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Nach meinem Gespräch mit Aaliyah habe ich leider nicht viel über Shawn herausfinden können. Sie wollte mir nichts erzählen, weil sie findet, dass ich Shawn schon selbst fragen müsse.

Und jetzt stehe ich vor dem Eingang der Bibliothek und warte auf Shawn. Den kalten Wind in meinem Gesicht spürend, starre ich löcher in die Luft. Dafür, dass es erst Oktober ist, ist es ziemlich kalt. In New York war es zu dieser Jahreszeit wenigstens ein Stück wärmer.

Ich warte schon seit 10 Minuten. So langsam sollte er kommen, sonst erfriere ich noch. Oder hat er es sich vielleicht anders überlegt und kommt nicht mehr?

Der Gedanke daran, dass er vielleicht doch nicht kommt, enttäuscht mich. Ich habe mich sehr auf dieses Treffen gefreut.

Kann es sein, dass er keine Lust auf mich hat? Immerhin hat er fast eine Woche gebraucht, um mir zu schreiben.

Meine Vermutung wird zum Glück widerlegt, als ein schwarzer Jeep am Straßenrand hält. Ich höre das Öffnen Fahrertür und dann ist hinter dem Wagen ein dunkler Haarschopf zu erkennen. Anhand der Locken erkenne ich, dass es Shawn sein muss.

Er ist gekommen. Augenblicklich beginnt mein Herz schneller zu schlagen.

Ich setzte mich in Bewegung, in die Richtung wo das Auto steht, laufend.

,,Hey!" rufe ich ihm zu, sobald er mich erkannt hat.

,,Hallo Jasmin! Ich bin echt froh dich zu sehen." erwidert er mit einem Strahlen im Gesicht.

Er zieht mich in eine feste Umarmung und sofort umgibt mich die Wärme seines Körpers. Die Kälte scheint wie weg geblasen.

Ein dezenter, aber sehr guter holziger Geruch, macht sich in meiner Nase bemerkbar. Augenblicklich schlägt mein Herz noch schneller.

Ich genieße die wenigen Augenblicke, in denen ich ihm nahe bin. Leider vergehen diese viel zu schnell, so dass ich wieder den kalten Wind durch meine dünne Jacke spüre.

Anschließend setzen wir uns ins Auto. Er startet den Motor und fährt los.

,,Worauf hast du Lust?" fragt mich Shawn nach einem Moment Stille.

Genau in dem Moment gibt mein Bauch Geräusche von sich. Ich spüre, wie meine Wangen warm werden. Aus einem unerklärlichen Grund ist es mir unangenehm, dass Shawn meinen Magen knurren gehört hat. Dabei ist das menschlich.

,,Scheint, als hättest du Hunger." lacht er. „Ich kenne da ein gutes Restaurant. Das ist ganz in der Nähe."

,,Hört sich gut an." antworte ich ihm mit höherer Stimme als gewöhnlich.

Was zur Hölle ist los mit meinem Körper? Bevor Shawn da war, war noch alles normal.

Den Rest der Fahrt über ist es still. Zu still. Das einzige Geräusch ist der laufende Motor, der ab und zu anfängt zu schreien, wenn Shawn den Gang mal wieder zu spät wechselt.

Und dann heißt es, Frauen fahren schlecht Auto. Sogar ich weiß, wie man den Gang schalten muss, ohne dass der Motor zu laute Geräusche von sich gibt. Und ich habe noch nicht mal einen Führerschein.

Nadir hat es mir damals in New York beigebracht. Das war, bevor ich herausgefunden habe, woher er sein ganzes Geld. Ich hatte von seinen schmutzigen Geschäften nichts gewusst.

Eines Tages hat er nämlich angefangen, mich mit in seine Geschäfte hineinzuziehen. Das wollte ich mir jedoch nicht antun. Für meine eigene Sicherheit. Ich habe also die erstbeste Möglichkeit genommen und die Flucht ergriffen.

Leider hatte ich bisher keine Möglichkeit die Scheidung zu beantragen. Dafür müsste ich nämlich Nadir wiedersehen, und das möchte ich weitestgehend verhindern.

,,Wir sind da." holt mich Shawn aus den Gedanken.

Ich blicke aus dem Fenster und sehe die Fassade eines Restaurants. Es ist klein, aber es macht einen gehobenen Eindruck. Die Fenster glänzen und im Eingangsbereich wachsen Rosensträucher mit roten und weißen Blüten. Über der Eingangstür steht in goldenen Buchstaben der Name des Restaurants.

Wir steigen aus und laufen zum Restaurant. Bei den Rosen angekommen, bleibe ich stehen, um ihren herrlichen Duft einzusaugen.

Sie riechen unbeschreiblich schön. Das ist einer der Gründe dafür, dass Rosen meine Lieblingsblumen sind. An ihren Geruch kommt kein anderes Gewächs ran. Ein weiterer Grund ist ihr Aussehen. Jede Rose besitzt einen Dorn, egal wie schön sie ist. Doch gerade das macht sie einzigartig.

Es ist genau wie mit demLeben. Uns passieren viele, oft unvorhersehbare Dinge. Doch im Grunde ist das Leben kostbar und einmalig. Wir dürfen uns nur nicht von den Dornen täuschen lassen. Denn am Ende blüht jede Rose auf.

Es sei denn, das Schicksal tut alles, damit die Rose verwelkt.

Ich habe gar nicht bemerkt, dass Shawn weiter gelaufen ist. Erst als er meinen Namen ruft, sehe ich ihn bereits vor dem Eingang stehen. Also laufe ich zu ihm und gemeinsam suchen wir uns einen Platz im Restaurant aus.

,,Hol dir, was du möchtest. Ich bezahle." sagt Shawn. Ich will gerade widersprechen und sagen, dass ich selber bezahlen möchte, doch er unterbricht mich. ,,Ich bestehe darauf. Auch wenn du selber bezahlen kannst." Daraufhin murmele ich nur ein kurzes „Danke". Er scheint mich verstanden zu haben, denn er lächelt auf meine Worte hin.

Als ich die Speisekarte aufschlage, überdenke ich meine Entscheidung doch noch einmal. ,,Shawn, das Essen ist viel zu teuer. Ich möchte nicht, dass du soviel fü-" aber er lässt mich nicht aussprechen.

,,Ich werde schon nicht arm deswegen. Selbst wenn, solange ich dich besser kennenlernen kann, wäre es mir das wert." spricht er aus und zwinkert.

Erneuert laufe ich rot an. So langsam glaube ich echt, mein Gehirn will mir einen Streich spielen. Wie kann es sein, dass ich jedes Mal erröte, wenn Shawn mir zuzwinkert oder Komplimente macht?

Bin ich vielleicht doch dabei, mich in einen Fremden zu verlieben?

Das darf nicht passieren. Ich bin noch immer mit Nadir verheiratet. Auch wenn mir nichts an Nadir liegt, wäre es ziemlich merkwürdig so etwas wie eine Affäre zu führen.

Wir beide haben uns einGericht ausgesucht und es dem Kellner mitgeteilt. Ich habe mich für die Lasagne entschieden, Shawn hingegen für ein Steak. Typisch Mann.

,,Erzähl mir etwas über dich." fordert Shawn mich auf und legt seine verschänkten Hände auf dem Tisch ab.

Ich beschränke mich darauf, von meinem Leben aus Toronto zu erzählen. Der Rest geht niemanden etwas an.

,,Ich wohne seit einem halben Jahr in Toronto. Außerdem studiere ich Pharmazie, aber das weißt du ja bereits." Dass ich Pharmazie studiere, habe ich ihm schon bei unserem ersten „Treffen" erzählt.

Meine Familie verschweige ich ihm. Wir kennen uns nicht lange genug, so dass ich ihm etwas davon erzählen könnte. Nicht einmal Naomi und Lucas wissen von den Dingen Bescheid, obwohl sie meine besten Freunde sind.

Shawn erzählt mir, dass er in Pickering geboren wurde, für sein Studium aber nach Toronto gezogen ist. Auch er gibt keine Dinge über seine Familie preis.

Im Anschluss herrscht wieder Stille. Unangenehme Stille.

Immer wieder fahre ich mit meinen Händen meinen Oberschenkel auf und ab.

Gerade fällt mir ein, dass ich ihn auf Aaliyah ansprechen kann, als der Bildschirm seines Handys, das auf dem Tisch liegt, aufleuchtet.

Seine Miene verändert sich schlagartig, sobald er auf den Display schaut. Schnell blickt er durch den Raum und fährt sich mit der Hand durch die Haare. Sein Atem verschnellert sich ebenfalls.

Ohne etwas zu sagen steht er auf.

,,Ich muss gehen. Das tut mir so leid, aber mein Vater hatte einen Unfall. Ich muss zum Krankenhaus." sagt er, dreht sich um und verlässt mit schnellen Schritten das Restaurant.

Was haltet ihr von dem Verhalten der beiden? Also ich würde sagen, da verliebt sich jemand in Shawn 😏

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