3.

Bei dem Brand waren 24 Menschen umgekommen, die es nicht rechtzeitig hinaus geschafft hatten. Trotzdem bekam ich eine Ehrung für meine Aufopferungsbereitschaft, was ich aber nicht ganz nachvollziehen konnte. Das hätte doch jeder normale Mensch gemacht.

Meine Mutter weinte voller Freunde und war es nicht satt, mich zu umarmen, während Androsch erschöpft aber stolz in seinem Krankenbett lächelte. Alle Überlebenden Patienten waren in die umliegenden Krankenhäuser gebracht worden, so auch Dr.Androsch. Mama besuchte ihn so gut wie jeden Tag, und ich halt immer mal ab und zu. Ich hatte immerhin noch Schule und andere Hobbys. Aber an diesem Tag war frei- klar, Wochenende-  und so hatte ich mich von ihr bereitschlagen lassen und war mitgekommen. Die mitgebrachten Blumen lagen in einer Glasvase auf dem Nachttisch und ließen den kalten, weißen Raum gleich etwas fröhlicher erscheinen.

Ich saß auf einem Stuhl und erzählte meiner Mutter gerade zum bestimmt zehnten Mal von meiner Wohltat, als es plötzlich an der Tür klopfte und ein Kollege meines Stiefvaters den Kopf in den Raum steckte. Braunschweidt, erinnerte ich mich. Das war Hr. Braunschweidt.

„Ach, Entschuldigen Sie.", sagte der Arzt. „Ich hatte geglaubt, Dr. Androsch wäre allein."

Meine Mutter stand lächelnd auf. „Wir wollten gerade gehen."

Braunschweidt wirkte erleichtert, als wir an ihm vorbeigingen und somit den Raum verließen.

Ich weiß auch heute noch nicht, was mich damals so misstrauisch machte. Vielleicht diese Erleichterung in den Augen des Kollegen. Als würde er uns nicht dabei haben wollen.

Als gäbe es etwas zu verbergen, das wir um keinen Preis erfahren durften.

Jedenfalls blieb ich auf den Flur stehen und sagte: „Mama, mir fällt ein, ich hab was bei Androsch liegen lassen. Ich komm gleich nach, okay?"

Mama nickte. „Aber hol es bitte schnell. Und klopf vorher an. Ich warte draußen."

Damit wandte ich mich um und lief hastig den Flur wieder runter, zur Tür 212, in deren Zimmer Androsch lag.

„.... Sie wurde noch nicht gefunden...", hörte ich diesen Braunschweidt.

Wer ist „Sie?"

„... ich vermute stark, dass sie die Ursache für den Brand war."

Patient Nr. 1 hat alle Erwartungen übertroffen." Androschs Stimme. Sie klang bedrückt.

„Maik, wir sollten dringend die anderen verständigen.", drängte Braunschweidt.

„ Sie ist gefährlich und vorallem unkontrollierbar."

Sie ist ein Kind."

„Und gerade deswegen von Emotionen geleitet, die sie zu falschen Taten führen könnten. Sie kann die Folgen ihrer Taten nicht richtig einschätzen."  

Ich  hockte mich hin und versuchte durch das Schlüsselloch etwas zu erkennen.

Braunschweidt lief hin und her. Ich konnte seine Hose sehen.

Ich denke, sie wird versuchen, die anderen zu befreien. Maik."

„Das denke ich auch." Schweigen, in dem Androsch den Kopf schüttelte. „Okay, du hast mein Einverständnis. Versuche mit allen Mitteln, sie zu fangen und wieder zurückzubringen. Aber lebendig, nicht tot."

Braunschweidt nickte und schüttelte Androschs Hand.

Okay, es wurde Zeit, schleunigst zu verschwinden.



Nach diesem Gespräch schwirrten tausend Fragen in meinem Kopf herum. Wer ist „sie"?

Das Mädchen blitzte vor meinem inneren Auge auf. Meinten sie etwa Yuuki?

Wer waren die anderen? Und was meinten sie damit, Yuuki wäre für den Brand verantwortlich? Was konnte schon ein siebzehn-jähriges Mädchen anstellen? Und vor allem, was machte sie so gefährlich für Braunschweidt?

Meine Mutter schien meine Verwirrtheit zu bemerken. „Was ist los, Siles?"

Ich zwang mich, ein Lächeln aufzusetzen. „ Ach nichts. Ich hab nur grad an die Hausaufgaben gedacht, die ich zu morgen noch machen muss."

„Na dann bringen wir dich mal schnell nach Hause." Meine Mutter beschleunigte.

Ich drehte den Kopf und sah zum Fenster hinaus. Ich hatte keine Hausaufgaben auf, das war gelogen. Aber ich konnte ihr doch wohl kaum erzählen, dass ich ihren Mann und seinen Kollegen belauscht hatte. Und dass sie jemanden fangen wollten, der sehr gefährlich zu sein schien, womöglich sogar 24 Menschen auf dem Gewissen hatte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top