ᴀᴄʜᴛᴇs ᴋᴀᴘɪᴛᴇʟ
"And if I may just take your breath away I don't mind if there's not much to say" - Sweater Weather, The Neighborhood
Als ich erwache, bin ich mir im ersten Augenblick nicht sicher, wo ich mich befinde und was geschehen ist, bevor ich eingeschlafen bin. Erst nach und nach kommen die Bilder zurück und mir wird bewusst, wer es ist, der sich so fest an mich gekuschelt hat.
Blinzelnd hebe ich den Kopf aus einem Schopf weicher Haare, gegen die ich meine Wange gedrückt habe, und erblicke Louis, der noch immer friedlich in meiner Umarmung schlummert und sich nicht daran zu stören scheint, dass seine morgendliche Erektion gegen mein Bein drückt.
Er sieht total entspannt aus, wie er da neben mir liegt, und ich frage mich, ob ich ebenfalls in der Lage dazu wäre, so sorglos neben einer Person zu schlafen, bei der ich mir nicht sicher sein kann, ob sie mir nicht vielleicht in der Nacht etwas antut.
Wieder weckt er mein Mitleid und bereitet mir ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn und seine Unsicherheit und Einsamkeit so schamlos ausnutze, doch ich verdränge diese Gedanken und rufe mir in Erinnerung, dass er es nicht anders verdient hat und meine bevorstehende Flucht von Sekunde zu Sekunde der Zuneigung näherrückt.
Mit einem Seufzen lasse ich mich zurück auf den Polster sinken und vergrabe mein Gesicht zögernd wieder an seinem Hinterkopf. Er ist warm und mit jedem Atemzug nehme ich seinen Geruch tief in mir auf, was sich zu meinem Bedauern sehr nett anfühlt.
Am liebsten würde ich es verabscheuen, ihn so dicht an mir zu haben, doch ich tue es nicht. Es lässt sich nichts Negatives daran finden, ihn im Arm halten und Nähe genießen zu können, auch wenn die Umstände natürlich nicht sehr ansprechend sind.
Ich bin kurz davor, noch einmal einzunicken, als ein kleiner Ruck durch Louis' Körper geht, und ich augenblicklich wieder hellwach bin.
Seine Brust hebt und senkt sich nun deutlicher unter meiner Hand und auch sein Herz nimmt wieder Fahrt auf, weshalb ich mir ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen kann.
Hörbar atmend dreht er sich, wie in Zeitlupe, so gut er kann zu mir um und macht ein erschrockenes Gesicht, als ich ihn direkt anstarre. Errötend holt er tief Luft und rollt sich nun ganz auf den Rücken, wodurch ich ungewollt etwas auf ihn rutsche.
"Guten Morgen", ist das Erstbeste, was mir einfällt, und er sieht mich ein paar schwere Atemzüge lang nur an, als könnte er nicht begreifen, was passiert ist.
"H-Hi", stottert er und nimmt seine Lippe wie so oft in Angriff.
"Irgendwann beißt du sie dir ab", bemerke ich und er hält überrascht inne, um dann unsicher aufzulachen und merklich zu schlucken.
"Wie hast... also, ich meine, hast du gut geschlafen?", bringt er mit Mühe und Not einen sinnvollen Satz hervor und ich schenke ihm ein kleines Lächeln, das mir heute besorgniserregend leicht fällt.
"Habe ich. Und was ist mit dir?"
"Ja, ich auch... ich finde es sehr schön", erwidert er und seine Stimme zittert nervös. "Es tut mir leid, dass ich... eine Morgenlatte habe. Das ist nicht, weil ich mich irgendwie an dir oder deiner Situation aufgeile." Bedeutungsvoll hebt er seine an mich gekettete Hand und ich muss fast lachen, weil er so hilflos und überfordert ist.
"Louis, ich bin auch ein Mann, ich weiß, dass das nicht bewusst passiert."
Er sieht bloß aus seinen hübschen, blauen Augen zu mir hoch und mir wird mehr und mehr klar, dass ich diese Sache nicht zu Ende gedacht habe. Dass ich es ausprobieren will, abends im Bett seine Nähe zu suchen, habe ich schnell beschlossen, aber ich habe keinen Gedanken daran verschwendet, wie es am nächsten Morgen weitergehen soll, wenn ich es geschafft habe.
Planlos und darum bemüht, mir irgendetwas einfallen zu lassen, blicke ich auf Louis' schüchternes Lächeln und seinen unschlüssigen Gesichtsausdruck hinunter.
Er hat mit Sicherheit genauso wenig wie ich eine Ahnung davon, wie es jetzt weitergeht, also schiebe ich meinen Kopf in seine Halsbeuge, um ihn nicht ansehen zu müssen und in Ruhe überlegen zu können.
Glaubt er wirklich, ich hätte Interesse oder gar Gefühle für ihn entwickelt? Denkt er, ich hätte mich nach nur fünf Tagen Hals über Kopf in ihn verschossen? So naiv kann man eigentlich gar nicht sein. Oder hofft er all das nur?
So wie er sich verhält, hat ihm noch nie ein Mann Avancen gemacht, und vielleicht bildet er sich ein, dass ihm das Leben nach den Schickalsschlägen und dem schrecklichen vergangenen Jahr endlich etwas Gutes schenkt.
Auf einmal spüre ich seine Hand an meinem Hinterkopf und wie er mir mit den Finger durchs Haar fährt. Er streichelt mich und es fühlt sich gut an.
Nachdenklich frage ich mich, ob ich meinen Plan jetzt schon vollenden und ihn küssen soll, doch ich habe nichts in greifbarer Nähe, womit ich ihn bewusstlos schlagen kann, weshalb ich mich dazu entscheide, das auf den nächsten Tag zu verlegen.
Außerdem schadet es bestimmt nicht, ihn noch etwas mehr einzulullen und meinem Bein ein paar weitere Stunden Ruhe zu gönnen, bevor ich mich durch den Wald kämpfe.
Für heute reicht es mir, zu wissen, dass Louis mich mit Sicherheit fast alles mit ihm machen lassen würde, wenn ich es denn wollte. Zumindest was Dinge wie einen Kuss angeht.
Es ist fast schon ein bisschen lächerlich, dass er noch keinen Verdacht geschöpft oder diesen zumindest noch nicht geäußert hat. Er erinnert mich irgendwie an einen verknallten Schuljungen, der seine Hormone nicht im Griff hat. Ein wenig wie ich in der Grundschule, als ich unsterblich in das Mädchen aus der Sekundarstufe verliebt war, obwohl ich noch nicht einmal ihren Namen gewusst habe und sie natürlich nichts von einem vier Jahre jüngeren Bub wollte.
Es hat mir das Herz gebrochen, als mein bester Freund Liam, der drei Stufen über mir war, nur eine Woche später mit ihr gegangen ist, aber er konnte nichts dafür, weil ich es ihm nicht gesagt habe. Und als er dann bei einem Nachmittag voll Knetfiguren und Playmobil mein Geständnis gehört hat, hat er mit ihr Schluss gemacht.
Der Gedanke daran bringt mich zum Lächeln, auch wenn es schade ist, dass ich und Liam kaum noch Kontakt haben. Aber so ist das eben, man lebt sich auseinander.
Trotzdem stelle ich mir die Frage, ob er mir vielleicht geschrieben hat, wie er es alle paar Wochen einmal macht, wenn er nicht gerade einen Mandanten vertritt, und sich wundert, weil ich ihm nicht antworte. Oder ob Gemma mir verziehen und sich dazu entschlossen hat, den Streit zu beenden. Ich stelle mir vor, wie sie angerufen und nach dem nicht enden wollenden Tuten aufgegeben hat, denkend, dass ich nicht mit ihr reden will.
"Möchtest du einen Kaffee haben?", reißt mich Louis leise zurück ins Hier und Jetzt und ich hebe den Kopf.
"Ja, gerne", antworte ich und mir wird das Herz schwer, bei dem Gedanken daran, was ich morgen mit ihm vorhabe.
-
Na, was denkt ihr? Wie klug ist Harrys Vorhaben?
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende :)
Maybe
[1168 Wörter]
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