💠Shooting Star💠
Jisung fühlte sich in der Endloskeit gefangen. Das Gold, welches ihn umgab, erdrückte ihn. Es hatte das Leuchten in seinen Adern erstickt, so gründlich, als hätte jemand das Licht mit Schatten gelöscht. Selbst in diesem Kasten konnte er das Rauschen der Bäume hören, sie sangen ein Lied. Ein uraltes, längst vergangenes Lied von einer erhabenen Welt, wo der Frieden, die Blumen zum Blühen brachte und kein Blut ihre Wurzeln befleckte. Er hörte ihr Lied, dass mehr einem Klagen glich, als der Schönheit, die sie sonst vermittelten und er hoffte, sie würden irgendwann wieder fröhlich werden.
Der Blauhaarige schüttelte den Kopf. Trotz der Ketten an seinen Armen und Beinen würde er nicht kleinbeigegeben. Er würde es nicht zulassen, würde nicht versagen.
"Sieh an, sieh an, der Prinz ist wach. Herzlich Willkommen bei dieser großartigen Party! Es wurde langsam Zeit, dass du aufwachst, ansonsten verpasst du ja den ganzen Spaß!", ertönte Jin-Aes von Sarkasmus triefender Stimme. Jisung hatte ganz vergessen, was für eine nervtötende Persönlichkeit sie war. Auch wenn sie all ihre Nettigkeit vorgegaukelt hatte, dass sie eine falsche Schlange war, konnte man ihr ansehen, beinahe riechen! Doch das spielte mittlerweile keine Rolle mehr, es saß fest und wenn niemand ihn retten konnte, würde sie ihn, warum auch immer er in diesem Sarg lag, sterben lassen.
"Du fragst dich sicherlich, warum Du da drin steckst", säuselte sie und klopfte energisch auf dem Glas herum, sodass es in seinen Ohren zu klirren begann.
"Das hat einen ganz einfachen Grund. Du weißt sicherlich, dass es vor langer Zeit mal drei Perlen gab, stimmt's?"
Sie nickte auf ihre eigene Frage, während Jisung versuchte sich irgendwie zu befreien. Er ruckelte an den Ketten, doch sie waren felsenfest in dem Sarg verankert. Die weitaus schlimmere Tatsache war jedoch, dass die Luft in dem Kasten dünner wurde, je mehr Aufwand der Blauhaarige betrieb, um sich zu befreien. Er mahnte sich innerlich zur Ruhe, jetzt war nicht die Zeit zur Panik, auch wenn der Schweiß sich längst einen Weg durch seinen Pullover bahnte. Er erwiderte nichts, um Luft zu sparen.
"Zwei sind verloren gegangen, aber um genug Magie und Kraft aufzuwenden, brauche ich alle drei, damit ich endlich ein neues Zeitalter eröffnen kann, und deswegen bist du da drin. Da es nur noch eine Perle gibt, die in dir versteckt ist, dient dieser Sarg als Katalysator, um mehr Kraft zu bündeln. Die Kraft der Perle."
Jisungs Augen weiteten sich bei dieser Erkenntnis. Das, das konnte sie nicht tun. Das würde bedeuten....
"Ich sehe es an deinem Blick. Du weißt, was mit dir passieren würde, oder? Nicht schön, aber es dient einem höheren Nutzen!"
Den Blauhaarigen durchzuckte das blanke Entsetzen und die schiere Angst kroch durch ihn hindurch, versetzte jedes bisschen seines Körpers in ein Gefühlschaos, dass ihn zur Ohnmacht trieb. Wenn das, was sie meinte, stimmte, und Jisung glaubte dieser Wahnsinnigen jedes Wort, dann bedeutete dies, dass von ihm höchstens ein Haufen Asche übrig bleiben würde, denn sein menschlicher Körper könnte dem Druck des Sarges, der uralten Magie darin, nicht standhalten. Seine Lippen begann zu Zittern, als er an Minho dachte und an die Tatsache, dass ihnen keine Zeit vergönnt war. Und er hoffte, hoffte aus dem tiefsten Inneren, seines geschundenen, zerbröckelnden Herzens, dass Minho und Seungmin, Felix und Changbin, Hyunjin und Chan und Jeongin überlebten, dass die anderen des Internates überlebten.
Dass sie eine Zukunft hatten.
"Nicht doch, du musst nicht weinen, mein kleiner Prinz, du stirbst zum Wohle der Gemeinschaft! Etwas heroischeres gibt es gar nicht!"
Jisung blinzelte die Tränen beiseite. Er unterdrückte seinen Schrei nicht und er fixierte diese Hexe mit einem Todesblick. Er konnte und wollte nicht. Er hatte es Gaya versprochen, er hatte es Han-Jae versprochen.
Er würde nicht kampflos gehen.
Han Jisung gab nicht auf. Niemals.
Wie in Zeitlupe wurde Jin-Ae auf einmal zur Seite gestoßen. Von einer riesigen Eislanze, sodass sie Meter weit flog. Jisung wusste zum wem diese Magie gehörte, wessen Macht diese Heucherlin bis ans Ende der Welt bugsieren könnte.
Minho.
Das Gesicht des Braunhaarigen erschien in seinem Blickfeld und den Blauhaarigen durchflutete Erleichterung. Das war Minho, der echte, leibhaftige Lee Minho, dessen schiefes Grinsen Jisungs Herz zum Explodieren brachte.
"Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen."
Der Mensch schüttelte den Kopf und wünschte sich, dass er die Sirene küssen könnte.
Irgendwie hatte er dieses Bedürfnis danach.
Ihr Moment wurde schier von einer Horde dieser ekelerregenden Monster gestört. Minho war noch so frei und fror das Schloss des Sarges ein, um es anschließend mit einem Fußtritt zum Brechen zu bringen. Ab da verfolgte Jisung das Geschehnis mit frischer Luft in seinen Lungen, während er aus dem vergoldeten Glaskasten sprang und sich selbst an den Fesseln probierte. Natürlich war dies ein Unterfangen, dass er nicht selber bewerkstelligen konnte, da er weder eine Nadel, noch Schlüssel, oder Magie besaß, die ihm nützlich sein konnte. Er atmete tief ein und aus, zügelte die Panik und beobachtete Minho, wie er mit geübten Fingern jede Bestie ausmerzte und in ihre jeweiligen Löcher schickte. Und auf gewisse Weise war Jisung beeindruckt mit welcher Leichtigkeit ihm das Töten dieser Monster fiel. Wie ein Tänzer auf der großen Bühne. Es war ein Tanz, den Minho für sich schon Jahrhunderte üben musste und es wirkte nahezu perfekt. Wenn er mal keine Magie verwendete, schlug er so fest zu, dass die Köpfe der Gegner gespalten wurden.
Wie Melonen, die auf den Boden krachten.
Ehe sich der Blauhaarige rühren konnte, fand er sich in einer festen Umarmung wieder, wo sie beiden erleichtert den Duft des jeweils anderen einatmeten.
"Du hast mich gerettet", flüsterte Jisung.
Irgendwo in weiter Ferne hörten sie ein Brüllen. Ein grausiges, wütendes Brüllen, worin der Hass der Welt verborgen war.
Jin-Ae.
Sie war auf den Weg zu ihnen.
"Du musst gehen. Ich werde sie aufhalten."
Jisung starrte zu Minho hoch und das Funkeln darin, beruhigte ihn.
Minho würde gewinnen. Seine Handgelenke wurden eiskalt, als die Magie der Sirene darüber streifte, um seine Fesseln zu lösen.
"Weißt du, ich habe niemals daran geglaubt, dass Schönheit in Selbstzerstörung zu finden ist. Und dann habe ich dich gesehen. Und deine Augen erzählten Geschichten mit gefährlichen Anfängen und verlorenen Enden, wo jede Seite durch Farben atmete."
Minho lächelte ihn an, strich ihm behutsam über die aufgeschnittenen, blutigen Wangen.
"Ich werde dich lieben, so wie die See liebt. In sanften Wellen und grausamen Stürmen."
Jisung lachte, trotz ihrer Situation. Und er konnte nicht anders, als sich das Lauffeuer purer Freude in seinem Körper entfachte und führte seine Lippen auf die von Minho. Eine Explosion an Magie, die sich durch ihre Körper grub. Eine Art unsichtbares Band webte sich in ihre Herzen, strahlte heller, als die Sonne als die Sterne, strahlte heller als eine Supernova. Es war Licht und Leben und Liebe in ihnen und es war echt.
"Darauf wette ich, Lee Minho, also stirb nicht, wir haben noch eine lange Zeit vor uns."
Jisung begann in dem intensivsten Ton zu leuchten, welchen er jemals in sich heraufbeschwor. Minho hatte etwas in ihm wachgerüttelt und er hatte einen Plan. Er musste zugeben, diese Idee war waghalsig, wahnsinnig dämlich und gefährlich, aber es würde ihnen Zeit verschaffen, es würde sie retten.
Denn jetzt war es an der Zeit sich seiner Angst zu stellen, es war an der Zeit, die Perle in sich zu wecken, um dem Ganzen einem Ende zu bereiten.
Es war an der Zeit zu kämpfen.
Er rannte und rannte und rannte, an Schüler, Monstern, Verletzten, Meerjungfrauen, Meermänner und Sirenen, vorbei, an all jenen, die ihm stets ein offenes Ohr geliehen hatten, die ihm stets halfen, wann immer er in dieser Dunkelheit gefangen war. Und mit seinem Leuchten, mit der Perle, lockte er diese Wesen aus der anderen Welt, von seinen Kameraden weg.
Sie folgten ihm, wie die Motten zum Licht. Denn so war es gedacht. Er wusste schon als er in den Sarg gesperrt wurde, was seine Aufgabe war, was er zu tun hatte, welches Opfer er vollbringen musste.
Jisung begann zu schnaufen, doch seine Beine trugen ihn, trotz des Brennens, weiter. Weiter und weiter, während sich immer mehr Monster anschlossen. Sie jagten ihn mit dem größten Vergnügen. Jisung konnte ihre Grimassen förmlich in seinem Rücken spüren.
Ein Blick zurück, zeigte ihm, dass sich, ohne Probleme, jede der Bestien, an denen er vorbeirannte, ihm nähern wollte, ihn persönlich töten wollte, um ihrer Gebieterin eine Trophäe zu überreichen.
Und er sah, dass einige wenige, die von diesen Monster unterjocht wurden, frei kamen, unter anderem Felix, der sich mühselig auf die Beine kämpfte. Jisung entdeckte Jisoo, die sich an einem Baum stützte, um Halt zu haben. Ihre blutende Kopfwunde sah übel aus. In weiter Ferne konnte er Changbins Magie emporzüngeln sehen und auch die von Chan. Jungkook lag am Boden, während sich Jimin schützend vor ihn stellte, als eins der Wesen sie angreifen wollte. Jedoch erblickte es Jisung, wie er strahlend wie die Sonne über die Wiese rannte, wie der Schnee seine Schuhe durchnässte, auch wenn das sein kleinstes Problem war. Das Einzige, was zählte, war, dass die anderen okay waren, dass es ihnen gut ging, dass sie in Sicherheit sein würden. Er wusste, dass die nächste Angriffswelle bevorstand.
Demzufolge mussten die anderen bereit sein, wenn er es nicht mehr konnte.
In seinem rechten Augenwinkel erkannte er Seungmin, der wild mit seinen Armen fuchtelte, als könne er ihn von seiner Idee abbringen.
Jisung lächelt. Und er wusste, tief in seinem Inneren, dass die anderen ihm für diese Tat verzeihen würden.
"JISUNG! TUE ES NICHT!", hörte er Jeongin Kreischen, und diese Kreischen ging ihm durch Mark und Bein, erschütterte sogar die Bestien hinter ihm, doch hielt er nicht an. Er sprintete mit der Kraft, die seine Beine noch erübrigten, mit der Luft, die noch in seinen Lungen war, auf die Klippe zu.
Und bevor er das Ende erreichte, bevor er leuchtend wie der Himmel, die Monster mit sich zog, ertönte eine Stimme in seinem Kopf. Eine ihm allzu bekannte Stimme.
Gaya.
Du musst brennen, du musst höher brennen.
Brenne für alles, was du jemals wolltest.
Für alles, was du verloren hast, jeden Riss in deinem Herzen, jedes Stück in jedem unersetzlichen Moment.
Brenne für die Liebe,
für die Angst, für das Leben.
Brenne so schnell und so lange du kannst.
Du musst brennen! Brenne, Ji!
Weil nichts auf dieser Welt dich schneller töten könnte, als ein sterbendes Feuer.
Und dann explodierte er in einer einzig, riesigen Flamme.
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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen! Das vorletzte Kapitel, ich weine gleich, meine Güte.
Wie fandet Ihr das Kapitel? Was sagt ihr zu Jisungs Idee? Seinem Opfer?
Kim Seungmin
Yang Jeongin
Lee Minho
Feel free to comment!
Erin🌸
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