35.


Es war der Tag des Gerichts. Wir alle wurden aus der vorläufigen Zelle geholt, in ein Auto gesetzt und später vors Gericht gesetzt. Meine Mutter, sowie auch Androsch waren anwesend und starrten mich stumm an, als ich mit Yuuki, Zac im Rollstuhl und dem kleinen, aber nicht so naiven Tommy in die 1. Reihe gesetzt wurde. Ich war knallrot vor Scham? Wut? Angst? Ich wusste es nicht.

Um mich abzulenken, beobachtete ich den Richter, ein untersetzter Mann mit Halbglatze und Pausbacken. Er hatte die schwarze Richtertracht an und sah gelangweilt aus dem Fenster. Wahrscheinlich bekam er sowas wie uns täglich vorgesetzt.

"Wir haben uns alle hier versammelt, um über die Strafe dieser Jugendlichen Auskunft zu geben.", begann er, als alle sich beruhigt hatten.

"Zunächst einmal werde ich die Anwesenheit der Angeklagten bestätigen. Yuuki Mitzuki Kyouri?"

Stille. Ich starrte zu Yuuki, die verächtlich auf ihre Schuhe sah und ein "Ja." schnaubte.

"Zacharias Schmidt?"

"Jo."

"Siles Sykes?" Ich richtete mich kerzengerade auf und bejahte.

"Tommy Reinhardt?"

Tommy murmelte etwas. Der Richter nahm es wohl als Bestätigung und machte mit seinem Kram weiter. Er nannte auch die Namen sogenannter Zeugen und ich war mehr als überrascht, als ich den Namen Vanessa hörte. Suchend drehte ich mich kurz um und erblickte die wunderschöne Kellnerin, wie sie ganz in schwarz da saß und meinem Blick auswich. Mehr als enttäuscht begab ich mich wieder in meine Ausgangsposition und senkte den Kopf.

Danach wurden wir zu unserer Persönlichkeit ausgefragt, die wir mehr oder weniger als richtig darstellten, das Beweismaterial wurde herbeigeschafft und unser Vergehen laut verkündet. Vierfacher Mord in drei Wochen.

"Das muss man uns mal nachmachen.", murmelte Zac mit einem Grinsen. Überhaupt wirkte er relativ unbekümmert. Wahrscheinlich hatte er sich schon mit alldem abgefunden.

Der Richter sah ihn strafend an. Zac zeigte ihm den Stinkefinger, allerdings so, dass der Angesprochene es nicht sah.

"Haben die Angeklagten vielleicht etwas dazu zu sagen?"

Wir schwiegen. Klar, jemand von uns hätte all das mit ParaSyc erzählen können, aber erstens würde uns das eh niemand glauben und zweitens hatten wir nicht genug Kraft dazu.

"Gut. Ich zeige ihnen nun das Beweismaterial und werde die Zeugen in den Zeugenbeistand rufen."

Yuuki sah mittlerweile aus dem Fenster, wirkte aber relativ geschafft. Die Hälfte der Zeugen kannten wir nicht mal, aber ich vermutete, dass es Angehörige der Opfer waren, die uns bestraft sehen wollten, für das, was Yuuki getan hatte. Vanessa sprach stockend und schnell, und was mich am meisten überraschte, war, dass es mir nicht mal viel ausmachte. Ich hatte mich Zac und Yuuki irgendwie angeschlossen und ließ alles an mir abprallen.

Die Videoaufnahmen wurden gezeigt. Ich zuckte zusammen, als ich noch einmal von einer anderen Perspektive sah, wie Yuuki den Hockeyschläger nahm und ihn auf den Kopf Martin Fischers sauen ließ. Das mit der Explosion tat ich mir nicht mal an, ich schaute einfach weg.

Wir horchten erst wieder alle auf, als unser Verteidiger aufgerufen wurde. Er hatte sich kein einziges Mal bei uns gemeldet und ich fragte mich, was der da überhaupt machte. Bis er öffentlich sagte, er wäre einer der Chefs von ParaSyc. Dann ging mir ein Licht auf und mein Kopf fuhr zu Tommy, der die Mundwinkel zu einem Lächeln verzogen hatte. Der Kleine hatte recht gehabt. ParaSyc setzte sich wirklich für uns ein, widerlegte irgendwie das meiste mit Lügen und schien wohl sehr viel Ansehen zu haben, denn der Richter sowie auch die anderen hingen an dessen Lippen. Ich sollte dankbar sein, aber ich fühlte nur Verachtung und eine Leere.

"Nun gut, wir werden uns nun beraten." Der Hammer sauste auf den Pult und die Staatsanwälte zogen sich zurück und berieten unseren Fall leise.

Ich bekam langsam Hunger, mir war in diesem Saal zu heiß und mein Arsch tat vom ganzen Sitzen weh. Diese Säcke da vorn sollten sich mal ein bisschen beeilen.

"Alles okay?",flüsterte ich Tommy zu. Yuuki war nicht ansprechbar und auf Zac hatte ich keinen Bock.

"MMh. Nein.", antwortete dieser. Er hatte Tränen in den Augen und schien sich wohl richtig zusammenzureißen, um nicht auf der Stelle in Tränen auszubrechen. Ich hatte Mitleid, wuselte dem Kleinen durch die Haare und ließ ihn dann mit seinem inneren Kampf allein.

Die Staatsanwälte waren endlich fertig und der Richter holte sich mit einem lauten Rumms die Aufmerksamkeit des Publikums wieder.

"Wir haben uns nun auf folgendes geeinigt", fing er an, " Die Angeklagten werden zwei Jahre in die Psychiatrien der Organisation ParaSyc eingeliefert. Sollten sie geistlich wieder gesund sein, kommen sie umgehend in Haft. Tommy Reinhardt hingegen wird in die Obhut von Laurel Sykes und Maik Androsch gegeben. Gibt es Einwände?"

Als sich niemand meldete, ließ er den Hammer ein weiteres Mal auf den Pult sausen. "Dann ist es beschlossen. Die Verhandlung ist nun beendet."

Wir wurden brutal hochgezogen und getrennt. Zac und Tommy würden in eine dieser Psychiatrien gebracht werden, Yuuki und Ich in eine andere. So wie wir es vermutet hatten.

Zac grinste uns zu und hob die Augenbrauen, Tommy schniefte zum Abschied. Yuuki hatte den Kopf gesenkt und ließ ihre Haare vors Gesicht hängen, aber ich wusste an ihrer Haltung, dass sie weinte.

Ich seufzte, hob die Hand und formte meine Lippen zu einem "Wir sehen uns in Kasachstan wieder."

Tommy nickte. Dann wandten wir uns den Rücken zu und liefen davon.





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