Eine Stunde später hält Shawn das Auto an und schaltet den Motor ab. Das laute Brummen des Motors verstummt.

,,Wir sind da." sagt Shawn und schnallt sich ab. Ich tue dasselbe und steige aus.

Es ist dunkel und nur einige wenige Laternen erhellen die Straße. Kalter Wind peitscht in mein Gesicht. Von der Straße führt ein kleiner Weg zwischen Gestein weg von der Straße. Der Weg ist schwach beleuchtet und sein Ende ist von der Straße aus nicht zu erkennen, da die Sicht durch mehrere Bäume verdeckt wird.

,,Wo sind wir hier?" frage ich Shawn.

,,In Pickering."

Erst bin ich verwirrt, aber dann erinnere ich mich, dass Shawn in Pickering geboren wurde und einen Großteil seines Lebens hier verbracht hat.

Shawn holt seine Gitarre aus dem Kofferraum und hängt sie sich dann um.

,,Komm mit, ich will dir etwas zeigen." sagt er und greift nach meiner Hand. Dann laufen wir den schmalen  Weg entlang. Ehrlich gesagt ist es unheimlich, aber ich vertraue Shawn. Wenn er bei mir ist, fühle ich mich sicher. In der Dunkelheit greife ich nach Shawns Hand und sofort wärmt seine Hand meine. Unsere Hände passen wir für einander gemacht ineinander.

Schweigend laufen wir den Weg entlang, bis wir am Ende das kleine bewaldete Gebiet verlassen und Ausblick auf eine große Sandfläche haben. In der Ferne hört man das Rauschen von Wellen. Wir sind an einem Strand.

Einzelne Laternen sind im Sand verteilt und tauchen den Strand in eine romantische Atmosphäre.

Shawn und ich laufen in Richtung eines beleuchteten Holzstegs. Dort angekommen setzen wir uns an den Rand und unsere Füße baumeln über dem Wasser herum.

,,Es ist wunderschön hier." bemerke ich und blicke zum Sternenhimmel über uns hinauf.

Der Junge neben mir nickt. ,,So wie du. Obwohl, dieser Himmel ist nichts im Vergleich zu dir." flüstert er. ,,Du bist wunderschön. Alles an dir."

Ich drehe meinen Kopf nach links und schaue in Shawns dunkle Augen, die funkeln. Wie so oft verliere ich mich ihnen. Womit habe ich diesen Jungen verdient?

,,Ich weiß, du siehst das nicht so, aber ich kenne niemanden, der so stark ist wie du. Du hast diese ganzen Dinge überstanden. Jedes Mal bist du erneuert aufgestanden und hast dich nicht unterkriegen gelassen." fährt er fort. Seine Hand liegt an meiner Wange und ich spüre seinen warmen Atem in meinem Gesicht. Anschließend weht kalter Wind in mein Gesicht und nimmt die Hitze, die soeben noch dort war, mit sich.

,,Du weißt, dass das nicht stimmt." erwidere ich. Ich seufze und wende meinen Blick nach unten. ,,Ich habe immer noch Angst und ich weiß nicht einmal, wovor." Spöttisch lache ich. ,,Was ist, wenn Nadir in einigen Jahren aus dem Gefängnis kommt und mich suchen kommt? Was ist wenn..." Mir fällt nichts mehr ein.

Shawns Hand drückt meinen Kopf wieder hoch, so dass ich in seine Augen blicken muss. ,,Du hast Angst, aber das ist normal. Ich bin hier und passe auf dich auf, das habe ich dir doch versprochen. Vergiss das niemals." Er küsst mich sanft. ,,Und wenn Nadir sich trauen sollte, in deine Nähe zu kommen, dann bin ich da und beschütze dich."

Noch nie in hat jemand so etwas schönes zu mir gesagt. Shawn gibt mir das Gefühl, wirklich sicher zu sein. Etwas, was ich lange nicht mehr war.

,,Eine Sache geht mir aber immer noch nicht aus dem Kopf." berichte ich Shawn von meinen Sorgen. ,,Woher weiß Nadir, dass ich in Toronto bin? Er kann ja nicht einfach auf die Idee gekommen sein, dass ich hier bin. Irgendetwas muss ihn den Anreiz gegeben haben, hier zu suchen." Darüber mache ich mir schon seit längerem Gedanken. Aber egal wie ich das Blatt wende, nichts macht Sinn.

Shawn seufzt. ,,Ich weiß es nicht, Rania. Das einzige, was Sinn machen würde, ist dass es einen Spion gibt. Oder Nadir ist ernsthaft so verrückt und hat einen Peilsender an dir angebracht. Aber das würde ich nicht einmal ihm zutrauen."

,,Ein Spion? Du meinst, jemand der mich kennt, hat mich verraten?" frage ich besorgt. Ich möchte diesen Gedanken nicht wahrhaben.

Shawn schüttelt den Kopf. ,,Nein, ich meine es gibt vielleicht jemanden, den Nadir kennt, der weiß wie du aussiehst. Und dieser jemand hat dich gesehen und Nadir Bescheid gegeben. Du musst die Person ja nicht kennen. Ich denke nicht, dass es einer dein Freunde ist. Ich kenne sie nicht so lange wie du, aber sie machen einen guten Eindruck. Mach dir am Besten keine Sorgen, das klärt sich bestimmt noch auf." beruhigt er mich und küsst mich auf die Stirn.

Er hat Recht. Samstag in der Polizeistation werde ich sowieso die gesamte Geschichte erfahren. Es bringt nichts, mir jetzt sorgen darüber zu machen.

Es kehrt eine angenehme Ruhe ein. Wir beiden starren zum Horizont, wo das Meer den Nachthimmel berührt und hören dem Rauschen der Wellen zu. Das Meer und der Geruch des Salzwasser haben eine beruhigende Wirkung auf mich.

,,Weißt du, damals als wir uns kennengelernt hatten, habe ich dich ständig mit Nadir verglichen. Es war schwachsinnig, aber da war ständig diese Angst, dass sich herausstellt, dass du genauso bist wie er." offenbare ich Shawn meine Gedanken. Es ist das erste Mal, dass ich ihm davon erzähle. Shawn und ich haben keine Geheimnisse vor einander, aber ich hatte es nie für wichtig erachtet, ihm davon zu erzählen.

Shawns Hand an meiner Hüfte verkrampft. ,,Ich hasse ihn." murmelt er leise.

Scheinbar denkt er, dass ich es nicht gehört habe, denn er spricht dann normal weiter. ,,Ich würde dir niemals weh tun können, Rania. Dafür bist du mir zu wichtig. Ich... Ich hab dich lieb." Er zieht mich an sich und mein Herz explodiert auf schöne Weise.

Ich lehne meinen Kopf an seine Brust und erwidere seine Worte. ,,Ich habe dich auch lieb."

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Eine Weile sitzen Shawn und ich am Steg, ohne miteinander zu reden. Seinen Herzschlag in einem und das Meer im anderen Ohr zu hören ist mir genug.

Auf einmal nimmt Shawn seinen Arm von meinem Rücken weg und die Stelle, an der vorher sein Arm war, wird ganz kalt.

,,Ich würde dir gerne das Lied von vorhin vorspielen." unterbricht er unser Schweigen und ich löse mich von ihm.

Er nimmt die Gitarre zwischen die Hände, aber natürlich haut er sich das Ende gegen die Stirn.

,,Hast du dir weh getan?" lache ich.

Er schüttelt lachend den Kopf. ,,Wenn du wüsstest, wie oft mir das schon passiert. Ein Wunder, dass ich keine Narben habe."

Nachdem wir wieder leise geworden sind, beginnt er Gitarrenakkorde zu spielen. Seine Finger gleiten über die Gitarrensaiten und zarte Klänge erfüllen die Luft zwischen uns.

Sofort überzieht mich eine Gänsehaut. Aufmerksam höre ich Shawn zu, der jeden Ton perfekt trifft.

,,Guess I need a watch to tell the time

Guess I need the sun to help me shine

And I really need you in my life

Now I know

That you give me this crazy feeling

And you won't have to wait no more for me, for me

And I just got this crazing feeling

I've been making someone wait for me."

singt er das Lied zu Ende und lässt es mit einigen weiteren Gitarrenklängen ausklingen.

,,Könntest du aufhören, jedes Mal zu weinen, wenn ich singe? Ist es so schrecklich?" fragt er und wischt mit seinem Daumen eine Träne weg, die sich gerade den Weg aus meinem Auge gebahnt hat. Dann stellt er die Gitarre hinter sich ab.

,,Du singst so schön. Da kann ich nur weinen." sage ich.

,,Das kommt bestimmt davon, weil ich währenddessen an dich denke." erzählt er und Schmetterlinge überfluten mein Inneres. Mein Herz scheint gar nicht mehr langsamer werden zu wollen, so schnell schlägt es.

,,Du hast so viel Talent, das solltest du ausnutzen."

Mein Freund schüttelt den Kopf. ,,Ich denke nicht, dass irgend jemand-"

,,Doch!" unterbreche ich ihn, denn ich kann mir denken, was er sagen will. ,,Viele Menschen würden sich deine Musik anhören. Wenn du erst einmal von einer Plattenfirma entdeckt wirst, steht dir nicht mehr im Weg."

,,Das wird doch niemals etwas. Das ist so unwahrscheinlich." seufzt Shawn.

,,Versuche es doch einfach, was kann schon schief gehen? Und sag jetzt nicht ,alles'!"

,,Du kennst mich einfach zu gut." schmunzelt Shawn. Auch ich muss grinsen.

,,Ich überlege es mir." antwortet Shawn dann auf meine Frage.

Ich lächele ihm aufmunternd zu. Ich bin mir nämlich sicher, dass aus ihm etwas Großes werden kann, wenn er sich anstrengt.

Habt ihr eine Idee, woher Nadir wusste, dass Rania in Toronto ist?

Schaut einer von euch morgen die AMAs? Die Beginnen in Deutschland leider erst um 2 Uhr morgens am Montag und ich weiß nicht, ob ich sie ganz durchschauen kann. Ich habe Montag zwar frei, aber ich möchte auch nicht zu lange deswegen wach bleiben. Glaub ihr Senorita gewinnt einen Award?