💠Home💠
Mit wachsender Unruhe beobachtete Minho die Tür, durch welche Jisung mit seiner Zimmerelfe vor knapp zwei Stunden verschwunden war. Irgendwas stimmte nicht, weswegen er alarmierende Blicke Richtung der Rektorin sendete. Diese hatte ihn zur Kenntnis genommen und einen Lehrer losgeschickt, der ebenfalls bisher noch nicht zurückgekommen war.
"Beruhige dich!", mahnte Chan an seiner Seite.
"Wenn du weiter so dreinschaust, kühlst du den ganzen Raum runter."
Die Sirene seufzte und trank ein Schluck von dem Punsch. Alkohol wäre ihm lieber, doch das war Wunschdenken an dieser Schule. Eine Erinnerung sprang in sein Gedächtnis, weswegen er grinsen musste.
"Denkst du auch gerade an Kuba?", lachte Chan vergnügt und begann Felix und Jeongin beim Tanzen zu betrachten.
"Er ist mein Enaid, weißt du?"
Minhos Augen wurden ungewollt größer.
Das hatte er nicht vermutet. Gut, um fair zu sein, scherte er sich nicht besonders um andere. Obwohl sich dieses Verhalten mittlerweile gebessert hat. Mit Überraschung und Sorge verfolgte er die Verwandlung in sich selbst. Auch wenn er stets ein Einzelkämpfer gewesen war, mittlerweile fand er Gefallen daran mit diesem bunt gemischten Haufen von Individuen zusammen zu sein. Zu wissen, dass sie ihn unterstützten, ihn beschützten, ihm zuhörten. Gefühle regten sich in ihm, Gefühle, die sein Jahrhunderten tief in ihm verschlossen waren. Und nicht nur diese sechs Meermänner und Sirenen hatte das bewirkt, sondern allen voran Han Jisung.
Sein Enaid.
"Wann hast du es gemerkt?", wollte Minho wissen und blickte zur Tür, in der Hoffnung Jisungs Lächeln zu sehen.
Dieses Strahlen, dessen Kraft ihm stets eine Gänsehaut bescherte.
"Als wir von dieser Schlange angegriffen wurden. In diesem Moment, als sie mit ihrem Laserstrahl aushohlen wollte, durchfuhr mich dieser Stich, dieses Wissen. Und das Verlangen, dass ich es Jeongin erzählen musste."
Minho schmunzelte. Er freute sich für den Älteren. Wenn es jemand verdient hatte, dann Chan, denn er hatte so vielen geholfen. So viele verlorene Seelen wieder auf den richtigen Weg gebracht.
Beinahe wie ein Messias.
Ehe der Blonde ihn ebenfalls fragen konnte, öffnete sich die Flügeltür. Minhos Kopf wirbelte herum und erblickte Jisung, dessen Augen ihn voller Leere ersuchten. Mit trägen Schritten kam er näher.
Die Musik hatte gestoppt, die Schüler hörten auf zu Tanzen. Irgendwas stimmte nicht.
Minho schlang die Arme um Jisung, fühlte das Zittern seines Körpers. Und in diesem Moment merkte die Sirene, wie zerbrechlich der Blauhaarige wirklich war. Sein zerrissenes Hemd, seine geschwollenen, roten Augen brachten eine böse Vorahnung in ihm auf.
"Leute, darf ich vorstellen, meine biologischen Eltern", hauchte er erschöpft und zeigte zum Eingang.
Durch die Flügeltür traten zwei Gestalten, die die Sirene nur allzu gut kannte. Ein Raunen drang durch den Saal und füllte jeden Anwesenden mit Ehrfurcht. Es war Seungmin, der als Erstes auf die Knie sank, dann folgte Jeongin und Felix, bis jede einzelne Meerjungfrau und jeder Meermann sich vor ihrem Königspaar verbeugte.
Auch die Sirenen sanken zu Boden.
Der Braunhaarige merkte Jisung an, dass er keine Ahnung hatte, was gerade geschah, bis seine Augen sich vor Überraschung weiteten.
"IHR SEID DAS KÖNIGSPAAR DER MEERJUNGFRAUEN UND HABT ES MIR NICHT ERZÄHLT?", spie er zischend und erntete empörte Äußerungen seitens der Fraktion ihrer Rasse. Minho konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Das war Han Jisung wie er leib und lebte. Auch wenn er angeschlagen war. Er merkte, dass der Mensch zu schwanken drohte, weswegen die Sirene zu seiner Seite eilte und ihn stützte.
Die Königin kratzte sich verlegen an der Wange, während sich die restlichen Schüler wieder erhoben. Noch immer sprachen alle durcheinander, dass man beinahe kein Wort verstand.
"Weißt du, wir haben dir vor einigen Minuten so viel eröffnet, da wollten wir dir nicht noch mehr zumuten."
Jisung verdrehte die Augen und seufzte genervt.
"Aber sie es positiv, Champ, du bist jetzt ein Prinz!", versuchte der König die Situation zu retten, doch er machte es nur noch schlimmer. Jisung entsandte ihm einen wütenden Blick, der so viel besagte wie:
Noch ein Wort und ich töte dich.
Nicht das er eine Chance hätte, aber die Geste zählte. Erleichterung durchflutete Minho, als sein Körper endlich verstand, dass Jisung bei ihm war, er lebte. Die Möglichkeit, dass etwas passiert sein musste, schien in ihm erst jetzt wieder präsent zu werden. Aber es war Uranus, der fragte, wo Gaya war.
"Wo ist sie, Kleiner? Ihr seid doch gemeinsam gegangen, oder?"
Augenblicklich legte sich Traurigkeit und Schmerz über das Gesicht des Blauhaarigen, weswegen Minho versucht war sich zu beruhigen. Er hatte das Bedürfnis irgendwas zu zerschmettern, denn diesen Blick, diesen Blick voller Trauer und Angst wollte der Braunhaarige nie wieder an Jisung sehen. Nie wieder.
Der Mensch atmete zittrig ein und aus, ehe er von seiner Begegnung in der Gruft berichtete, von der Verfolgungsjagd, von Gayas Aufopferung, von Jin-Aes Verrat, von der Tatsache, dass er die Perle war. Einfach alles, was in den letzten zwei Stunden weit unter ihnen geschehen war, während sie hier munter gefeiert hatten.
Minho begann auf Durchzug zu stellen, denn er ahnte was gleich geschehen würde. Uranus kam auf Jisung zu. Mit erhobenem Finger. Mit wutverzerrtem Gesicht und Tränen, die einen ganzen See fühlen konnten.
"DU! DU HAST SIE IM STICH GELASSEN! DU HÄTTEST SIE RETTEN KÖNNEN, DU DUMMER, DUMMER MENSCH! FAHR ZUR HÖLLE!", brüllte er und bündelte seine Kraft, jedoch ließen das Felix, Seungmin und Jeongin nicht zu. Auch Minho nicht. Niemand würde seinen Enaid verletzen, und niemand würde den Prinzen der Meeresbewohner angreifen ohne glimpflich davon kommen zu können.
"Es tut mir leid, es tut mir so schrecklich leid, ich wollte, ich konnte, es tut mir so leid", murmelte der Blauhaarige und wischte sich über das Gesicht.
"Sie hatte dich mit ihrem ganzen, vollen, großartigen Herzen geliebt, genau wie ich sie und ich hätte sie daran hindern sollen und es tut mir so schrecklich leid!"
Minhos Herz krampfte sich zusammen. Er ballte die Hände zu Fäusten. Hin- und Hergerissen blickte er zwischen Uranus und Jisung hin und her. Den Elf kannte er seit Jahrzehnten und Jisung, Jisung war sein Seelenverwandter. Er biss sich auf die Unterlippe. Er konnte sich auf keine Seite stellen.
Das würde sein Herz nicht ertragen.
Als hätte die Rektorin seinen Zwiespalt gespürt, mischte sie sich ein und fragte, was sie nun tun sollten. Erst jetzt kamen die Informationen über Jin-Ae in seinem Kopf an. Sie hatte ihn verraten. Sie hatte die Schule und dazu auch noch Jisung in Gefahr gebracht.
"Sie wird nicht mehr lange auf sich warten lassen", ließ der König verlauten und seine Miene wurde ernst. Minho derweil schenkte Jisung seine Aufmerksamkeit, der von Seungmin und Felix flankiert wurde, wie zwei Bodyguards.
"Ihr größtes Anliegen wird Jisung sein, da er die Perle besitzt. Wir müssen ihn unter allen Umständen beschützen."
Ein weiteres Raunen schwang durch den Saal. Die menschlichen Schüler begannen zu tuscheln. Minho war der Meinung Fragen zu hören, warum sie für einen Jungen kämpfen sollten, den sie kaum kannten und das steigerte seine Wut. Chan trat zu ihm heran, genau wie Hyunjin und Changbin, die Uranus vor wenigen Minuten nach draußen eskortiert hatten, damit einige andere Elfen sich um ihn kümmern konnten.
Sein Blick vermittelte ihm:
Denk nicht an sie, Jisung hat uns. Wir werden ihn beschützen.
Dankbar nickte er dem Älteren zu. Er hatte Glück solch großartige Freunde zu haben.
"Es ist alles meine Schuld. Hätte ich nicht darauf behaart in die Gruft zu gehen, wäre sie, wäre Gaya noch am Leben."
Seine Schluchzer hallten bis in Minhos Knochenmark hinein. Die Königin griff an Jisungs Schulter und drückte ihn an ihre Brust. Ihre Hände strichen behutsam über seinen Kopf.
"Ich werde kämpfen! Für Jisung und für Gaya", sagte auf einmal Jisoo und trat aus der Menge. Ihre Augen strotzten nur so von purer Entschlossenheit.
Chanyeol kam näher.
"Ich auch. Er gehört zu dieser Familie. Also werden wir kämpfen."
Einer nach dem anderen von Sirene bis Meerjungfrau äußerte sich. Minho war überwältigt von dieser Kraft. Von dieser Entschlossenheit. So etwas hatte er das letzte Mal bei einer Meuterei gesehen. Er wechselte einen Blick mit Jisung.
Seine geröteten Augen folgten seinen Bewegungen, während er auf ihn zu ging. Er sprach zu ihm und nur zu ihm, auch wenn die Worte für jeden hier bestimmt war.
"Dieses Haus ist das Einzige, was ich jemals wirklich besitzen werde. Vielleicht hat es zerbrochene Fensterscheiben, und auf den Gängen sind Tränenflecken von all jenen, die hier zur Schule gegangen sind. Vielleicht verstecken sich Geheimnisse hinter diesen hundert Türen. Aber es gibt unzählige Weisheiten in den Bücherregalen, und es wird gelacht, sodass es die Räume erhellt. In manchen Klassenzimmern stehen Vasen, wo die Blumen in ihren hellsten Farben erstrahlen und Träume zwischen den Schlafsäalen hindurch tänzeln. Hier herrscht Vertrauen und Freundlichkeit. Hier gibt es mehr, als nur den Anblick eines uralten Schlosses. Hier gibt es Geschichten, hier gibt es Leben, hier gibt es Liebe. Die Bedeutung liegt nicht in der Größe des Gebäudes oder der Farbe der Fassade.
Es ist egal, ob Risse von der Vergangenheit festhalten. Umso mehr Licht hinein scheint, umso mehr leuchtet das Leben.
Und dafür werde ich kämpfen."
Jisung wischte sich die Tränen beiseite und streckte den Rücken durch. Es war eine Ansage, eine Kampfansage und es gab kein zurück mehr. Ja, sie würden kämpfen.
Für alle jene, die sie verloren hatten. Und für alle jene, die ihnen noch begegnen würden.
Bevor jedoch irgendwer ein weiteres Wort sagen konnte, brach eine Explosion hervor, die sie von den Füßen rissen. Minho wurde mehrere Meter geschleudert, bis er gegen eine Wand krachte und hustend daran herunterrutschte. Keuchend versuchte er die Luft, welche aus seinem Körper gepumpt wurde wieder hineinzusaugen. Verschwommen nahm er wahr, wie durch die Rauchschwaden Kreaturen krochen. Die wenigen, welche sich wieder auf die Beine kämpften, wehrten sich mit ihrer Magie gegen dieser Monster, doch sie waren viel zu benommen, um auch nur zu Zielen. Minhos Alarmglocken schrillten, als er sich panisch nach Jisung umschaute. Direkt neben ihm kam Seungmin langsam zu Bewusstsein. Felix, welcher auf Changbin gelandet war, atmete röchelnd ein und aus. Doch von Jisung fehlte jede Spur. Mit enormen Kräfteaufwand schaffte es die Sirene wieder auf die Beine. Selbst als übernatürliches Wesen hatte diese Explosion Auswirkungen auf ihn. Er spuckte das angesammelte Blut aus seiner Mundhöhle und ließ seine Knochen knacken. Der Rauch lichtete sich langsam, weswegen man einen Blick auf das Ausmaß der Wucht sah. Viele der menschlichen Schüler lagen noch immer reglos auf dem Boden, wohingegen die Rektorin schon wieder auf den Beinen war. Der König und die Königin der Meerjungfrauen ließen sich von Beomgyu und Jimin wieder auf die Beine ziehen.
"Was war das?", fragte Rosé und renkte sich eine Schulter wieder ein. Das unangenehme Knacken erinnerte ihn an berstende Knochen.
"Magie, uralte, verbotene Magie", antwortete der König und blickte zu dem riesigen Loch, welches dort klaffte, wo sich ehemals die Tür zur Turnhalle befand. Es war überraschend, dass das Gebäude nach der Detonation überhaupt noch stand.
"Wo ist Jisung?", wollte Hyunjin wissen und sah sich um. Minho beschlich ein unangenehmes Gefühl und er schluckte, trotz seines staubtrockenen Mundes.
Der Nebel war verschwunden.
Aber von Jisung fehlte immer noch jede Spur.
"Sie haben ihn", sprach Felix aus, was sie alle dachten.
Einen Moment wurde es in Minho vollkommen still, er konnte sein eigenes Blut rauschen hören. Etwas bahnte sich an. Verzweiflung. Pure, endlose Verzweiflung kam angerollt wie ein Zug. Sie hatten Jisung, seinen Enaid, sie haben ihn direkt vor seinen Augen von ihm gerissen.
Und diese vollständige Verzweiflung füllte seinen Verstand mit einem furchtbaren Aufheulen. Es war ein Aufheulen aus seinen Eingeweiden, ein zerschmetterndes Geräusch, nacktes Entsetzen. Ein Hurrikan von einem Schrei, lange genug um die Welt zu zerstören. Minho war erfüllt von einer allesverschlingenden Wut, die so intensiv, so überwältigend war, dass sie jeden klaren Gedanken mit der Wucht einer Bombenexplosion zerfetzte.
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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen, jetzt geht's los! Überraschung, Jisung ist ein Prinz, wer hättet es gedacht! Xd
Nichtsdestotrotz kann ich mich gut in Jisung hineinversetzen und er tut mir so leid, dass Uranus ihn so anschnauzt. Andererseits kann ich den Elf auch verstehen, er hat gerade mitbekommen, dass seine große Liebe sich geopfert hat....
Mein Herz, es brennt.
Und jetzt wurde er entführt, vor Minhos Augen. Kein Wunder, dass er sauer ist.
Wie fandet Ihr das Kapitel? Die Hingabe der anderen Schüler?
Yang Jeongin
Kim Seungmin
Lee Felix
Hwang Hyunjin
Seo Changbin
Bang Chan
Lee Minho
Feel free to comment!
Erin🌸
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