22.

* Siles aus der Gegenwart* An die darauffolgenden Tage kann ich mich nicht mehr erinnern, sie waren wohl nicht wichtig genug gewesen, als dass sie in meinem Gehirn geblieben wären. Ich denke mal, dass ich wieder in die Schule gegangen war. Das alltägliche gemacht hab. Was man eben so als 17 jähriger macht, wenn man nicht gerade in Paranormale Sachen und Organisationen verwickelt war.
Allerdings kam ich dann am Abend des vierten Tages nach Hause, und das, was ich da mitbekam, ließ mich wieder handeln.

" Bin wieder da." Die Haustür fiel mit einem Klacken ins Schloss. Langsam zog ich mir meine Schuhe aus und tapste die Treppen hoch in mein Zimmer. Meine Mutter hörte ich unten kochen - dem Geruch nach Kartoffeln mit Rüheei- und im Großen und Ganzem war es recht gemütlich. Wäre da nicht mein schlechtes Gewissen gewesen.
Ich hatte Yuuki, Zac und Tommy nicht mehr besucht, seit diesem Unfall.
Im Nachhinein hatte mich das alles doch viel mehr mitgenommen als ich dachte. Jede Nacht befand ich mich im Traum wieder dort unten im Keller und sah zu, wie Yuuki diesen Arzt umbrachte, den Schädel einschlug. Sah das viele Blut und diese zorngerötete Fresse von Braunschweidt. Es war schlimm.
Aber ich war immer noch der Meinung, alles richtig getan zu haben. Meine Reaktion- Yuuki, Tommy und Zac da rauszuholen und irgendwo unterzubringen- war zwar unüberlegt, aber auch nicht falsch gewesen. Mein Angebot- Yuuki zu helfen und das Xenol zu sammeln - ebenfalls nicht. Nur würde letzteres wohl etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen. Ich brauchte zunächst eine Pause von all dem.
Wär toll, wenn Yuuki & Co. das auch wüssten.
Hätte ich ihre Telefonnummer, würde ich sie anrufen.
Hast du aber nicht, du Feigling.
Ich seufzte. War ich das? Ein Feigling?
" Siles! Essen!", rief meine Mutter. Ich bequemte mich nach unten, wo ich mich auf einen Stuhl fallen ließ und sofort anfing, die Pellkartoffeln vor mir zu schälen.
" Wie war dein Tag so?"
Ich murmelte etwas unverständliches. "Super. Danke für die aufschlussreiche Antwort. " Sie machte den Mini- Fernseher vor uns an und schaltete zu den Nachrichten. So wie ich sie kannte, suchte sie immer noch nach Anzeichen einer Party. Als ob man auf Partys so viel Scheiße baute, dass man in die Nachrichten kam.
Ich nahm mir Ei und packte es auf meinen Teller. Während ich aß, hörte ich zu.
" Vor einigen Tagen wurde eine Leiche gefunden. Sie gehörte einem Mann namens Martin Fischer."
Das konnte nicht sein. Nein. Nein. Nein. Dieses Wort in Gedanken immer wiederholend, blickte ich auf. Es gab bestimmt tausende Martin Fischer.
Ich starrte auf das Foto, das gezeigt wurde.
Scheiße
Mir blickten genau die blauen Augen entgegen, die ich jede Nacht in meinen Träumen sah. Nur, dass diese Augen auf dem freundlichen Foto lebendig aussahen, nicht gebrochen... nicht Seelenlos. Nicht tot.
Ich biss mir auf meine Unterlippe und schmeckte Blut.
"Martin Fischer war Ehemann und besaß Kinder."
Kam es nur mir so vor, oder blickte mich die Nachrichtensprecherin anklagend an?
" Der Finder- Harry Braunschweidt- bestand darauf, die Mörder gesehen zu haben. Seinen Erzählungen nach, waren es drei Jugendliche, zwischen 16 und 20. In ihrer Begleitung ein Kind von 8 Jahren."
Nein. Nein Nein nein nein.
Es quietschte, als ich meinen Stuhl wegschob und zitternd und ohne ein Wort den Tisch verließ.
" Siles?", fragte Mama verwundert. " Wo gehst du hin?"
Wo gehst du hin? Diese Frage. Seit ich eine Nacht mal nicht da war, hörte ich sie ständig. Von ihr, von Androsch. Wo gehst du hin?
" Zu einem Treffen mit meinen Freunden. " Ich schaffte es, die Lüge ohne Fehler aufzusagen. " Es geht um die Prüfung nächste Woche. Zusammen lernen ist viel effektiver, als allein."
" Wann bist du wieder zurück?"
" Ich weiß es nicht. "
Die Tür klackte zu, und ich fing an zu rennen. Wo gehst du hin?
Die Bahn kam, ich stieg ein. Keine Fahrkarte? Egal. Wie viele Stationen? 5.
Martin Fischer war Ehemann und besaß Kinder.
Die Stimme von der Nachrichtensprecherin schien mich zu verhöhnen. Dieser anklagende Blick. Ich fing an, schneller zu atmen, immer mehr nach Luft zu schnappen. Mir wurde übel. Martin Fischer war Ehemann und besaß Kinder.
Der Mann mir gegenüber sah schon besorgt zu mir herüber. Ich musste mich wieder beruhigen. Schnell.
Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf das Atmen. Ein und aus. Ein und Aus. Keine Panik.
Die Station wurde angesagt, ich stürzte zur Tür.
" Hey... sag mal, geht's dir gut?", meldete der Mann sich.
Ich starrte ihn an. Geht's dir gut? Schlecht? Hey, sag mal... bist du nicht einer der Teenager, die diesen Martin Fischer umgebracht haben...?
" Ja." Die Tür öffnete sich. Ich sprang hinaus und rannte weiter.
Auf der Hälfte der Strecke musste ich Halt machen. Das von mir erzeugte Keuchen erzeugte diese Rauchschwaden. Ich schloss abermals die Augen und kämpfte damit, dem Brennen meiner Augen nicht nachzugeben.
Wenn ich schon so an der Grenze zur Panik war, wie musste es denn dann erst Yuuki gehen? Wer war bei ihr, der ihr bestand?
Du bist so ein Feigling, Siles. Du wolltest keine Pause. Du bist nur vor deinen Problemen weggerannt.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top