16. Kapitel
P.o.v. Ylva
Langsam stand ich auf, weshalb der Lattenrost des Bettes leicht quitschte.
So standen wir einfach da, starrten uns feindselig an.
Layla und ich.
Ich hätte nie gedacht, dass ich seh je wiedersehen würde, nach all dem, was passiert war.
Ganz ehrlich, es juckte mich eigentlich genau null sie zu sehen.
Wegen ihr verpasste ich einen ganzen Schultag...
Halt, nicht wegen ihr.
Wegen Pax.
Vorsichtig sah ich zu ihm, betrachtete ihn.
Er sah so entspannt aus, obwohl er auch erschöpft wirkte.
Ob der Junge überhaupt wusste, was gerade vorging?
Wahrscheinlich nicht...
Ich hoffte es einfach.
Layla würde ihm wahrscheinlich eh nichts erzählen...
Das hatte sie mir versprochen; Niemand würde auch nur ein Wort von ihr erfahren.
Ich hoffte, dass sie die Worte hielt.
Ich hoffte das für sie.
Sonst war sie einen Kopf kürzer...
Die angespannte Atmosphäre erfüllte den Raum, unsere Blicke waren immer noch hasserfüllt.
Ich hasste sie.
Sie hasste mich.
,,Wenn du Pax verletzt, Layla, dann gibt das Krieg, verstanden?"
Während des Sprechens hatte ich mich etwas nach vorne gelehnt, sah ihre grünen Augen. Früher hatte ich sie um die Farbe ihres Iris bewundert, sie hatte nämlich auch eine braune Abstufung, und auch jetzt musste ich mir eingestehen, dass ihre Augen einfach perfekt zu ihren Körper passten. Alles war so perfekt an ihr...
Ihre langen, hellblonden Haaren, welche hellblau gefärbte Spitzen hatten und ihr glatt wie Spaghetti-Nudeln hinabhingen, ihre perfekte Figur, ihre Gesichtszüge, ihre Kleidung, ihr auffälliger Schmuck. Ich dagegen war ihr komplettes Gegenteil. Etwas zu klein geraten, mit dunkelbraunen, fast schwarzen, lockigen Haaren, mit denen ich fast als Pumuckl in schwarz durchgehen könnte, meine blau-grauen Augen, meine eher schlichtere Kleidung, und die kleine silberne Kette mit meinen Initialen.
Y. S.
Ylva Santos.
Nachdenklich ließ ich noch einmal meinen Blick über ihren Körper wandern, dann drehte ich mich ruckartig um, und lief zu der Tür.
Layla sah mir schweigend hinterher, ihr Blick jedoch war triumphierend.
Sie war und blieb eben eine falsche Schlange ...
Leise seufzte ich, schloss die Tür geräuschvoll.
Ich mochte keine Schlangen.
Weder menschliche "Schlangen", noch die Reptilien.
Ich verband schlechte Erinnerungenit diesen Tieren, früher, als ich so um die fünf Jahre alt war, biss mich eine Schlange.
Und nein, es war nicht Layla, sondern eine echte Schlange.
Schnell hastete ich durch die ganzen Gänge nach draußen, lief in den Park. Dort hatte ich meine Ruhe, und niemand würde mich fragen, warum ich so früh wieder zurück war.
Müde ließ ich mich auf eine Bank nieder, schloss meine Augen, und fuhr mit meiner Hand über das raus Holz. Die Bank war nicht lackiert, sie war einfach nur so aus Holz.
Ich fand das viel schöner. Viel...freier. Man sieht, wie die Bank wirklich aussieht, ohne Veränderungen. Ohne das jemand krampfhaft versucht hatte, ein Teil der Natur in Farben zu gestalten, und die Natur zu zwingen, so zu sein.
In diesem Moment musste ich an Pax denken.
Was, wenn ihn jemand in schwarz lackiert hatte, so wie es jemand die Bank im Pavillon gemacht hat?
Was, wenn jemand ihn dazu zwang, schwarz zu sein, nur weil es jemanden besser gefiel, und Pax es nicht von selbst schaffte, diesen Lack von sich zu lösen?
Nachdenklich lehnte ich mich an die Rückenwand, begann zu philosophieren.
War es wirklich so?
Wenn ja, warum?
Weshalb?
Welchen Zweck hatte es?
Und wenn das alles nicht stimmen würde: Warum war er dann so? War das alles geplant? War er schon immer so?
So viele Fragen.
Doch auf all die wusste ich keine Antwort.
Doch auf all die wusste ich nicht, ob es der Wahrheit entsprach, was ich dachte...
Zwei Stunden später stand ich auf, begann langsam zurück zu spazieren. Doch all die Fragen gingen mir einfach nicht aus dem Kopf.
Ich wollte Antworten.
Ich wollte wissen warum.
Ich wollte alles wissen...
Es war schon später Vormittag, als ich endlich am Internat ankam. Die Gänge waren leer, es war still hier. Anscheinend war ich doch zu früh.
Ich senkte meine Blicke, betrachte den Boden unter mir.
Grauer, unecht wirkender Boden, welcher ein zartes Blau enthielt, das sich seinen Weg durch die unendlichen Weiten des grauen Bodens zu bahnen schien.
Ich seufzte, beeilte mich. Schließlich wollte ich so unauffällig wie möglich in mein Zimmer verschwinden.
So unauffällig war es dann aber doch nicht, denn genau in diesem Moment krachte ich in jemand.
Ich stolperte über die Beine dieser Person, welche absurder Weise in einer dunkelgrün, ziemlich altmodisch aussehende Hose steckten.
Und schon landete ich auf den Boden.
Bumm.
Das ausgerechnet mir das passieren musste...
Leise fluchte ich, richtete mich etwas benommen auf, um den Übeltäter zu erspähen. Es war ein Junge, er war eher klein, sah ziemlich jung als, ich schätze ihn auf jünger als ich.
Er hatte wuschelige, rote Haare, und ungewöhnliche Augen. Sie waren grün, doch ganz anders als die von Layla. Sie hatte eine eher dunklere Farbe, seine wirkten heller, wenn nicht schon giftgrün, und stachen ziemlich aus seinem restlichen Gesicht heraus.
Seine Kleidung war altmodisch, ein senfgelber Pullover stach sich ziemlich mit seiner dunkelgrünen Hose. Unter seinem Pullover trug er augenscheinlich noch ein Hemd. War dem nicht warm?
Schuldbewusst blickte er mich an.
,, Entschuldigung, aber ich war sehr in Eile, um eine dringende Notwendigkeit zu erledigen"
Bei seiner eher ungewöhnlichen Ausdrucksweise musste ich lächeln, stand auf.
,,Alles gut. Ich bin ja nur hingefallen, nicht weiter schlimm", antworte ich ihm, ,,Du siehst so jung aus, aus welcher Klasse kommst du?"
Der Junge grinste etwas.
,,Ich besuche die 10. Klasse, 10 b um mich genauer auszudrücken. Mein Alter trägt die Nummer 15"
Er war 15?
Ich hätte ihn allerhöchstens auf 13 eingeschätzt.
Er war also nur ein Jahr jünger als ich ...
Wow, und trotzdem ging er mir höchstens bis zur Schulter, und ich war eigentlich für mein Alter ein wenig zu klein.
Ein wenig nachdenklich betrachtete ich ihn, dann stellte ich mich vor: ,,Ich bin neu hier. Mein Name ist Ylva, und du heißt...?"
,,Mein Name lautet Archie. Dieser Name hat seinen Ursprung aus den germanischen Völkern, und bedeutet so viel wie wertvoll, oder auch gewagt. Genauer gesagt setzt sich der volle Namen Archibald mit den germanischen Wörtern..."
Schnell unterbrach ich ihn.
,,Lass stecken, Archie, du braucht das mir nicht erklären, okay?"
Der Junge sah zu Boden, sein Blick war ein wenig traurig, aber er nickte.
Leise seufzte ich, legte meine Hand auf seine Schulter. ,, Hey...tut mir leid, Archie. Ich wollte dich nicht verletzen. Ich hab zurzeit nur etwas Stress mit jemanden, und außerdem geht es meinem...guten Freund nicht besonders gut. Tut mir leid, ich hab etwas überreagiert, das wollte ich wirklich nicht. Ich mag dich nämlich irgendwie, auch wenn du anders bist. Du bist ja immer noch ein Mensch, vergiss das bitte nie, Archie. Wenn jeder gleich wäre, wäre es ja langweilig. Also, mach was draus, vielleicht treffen wir uns mal wieder..."
Langsam sah er zu mir auf, nickte langsam. ,,Ja, Ylva"
Ich lächelte ihm zu, ging weiter.
,,War schön dich kennenzulernen, Wölfin", hörte ich noch eine leise Stimme, bevor ich in den nächsten Gang verschwand.
Dieser Junge hatte es wahrscheinlich nicht leicht im Leben...
Dabei war er so ein schlaues Kerlchen.
Nun, aber es blieb dabei.
Menschen waren eben grausam.
Und niemand konnte die Menschen stoppen.
Weil jeder, der dazu in der Lage wäre, selber ein Mensch ist...
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