Angel (Ende 2)

Hey Leute das hier ist das zweite Alternativende meiner „Angel“-Story.

Dieses Ende hat nichts mit dem ersten Ende (Also Angel (Ende 1)) zu tun, die zwei Kapitel sind völlig voneinander unabhängig.

Allerdings sollte man vorher das Kapitel „Angel“ gelesen haben, da dies hier eben wieder eine Fortsetzung davon ist. :)

Achtung: Selbstverletzung. Wer es nicht mag, soll es bitte nicht lesen!

Viel Spaß! :)

Es war nun eine Woche her, dass John diesen ‚Traum’ von Sherlock hatte und bereits jetzt war er nicht wieder zu erkennen. Dunkle Ringe zeichneten sich unter Johns Augen ab, die rot und geschwollen waren von all den Tränen, die er bereits auf Sherlocks Rechnung vergossen hatte. Er verließ die Wohnung seit dem Traum nicht mehr und ließ auch niemanden an sich heran. Wenn Lestrade versuchte, Kontakt zu ihm aufzunehmen, blockte er grundsätzlich ab. Wenn Mrs. Hudson ihm Tee bringen oder sich einfach mit ihm unterhalten wollte, ließ er sie nicht herein. Wenn sie nach ihm rief, antwortete er nur mit einem einfachen „Nein“ oder einem „Lassen Sie mich bitte in Ruhe“.

Wäre das alles nur ein weiterer Traum gewesen, hätte John es wohl oder übel wie die anderen Male verkraften können, doch die Feder die er beim Aufwachen in der Hand hielt, hatte ihn eines Besseren belehrt.

Er wollte nicht ohne Sherlock leben, konnte nicht ohne ihn leben. Nicht, nachdem er wusste, dass Sherlock irgendwo da draußen war. Weit weg von ihm.

Tag und Nacht, zog er die Vorhänge zu, so wusste er nicht einmal welche Tageszeit es war, und versuchte zu schlafen nur um erneut von Sherlock zu träumen. Er wollte diesen Traum wieder. Doch wenn er es tatsächlich schaffte, einzuschlafen, was selten der Fall war, träumte er nicht von einem wunderschönen Engel mit dunklen Locken, der in der Ewigkeit auf ihn wartete. – Es waren Alpträume von Sherlocks Sprung, der ihn das Leben kostete, die John im Schlaf verfolgten.

Jetzt im Moment saß John in seinem Sessel und er hörte Sherlocks Stimme in seinem Kopf. Er hörte die Worte, die Sherlock ihm in seinem Traum gesagt hatte. Er solle gehen; Ein glückliches Leben führen. Sherlock würde auf ihn warten. Irgendwann könnten sie wieder vereint sein. Irgendwann.

John schrie laut auf und schlug mit der Faust gegen die Armlehne seines Sessels. Irgendwann reichte ihm nicht. Er wollte zu Sherlock. Jetzt! Doch wie sollte er zu einem Toten…

Nein. Nein!!

Der Arzt sprang auf, lief durch die Wohnung und schluchzte, während er sich verzweifelt diesen Gedanken aus dem Kopf schlagen wollte.

Natürlich. Das war sie. Die Lösung. Er wollte sie verdrängen. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Die Tränen brannten in seinen Augen, noch mehr schmerzte es allerdings, mit der Hand über die schmerzvoll brennenden Augen zu fahren um die Tränen wegzuwischen.

Er konnte sich nicht selbst töten. Er konnte es nicht!...

Er liebte Sherlock. Er wollte um jeden Preis zu ihm. Er würde alles für ihn tun. Ja!

In diesem Moment fühlte es sich so richtig an. Der Gedanke schien die perfekte Lösung zu sein. Einfach mit dem Leben abschließen.

Und was ist mit Lestrade? Molly? Mrs. Hudson? Eine zweite Stimme hatte sich den Weg in seinen Kopf gebahnt. Der Vorfall mit Sherlock hatte ihn psychisch mehr belastet, als er es nach außen zeigen wollte. Es war keine Seltenheit, dass in seinem Kopf zwei Stimmen miteinander kämpften.

Er wollte Leben. Er wollte eine Familie, Kinder. Einfach glücklich sein. Er wollte sich einen Job suchen, mit dem er genug verdiente um seine zukünftige Familie zu ernähren. Nach einem langen, harten Arbeitstag könnte er nach Hause kommen, seine Kinder würden ihn empfangen und seine Frau würde bereits auf ihn warten. Das war seine Lebensvorstellung. Früher.

Er wollte keine Kinder mehr. Vor allem wollte er keine Frau mehr. Er wollte Sherlock, mehr als alles andere.

Sein Entschluss stand fest: Er konnte sich kein schönes Leben vorstellen, wenn Sherlock kein Teil davon war.

Er dachte nicht weiter an seine Freunde. Lestrade, Molly, Mrs. Hudson… Er wollte nur noch an sich denken, dieses eine Mal. Er hatte seine Entscheidung getroffen. So schmerzhaft sie auch war, doch von einer Sekunde auf die andere war ihm klar, dass es die Richtige war. So würde er Sherlock wieder sehen können und nur das war es, was wirklich zählte.

John nahm ein Stück Papier und begann einen Abschiedsbrief zu schreiben. Er fasste sich kurz, denn er wollte es schnell hinter sich bringen. Als er fertig war, legte er den Zettel gut sichtbar auf den Wohnzimmertisch, dann ging er ins Bad. Er öffnete den Spiegelschrank und nahm eine Rasierklinge heraus. Für einen kurzen Moment sah er sie nachdenklich an. Dann stellte er sich noch immer bekleidet unter die Dusche, ließ das Wasser auf sich herab prasseln und lehnte sich an die Wand.

Verzweifelt blickte er von seinem Arm zu dem Rasiermesser und von dem Messer zu seinem Arm. Es gab keine andere Lösung, denn eine Stimme in seinem Kopf sagte, es sei zu spät. Zu spät um einen Rückzieher zu machen.

Langsam ließ er sich an der Wand hinunter gleiten, setzte die Rasierklinge an und schnitt sich die Pulsadern seiner rechten Hand auf. Er unterdrückte sich einen lauten Aufschrei und wimmerte stattdessen leise vor sich hin. Das Blut vermischte sich mit dem klaren Duschwasser und floss seine Hand entlang. Mit zitternden Händen nahm er die Klinge in die andere Hand und führte sie zu seinem unverletzten Arm.

Dieses Mal schnitt das Messer noch tiefer in sein Fleisch. Er schloss seine Augen und presste seine Lippen fest zusammen. Der Schmerz durchfuhr seinen gesamten Körper und eine Träne lief ihm über die Wange. Das warme Wasser prasselte ununterbrochen auf ihn herab und sein letzter Gedanke, bevor ihn die Dunkelheit umfing war: Sherlock ich komme!

~~~*~~~

Mrs. Hudson konnte es nicht mehr ertragen, John so leiden zu sehen. Lange hatte sie überlegt, was sie tun sollte, doch ihr war nie etwas eingefallen. Jetzt, da John sich seit einer Woche nicht mehr bei ihr hatte blicken lassen, wollte sie ein schönes Frühstück vorbereiten, um ihn aus seiner Wohnung heraus zu bekommen. Leise klopfte sie an die Tür um John nicht zu erschrecken.

„John. Ich habe ein Frühstück für mich und Sie gemacht. Kommen Sie doch mal aus Ihrer Wohnung heraus.“

Als sie keine Antwort bekam, klopfte sie lauter, doch immer noch keine Reaktion. John würde ihr doch wenigstens sagen, wenn er alleine sein wollte. Langsam aber sicher bekam sie es mit der Angst zu tun. Sie wollte in das Zimmer, war aber viel zu zierlich und kraftlos um die Tür einzuschlagen oder aufzubrechen. Also vergaß sie das Frühstück und suchte in ihrem Wohnzimmer eilig die Nummer von Lestrade, die John ihr freundlicherweise früher einmal aufgeschrieben hatte.

Es dauerte keine viertelte Stunde, da stand Lestrade vor ihrer Tür. Als ihm geöffnet wurde, stürmte er geradewegs die Treppe nach oben und klopfte fest gegen die Tür.

„John?!“, rief er mit zitternder Stimme.

„John öffnen Sie die Tür!!“

Als Lestrade immer noch nichts vernahm, ging er einen Schritt von der Tür weg und trat dann mit voller Wucht dagegen. Beim zweiten Tritt flog sie auf und Lestrade rannte, gefolgt von einer ängstlichen Mrs. Hudson, in den Raum.

„John? John!“

Gerade einmal fünf Minuten dauerte es, bis Lestrade John schließlich tot in der Dusche vorfand. Ein lauter Aufschrei entfuhr ihm, bevor er auf John zulief, sich zu ihm kniete um ihn zuerst am Hals auf einen Pulsschlag zu untersuchen. Als dieser ausblieb und er auch keinen Herzschlag spürte, war er der vollkommenen Verzweiflung nahe.

„Oh John… Warum haben Sie das getan? Nicht Sie auch noch…“

Lestrade versuchte wirklich, nicht zu weinen, doch er konnte es nicht verhindern, dass ihm ein paar Tränen über die Wange liefen, die sich dann mit dem Wasser der immer noch laufenden Dusche vermischten.

Vorsichtig hob Lestrade einen von Johns Armen, wobei ein leises Klirren entstand. Es war die Rasierklinge, die noch in Johns Hand gelegen hatte. Sie war auf den Boden gefallen.

„Detective Inspector Lestrade, ich habe hier einen äußerst beunruhigenden Brief gefunden, den…“

Es war ein schriller Aufschrei, mit dem Mrs. Hudson sich selbst unterbrach. Lestrade brachte es nicht übers Herz, zur ihr aufzusehen.

„John…“

Alleine Mrs. Hudsons Stimme verriet, dass sie der Ohnmacht nahe war. Sich wieder vollkommen im Klaren war gerade passiert war, sprang Lestrade auf und brachte die verwirrte Vermieterin aus der Wohnung. Später wurde Johns Leiche aus der Wohnung gebracht und das Bad wurde gereinigt.

Mrs. Hudson hatte einen schweren Schock erlitten und es dauerte lange, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Die Wohnung konnte sie seit diesem Vorfall nicht mehr betreten. Den Abschiedsbrief, den John geschrieben hatte, hatte sie sich aufgehoben. Fast jeden Abend las sie ihn sich durch und betete für John und Sherlock, dass die Worte der Wahrheit entsprachen.

~~~*~~~

Mrs. Hudson. Wenn Sie diesen Brief gefunden haben, werde ich nicht mehr am Leben sein. Es tut mir leid, dass ich Ihnen diesen Anblick nicht ersparen konnte, doch für mich gab es keinen anderen Weg mehr. Ich weiß, dass mein Leben ab jetzt ein besseres sein wird, denn ich werde, ganz wie früher, wieder bei Sherlock sein. Das, und nur das, ist es, was für mich wichtig ist, was für mich zählt. Ich hoffe Sie verstehen mich und können mir verzeihen, was hier geschehen ist. Sie waren eine tolle, nein, die beste Vermieterin die ich mir hätte wünschen können. Ich möchte nur, dass Sie das wissen.

Leben Sie wohl.

John Watson.

 

~~~*~~~

John öffnete seine Augen. Er fühlte sich schwerelos, fühlte aber gleichzeitig den festen Boden unter sich. Hatte er das gerade wirklich getan? Hatte er sich wirklich gerade umgebracht? Der Gedanke schien ihm viel zu unreal. Halb erwartete er, heftig blutend in seinem Bad aufzuwachen, doch nichts geschah.

Als er vorsichtig seine Augen öffnete, sah er wieder diese Wiese. Die unendlich zu sein scheinende Wiese und den wolkenlos blauen Himmel. Eine Träne lief ihm über die Wange. Er hatte es geschafft. Jetzt musste er nur noch irgendwo Sherlock…

„John…“

John drehte sich halb erschrocken, halb erleichtert um. Sherlock stand hinter ihm und lächelte ihn traurig an.

„Ich… ich hatte dir doch gesagt, du sollst dir ein schönes Leben machen.“

Der ehemalige Militärarzt ignorierte den traurigen Unterton in der Stimme seines Freundes, überwand die letzten Schritte zwischen den beiden und schloss Sherlock in eine feste Umarmung.

„Es tut mir leid, Sherlock, aber ein Leben ohne dich ist kein schönes Leben. Das wäre es auch niemals geworden.“

„Oh, John..“

Dieses Mal war es an Sherlock, die Tränen zurück zu halten.

„Ich bin so froh, dass ich wieder bei dir bin“, flüsterte John und sah Sherlock in die Augen, bevor er ihn küsste. Der Kuss war leidenschaftlich und lange. Keiner von beiden wollte ihn unterbrechen, doch letztendlich war es Sherlock, der genau das tat.

Er lächelte John an. So glücklich hatte der Arzt seinen Freund noch nie lächeln sehen.

„Du siehst wunderschön aus.“

Für einen Moment verstand John nicht, wohin Sherlock sah, bis er seinem Blick folgte und bemerkte, dass nun auch seine Gestalt von Flügeln geziert wurde. Ebenso schneeweiß wie Sherlocks. John lächelte Sherlock wieder an.

„Ich kann nicht glauben, dass du das für mich getan hast“, flüsterte Sherlock.

„Du hast dein Leben für mich gegeben, warum sollte ich nicht das Gleiche für dich tun. Sherlock, ich würde alles für dich tun.“

Sherlock sah John für eine Weile schweigend an. Er hatte mit Vielem gerechnet, doch niemals damit, dass jemals eine Person für ihn, den Freak, sein Leben lassen würde. Es war überwältigend. Dieses Gefühl, von jemanden geliebt zu werden. Das Gefühl, von jemandem vermisst zu werden, wenn man ihn verließ.

John streichelte sanft über Sherlocks Wange.

„Ich liebe dich.“

„Ich liebe dich auch, John.“

Ein neuer Kuss folgte. Sanft aber doch bestimmt bewegten sie ihre Lippen gegeneinander und genossen die Nähe des jeweils Anderen.

Sie drückten sich fest aneinander und genossen jede Sekunde. Danach nahm Sherlock vorsichtig Johns Hand und schlug mit seinen Flügeln.

„Komm mit mir John. Komm mit mir dahin wo wir für immer zusammen sein können.“

John, der am Anfang noch gezögert hatte, erhob sich nun auch langsam in die Lüfte. Die Flügel zu bewegen funktionierte überraschenderweise wie automatisch, als würde man seine Hand heben, oder einen Schritt gehen.

„Sherlock, gibt er hier eigentlich auch Fälle zu lösen“, fragte John eher sarkastisch und lächelte dabei.

„Selten!“, schmunzelte Sherlock.

„Aber auch wenn es mehr  wären, wäre mir das jetzt egal. Jetzt habe ich dich und du bist alles was ich brauche.“

Sherlock zog John in der Luft an sich heran und küsste ihn nochmals, bevor sie zusammen weiter flogen. Weg von Ärger, Stress und Hektik, ihrem endlosen Glück entgegen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top