39 - The Grammys Pt. V
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Kapitel 39
»The Grammys Pt. V«
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Julia
War es nicht schon seltsam genug gewesen, auf dem roten Teppich mit BTS zu stehen und mit ihnen gemeinsam Interviews zu geben, so wurde es von Minute zu Minute noch seltsamer, als wir den relativ langen Weg über das Gelände des Staples Center zur Halle bestritten. Hier und da lag immer wieder ein Blick von amerikanischen Mitarbeitern auf uns, während das Team uns permanent in seiner Mitte behielt und anführte. Sejin kam vorbei und drückte mir einen Eintrittspass in die Hand, den ich gleich für das Betreten des Backstage-Bereichs brauchen würde. Aber alles, woran ich gerade denken konnte, was das Malheur, das mir mit Namjoon unterlaufen war.
Wie hatte ich mich nur darauf einlassen können, mein Kinn während dieses Interviews mit Billboard auf seiner Schulter abzulegen?! Im Nachhinein könnte ich Maya, Jimin und Jungkook dafür wirklich die Köpfe abreißen! Der Leader hatte nach der Verabschiedung von den Reportern ziemlich beschämt ausgesehen und jeden weiteren Blick zu mir gemieden...woraufhin ich natürlich am liebsten im Boden versunken wäre. Wieso hatte ich das nur getan? Wieso nur?!
Eins war jedenfalls sicher: Ich konnte es jetzt nicht mehr rückgängig machen. Und es brachte auch nichts, mich weiter damit zu beschäftigen. Es hatte mir schon unsere Fotosession an der zweiten Fotowand kurz vor unserem Aufbruch zur Halle versaut. Eigentlich wollte ich jetzt wirklich damit abschließen, jedoch gab es da ein klitzekleines Problem: Taehyung hatte den ganzen Auftritt so unsagbar komisch gefunden, dass er es sich nun zur Aufgabe gemacht hatte, mich den kompletten Weg über mit seiner Kamera zu nerven. Das Schlimmste daran war, dass ich aufgrund zahlreicher Beobachter nichts dagegen unternehmen oder das Gesicht verstecken durfte. In diesem Moment war ich so genervt davon, dass er mir das Ganze unnötig schwer machte, dass ich seine nette Seite schon wieder komplett verdrängt hatte.
Erst als wir den Backstage-Eingang fast erreicht hatten und die restlichen Jungs allmählich mit ihrem Geplärre von 7 rings von Ariana Grande zu laut wurden, ließ Taehyung mich endlich in Ruhe. Dafür richtete er seine ganze Aufmerksamkeit auf die singende Meute, die inzwischen dafür gesorgt hatte, dass die halbe Mitarbeiterschaft von der Ankunft von BTS wusste. Die Ausgelassenheit der Jungs brachte mich in eine seltsame Gefühlsmischung, die irgendwo zwischen tiefster Scham und nervenkitzelnder Freude lag.
Unsere ganze Wanderung vom Backstage-Eingang bis zur Halle war begleitet von starrenden Menschen und Platzweiser-Mitarbeitern, die uns durch das Labyrinth von Gängen leiteten. Richtig mulmig wurde es mir erst, als wir dann endlich durch einen Seiteneingang in die Halle des Staples Centers traten, in dem sich gefühlt schon 80 Prozent der Zuschauerschaft zusammengefunden hatte. Ein kleiner Teil von mir freute sich, dass wir hier ein wenig in der Menschenmasse untergehen würden, doch der größere Teil war sich dessen bewusst, dass uns auch hier Kameras verfolgen würden. Wegen dieser türkisenen Haare war es sowieso lachhaft zu behaupten, dass ich nicht auffallen würde. Vielen Dank, Kim Taehyung.
Ich zuckte heftig zusammen, als Jungkook hinter mir plötzlich völlig unerwartet „GRAMMY!" in Yoongis Kamera brüllte und mich damit aus meinen Gedanken riss. Als ich mich umdrehte, konnte ich gerade noch sehen, wie er ihm aus Mayas Augen heraus einen vernichtenden Blick zuwarf. Natürlich hatte uns der Maknae mit dieser Aktion wieder die Aufmerksamkeit von allen Gästen in zehn Meter Umkreis gesichert. Zu den bunten Haaren kam also noch ein weiterer Faktor hinzu, der es mir unmöglich machte, abzutauchen: Meine Begleitung. Ganz große Klasse!
Während wir uns langsam durch die Laufgänge immer weiter in Richtung Bühne bewegten, kam ich nicht drum herum, immer wieder einen Blick über die Sitzreihen zu werfen. Zu meinem großen Schock entdeckte ich hier – ganz anders als auf dem roten Teppich – ganz klar ein paar bekannte Gesichter. Zumindest konnte mir keiner weismachen, dass wir gerade nicht an Miley Cyrus vorbeigegangen waren, die unter ihrem Jacket scheinbar rein gar nichts trug. Oder dass da vorne nicht Dua Lipa in einem strahlenden silbernen Kleid die halbe Halle in eine Disko verwandelte! Oh. Mein. Gott. Das Herz hämmerte mir heftiger denn je gegen den Brustkorb. Als wäre es nicht schon überfordernd genug, auch nur einem Prominenten zu begegnen... jetzt war ich komplett umzingelt.
»Taehyung-ah, nicht bummeln!«, drang plötzlich Sejins Stimme an mein Ohr und ich spürte eine schiebende Hand auf meinem Rücken. »Eure Plätze sind da vorne, direkt vor der linken Bühne.«
Folgsam ließ ich mich von dem Manager hinter den anderen herdrängen und versuchte dabei nicht mehr darauf zu achten, welche Prominenten sich in meiner nächsten Nähe befanden. Es würde mich nur unnötig aus der Fassung bringen. Ganz schön schwer gemacht wurde mir das aber, als wir endlich unsere Plätze erreichten.
Ausgerechnet Maya und ich waren diejenigen, die neben fremden Personen landeten. Meine beste Freundin saß zusammen mit Seokjin, Namjoon und Jungkook hinter Hoseok, Jimin und mir. Das Schlimmste an der Sache war jedoch, dass niemand Geringeres als Dolly Parton in der einzigen Sitzreihe vor uns saß. Wer war bitte auf die Idee gekommen, diese Country-Legende, die sogar mir ein Begriff war, direkt vor uns zu setzen?! Ihre blonde Lockenmähne hing Jimin fast auf dem Schoß. Ein Glück war mir die kleine, etwas rundliche Dame zu meiner Linken unbekannt. Bei Mayas Sitznachbarpärchen war ich mir angesichts ihres aufgetakelten Aussehens etwas unsicherer, ob es sich bei ihnen nicht auch um Promis handeln könnte...
Yoongi und Taehyung hatten sich nach einer anfänglichen Diskussion mit Sejin und Hobeom auf die äußersten Plätze unserer Reihen setzen dürfen, um weiter Filmaufnahmen von uns zu machen. Allerdings durften sie diese hier im Zuschauerraum nur mit ihren Handys drehen. Gerade aber waren die beiden augenscheinlich nur heilfroh darüber, überhaupt so nah an der Bühne sein zu dürfen...trotz der Tatsache, dass sie nicht mehr wie sie selbst aussahen.
Als mein Blick ein paar Minuten später erneut auf Taehyung fiel, der Jungkook mit seiner Handykamera zum Spaß fast das Auge ausstach, kam mir wieder das Geschenk von heute Morgen in den Sinn, das sich in meiner Hosentasche befand. Prompt zog ich das brandneue Samsung Galaxy S9 hervor und betrachtete es zwischen meinen knochigen Fingern, die von den Visagistinnen heute Mittag noch zur Perfektion manikürt worden waren.
Ich wusste immer noch nicht recht, was ich davon halten sollte. Eigentlich war ich immer zufrieden gewesen mit meinem kleinen iPhone SE, obwohl es definitiv schon bessere Tage gesehen hatte. Dieses neue Smartphone hier war selbst für Taehyungs Riesenhände fast zu groß und in meinen Augen deshalb einfach nur unpraktisch. Dazu kam, dass ich als treue IOS-Nutzerin restlos überfordert mit dem System von Android war.
Dennoch kam ich nicht drum herum, eine gewisse Dankbarkeit zu empfinden. Immerhin waren er und Yoongi gestern extra noch losgezogen, um Maya und mir diese Teile zu besorgen und hatten es obendrauf einfach mal so aus ihren eigenen Taschen bezahlt.
Als ich den Bildschirm entsperrte, sprangen mir zwei Nachrichten entgegen, und die Tatsache, dass sie beide über WhatsApp gesendet worden waren, ließ mein Herz in die Hose rutschen.
Die erste war von Pauli. Sie war die einzige Person, mit der wir halbwegs offen über die Geschehnisse schreiben durften, da sie unser Alibi zuhause – soweit es eben ging – aufrechterhalten musste. Dadurch hatte sie natürlich auch erfahren, dass wir auf den Grammy-Awards waren. Ihre Nachricht enthielt lediglich ihren Kommentar zu der Red-Carpet-Liveshow.
[19:47] Pauli: Zu krass, das mitanzuschauen. Aber ihr habt euch gut geschlagen. Ich schau mir jetzt die Live-Show an. Haltet die Ohren steif.
Ich seufzte tief angesichts dieser Zeilen. Bei Pauli war es nun kurz vor 13 Uhr in Berlin. Sie saß bestimmt einsam vor dem Fernseher in unserem Wohnzimmer. Ob sie es wohl vermisste, Maya und mich ständig um sich zu haben oder genoss sie insgeheim die Ruhe, die sie nun hatte? Mir fehlte mein normales Leben in nervenaufreibenden Momenten wie diesen jetzt besonders. Würden wir noch in der WG leben, würde ich bestimmt gerade Mittag für uns alle kochen und dabei Mayas Gitarren-Geklimper aus ihrem Zimmer lauschen. Kaum vorstellbar, dass ich diese Dinge vor ein paar Wochen noch als so selbstverständlich angesehen hatte...
Als mein Blick auf die zweite Nachricht fiel, vergrößerte sich mein aufkommendes Heimweh mindestens aufs Fünffache:
[17:11] Christiane: Ich weiß, es ist ein wenig kurzfristig, aber hast du nicht Lust, heute zum Essen vorbeizukommen? Die Kids und ich haben extra vegetarische Maultaschen gemacht! Wir würden uns wirklich freuen, dich mal wieder zu sehen. Du warst so lange nicht mehr da. Fühl dich umarmt, Christiane
Oh, Christiane, wenn du nur wüsstest, wo ich gerade bin, schoss es mir wehleidig durch den Kopf. Ja, wenn sie nur wüsste, dass ich in den letzten Tagen um den halben Erdball geflogen war und das nur, weil ich plötzlich aussah wie ein weltberühmtes, südkoreanisches Idol.
Mit einem flauen Gefühl im Magen schrieb ich ihr schnell zurück, dass ich mich nicht besonders wohlfühlte und deswegen nicht zum Essen kommen konnte. Ich wusste allerdings auch, dass ich mir als Ausrede bald etwas Besseres überlegen musste...Irgendwann würde nämlich der Tag kommen, an dem sie oder mein Vater in der WG auftauchen und nach dem Rechten sehen wollen würden.
Ich steckte schnell mein neues Handy wieder weg, um mich nicht weiter mit diesem quälenden Gedanken beschäftigen zu müssen. Immerhin stand ich hier unter ständiger Beobachtung. Wer wusste schon, wer von den Zuschauern in den Rängen ständig eine Kamera auf uns gerichtet hatte. Eine gruselige Vorstellung. Jimin neben mir jedoch schien das schon so gewohnt zu sein, dass er fast gar nicht mehr aufhörte mit dem Lächeln. So oft, wie ich ihn in den letzten Wochen beobachten hatte dürfen, war ich mir in diesem Punkt sicher, dass er sich hier lediglich von seiner professionellen Seite zeigte. Dauerhaft glücklich – das war es, was die Fans sehen wollten. Und genau das gab er ihnen.
Mit dem Beginn der Show fiel es mir tatsächlich nicht einmal so schwer, auch ein Lächeln aufzusetzen. Immerhin war es Camila Cabello, die zusammen mit einigen weiteren Latino-Sängern einen bombastischen Eröffnungsauftritt mit riesigem Bühnenbild hinlegte. Und als dieser endete, war es niemand Geringeres als Alicia Keys, die dort keine paar Meter vor mir die Bühne betrat und mit einem umwerfenden Strahlen die Show anmoderierte... Als sie bald darauf dann auch noch Lady GaGa, Jada Pinkett Smith, Michelle Obama und Jennifer Lopez zu sich holte und sie alle wirklich inspirierende Reden zur Musik hielten, war es völlig um mich geschehen. Womit hatte ich es verdient, von so vielen Legenden umgeben zu sein? Das war allein einfach viel zu verrückt, um real zu sein.
In diesem Moment kam mir aber noch ein weiterer, wirklich verstörender Gedanke. Wären Maya und ich aus unerfindlichen Gründen als wir selbst auf dieser Show gelandet, dann wären es einzig und alleine BTS gewesen, die uns am meisten zittern hätten lassen. Nun saßen wir mit eben diesen hier in Reih und Glied. Und obendrauf – so würde ich behaupten – waren es auch noch die einzigen Personen in dieser riesigen Halle, bei denen ich mich momentan sicher und beschützt fühlte. Wie sich das Blatt doch wenden konnte...
Diese Erkenntnis kam mir immer wieder in den Sinn, während sich der Abend weiter zog mit Performances von Shawn Mendes und Miley Cyrus und der ersten Award-Vergabe an das Top-Duo, welcher an Lady GaGa und Bradley Cooper mit ihrem Song Shallow ging. Eine überwältigende Freude überkam mich, als die Sängerin an das Mikrophon trat und sich unter Tränen für den Preis bedankte. Es war so rührend, dass mir fast selbst die Augen dabei zu brennen begannen, jedoch schaffte ich es rechtzeitig, mich wieder zu fangen.
Es folgten weitere Performances von Künstlern und Künstlerinnen, die ich nicht kannte. Der Award »Song of the Year« ging an Childish Gambino mit This is America und kurz darauf hörte ich die komplette Rapline hinter mir – Maya miteingeschlossen – halb durchdrehen, als Post Malone mit den Red Hot Chili Peppers angekündigt wurde.
Mich selbst hielt es nicht mehr auf dem Stuhl, als H.E.R. ihren Song Hard Place performte. Dieser zählte zu meinen absoluten Lieblingen und zum ersten Mal an diesem Abend fühlte es sich an, als könnte ich wirklich ich selbst sein, ohne Taehyung blöd dastehen zu lassen. Ein Blick zu ihm hatte genügt, um mir zu verraten, dass er die Sängerin genauso sehr liebte wie ich. Damit war wohl unsere erste Gemeinsamkeit gefunden...
Mein Glück verflog augenblicklich, als ich Sejin nach dem Auftritt von Travis Scott, James Blake und Philip Bailey aus den Augenwinkeln sah. Er winkte uns mit vielsagendem Blick zu sich, was nur bedeuten konnte, dass es nun hinter die Bühne ging. Verdammt, diese Award-Vergabe hatte ich total verdrängt!
Möglichst geduckt, um einer Dolly Parton ja nicht die Sicht auf die Bühne zu behindern, huschten wir an der Bühne vorbei zum Seiteneingang in den Backstage-Bereich. Ich konnte an Mayas Gesichtsausdruck sehen, dass es ihr ähnlich ging wie mir. War sie gerade noch so happy gewesen, Travis Scott live zu sehen, so schaute sie nun mehr aus, als hätte man ihr einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf gekippt.
»Schau nicht die Menschen an, wenn du nervös bist«, hörte ich Yoongi leise auf sie einreden. »Such dir einen Punkt, wo niemand steht oder sitzt und schau einfach nur den an.«
Ich schreckte zusammen, als ich spürte, wie mir ein Finger auf die Schulter tippte. Als ich den Kopf drehte, sah ich Taehyung neben mir herlaufen. Sein Gesicht war ernst.
»Alles gut bei dir? Du siehst so blass aus«, fragte er bescheiden und leckte sich mechanisch über die Lippen. Ich wusste nicht, welche Wundermittel von Lippenpflege er benutzte, aber inzwischen waren sie längst nicht mehr so spröde, wie als ich noch die Kontrolle über sie gehabt hatte. Dafür sollte ich ihm wirklich dankbar sein, denn mein ewiges Lippenpulen war wirklich zu einem extremen Tick geworden. Taehyungs Lippen eigneten sich dafür nicht ganz so gut, denn die Visagistinnen gaben gut darauf Acht, dass sie ja nie austrockneten. Vielleicht konnte ich mir diese Macke ja so Stück für Stück abgewöhnen...
»Geht schon...danke«, presste ich hervor und versuchte mich zu einer standhaften Miene zu zwingen.
Taehyung musterte mich wie ein Laserscanner, ehe er sich wohl widerwillig mit meiner laschen Aussage zufriedengab und sich wieder von mir entfernte.
Wir waren unterdessen in dem Raum unterhalb der Bühne angekommen und wurden von den Mitarbeitern zu einem Fotografen geleitet, der noch ein paar letzte Bilder von uns knipste, ehe es weiter zu einer Weiserin ging. Diese erklärte Namjoon im Detail, wie die ganze Vergabe auf der Bühne vonstatten gehen würde. Ich schaffte es nicht, herauszuhören, was die Dame zu ihm sagte. Hinzugehen und offensichtlich zuzuhören traute ich mich nicht, da Yoongi und Taehyung schon wieder am Filmen waren. Nun musste ich meine ganze Kraft darein stecken, souverän zu wirken. Oder besser gesagt, Taehyung zu sein. Von Kopf bis Fuß und mit jeder noch so klitzekleinen Bewegung.
Mein Herz begann unkontrolliert zu schlagen, als es nach dem Auftritt von Jennifer Lopez, Ne-Yo, Alicia Keys und Smokey Robinson dann endlich soweit war und wir die beiden Treppen innerhalb der Bühne emporsteigen durften. Namjoon ging voran, während wir anderen uns wie ein Haufen Lemminge um ihn scharrten. Natürlich traf mich das Pech wieder und ich landete ganz vorne, genau neben dem Leader. Toll gemacht, Julia. Ganz große Klasse. Als wären die angesifften grünen Haare nicht schon schlimm genug.
Dort oben traf mich die Hitze der Scheinwerfer mit voller Wucht. Ein wenig fühlte ich mich an die Zeugnisvergabe bei meiner Abiturfeier zurückversetzt – das letzte Mal, dass ich auf einer Bühne hatte stehen müssen. Das hier aber war etwas völlig anderes. Zu unseren Füßen befanden sich nicht ein paar Schulkameraden und deren Eltern, sondern die größten derzeitigen Größen der Musikindustrie. Und mein Herz sprang mir fast aus der Brust, als ich realisierte, dass die ganze Aufmerksamkeit von Leuten wie Katy Perry, Lady GaGa und Dua Lipa nun ganz alleine auf uns lag. Sie sahen mich, während ich im Scheinwerferlicht halb erblindete. Ich spannte jeden Muskel dieses Körpers an und schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass niemand mein Zittern bemerkte. Innerlich entschuldigte ich mich tausende Male bei Taehyung, weil es mir doch nun ehrlich leidtat, ihn hier so dumm stehen zu lassen. Hatte Yoongi vorhin Maya nicht geraten, auf die leeren Plätze zu schauen?! Doof nur, dass ich keinen einzigen fand. Überall waren Menschen...noch mehr Menschen...und diese vielen Kameras.
»Grown up in South Korea we always dreamed about standing on the Grammy stage. Thank you to all our fans for making this dream come true and we will be back«, begann Namjoon seine Rede. »So here are the nominees for Best R&B-Album.«
Ein Jubeln durchdrang die Halle, was mir die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Waren da etwa wirklich ARMYs in den Zuschauerrängen?! Bisher hatte es wirklich so ausgesehen, als befände sich nur die absolute High-Society in dieser Halle... Dem war wohl doch nicht so. Und es machte das ganze Stehen auf der Bühne irgendwie zu einer Mischung aus magischem Moment und fiesem Albtraum. Ich wusste wirklich nicht mehr, was ich denken und fühlen sollte.
Fast bekam ich nicht mit, wie die Vorstellung der Nominierten in der Videoprojektion hinter uns endete und Namjoon erneut ins Mikro sprach. Wäre vielleicht nicht sonderlich schlimm gewesen...wäre es nicht einigen anderen um mich herum genauso gegangen.
Das »and...«, zu dem der Bandleader ansetzte, wurde darauf mit dem »the Grammy goes to« erst ab dem Wort »Grammy« von so gut wie allen Members begleitet. Es klang so schief und verpeilt, dass ich mich augenblicklich in Grund und Boden schämte, während Namjoon noch dabei war, den Umschlag mit dem Gewinner auseinanderzupfriemeln. Scheiße. Hatten wir uns wirklich gerade vor den berühmtesten Stars und Sternchen blamiert, obwohl wir nur einen Satz hatten sagen müssen?! Dieser Moment würde mich auf ewig in meinen Albträumen verfolgen, da war ich mir sicher. Erst, als mein Blick auf die drei Buchstaben, die auf dem Zettel in Namjoons Händen geschrieben standen, fielen, konnte ich mich wieder besinnen. Und ich erinnerte mich daran, dass ich ja noch einen Job zu erledigen hatte.
»Congratulations, H.E.R.!«, rief der Leader feierlich ins Mikrophon, während ich mich schon zu der Dame umdrehte, die mit der Grammy-Trophäe auf die Bühne getreten war.
Mit vor Angstschweiß glitschigen Händen nahm ich ihr den Award ab und verbeugte mich kurz, ehe ich mich wieder nach vorne umwandte. Jetzt bloß nicht fallen lassen, Julia! Du hältst einen der wichtigsten Musikpreise dieser Erde in den Händen. So etwas verdammt Kostbares wirst du nie wieder zwischen die Finger bekommen. Hätte es sich um meine eigenen Hände gehandelt, wäre dieser Augenblick bestimmt noch absurder gewesen.
H.E.R. sprang völlig entgeistert über ihren Gewinn in ihrem neongelben Kostüm auf die Bühne und strahlte mir trotz Sonnenbrille entgegen wie die Sonne höchstpersönlich. Mein Herz raste, als ich ihr mit zittrigen Fingern den Award reichte. Hilfe, hoffentlich hatte ich mit den schwitzigen Griffeln keine Spuren darauf hinterlassen.
Erst jetzt bemerkte ich, dass alle anderen hinter mir zurückgetreten waren. Oh Gott. Stand ich gerade etwa als einzige zusammen mit der Sängerin vorne? Augenblicklich bewegte ich mich rückwärts zu den anderen, wobei mich Jimin ein wenig mit der Hand abfing, damit ich nicht einfach in sie alle hineinrauschte.
»Gut gemacht«, hauchte er mir ins Ohr. »Er wird dich dafür insgeheim hassen, dass er es nicht selbst tun durfte, aber trotzdem...gut gemacht.«
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