✿ Kapitel 12
Im Nachhinein betrachtet, war es vielleicht nicht die beste Idee Hunter in meinem Bett schlafen zu lassen, wenn ich in ihn verliebt bin.
Ich frage mich wie lange ich die Gefühle ihm gegenüber immer ignoriert oder abgewiesen habe. Wahrscheinlich schon seit ich ihn kenne. Vielleicht hätte eine Chance bestanden, das wir zusammen kommen, wenn ich ihm davon erzählt hätte.
Dann wäre das alles mit West wahrscheinlich nicht passiert und ich muss nicht Angst haben, wenn ich aus meinem Fenster sehe, das ich Francesca und Hunter beim Sex sehe.
Alleine bei dem Gedanken wird mir schlecht. Aber ich mische mich da nicht ein. Selbst wenn er sich trennen würde, wäre ich wohl kaum in der Verfassung eine Beziehung zu führen. Umarmungen kann ich gerade so — bei meinen Freunden — durchgehen lassen, aber intimeres... ich denke nicht.
Doch Hunter lässt mich dass irgendwie infrage stellen, als er mir die Haare aus dem Gesicht streicht und vorsichtig über meine Wange fährt.
Er weiß nicht, das ich wach bin, die Erkenntnis lässt mein Herz schneller schlagen und zögerlich die Augen öffnen. Als er sieht, das ich wach bin, hält er ertappt inne, lässt seine Hände aber wo sie sind.
„Tut mir leid." nuschelt er und beißt sich auf die Unterlippe.
Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. „Wofür?"
Er zieht seine Hand zurück. „Du magst es doch nicht, wenn man dich ohne Erlaubnis berührt."
Meine Wangen werden rot. „J-ja, ähm... ist schon gut. Du siehst besser aus. Geht's dir gut?"
Er blickt mir nervös in die Augen. „Ich habe Angst nach Hause zu gehen."
Ich rutsche näher zu ihm. „Hat Derry deinen Eltern gesagt, wieso du bei der Wache warst?"
„Ich denke nicht. Sie sollten nur herkommen und mich abholen, den Rest hätten sie vor Ort besprochen." Er hält sich die Hände vor das Gesicht. „Ich bin so eine Enttäuschung. Kein Wunder, das sie mich nicht holen wollten. Cole hätten sie direkt abgeholt. Obwohl so etwas würde er ja nie tun. Ich bin so ein wertloses Stück Scheiße."
Sauer drehe ich seinen Kopf zu mir und sehe ihm tief in die Augen. „Du hälst jetzt deinen Mund. Wenn ich nochmal höre, wie du so über dich redest, lasse ich dich nochmal auf den Asphalt fallen. Du bist kein Stück Scheiße, du warst es nie und wirst es nie sein. Wir lassen uns etwas einfallen, mach keine Panik."
Fest legt er seine Arme um meinen Rücken, was ich ihm überrascht gleichtue.
„Ich fühle mich so schlecht. Du hilfst mir immer aus der Patsche und ich tue gar nichts für dich. Wie geht's dir?"
Ich schlucke und sage wie aus der Pistole geschossen „Gut."
Er löst sich und betrachtet mich skeptisch. „Das glaube ich dir nicht. Was ist mit West? Deinen Eltern? Bist du glücklich mit Chase und Eliza?"
Bei dem letzten Teil muss ich lachen. „Du denkst doch nicht ernsthaft, das ich mit meinen besten Freunden zusammen bin?"
„Äh, doch? Habt ihr doch letztens gesagt." sagt er zögerlich.
Ich grinse. „Chase redet viel, dass müsste dir doch bekannt sein."
Erleichtert atmet er aus. „Ja."
„Wäre es denn schlimm, wenn es so wäre?"
„Nein!" erwidert er rasch. „Aber du könntest schnell verletzt werden und dass will ich nicht."
Ich pikse ihm in die Wange. „Süß."
Schüchtern lächelt er und räuspert sich. „Apropos... verdammt! Wie viel Uhr ist es eigentlich? Emi, wir müssen in die Schule."
Mein Wecker sagt, das es bereits 13 Uhr ist. „Vergiss es, wir sind schon fünf Stunden zu spät. Willst du etwas essen, du hast bestimmt Hunger. Ich mache dir etwas, komm."
Zügig stehe ich auf und laufe so rasch es eben mit meinen Krücken geht die Treppen nach unten in die Küche. Ich mache ihm zwei Toastscheiben mit Nutella und eine großzügige Portion Schokocornflakes. Ich stelle es ihm auf den Tisch und schenke uns beiden dann noch ein Glas O-Saft ein und setze mich zu ihm.
„Mein Lieblingsfrühstück." Breit lächelt er mich an. „Du hast es dir gemerkt."
Ich stütze mich auf meinen Armen auf. „Natürlich."
Er beißt in seinen Toast und kaut ein paar Mal, bis er sagt „Willst du nichts essen? Du hast doch— oh, guten Morgen, Mrs. Millers."
Ich drehe meinen Kopf und blicke meiner Mutter das erste Mal seit Tagen in das Gesicht.
„Was machst du denn hier?"
Sie schenkt sich einen Kaffee ein und antwortet zögernd „Ich habe heute keine Termine."
Mein Blick liegt wieder bei Hunter. „Aha."
„Em..." meint sie leise.
„Nein. Lass es." keife ich und sehe weiterhin stur zu Hunter, welcher uns innig beobachtet.
„Ich wollte dass nicht sagen. Du solltest dass auch gar nicht erfahren." teilt sie mir ernst mit und lehnt sich an die Küche.
„Ach, genau. Ihr macht die Sachen lieber hinter meinem Rücken, ich verstehe schon." lache ich gehässig.
„Sie wird dir helfen, du wirst sehen." Sie deutet auf mein Getränk. „Du siehst es vielleicht nicht, aber du merkst gar nicht mehr, das du nichts isst. Für dich ist es völlig normal geworden und dass ist gefährlich."
Wie kann sie das vor Hunter sagen?
„Halt die Klappe! Haltet euch aus meinem Leben raus und lasst mich in Ruhe. Und hör endlich auf so zu tun, als ob du dich um mich sorgst, denn dass tust du nicht."
„Es tut mir leid! Emery, lass und darüber reden." bittet sie mich, worauf ich mich kopfschüttelnd erhebe und gehe.
Ich hasse meine Krücken.
Ich hasse mein Mutter.
Ich hasse alles, aber besonders mich.
Ich sehe rot vor den Augen, weshalb ich in mein Zimmer humpele und meine Krücken wütend von mir schleudere und sie vor meinem Bett zum liegen kommen. Ich verziehe das Gesicht und schleife mich zu meinem Badezimmer, in dem ich mich einschließe und mich an meinem Waschbecken mit den Händen aufstemme.
Trigger Warnung!
Mein Brustkorb hebt sich hektisch, während ich mich im Spiegel betrachte. Ich bin so hässlich. Jetzt esse ich schon nur wenn ich kurz vor dem Kollaps stehe und trotzdem hängt das ganze Fett an mir.
Stumm suche ich ganz hinten in meiner Schublade nach meiner kleinen Pillenpackung, welche meine kleinen Lebensretter sind. Etwas beruhigter nehme ich eine raus und schlucke sie runter. Lächelnd sehe ich mich an und hoffe das die Tablette schnell wirkt und mein Fett verschwinden lässt.
Es klopft an der Tür. „Emi? Mach die Tür auf. Es bin nur ich."
Hektisch schließe ich die Packung und schließe die Schublade.
„Was machst du da drinnen? Aufmachen Millers, oder ich trete die Tür ein." droht er mir.
Ich schließe die Augen und humpele zur Tür, welche ich unsicher aufschließe und öffne. Hunter sieht mich besorgt an und legt einen Arm um meine Hüfte um mich zu meinem Bett zu leiten, worauf ich ihm ohne Einwand folge.
Er setzt sich dicht neben mich und fragt „Willst du mir sagen, was dass gerade war?"
Ich weiche seinem Blick aus. „Nein."
Seine Lippen verziehen sich zu einem Strich. „Ich mache mir Sorgen um dich."
„Solltest du nicht. Es war sowieso ein Fehler, das du hier geschlafen hast. Franziska wird bestimmt eifersüchtig werden, mach dir lieber um sie Sorgen."
Seine Hand legt sich streng auf meine Schulter. „Sie interessiert mich gerade einen Scheißdreck. Was ist los? Und wehe du lügst mich an."
„Es ist denke ich Zeit, das du gehst." erzähle ich neutral.
„Bullshit! Ich kenne dich schon mein ganzes Leben, ich weiß da ist irgendetwas. Emi, ich kenne dich doch." flüstert er zum Schluss leiser.
Ich blicke ihm ernst in die Augen. „Manchmal denkt man nur, das man eine Person kennt, obwohl man eigentlich keinen Schimmer hat, wer sie ist."
„Was soll das denn jetzt? Ich weiß, wer du bist. Ich weiß, das du nicht schwimmen kannst. Das du Angst hast im Dunkeln. Das wenn du alleine bist, du wild rumtanzt und wie eine Irre anfängst zu singen. Du schon immer mal nach New York zum Times Square wolltest. Du deinen Eltern schon immer den Rücken gekehrt und dein eigenes Ding gemacht hast. Du nie eine Beziehung eingehen willst, es sei denn die Person wird auch später dein Mann. Das du zwar nach außen immer fröhlich und abenteuerlustig wirkst, aber wenn du alleine bist, du oft alles infrage stellst und Selbstzweifel hast. Du—" Ich unterbreche ihn, indem ich meine Hand hebe.
„Stop. Hör auf." Ich sehe auf meine Beine und atme zittrig ein.
Verzweifelt kniet er sich zu mir und nimmt meine Hände. „Emi, bitte. Du kannst mir alles sagen, ich werde dir zuhören und dich auch nicht verurteilen. Egal, was es ist, ich stehe dir bei und lasse dich das nicht alleine durchmachen. Also?"
Ich öffne den Mund, aber es kommt kein Ton heraus. Es geht nicht. Ich kann ihm nicht erzählen, das die einzige Person, von der er dachte, sein Freund zu sein, eigentlich ein möglicher Vergewaltiger ist, der sich an seiner besten Freundin vergriffen hat. Dass würde ihn zerstören, er ist ja jetzt schon komplett am Ende. Mit meinen anderen Problemen, will ich gar nicht erst anfangen.
„Mir geht es gut, Hunter. Mach dir keine Sorgen." lächele ich ihn an und fahre durch seine Haare.
Sein Kiefer spannt sich an und er erhebt sich ohne ein weiteres Wort und geht zur Tür. Panisch stehe ich auf und greife nach meinen Krücken um ihm zu folgen. Vor der Haustür bleibt er stehen um sich seine Schuhe anzuziehen, als er mich erblickt, hält er kurz inne, wendet sich dann aber schnell der Tür zu.
„Warte!" Ich laufe schnell neben ihm. „Ich gehe mit."
„Vergiss es. Du bleibst hier."
„Dein Vater wird dich umbringen!"
Er zuckt mit den Schultern. „Und wenn schon."
„Ich glaube du tickst nicht richtig, du Affe. Weg da." Ich öffne die Tür und gehe einen Schritt nach draußen.
Er stellt sich neben mich und zieht mich zurück. „Du bleibst im Haus. Wenn du etwas für mich tun willst, dann bleib hier."
Meine Augen fangen an zu tränen, worauf ich mich an seine Brust schmiege. „Bitte, pass auf dich auf. Ich brauche dich noch."
Distanziert entfernt er sich. „Wirklich?"
Er beäugt mich nochmal, bevor er zu ihm rüber läuft und mich mit Schuldgefühlen zurücklässt. Leise fluchend trete ich wieder in's Haus, bleibe aber stocksteif stehen als ich eine laute Stimme höre. Ich spicke unauffällig zu den Lane's und betrachte die Situation. Hunter steht vor der Tür und sein Vater ihm gegenüber.
„Warum zum Teufel bist du nicht in der Schule? Deine Noten müssen glänzen, wenn du auf's College willst." schreit er ihn sauer an.
Hunter ballt seine Hände zu Fäusten. „Ich war bis jetzt bei den Miller's und falls es dich interessiert, Emery hat mich gestern abgeholt, weil ihr nicht gekommen seid."
Sein Vater stellt sich bedrohlich vor ihm. „Du bist selbst Schuld. Und was denkst du dir dabei Emery da mit reinzuziehen? Sie soll nicht so tief sinken wie du. Du könntest dir ein Beispiel an ihr nehmen."
„Du und Mum hättet mich holen sollen! Weißt du wie sich das angefühlt hat, als der Polizist mir gesagt hat, das meine eigenen Eltern mich nicht abholen werden!" ruft Hunter verzweifelt.
Sein Vater packt ihm am Hals und drückt ihn am Pfahl hinter ihm. „Stell keinen Blödsinn an, dann wärst du nicht in so einer Situation. Du bist eine Schande für die ganze Familie. Ich kann deinen Anblick nicht mehr ertragen. Was hast du angestellt?"
Hunter röchelt nach Luft. „L-lass l-los. B-bitte, ich k-kriege keine L-Luft."
Er drückt fester zu. „Was hast du Abschaum getan? Sieh mir in die Augen!"
Fluchend laufe ich auf die beiden zu. Sein Vater lässt ihn sofort los, als er mich erblickt und lächelnd die Hand zum Gruß hebt. Ich lächele zurück und würde ihm am liebsten eine Gabel in seinem Hals stechen, für dass was er Hunter antut. Dieser legt sich eine Hand an die Brust und atmet tief ein.
„Ich hoffe ich störe nicht. Ich habe ganz vergessen Hunter noch zu danken, für dass was er gestern für mich getan hat." begrüße ich sie.
Sein Vater sieht mich perplex an. „Was hat er denn getan?"
„Oh, ähm... wie Sie sehen, bin ich in Krücken und ein paar Leute haben sich lustig über mich gemacht. Hunter hat sie versucht mit Worten wegzudrängen, aber als einer dann angefangen hat zu schlagen, musste er sich natürlich verteidigen und hat zurückgeschlagen. Leider kam dann die Polizei und hat ihn mitgenommen, obwohl er nur meine Ehre verteidigt hat." Ich sehe Hunter besorgt an. „Danke nochmal. Ich schulde dir etwas."
„Hast du dass wirklich getan?" fragt sein Vater erstaunt.
Hunter blickt mich dankend an. „Ja, dass habe ich."
Er nickt. „Gut hast du das gemacht."
„Ich gehe dann auch mal wieder. Bis morgen, Hunter." Ich lächele ihn leicht an.
Seine Hand ist auf seinem Hals. „Wir sehen uns, Emery."
Ich drehe mich um und humpele in das Haus zurück, in dem ich als erstes mein Handy hervorhole und meine Nachrichten öffne.
Eliza, 9:01 Uhr: Wo bleibst du? Du kannst mich nicht mit Chase alleine lassen! Seine Behauptung bis jetzt alle fünf Minuten: »Chemiza ist unvollständig« HILF MIR!!
Eliza, 9:44 Uhr: Hunter fehlt auch... sag nicht ihr habt gerade etwas! Okay, dann störe ich natürlich nicht. Viel Spaß.
Emery, 14:33 Uhr: Sorry, ich hatte heute keine Lust. Und ich hatte nichts mit Hunter! Morgen ist Chemiza wieder vereint.
Schmunzelnd verlasse ich den Chat und öffne den, wieso ich eigentlich meine Nachrichten geöffnet habe.
Emery, 14:35 Uhr: Ich hoffe dir geht es gut. Ich hab dich lieb. Bitte, glaub mir.
Hunter: 14:37 Uhr: Danke für gerade eben.
Dass ist alles. Er ist sauer und ich kann es ihm nicht verübeln. Offensichtlich muss das Gespräch mit der nackten Wahrheit früher sein als gedacht, aber ich bin nicht bereit. Vielleicht will ich aber auch noch weiter in der Vorstellung leben, das alles nur ein Missverständnis und nichts passiert ist, auch wenn ich weiß, das es dass nicht ist.
Das meine kleine Blase mit Hoffnung bald zerplatzt und ich die bittere Wahrheit erfahre, wusste ich noch nicht und wäre dafür auch nicht annähernd vorbereitet gewesen.
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Hello Friends! Einen wunderschönen Tag euch und bleibt schön gesund!💗
Hunter wird neugieriger, ob er wohl dahinter kommt? Wie Em ihn wohl wieder für sich gewinnt? Was denkt ihr?😏💘
Hab euch lieb. Es ist okay, wenn ihr Zeit für euch nehmt. Es ist okay, wenn ihr erst später startet, als andere. Es ist okay, das zu machen, was man liebt. Es ist okay, wenn ihr euer Leben so leben wollt wie ihr es wollt. Es ist okay, im Moment zu leben und nicht voraus zu planen. Es ist okay, anders zu sein. Es ist okay❣️
Bis im nächsten Kapitel,
Adios, Friends!❤️
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