ᴢᴇʜɴᴛᴇs ᴋᴀᴘɪᴛᴇʟ
"An angel's smile is what you sell. You promise me heaven, then put me through hell" - You Give Love A Bad Name, Bon Jovi
Ich erwache genau in der Position, in der ich eingeschlafen bin. Auf dem Rücken und mit Louis auf meiner Brust, der sich fest an mich gedrückt und einen Arm um meinen Oberkörper geschlungen hat.
Auch an diesem Morgen schläft er etwas länger als ich, ganz im Gegensatz zu den Nächten, in denen wir uns noch nicht so nahe gewesen sind.
Ob er sich bei mir wirklich so wohl fühlt, dass er es einfach genießen kann, wie sich die Sache zwischen uns entwickelt hat, und nicht mehr so viel daran denken muss, dass er mich hier gegen meinen Willen festhält?
Als er dann mit verschlafenem Blick zu mir hoch blinzelt und mich zurückhaltend aber glücklich anlächelt, frisst sich das schlechte Gewissen langsam aber sicher in mein Inneres. Bis wir aufgestanden sind, kann ich mein Vorhaben noch gut verdrängen, aber sobald wir uns am Frühstückstisch gegenübersitzen, bin ich dazu nicht mehr in der Lage.
Die Schlüssel klimpern unter Louis' Shirt und der Blumentopf steht nach wie vor auf der Fensterbank. Meine Brust zieht sich zusammen, als ich daran denken muss, dass er sich darin kleine Apfelbäumchen heranzüchten will.
Er sieht heute irgendwie viel zu fröhlich dafür aus, was ich geplant habe, und ich frage mich für den Bruchteil einer Sekunde, ob es denn wirklich notwendig ist, ihm weh zu tun. Aber das ist es, denn irgendwie muss ich ihn außer Gefecht setzen und ich habe nur eine Chance. Wenn ich das versaue und er mich aufhalten kann, bevor ich es aus dem Wohnmobil schaffe, bekomme ich bestimmt nie wieder Gelegenheit zur Flucht oder auf sein Vertrauen.
"Ich gehe mich schnell duschen, dann können wir ja vielleicht irgendwas machen", lässt er mich schüchtern wissen und ich zwinge mich zu einem Lächeln, obwohl mir momentan gar nicht danach zumute ist. "Ich weiß, die Möglichkeiten sind begrenzt, aber..."
"Irgendwas finden wir schon", bringe ich mühevoll heraus und als er mich erneut so verdammt glücklich ansieht, sticht und schmerzt mein Herz.
Leise fluche ich vor mich hin und reibe mir fest übers Gesicht, um mir verdammt noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, was er mir angetan hat und dass er mich niemals freiwillig gehen lassen würde.
Ich weiß nicht, wie einem eine Zeitspanne gleichzeitig zu lange und zu kurz vorkommen kann, aber als er nach etwa zwanzig Minuten mit feuchten Haaren wieder aus dem Badezimmer kommt, wünsche ich mir im selben Atemzug, dass er umdreht, um ein paar weitere Stunden darin zu verbringen, und dass er schon viel früher fertig gewesen wäre, damit ich meine Tat bereits hinter mir hätte.
"Du sitzt ja noch immer da", stellt er fest und ich hole tief Luft, als er zu mir auf die Eckbank rutscht und mich besorgt ansieht. "Bist du okay?"
Langsam nicke ich und will schreien, so schlecht fühle ich mich, doch ich tue es nicht.
"Du hast wirklich schöne Augen, hat dir das schonmal jemand gesagt?"
Er zieht eine erstaunte Miene und wird dann in sekundenschnelle rot. "Nein, ich glaube nicht. Danke, Harry..."
Nicht dazu imstande etwas zu erwidern, sehe ich ihn an und ringe mit mir selbst. Es ist ein bisschen so, wie wenn man sich ein Pflaster abzieht. Man weiß, es wird schnell vorbeigehen und nur für einen Moment weh tun, aber trotzdem zögert man.
Erst als er Anstalten macht, aufzustehen, erwache ich aus meiner Starre und greife nach seiner Hand. Das Metall klirrt und er öffnet überrumpelt den Mund, als ich mich etwas ungelenk auf seinen Schoß schiebe und sein Gesicht umfasse.
"Harry, was-", setzt er an, doch ich gebe ihm nicht die Zeit, um fertigzusprechen. Mit einem dumpfen Pochen in meiner Brust senke ich meinen Kopf und küsse ihn.
Er keucht überrascht auf und zuckt zurück, aber ich lasse ihn nicht entkommen und bewege meine Lippen fester gegen seine. Einen schrecklichen Augenblick lange habe ich die Befürchtung, dass ich alles falsch interpretiert habe und Louis mich überhaupt nicht auf diese Art und Weise mag, doch als er den Kuss nach dem ersten Schockmoment hungrig erwidert, fällt mir ein Stein vom Herz.
Von meinem Herz, das nervös zu flattern beginnt, als ich seine Zunge an meiner spüre und er seine Hände in meinen Haaren vergräbt, um mich näher an sich zu ziehen.
Beinahe vergesse ich mich und meinen Plan und als mir das bewusst wird, erlaube ich es mir, ihn bloß noch ein klein wenig länger zu schmecken und seine Berührungen in mir aufzusaugen.
Doch ich weiß, dass ich nicht warten darf, bis der Moment verstrichen ist, und so löse ich meine Hände vorsichtig von ihm und öffne die Lider, um den Blumentopf zu lokalisieren.
Darauf bedacht, keine zu verdächtige Bewegung zu machen, strecke ich mich danach und als ich in die kühle Erde greife, kämpft sich ein dicker Kloß meinen Hals hinauf.
"Scheiße, es tut mir so leid", presse ich erstickt hervor, während ich mich von ihm löse und Louis kann nur noch verwirrt die Augen aufreißen, bevor ich ihm den Keramiktopf auf den Kopf krachen lassen.
Sein ganzer Körper erzittert unter dem Schlag und ein gequältes Geräusch dringt aus seiner Kehle. In seinem Gesicht steht der pure Schock, als er in meinen Armen zusammenbricht, und auch wenn jetzt vielleicht jede Sekunde zählt, bringe ich es nicht über mich, ihn einfach fallen zu lassen und mich aus dem Staub zu machen.
Tränen schießen mir in die Augen und ich lege mit zitternden Fingern meine Hand auf seine Haare, bei denen ich mir nicht mehr sicher bin, ob sie wegen der Dusche oder dem Blutrinnsal, das jetzt aus der Wunde, die ich verursacht habe, sickert, so feucht sind.
"Es tut mir so leid", schluchze ich und fühle mich hundeelend. Ich habe nicht einmal so fest zugeschlagen, wie ich es wahrscheinlich hätte tun sollen, um mir einen ordentlichen Vorsprung zu verschaffen, doch ich bereue es jetzt schon, auch wenn ich es seit Tagen vorgehabt habe.
Stumm weinend schiebe ich ihn von mir und lege ihn behutsam auf der Bank ab, nachdem ich ihm die Schlüssel abgenommen und meine Handschellen gelöst habe.
Er hat das Bewusstsein verloren und dass ich nicht sicher sein kann, wie schwer ich ihn verletzt habe, bereitet mir Magenkrämpfe.
Ich bin hin und her gerissen und ziehe kurz in Betracht einfach alles hinzuschmeißen, wofür ich gerade so gehandelt habe, doch dann reiße ich mich zusammen, ziehe mir meine Sachen an und stolpere mit einem letzten Blick auf Louis in die Freiheit.
Das Bild von ihm, so still und regungslos neben dem Esstisch, brennt sich in mein Gehirn ein und der Gedanke, dass ich ihn möglicherweise versehentlich umgebracht habe, ist so schrecklich, dass mir schlecht wird.
Mein Bein macht sich schon nach wenigen Schritten bemerkbar, aber ich schenke ihm keine Beachtung und kämpfe mich Schritt für Schritt durch den Wald. Ich habe keinen blassen Schimmer, in welche Richtung ich gehe oder was mich dort erwartet, aber ich versuche mich einfach darauf zu konzentrieren, weiterzulaufen und dem Drang zu widerstehen, umzudrehen und nach Louis zu sehen.
-
Ob das so eine kluge Idee gewesen ist?
Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende
Maybe
[1195 Wörter]
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