✿ Kapitel 4

Mit dem Entschluss, das ich ab sofort wieder soziale Aufführungen meide, da gestern alles schief gelaufen ist, was nur schief laufen kann, sitze ich jetzt am Esstisch mit meinen Eltern und stochere in meinem Essen rum.

Chase und Eliza haben mich zwar zu einer Party eingeladen, aber ich habe freundlich abgelehnt. Ich zähle die Tage, bis sie wohl endlich begreifen, wie komisch ich bin und sie sich von mir abwenden werden, wie jeder seit letztem Jahr.

Das ich gestern dann auch noch herausgefunden habe, das Hunter's Familie nicht so perfekt ist, wie sie scheint, hat es auch nicht gerade besser gemacht. Genauso, wie das ich für eine verfluchte Woche in irgendeinen Sumpf meine Abschlussfahrt habe. Ich bin vollkommen am Arsch.

„Und freust du dich schon auf deine Abschlussfahrt? Ich bin mir sicher, du wirst so viel Spaß haben." erzählt mir meine Mutter fröhlich.

Ja, was soll da nur schief gehen! „Ganz bestimmt."

„Hunter wird dich mitnehmen am Montag. Wir beide haben schon früh Termine, aber wir werden uns natürlich trotzdem von dir verabschieden." teilt mir mein Vater lächelnd mit.

Das wird Hunter bestimmt freuen. „Klingt gut."

„Alles gut? Du wirkst ein wenig müde und neben der Spur." bemerkt er besorgt und legt eine Hand an meine Stirn, was mich die Hände zu Fäusten ballen lässt.

Tja, wo soll ich anfangen? „Mir geht's gut."

Meine Mutter schlägt mit ihren Handinnenflächen auf den Tisch, was mich zusammenzucken lässt.

„Emery Millers, du erzählst jetzt sofort was los ist! Und komm mir gar nicht mit einer Ausrede. Du isst nicht, du gehst nicht mehr raus, du machst gar nichts. Was zum Teufel ist aus unserer Tochter geworden?"

Ist das vor mir meine Mutter oder endlich das wahre Gesicht von Amalia Millers? Ich habe nie etwas dazu gesagt, doch unsere Familie ist so scheinheilig und falsch, das es schon fast lächerlich ist. Dass lässt mich an Hunter denken, er wird das Gefühl bestimmt auch kennen. Ich will einfach meine Ruhe, aber um mir herum ist es immer so unfassbar laut. Bei Hunter bin ich immer zur Ruhe gekommen - was dass wohl heißen mag?

„Was aus mir geworden ist? Wenn es euch irgendwie interessiert hätte, wüsstest ihr wieso ich so geworden bin. Tut mir echt leid, wenn ich das perfekte Bild der Familie damit ins wanken bringe. Ihr schert euch doch gar nicht darum, wie es mir geht! Ihr wollt nur, das ich vor anderen ein schönes Lächeln aufsetze und meinen Job als perfekte Tochter abliefere. Also kommt nicht jetzt, nach so langer Zeit, und tut so als würde es euch irgendwie kümmern. Ich habe schon lange gelernt, wie ich alleine zurecht komme, also fühlt euch nicht verpflichtet mir gegenüber und macht so weiter wie immer. Mir geht es fantastisch und wenn ihr mir das nicht glaubt, dann ist dass euer Problem." brülle ich sie an und stehe ruckartig von meinem Stuhl auf.

Verunsichert stellt sich mein Vater neben mich und will mich an der Schulter packen, was ich gekonnt ausweiche.

„Fass mich nicht an! Fasst mich verdammt nochmal nicht an!"

Beinahe schon verängstigt beobachtet er mich. „Emery, beruhige dich. Was sagst du denn da? Wir lieben dich und machen uns Sorgen. Setz dich bitte wieder und lass uns darüber reden."

„Einen Scheiß werde ich tun. Ich gehe jetzt hoch und will niemanden mehr heute sehen." zische ich sie an.

Ich drehe mich um und wollte gerade nach dem Treppengeländer greifen, als mich die Stimme meiner Mutter inne halten lässt.

„Du setzt dich jetzt hin und isst. Wenn nicht, werden wir dich zu einem Psychologen bringen oder dich in eine Klinik einweisen."

Geschockt sehe ich sie an. „Dass ist nicht dein Ernst!"

„Komm schon, Em. Wir verlangen doch überhaupt nicht viel von dir." meint mein Dad besänftigend.

Herausfordernd blickt mich meine Mutter an, worauf ich die Augen schließe und mich wieder an den Tisch setze. Sie türmt mir noch mehr Essen auf den Teller, was ich halb weinend betrachte und dann in mich hineinzwänge. Es wurde kein einziges Mal mehr gesprochen, sie sahen mich einfach nur an, wie ich es aufgegessen habe und dann ohne ein weiteres Wort in mein Zimmer gerannt bin.

Trigger Warnung!

Nachdem ich mich vergewissert habe, das meine Tür abgeschlossen ist, stürme ich auf mein Badezimmer zu und stecke mir zwei Finger in den Rachen und übergebe mich. So oft, bis nichts mehr in meinem Magen übrig ist. Die letzten Tage, kam nicht viel heraus, aber dadurch, das ich heute ausreichend gegessen habe, dafür umso mehr.

Erschöpft lehne ich mich an einen Schrank und muss stark husten oder würgen, ich kann es nicht sagen. Ich fasse mir um den Hals und atme zitternd ein und aus.

Ein Lächeln schmückt mein Gesicht, bei der Erinnerung als ich das erste Mal die Gesichter sah, die mich jeden Tag fett genannt und mich jeden Tag weinend nach Hause gehen gelassen haben, bis ich hiermit anfing. Ich habe schnell abgenommen, zwar mit negativen Auswirkungen, aber fett hat mich keiner mehr genannt.

Ächzend stehe ich auf und wasche mir den Mund aus und meine Hände dazu. Als ich mein Spiegelbild betrachte, muss ich grimmig feststellen, das sich wieder rote Flecken an meinem Hals bilden - einer der Nachteile. Erschöpft wollte ich mich nur noch in mein Bett legen und am liebsten so lange schlafen, bis Montag ist und ich meine Eltern nicht mehr sehen muss. So wie heute habe ich sie noch nie erlebt und ich habe ehrlich gesagt Angst bekommen, was nichts Neues ist, ich habe vor allem Angst bekommen.

Was mich aber davon abhält ist, das durch meine gekippte Balkontür ein Geräusch hineindringt, dass mir unbekannt ist. Zuerst bekomme ich Panik, das vielleicht ein Einbrecher hier rein will, aber dann erkenne ich das Geräusch.

Schluchzen.

Verwirrt stelle ich mich an mein Fenster und was ich sehe lässt mir mein Herz langsam in ganz kleine Stücke brechen.

Hunter sitzt auf seinem Bett und hat die Hände in seinen Haaren vergraben, während er laut vor sich hin weint. Dann steht er ohne ein Ziel auf und wirft alles was ihm in den Weg kommt auf den Boden und flucht mit den verschiedensten Ausdrücken, bis er sich selbst auf den Boden setzt und stumm weiter weint.

Was ist passiert? Ich sollte wegsehen und mich nicht scheren, aber verdammt... es ist Hunter! Wie könnte ich tatenlos hier stehen?

Das was ich jetzt tue, wird vielleicht nicht die beste Idee sein, aber als ich sehe, das der Griff zu seinem Balkon offen ist, überlege ich nicht lange. Ich trete leise in die Freiheit und schwinge mich geschickt über das Geländer, wie ich es schon früher so oft getan habe.

Bei ihm angekommen, drücke ich vorsichtig die Tür auf und muss schlucken als ich das ganze Chaos sehe. Mit großer Überwindung setze ich mich neben ihn und schlinge meine Arme um ihn, was ihn endlich aufsehen lässt.

„W-was machst du hier? Geh, Emery." sagt er nicht überzeugend und will sich aus meinem Griff lösen.

Wenn er nur wüsste, wie sehr ich gerade über meinen Schatten gesprungen bin.

„Was ist los? Rede mit mir. Bitte... Hunter."

Er schließt seine Augen und ein weiteres Beben überkommt seinen Körper. „Es ist nichts. Du kannst gehen."

Um meine Worte zu unterstreichen, nehme ich sein Gesicht in meine Hände, was ihn stocken lässt. „Ich weiß, ich bin die letzte Person, die du gerade sehen willst, doch du kannst doch mit mir reden. Ich bin hier, ich war immer hier, Hunter. Ich kann es nicht sehen, wie du jeden Tag trauriger wirst. Bitte, Hunter. Lass mich für dich da sein. Wer ist denn sonst für dich da?"

Gequält verzieht er das Gesicht und hält sich die Hände davor und lässt den Tränen freien Lauf. Zögerlich setze ich mich auf seinen Schoß und nehme seine Hände vom Gesicht und lege sie um meinen Rücken. Hunter legt seinen Kopf an meine Schulter und schluchzt immer weiter, worauf ich einfach beruhigend durch seine Haare fahre und ihm über den Rücken streiche.

Wieso ich wohl bei Hunter meinen Schwur gelöst habe, niemanden je wieder näher als einen Meter zu kommen? Vielleicht weil ich tief im Inneren immer gewusst habe, das er nie eine Bedrohung für mich darstellt. Bei ihm war ich immer in Sicherheit.

Da er nur schlaff in meinen Armen hängt, frage ich „Geht's? Willst du darüber reden?"

Er räuspert sich beschämt, worauf ich von seinem Schoß klettere und mich gegenüber von ihm setze.

„Danke, dass hättest du nicht machen müssen. Du kannst jetzt gehen."

Ich lege meinen Kopf schief und nehme seine Hand in meine. „Dass hättest du wohl gerne. Komm schon, rede mit mir. Wir hatten doch nie Geheimnisse voneinander."

„Dass dachte ich auch." Traurig lächelt er mich an.

Fuck, hat er gesehen, wie ich in das Badezimmer gegangen bin? „W-was meinst du?"

„Du musst es nicht länger leugnen, nach einem Jahr kannst du ruhig dazu stehen." meint er neutral.

„Ich weiß nicht was du meinst." stelle ich mich dumm. Scheiße.

Er deutet auf meinen Hals. „Dafür, das du die Sache mit West stets leugnest, versteckst du es nicht besonders gut."

Ich würde gerne erleichtert aufatmen, aber das er denkt, das es Knutschflecken sind, macht es nicht besser.

„Das ist nicht dass, was du denkst."

Ein Grinsen macht sich in seinem Gesicht breit, dass sehr aufgesetzt aussieht. „Ich komme damit klar, du musst dich nicht mehr mit ihm verstecken."

„Da gibt es nichts zu verstecken, West und ich sind kein Paar und werden es auch nie werden." erzähle ich ehrlich.

„Aber trotzdem küsst und betatscht ihr euch." sagt er amüsiert.

Ich presse meine Lippen aufeinander und erwidere darauf nichts, was ihn nur angespannt nicken lässt. Gerade sagt er noch er kommt damit klar, aber trotzdem sieht er so aus, als würde er am liebsten kotzen. Ich verstehe ihn nicht.

„Warum hattest du gerade so einen Zusammenbruch? War es wegen deinem Vater?" frage ich zögerlich.

Er sieht sich im Zimmer um und seufzt. „Das war nichts. Ich habe nur nach etwas gesucht."

Lüge. Wieso sollte er sich auch mir anvertrauen? „Wieso, Hunter?"

Verwirrt zieht er die Augenbrauen zusammen. „Was, wieso?"

Ich balle meine Hände zu Fäusten und wispere leise „Wieso hasst du mich so sehr?"

Er zuckt zurück, als hätte ich ihm einen Schlag verpasst. „Emery, ich—"

„Du brauchst nicht lügen, ich verstehe es nur nicht. Was habe ich dir jemals getan? Wir waren beste Freunde! Unzertrennlich!" rufe ich aufgebracht und wische mir über die Wange, da eine Träne darüber läuft.

„Ich denke nicht, das jetzt der richtige Moment für dieses Gespräch ist." Sein Blickt wendet sich von mir ab und sieht überall hin, nur nicht zu mir.

Ich springe auf die Beine und stemme meine Arme in die Hüften. „Für dich ist anscheinend nie der richtige Moment! Sag mir warum ich ein verlogenes Miststück bin, sag mir warum du mich wie Dreck weggeworfen hast, sag es mir! Du kannst doch wohl nicht nur sauer sein, weil ich angeblich mit West geschlafen habe und selbst wenn, wen interessiert es schon? Ja, er ist dein bester Freund, aber was macht es schon? Was war es noch?"

Er steht ebenfalls auf und stellt sich dicht vor mir, worauf ich aber nicht zurückschrecke.

„Also gibst du es endlich zu, das du meinen besten Freund gefickt hast?"

Wütend hole ich aus und schlage ihn mit voller Kraft auf seine Wange, was auch mir irgendwie weh tut. „Du bist so ein Arschloch, Hunter."

Seine Hand ruht an seiner Wange und er blickt mich sauer an. „Verpiss dich und komm ja nicht wieder."

Ich versuche das Zittern meines Mundes zu unterdrücken. „Ich hoffe du wirst daran denken, wer in solchen Zeiten bei dir war und dich unterstützt hat, denn ich habe die Schnauze voll. Ich habe mich nie falsch dir gegenüber verhalten und so wie du mich behandelst habe ich nicht verdient. Frag dich doch mal, wo deine Freundin ist oder dein bester Freund, wo sind sie? Nicht hier, aber ich schon. Aber damit ist Schluss, ich dachte ich könnte mich dir irgendwie wieder annähern, doch du bist ein ganz anderer Mensch, als den, den ich in Erinnerung habe. Auch wenn ich das Ganze gerne geklärt hätte, muss ich mir das nicht gefallen lassen. Das war's."

Emotionslos sieht er mich an, worauf ich den Kopf schüttele. „Du hast nichts zu sagen?"

„Such dir eine andere Fahrgelegenheit am Montag." Damit wendet er sich ab und fängt an aufzuräumen.

Sprachlos betrachte ich ihn und zische zum Abschied „Du bist das Letzte."

Und während ich mich leise wieder in mein Zimmer begebe und mich bettfertig mache, frage ich mich, was ich denn nur falsch gemacht habe. Wieso gerade ich?

Wieso ist Hunter so?

Wieso musste gerade mein Leben so kommen?

Das Hunter's Abfuhr noch das kleinste Problem ist, was ich haben werde, wusste ich in dieser Nacht noch nicht.
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Hello Friends! Ich hoffe euch geht es fantastisch und ihr habt einen wundervollen Tag!🌼💛

Hunter ist echt ein sturer Kerl, oder? Ob sie sich wohl irgendwann wieder versöhnen? Was denkt ihr passiert als Nächstes?😏💕

Hab euch lieb. Vergleicht euer Leben nicht mit anderen Leuten. Es ist okay, wenn ihr länger für Sachen braucht oder es ganz anders angeht, als andere. Die Hauptsache ist, das ihr glücklich seid, wenn nicht... wozu lebt man dann überhaupt, wenn nicht für sich selbst?💘

Bis im nächsten Kapitel,
Adios, Friends!❤️

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