20.

Am nächsten Morgen wurde ich durch eine Ohrfeige aufgeweckt. Mein erster Impuls war, laut und vorallem genervt aufzubrüllen und Yuuki böse anzustarren. Denn wer konnte sonst so skrupellos sein, um so eine brutale Weckmethode zu erfinden als sie?
Die Antwort: Tommy. Der Kleine schien nicht zu wissen, dass das Klatschen auf meinen Wangen wehtun könnte, weswegen er einfach munter weiterklatschte.
Ich bring ihn um, wenn er so weitermacht, knurrte Klaus.
Als der Junge nach ein paar Sekunden immer noch nicht aufhörte, hielt ich seine Handgelenke fest. " Ich bin schon wach, Tommy. Könntest du bitte damit aufhören?"
" Warum hast du da drauf geschlafen?"
" Weil das Bett schon besetzt war. "
" Achso." Es rukelte, als er sich neben mich auf das Sofa hievte. Dann schaute er sich nach allen Seiten um und beugte sich vertraulich zu mir. "Siles. Weißt du was?"
Nein
" Nein."
" Zac...." Tommy machte eine bedeutungsvolle Pause, als wolle er das kommende spannender machen. "... ist eingeschlafen."
Ich sah ihn an und fragte mich, ob der das ernst meinte.
" Ach."
Tommy nickte und sah mich erwartungsvoll an.
Sag ihm, dass Zac tot ist.
Klaus ignorierend stand ich auf und streckte mich. " Dann werden wir ihn wohl weiterschlafen lassen, meinst du nicht?"
"Okay." Tommy rutschte enttäuscht vom Sofa runter.
Ich blickte zu einem Spiegel und zog die Augenbrauen hoch. Ich sah schlimm aus. Tiefe Augenringe unter meinen graublauen Augen. Meine weißblonden Haare total verstrubelt. Ich sah langsam an mir herunter. Der hellblaue Pulli war an manchen Stellen mit Blut befleckt, meine Jeans ebenfalls. Meine Schuhe sahen eigentlich noch normal aus.
Tommy zupfte an meinem Pullover und zeigte auf seinen Bauch. " Ich habe Hunger."
Mein Bauch knurrte ebenfalls. Wir lächelten.
Mit einem Räuspern lief ich an ihm vorbei in die Küche. Zac lag dort quer über dem Tisch gebeugt, in der Hand die Bierdose. Das tiefe Schnarchen überzeugte mich davon, dass Tommy recht behalten hatte und Zac wirklich im Schlaf lag. Ich gähnte und öffnete den Kühlschrank. Leere. Super.
Was hast du erwartet?
Dann musste ich eben einkaufen gehen... immerhin konnte ich sie ja nicht hier so ohne Nahrung lassen, wenn ich die Wohnung verließ und wieder nach Hause ging. Ein Blick auf die Uhr und ich schnappte mir ein Zehner aus einem Glas neben der Spüle. Waren wohl Zac's Ersparnisse gewesen. Was solls. Essen hatte Vorrang.
"Kaufst du mir jetzt einen Cheeseburger?", fragte Tommy.
" Jo. Wir haben ein gutes Frühstück verdient, meinst du nicht?" Ich schnappte mir meine Jacke. Die Turnschuhe hatte ich ja anbehalten. Als ich so zu Tommy blickte, seufzte ich. " Draußen ist es kalt. Am besten ich kauf dir noch ne Jacke."
Tommy nickte und rannte los. Aus der Wohnung, hinaus auf die Straße. Dort hielt er an und wartete gehorsam auf mich, um dann schließlich meine Hand zu halten und sich neugierig umzuschauen. Ich beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, als wir uns aufmachen, zu McDonalds. Der Junge tat ja regelrecht so, als hätte er den Großteil seines Lebens in Krankenhäusern verbracht und nie was von Schnee oder Autos gehört oder gesehen. Der Gedanke trübte meine ohnehin schon nicht so gute Laune. Bei McDonalds angekommen, bestellten wir vier Cheeseburger zum Mitnehmen, nahmen diese dann mit und machten zwei schon mal unterwegs auf. Hungrig bissen wir rein. Der Cheeseburger war eigentlich ganz okay, ganz normal. Aber wenn man so Tommy zusah, dessen Gesichtsausdrücke von erstaunt zu begeistert und wieder zurück zu angewidert wechselten, konnte dieser Burger in dessen Händen das Unglaublichste sein. Ich war gespannt, wie Yuuki und Zac reagieren würden.

" Sind wieder da.", murmelte ich, als ich die Tür zu Zac's Wohnung aufstieß. Den Schlüssel ließ ich auf einen kleinen Schrank fallen, die Einkäufe legte ich in den Flur, um die Tür wieder zuzustoßen. Dann trug ich sie in die Küche, wo Zac immer noch schlief. Ein Langschläfer. Die Uhr zeigte bereits Neun. So viel zum Thema, das Leben wäre zu kurz, um zu schlafen.
Yuuki schien Tommy zufolge ebenfalls noch zu schlafen. Super.
Tommy saß gelangweilt auf einem Stuhl. " Siles... was soll ich machen? "
Die Fresse halten
Hör auf Klaus. Mein Blick fiel auf den Fernseher. " Guck mal." Ich ging hin und schaltete ihn an.
Tommy rutschte näher. Es lief Spongebob und das schien genau seinem Geschmack zu entsprechen.
Jedenfalls hörte ich ihn noch auflachen, ehe ich die Wohnzimmer Tür hinter ihm schloss. Mit einem Seufzen verließ ich wieder die Wohnung. Ich musste das mit meinen Eltern wieder in Ordnung bringen. Mir graute vor der Laune meiner Mutter. Aber gut.
Augen zu und durch

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