band. Ich schaffte es gerade noch so, Yoongi einen letzten verzweifelten Blick zuzuwerfen, ehe sie auch schon die Türe zwischen uns schloss. Den gesamten Weg das Treppenhaus hinauf, durch unseren kleinen Garten und in Jins Apartment hinein sprachen wir kein Wort miteinander. Trotzdem gingen wir letztendlich nicht getrennte Wege, sondern landeten aus unerfindlichen Gründen gemeinsam im Wohnzimmer. Am jeweils anderen Enden der Couch.
»Tut mir leid, dass du dir wegen mir Sorgen machen musstest«, nuschelte ich schließlich nach einer ganzen Weile des Schweigens. »Ich wollte das nicht...ehrlich.«
Julia seufzte und legte sich ein Kissen auf den Bauch, um es zu umarmen. »Schon okay...Mach's bitte trotzdem nie wieder.«
»Versprochen.«
Sie sah mit einem gequälten Lächeln zu mir herüber, ehe sie sich wieder mit nachdenklicher Miene am Couchtisch feststarrte. Als ich ihrem Blick folgte, kam mir plötzlich ein ganz seltsamer Gedanke in den Sinn. Einer, so offensichtlich, dass ich es für einen Moment selbst fast nicht fassen konnte, dass er mir nicht früher gekommen war. Dann jedoch schossen einige ernüchternde Gegenargumente hinterher...was mich jedoch nicht daran hinderte, das Thema anzusprechen. Dank des verdammten Wohnzimmertischs, auf dem unser ganzes Schlamassel angefangen hatte.
»Du, Julia«, begann ich leise. »Wieso sind wir alle eigentlich nie auf die Idee gekommen, das Spiel einfach nochmal zu spielen. Nankurunaisa meine ich...Irgendwie ist es das Offensichtlichste, aber keiner hat sich bisher dazu geäußert.«
Meine beste Freundin drehte mir mit zusammengezogenen Augenbrauen wieder den Kopf zu. »Das hat doch auch seinen guten Grund! Ich fass dieses verdammte Ding nie wieder an. Es hat uns in die Scheiße geritten, also ist es auch fähig, alles nur noch schlimmer zu machen!«
»Aber vielleicht auch die einzige Möglichkeit, alles wieder auf Anfang zu bringen?«, spekulierte ich weiter. »Ich meine...schau mal. Wir müssten es einfach nur noch einmal durchspielen, die dämlichen Fragen ehrlich beantworten...und egal, wer am Ende gewinnt, wünscht sich einfach, dass wir alle wieder in unseren richtigen Körpern stecken!«
»Das Problem ist aber«, schoss Julia sofort dagegen, »dass sich auch niemand gewünscht hat, dass genau das passiert, was eben passiert ist. Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich habe bisher alles andere als mein Glück gefunden. Wer weiß schon, ob dieses Spiel nicht am Ende genau das Gegenteil von dem macht, was man ihm sagt? Es ist viel zu riskant, Maya! Ich persönlich hätte es niemals in Erwägung gezogen, dieses Ding auch nur ein weiteres Mal anzufassen! Und da die anderen bisher auch nicht auf die Idee kamen, gehe ich schwer davon aus, dass die das genauso sehen.«
Eigentlich sprach Julia damit nur das aus, was mir letztendlich auch eine Heidenangst bereitete. Allerdings würde es mich doch interessieren, warum es niemand auch nur in Erwägung gezogen hatte. Nicht einmal BigHit. Und die griffen ja inzwischen schon zu so verzweifelten Strohhalmen wie diesen seltsamen Astralreisen, die meine beste Freundin und Taehyung nun testen sollten.
»Ich verstehe, was du meinst«, gestand ich Julia zu und ließ mich seufzend in die Polster der Couch sinken. »Mich würde nur echt interessieren, warum BigHit nie etwas dazu gesagt hat. Sie ziehen doch wirklich jede noch so seltsame Möglichkeit in Betracht. Also warum nicht diese?«
Julia presste die Lippen aufeinander und zuckte langsam die Achseln. »Wir können es ja mal bei Gelegenheit ansprechen...Aber ich sage dir eins! Bei noch einer Runde bin ich sowas von raus. Ich mach das ganz sicher nicht nochmal mit, das können die sowas von knicken.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es nur vergessen haben«, erwiderte ich kopfschüttelnd. »Es muss einen Grund geben. Und den würde ich gerne wissen...«
Julia schielte zu mir herüber, plötzlich mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen. »Weißt du, was ich gerne wissen würde...? Was da bitte bei dieser Nacht-und-Nebel-Aktion zwischen dir und Yoongi abging.«
Ich spürte, wie mir augenblicklich die Hitze in den Kopf schoss und ich unterdrückte den Drang, einfach auf eine sehr klischeehafte Weise ein Kissen nach meiner besten Freundin zu werfen. Stattdessen sah ich einfach nur weg. Niemand, nicht einmal Julia, sollte Yoongis Gesicht so beschämt sehen, wie ich es gerade aussehen ließ.
»Ich habe...ganz eventuell...ein paar ziemlich peinliche Sachen gesagt«, murmelte ich schwerfällig und kniff die Augen dabei zusammen.
Julia sprang sofort von ihrem Platz am anderen Ende der Couch auf und saß keine halbe Sekunde später direkt neben mir. »Und was wären die?!«
»Naja...wenn man es so im Großen und Ganzen betrachtet...hab ich ihm meine ganze ARMY-Liebe gestanden. Und es war schrecklich. Glaubst du, man kann jemanden statt friendzonen auch fanzonen?!«
Meine beste Freundin starrte mich aus Taehyungs asymmetrischen Augen an, als hätte ich ihr gerade erzählt, ich hätte Yoongi von einem Berg gestoßen. Nur ganz langsam kam wieder Bewegung in ihre Züge. Sie zwinkerte wie in Zeitlupe und gab ein wehleidiges Seufzen von sich, ehe sie den Kopf auf die Couchlehne neben mir sinken ließ.
»Oh man, Maya...Wir wissen beide ganz genau, dass du ein bisschen mehr für Yoongi übrighast, als nur Fanliebe. Zumindest kann man das jetzt behaupten, wo du ihn doch schon ein paar Wochen persönlich kennst. Allerdings ist es gerade deshalb für mich absolut erstaunlich...Ich meine...er steckt in deinem Körper! Ist das nicht einfach mal der Abturn des Jahrhunderts?«
Ich rümpfte die Nase und zog die Beine heran, um die Arme um sie zu schlingen. »Wieso?...Es ist ja immer noch Yoongi...Und ich sehe ihn in jeder Bewegung, jedem Atemzug den er macht. Oder jedem Satz, den er sagt. Klar ist das komisch, mich selbst vor mir zu haben...aber irgendwie...ist es doch trotzdem noch er. Ist es für dich denn nicht so?«
»Doch, schon«, ruderte Julia mit einer plötzlich viel verständnisvolleren Stimme zurück. »Tut mir leid...das sollte nicht so dämlich klingen...Eigentlich finde ich es ziemlich...bewundernswert. Aber da stell ich mir jetzt auch die Frage...bist du dir sicher, dass du ihm nur deine ARMY-Liebe da draußen gestanden hast...?«
Ich schluckte und starrte auf meine Knie. Yoongis Knie. Oh man...wieso klang diese Frage so absolut berechtigt? Klar, im Prinzip hatte ich ihm nur meine Zuneigung erläutert und durch was sie vor unserem ersten Treffen überhaupt zustande gekommen war. Im Prinzip war es wirklich nur die ARMY-Liebe. Aber irgendwie bekam das alles durch unseren nun persönlichen Kontakt, die vielen Momente und die Challenges, die wir zusammen durchlebt hatten, eine ganz neue Bedeutung.
»Ich habe keine Ahnung«, stieß ich letztendlich frustriert auf Julias Frage hin aus. »Aber eines hat er mir darauf ganz klar zu verstehen gegeben...«
»Und das wäre?«
»Naja...dass er seine Freundin noch liebt.«
Julia schloss die Augen und atmete tief durch, ehe sie sich weiter an mich drängte und den Kopf auf meiner Schulter bettete. »Och Maya...irgendwie macht es diese ganze Sache noch komplizierter, als es die Situation von uns Vieren ohnehin schon ist.«
»Ich weiß«, murmelte ich bedrückt und ließ meinen Kopf erschöpft gegen ihren fallen. »Tut mir leid.«
»Entschuldige dich nicht für Dinge, für die du nichts kannst. Verstanden?«, erwiderte Julia mit mahnendem Unterton. »Du solltest auf jeden Fall wissen, dass du immer zu mir kommen kannst, wenn es dir schlecht geht, ja? Und du müsstest dir vielleicht auch in Zukunft überlegen, wieviel Zeit du wirklich mit Yoongi verbringen solltest. Eigentlich müsste deine Kraft in andere Dinge fließen, als in das, was möglicherweise zwischen euch beiden sein könnte...so asozial das nun auch klingen mag...Aber ich denke, du weißt, auf was ich hinauswill.«
»Ja...Ich weiß.«
Wir verfielen wieder in ein kleines Schweigen, während dem mir schmerzhaft bewusstwurde, dass ich aufgrund meiner ganzen eigenen Probleme – oder besser gesagt auch denen, die ich verursacht hatte – gar nicht mehr auf Julia und ihren Abend zu sprechen gekommen war. Sie verinnerlichte mir hier gerade in aller Ausführlichkeit, dass sie immer für mich da war und ich schaffte es nicht einmal, sie danach zu fragen. Klasse Freundin bist du, Maya.
»Wie war eigentlich das Essen bei Taehyungs Eltern?«, begann ich vorsichtig, wobei ich die Reue in meiner Stimme kaum unterdrücken konnte. »Ist alles gut gelaufen?«
Julia seufzte schwerfällig. »Es war irgendwas zwischen einer Vollkatastrophe und eigentlich ganz gut. Ich kann es nicht ganz einschätzen.«
Und dann erzählte sie mir von dem anfänglich gelungenen Start, Taehyungs wirklich guten schauspielerischen Fähigkeiten als sozusagen »neue Person« in der Familie, dem Desaster mit seinem kleinen Bruder und der Tatsache, dass er ihr wohl nicht so ganz abgekauft hatte, dass sie Taehyung war.
»Ich habe keine Ahnung, wie er das Ganze nun tatsächlich aufgenommen hat«, jammerte Julia verzweifelt. »Ich meine...kein normaler Mensch glaubt doch an sowas wie Körpertausch. Vielleicht denkt er ja, Taehyung hat eine Gehirnwäsche bekommen oder leidet unter einer dissoziativen Identitätsstörung. Scheiße man, ich war ja sogar so dumm, ausversehen über Taehyung in der dritten Person zu sprechen, kannst du dir das vorstellen?! Jeongyu muss ihn nun für einen kompletten Spasti halten. Das Schlimmste jedenfalls ist, dass ich Tae jetzt nicht mal erzählen kann, dass sein Bruder an der Echtheit des Ganzen zweifelt...und das mitunter hauptsächlich, weil ich gegen Ende des Gesprächs so verkackt habe. Frag mich nicht, welche Gehirnzellen da bei mir ausgefallen sind.«
»Aber...«, begann ich etwas unschlüssig. »Wieso kannst du es Taehyung nicht sagen? Wird er es nicht irgendwann gezwungenermaßen eh selbst rausfinden?«
Die Tatsache, dass der Bruder Verdacht geschöpft hatte, erschien mir in dieser Situation tatsächlich nicht einmal so tragisch...Letztendlich würde es sowieso irgendwann vielleicht relevant werden, ob man die Familien nicht besser einweihen sollte, oder? Das hieß...wenn das hier ewig so weitergehen sollte, ohne dass wir eine Lösung fanden.
Julia seufzte frustriert. »Ich will ihn einfach nicht damit belasten...Er hat mir so unglaublich viel geholfen heute Abend...Ich meine, er hat sogar irgendwie dafür gesorgt, dass ich dieses widerliche Rindertartar nicht essen musste! Und dann komm ich um die Ecke und verrate uns vor seinem kleinen Bruder, mit dem er ohnehin nicht das beste Verhältnis hat. Ehrlich, wenn er das erfährt, bin ich geliefert.«
Aus irgendeinem Grund konnte ich mir in diesem Augenblick das Schmunzeln nicht wirklich verkneifen.
»Julia...Es scheint mir ja ganz so, als ob du Taehyung doch nicht so sehr hassen würdest, wie du gerne tust.«
Für einen kurzen Moment war ich davon überzeugt, dass Julia den Kopf von meiner Schulter reißen und mich für diesen Kommentar mit einem Gegenfeuer strafen würde...doch dies geschah nicht. Stattdessen atmete sie nur schwerfällig durch und sank noch ein wenig mehr in sich zusammen.
»Wenn du ihm das je verrätst, dann bring ich dich um.«
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