Kapitel 1
Ich stand vor dem Spiegel. Fünf Jahre waren vergangen und heute würde ich das aller erste mal meine Eltern wieder sehen. Nach fünf Jahren! Emy kicherte als ich ihr meine Klamotten zeigte und fragte was wohl besser an mir aussehen würde.
Ich zeigte ihr ein blaues Kleid, mit höheren Schuhen und einer schwarzen Brille. Außerdem waren eine lange Kette und goldene Ohrringe ein Teil des Outfits und rundeten das ganze ab.
Vor lauter Vorfreude, dass ich meine Eltern heute wieder sehen werde, ging ich in Noels Zimmer. Er hob mich hoch. "Princessa, heute ist dein Abreisetag was?", murmelte er bedrückt und ließ mich langsam wieder runter. Ich nickte und lächelte.
Es war nun fünf lange Jahre her und vier Jahre seitdem sich James von mir getrennt hatte. James meinte, er wäre nicht für eine Fernbeziehung geschaffen und er würde es nicht aushalten so lange von mir getrennt zu sein, deshalb hatte er die Beziehung aufs Eis gelegt. Ich hatte die schlimmsten Schmerzen danach, der Liebeskummer zog mich tief in ein Loch und Emily war früher eine echt große Hilfe für mich, sie hatte mich nie alleine gelassen.
Noel und ich wurden beste Freunde und er hat mir tagtäglich mit den Kindern geholfen. Emily war jetzt elf Jahre. Die Zeit war verflogen.
Als ich jetzt an zuhause dachte und mir James in Erinnerung kam, zog sich alles in mir zusammen. Dieser brechende Schmerz war nach wie vor noch vorhanden und so schnell würde ich ihm das sicherlich auch nicht verzeihen. Jedoch hatte ich all die Jahre über nie wieder etwas von ihm gehört. Also wusste ich weder wo er wohnte und was er arbeitete.
Noel drehte mein Gesicht zu ihm. "Hey, jetzt bist du noch bei uns Amy. Wir gehen jetzt gemeinsam frühstücken runter und ich bringe dich dann zum Flughafen ja?", er Strich über meine Wange und ich nickte nur kurz. Es war schrecklich wieder gehen zu müssen, denn ich habe mich hier schrecklich wohl gefühlt, doch sie brauchten keine Nanny mehr.
Nach einem ausgiebigen Frühstück mit der Familie Blackwood ging ich hoch und fing meine Sachen an zu packen. Jedes Foto, welches mir unterkam und Noel und mich oder die Kinder zeigte, trieb mir Tränen in die Augen. Jemand klopfte im nächsten Moment an die Tür. Meine Schultern versteiften sich automatisch. Die Tür ging auf und Jason kam rein. Jason war der kleinste der Familie Blackwoods. Als ich vor fünf Jahren hier angekommen war, war er noch ein Baby gewesen. Es zerriss mir mein Herz als Jason rein und mir entgegen gelaufen kam. Ich nahm ihn fest in meine Arme und drückte ihn, stand gemeinsam mit ihm auf und begann ihn auf meinem Bett zu kitzeln. Er schrie und kicherte voller Freude.
Ich hielt inne als ich Noel an der Tür entdeckte. "Noel", murmelte ich außer Atem und stand gemeinsam mit Jason auf. Jason lief seinem Bruder entgegen, dieser nahm ihn hoch und wirbelte ihn in der Luft umher. Er war echt ein guter großer Bruder. Ich glaubte fast zu wissen, dass er der Beste Bruder war, den man haben konnte.
Noel kam ins Zimmer. "Wie ich sehe, hast du schon gepackt", wisperte er und ich konnte an seiner Haltung und dem Ausdruck in seinem Gesicht sehen, dass es ihm nicht leicht fiel mich heute gehen zu lassen, für eine ungewisse Zeit. Ich nickte. "Wir müssen los Amy", murmelte er dann und wandte den Blick ab, bevor er das Zimmer verließ. Ich seufzte und ging dann runter, wo sich die gesamte Familie versammelt hatte. Ich schluckte und unterdrückte Tränen, die in meinen Augen brannten. Es würde verdammt schwer werden Abschied zu nehmen und nun war es einfach so weit.
Ich nahm jedes einzelne Familienmitglied in den Arm und sie wünschten mir alle, alles gute für die Zukunft und hofften, mich wiederzusehen. Ich versichte Ihnen, dass ich irgendwann wieder zu Besuch kommen würde und verdrückte dann bei Angelika mehrere Tränen, bis ich dann schlussendlich die Koffer in den Kofferraum hievte.
Ich stieg ein und lehnte mich zurück.
Dann fuhr Noel mich zum Flughafen.
Während der Fahrt sagte niemand von uns irgendein Wort, womöglich ließen wir beide die Erlebnisse noch einmal Revue passieren und wussten nicht ganz wie wir uns voneinander verabschieden sollten. Die Freundschaft zwischen uns war so stark geworden über die Jahre, dass keiner einfach so Tschüss sagen konnte.
Als er dann vor dem gigantischen Flughafen hielt und mich kurz an sah, rutschte mir mein Herz in die Hose. Es war nicht die Angst zu fliegen, sondern viel mehr, meinem besten Freund mach's gut zu sagen. Abschiede waren nicht meine Stärke und das wieder zu tun, war schlimm für mich.
Wir gingen schweigend nebeneinander her und blieben dann in der riesigen Vorhalle stehen.
Noel zog mich dann in seine Arme und wisperte etwas in meine Haare, was ich nicht verstehen konnte. Bevor er mich an sah und schluckte. „Pass auf dich auf Amy und mach nie etwas, dass ich nicht auch tun würde. Und vergiss nicht dein Versprechen einmal die Woche mit mir zu skypen kleine", sagte er und strahlte übers Gesicht, wobei ich die kleine Sorgenfalte auf seiner Stirn sehen konnte.
„Mache ich und sei dir sicher, dass ich darauf nicht vergessen werde.", sagte ich und lächelte kurz, bevor ich ihn nochmal kurz umarmte und dann einen Schritt zurück trat. „Danke für die tolle Zeit hier, du hast sie zu etwas Besonderem gemacht Noel.", bedankte ich mich und drehte mich dann um.
Ich nahm mir fest vor mich nicht nochmal zu ihm umzudrehen.
Mein Weg bis zum Flugzeug dauerte wieder ewig und als ich endlich in meinem Sitz saß, aus dem Fenster starrte und in Gedanken versunken war, ließ ich die angestaute Luft raus aus meinem Körper. Ich lehnte meinen Kopf gegen die Lehne und schloss kurz die Augen.
Ich musste mich zum Glück um nicht viel kümmern in Berlin. Meine Eltern hatten mir eine Wohnung aufgetrieben, wobei ich ganz genau wusste, dass ich die ersten Monatsmieten von ihnen leihen mussten. Ich hatte mich in einem kleinen Café namens „Lovely Rosé" als Aushilfe beworben und hoffte sie würden mir bei einem persönlichen kennenlernen zusagen.
Meine Gedanken schweiften ab und ich fühlte mich etwas freier. Meine Augen fielen immer wieder zu, doch ich wollte den Start nicht verpassen. Ich hatte Glück und beim Ersten Flug anscheinend keinen Sitznachbar, was nur gut war auf einem Langstreckenflug.
Ich war erleichtert, als es nach einer Stunde Verspätung endlich losging und wir uns auf dem Weg zur Startbahn bewegten. Ich machte es mir nochmal gemütlicher in dem unbequemen Sitz. Das Flugzeug nahm enormes Tempo auf und startete so richtig durch, bevor wir uns kurz später auch schon in der Luft befanden und meine Augen endgültig zu fielen.
Als wir bei unserem ersten Zwischenstopp angekommen waren, wachte ich auf und blinzelte verschlafen. Ich hatte dringend das Bedürfnis auf die Toilette zu gehen und mir einen Kaffee zu holen. Sobald wird gelandet waren hievte ich meinen Habgepäckskoffer aus der Ablage über der Sitzreihe und fluchte vor mich hin. Ein etwas älterer Mann merkte mein Versuchen und half mir zum Glück.
Als wir allesamt das Flugzeug verließen und den Flughafen von Berlin betraten, merkte ich wie müde ich war, auch wenn ich ein paar Stunden Schlaf im Flugzeug genossen hatte. Ich streckte mich kurz und machte mich dann auf dem Weg zu den Damentoiletten.
Als auch das erledigt war, konnte ich endlich den anderen Passagieren in die große Empfangshalle folgen, um mir meinen Koffer vom Band zu holen. Dort warteten die Leute bereits ungeduldig. Ich merkte wie ich nervös wurde, sich aber auch gleichzeitig die Vorfreude in mir breit machte. Ein Tuten ließ erahnen, dass sich das Band gleich drehen würde und keine Sekunden später kamen die ersten Koffer. Da erblickte ich auch schon meinen und hievte ihn vom Band.
Ich war mittlerweile 25 Jahre alt und habe mich äußerlich, sowie auch innerlich meiner Einstellung sehr verändert. Ich fragte mich, ob meine Eltern sich auch verändert hatten, aber dies würde ich gleich erfahren, denn die Tür in die Berliner Welt öffnete sich und ich trat hindurch. Ich schluckte meinen Kloß hinunter und blickte mich dann um. Ich entdeckte meine Eltern am Ende des Empfangs und ging ihnen entgegen.
Mein Lächeln breitete sich auf mein ganzes Gesicht aus, sodass ich strahlend zuerst meine Mutter und dann meinen Vater in meine Arme schloss.
Es war ein sehr schönes Wiedersehen, meine Eltern fragten mich etwas auf der Fahrt zur Wohnung aus und ich antwortete müde auf ihre Fragen. Sie waren so lieb und hatten mir ein Bett besorgt, worüber ich sehr dankbar war.
Nun konnte ich mir ein Leben in Berlin aufbauen, denn ich hatte hier, außer meiner Familie sonst niemanden. Ich biss mir auf die Lippe, als wir an meiner alten Uni vorbei fuhren, an welcher ich mein Glück versucht hatte. Doch kann ich mir ein Leben hier in Berlin überhaupt noch vorstellen?
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