11. Kapitel
Es waren Stunden vergangen.
Doch es scherte mich nicht.
Ich lag einfach nur da, tat nichts, sagte nichts, machte nichts.
Ich lag einfach nur da.
»I'm faded, so lost«
Alan Walker, Faded.
Genauso fühlte es sich an.
Ich verblasste.
Oder nein, ich war schon längst verblasst.
Schon verblasst, vergessen, weggegeben.
Unerwünscht, nicht gewollt.
Ich war verblasst.
Und ich verblasste immer mehr...
Irgendwann richtete ich mich auf, ging aus meinem Zimmer. Die Musik in meinen Kopfhörern lief unbeachtet weiter, es kümmerte mich nicht.
Wohin ich ging?
In den Gemeinschaftsraum.
Warum?
Das wusste ich selbst nicht so genau.
Ich wollte einfach versuchen so zu sein, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Eiskalt...
Mit einem Ruck öffnete ich die Tür, es war eine einfache Holztür.
Doch mein Gesicht zierte kein Grinsen, so wie vorher.
Mein Gesichtsausdruck war eiskalt.
Gespräche verstummten, als alle das Geräusch vernahmen.
Langsam schloss ich die Tür hinter mir wieder und setzte mich auf den Boden, ganz dicht neben der Heizung. Ob mein inneres Eis wohl bei der Heizung schmelzen würde?
Nein...
Und selbst wenn, die Heizung war eiskalt.
Sie war nicht eingeschaltet.
Wie ich.
,, Was'n los, Pax? Wo ist denn deine Ylva, mit der du die ganze Zeit rumhängst?", meinte jemand, mit einer etwas abwertenden Stimme.
Nico.
Der Triumph der Leute.
Nope, falscher Name.
,,Ich bin nicht Pax", meinte ich nur kalt, schloss meine Augen.
Nico lachte, ich hörte, wie Schritte auf mich zukamen.
,, Willst du mich verarschen? Natürlich bist du Pax"
Ich stand langsam auf, meine Augen öffnete ich ebenfalls.
,,Nein. Ich bin Ares. Ich war schon immer Ares"
Wieder lachte Nico, doch dieses mal verunsichert. Wohl trug meine Stimme dazu bei. Meine Stimme klang ernst, jedoch kalt.
,,Ares also? Der Name ist ja noch bescheuerter als Pax"
,,Und halb so bescheuert wie Nico. Wenn ich du wäre, würde ich mir dringend einen anderen Namen suchen"
Mit diesen Worten drehte ich mich um, ging wieder aus dem Raum.
Alles Idioten.
Das Problem daran: Ich war selbst der größte Idiot.
Nachdenklich ging ich den Flur entlang.
Wohin?
Ich glaube, ich ging zu Ylva.
Es zog mich beinahe magisch zu ihr.
Zu ihr...
Ylva.
Fuck.
Ich wollte doch anders werden.
Ich war nicht Pax.
Ich war Ares.
Langsam drückte ich den Griff der Tür hinunter, trat ein.
Ich hörte ein leises Schluchzen.
Ylva.
Sie weinte.
Und wer war daran schuld?
Ich.
Ich alleine.
,,Ylva"
Meine Stimme klang immer noch so...so kalt.
Fuck, warum war ich eigentlich so kalt?
,, Verschwinde, Pax", zischte das Mädchen leise, sie lag wohl auf ihren Bett, denn ich hörte, wie sie die Bettdecke zurückschlug.
,, Wenn du die Wahl hast: Du könntest eine Person schützen, du müsstest diese aber dabei verletzten. Würdest du diese Person verletzen, um sie vor einem Monster zu schützen?"
,,Was hat das jetzt damit zu tun? Welches Monster? Häää?"
Ich seufzte leise, lehnte mich gegen den Türrahmen.
,,Ich. Ich bin ein Monster, Ylva. Ein fucking Monster"
,,Nein! Nein, das bist du nicht!", schrie sie außer sich, sprang auf.
,,Doch, Ylva. Ich bin ein Monster...", meinte ich. Konnte sie nicht die Wahrheit sehen?
,,Nein! Du bist wunderschön, so wie du bist! Du weißt, was du willst! Du bist ein Mensch! Kein Monster, ein Mensch, hörst du Pax? Du bist ein Mensch"
,,Nein, bin ich nicht! Ich bin auch nicht Pax!", schrie ich zurück, meine Hände waren zu Fäusten geballt.
Soviel zu keinen Emotionen...
Ich hörte, wie sie zu mir kam, ihre Hände auf meine Schultern legte.
,,Doch! Und ich würde es dir so gerne beweisen... Verdammt, du bist Pax!", rief sie, ihre Stimme schien sich zu überschlagen, ich hörte auch, wie sie leise schluchzte.
Ich machte mich los, wand mich aus ihrem Griff.
,,Nein, und ich werde auch nie mehr Pax sein"
,,Ich dachte, du vertraust mir", flüsterte sie dann leise, aber traurig und verletzt.
,,Versteh doch, es ist das Beste für mich und für dich!", rief ich, spürte, wie langsam eine Träne über meine Wange lief.
,,Nein! Du weißt nicht, was ich will, du kannst nicht über mich entscheiden! Weil...weil....ich brauche dich"
Der letzte Satz war nur ein leises Flüstern, kaum verständlich.
Und doch hörte ich ihn.
,,Ich mach dich aber nur kaputt! Ich zerbreche dich nur in unzählige Scherben! Ich bin nicht gut für dich!", erwiderte ich ihr nicht gerade leise.
Eine Weile herrschte Stille zwischen uns, unangenehme Stille.
Dann flüsterte sie leise: ,,Man kann kaputte Sachen nicht kaputt machen, Pax"
Warte, was?
Warum sollte sie kaputt sein?
Warum?
Sie war doch... doch normal.
Oder nicht?
,,Pax ist tot", meinte ich darauf nur ausdruckslos, drehte mich um, und ging hinaus auf den Flur.
Dabei drehte ich mich nicht einmal um, hörte nicht einmal ihr zu.
Ich ging nur leblos, als wäre ich eine Marionette in mein Zimmer.
Ja, das war ich in Wirklichkeit eine leblos Marionette.
Nicht Pax.
Nicht Ares.
Ich war eine Marionette, ein Spielzeug Gottes.
Wie ironisch, dass ich nicht an Gott glaubte...
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