~ 25 ~
Shawns Sicht
Nachdem sich Aaliyah neben meine Mutter an den Tisch gesetzt hat, erkläre ich ihnen die Situation. Ich erzähle ihnen nicht, dass Rania, daran beteiligt ist, sondern dass es sich um eine andere Freundin von mir handelt. Sie erfahren nur so viel, wie sie wissen müssen.
,,Du meinst also, dieser Mann weiß wo wir wohnen?" fragt Aaliyah. Die Sorge aus ihrer Stimme ist deutlich heraus zu hören. Das ist verständlich, immerhin mache ich mir selber auch sorgen. Wer weiß wozu Nadir alles fähig ist?
Ich nicke kurz. ,,Und ich fürchte, dass er wieder kommt. Ihr müsst aus dem Haus, ich mache mir Sorgen, dass er euch etwas antun könnte." berichte ich von meinen Gedanken.
Mein Vater zieht die Augenbrauen zusammen. ,,Aber was soll er denn mit uns anfangen? Ich würde mir da eher sorgen um dich machen." sagt er.
,,Weil ich Kontakt zu seiner Frau habe. Das ist kompliziert, aber ich mache mir ernsthafte Gedanken darüber, was er tun könnte. Ich kann euch nicht sagen, was er alles getan hat, aber ihr müsst mir glauben." versuche ich meinen Vater zu überreden.
Endlich kommt auch meine Mutter zu Wort. Vielleicht schafft sie es, meinen Vater zu überreden. ,,Shawn, wir glauben dir natürlich. Aber wir können das Haus nicht einfach leer lassen."
Sofort unterbreche ich sie: ,,Es ist nur für einige Tage! Bitte, vertraut mir einfach. Bleibt in meiner Wohnung bis wir uns sicher sein können, dass Er Toronto verlassen hat."
,,Kennen wir den Mann?" fragt meine Mutter.
Ich schüttele mit dem Kopf. ,,Ihr kennt ihn nicht, aber er ist ein Psycho."
Meine Mutter greift sich mit der Hand ans Kinn, so wie immer wenn sie über etwas nachdenkt und kurz davor ist, zuzusagen. Nach zwanzig Jahren kennt man eben jede Bewegung seiner Eltern auswendig.
,,Schatz, ich denke es wäre erst einmal sicherer, zu Shawn zu ziehen. Es reicht ja für den Anfang, wenn es nur einige Tage sind." spricht meine Mutter an meinen Vater gewendet und mir fällt ein Stein vom Herzen.
Mein Vater stimmt schlussendlich zu. Aaliyah neben mir atmet erleichtert aus. Nadir scheint ihr alleine von meinen Erzählungen Angst zu machen, was ich definitiv nachvollziehen kann.
,,Jetzt sollten wir aber erst mal deine Wange versorgen und dann frühstücken, deswegen bist du immerhin hier." bemerkt meine Mutter und steht auf um zum Medikamentenschrank zu laufen, aus dem sie eine Salbe holt. Anschließend schmiert sie die kalte Creme auf den Bereich unter meinem Auge.
Mehrere Stunden später sitze ich auf meinem Bett, während meine Familie ihre Koffer ins Wohnzimmer bringen und dort in die leeren Regale stellen. Ich wollte die Regale aus Akazienholz schon seit Wochen befüllen, bin aber nie dazu gekommen. Immerhin können meine Eltern und Aaliyah sie jetzt nutzen.
Das Vibrieren meines Handys zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Also ziehe ich es aus meiner Hosentasche.
Hey Shawn! Steht das Treffen noch?
Rania
Mist! Das habe ich ganz vergessen.
Ich wollte sie zu mir nach Hause einladen, aber das kann ich jetzt vergessen. Schließlich sind meine Eltern und Aaliyah bei mir. Ich weiß nicht, was von beiden peinlicher wäre.
Hey Rania! Leider ist etwas dazwischen gekommen und wir können nicht zu mir nach Hause. Was hältst du davon, uns woanders zu treffen?
Dein Shawn
Ich drücke auf ,,Absenden".
Wenige Augenblicke bewegt sich mein Handy erneuert. Rania hat geantwortet.
Gerne! Was schlägst du vor?
Ich antworte ihr unverzüglich. Nach längerem Hin und Her beschließen wir, uns um achtzehn Uhr im Café ,,Blue Jeans" zu treffen. Sie wäre dort öfter mit ihren Freunden und es sei ziemlich gut. Ich selber habe davon noch nie etwas gehört.
Ranias/Jasmins Sicht
Kurz vor sechs stehe ich auf dem Bürgersteig vor dem ,,Blue Jeans" und warte auf Shawn. Ich trage eine schwarze Leggins und eine dunkelrote Bluse. Darüber habe ich eine dünne Winterjacke an, weil es hier abends im Oktober ziemlich kalt werden kann. Meinen Erwartungen entsprechend standen Naomi und ich mindestens eine halbe Stunde am Kleiderschrank und haben das passende Outfit für das Treffen mit Shawn herausgesucht. Ich bin noch immer nicht wirklich zufrieden, aber Naomi zufolge sehe ich perfekt aus. Geschminkt habe ich mich nicht viel, da ich mich allgemein nicht viel schminke.
Pünktlich zum Treffzeitpunkt fährt ein schwarzer Jeep an den Rand des Bürgersteigs und ein Lockenkopf steigt aus. Shawn.
Er läuft um das Auto herum und beginnt sofort an zu lachen, als er mich erblickt. Unmittelbar erwidere ich sein Lächeln. Mein Blick fällt auf einen kleinen Rosenstrauß in seiner Hand.
,,Hey!" begrüßen Shawn und ich uns gleichzeitig und der Braunhaarige zieht mich in eine feste Umarmung. Automatisch umgibt mich seine Wärme und sein angenehmer Geruch.
Wir lösen uns voneinander und Shawn reicht mir den Blumenstrauß, den ich dankend annehme. Sofort rieche ich an den Rosen. Habe ich schon einmal erwähnt, dass Rosen meine Lieblingsblumen sind?
,,Wollen wir rein?" fragt Shawn, der sich gerade mit seiner Hand durch die Locken fährt, die dann chaotisch auf seinem Kopf aufliegen. Wie bekommt er es hin, trotzdem so gut auszusehen?
Ich nicke und wir laufen nebeneinander zur Eingangstür, die mir Shawn, ganz wie ein Gentleman, aufhält.
Wir setzen uns an den Stammtisch von meinen Freunden und mir und kurz danach kommt ein Kellner und bringt uns jeweils eine Speisekarte.
Eigentlich brauche ich sie nicht, immerhin bestelle ich ohnehin jedes Mal dasselbe.
,,Einen Schokomuffin bitte. Und dazu einen Chai Latte." gebe ich meine Bestellung auf. Shawn bestellt sich gleich drei Schokomuffins und einen Espresso.
,,Was willst du mit so vielen Muffins?" frage ich Shawn. Ich denke nicht, dass die alle für ihn sind.
,,Essen? Was denn sonst?" fragt er mich zurück.
,,Drei Stück?"
,,Ja. Das sind Schokomuffins, die existieren nur damit ich sie esse." erzählt der Braunhaarig und man könnte meinen, er meint das ernst. Vielleicht tut er das sogar.
Sofort muss ich grinsen. Der Junge ist echt verrückt.
Bis unsere Bestellung an den Tisch gebracht wird unterhalten der Kanadier und ich uns über unser Studium und unsere Hobbies.
,,Wo hast du eigentlich gelernt, so zu singen?" frage ich Shawn und lehne mich nach vorne. Seitdem er mir vorgesungen hat, bekomme ich seine Stimme nicht mehr aus dem Kopf.
,,Ich habe es mir selber beigebracht." antwortet er und zuckt mit den Schultern. ,,So gut ist das doch gar nicht." spricht er weiter und lehnt sich ebenfalls nach vorne.
,,Willst du mich verarschen? Du singst wunderschön. Deine Stimme berührt die Zuhörer sofort." widerspreche ich ihm.
Der Lockenkopf errötet ein wenig und blick auf seine Hände, die verschränkt auf dem Tisch liegen. Dann hebt er den Blick wieder. ,,Findest du wirklich?" fragt er mich und blickt mir intensiv in die Augen.
,,Ja, das ist mein Ernst. Du solltest was daraus machen. Du könntest dich bei einer Plattenfirma-" setze ich an, werde aber sofort von Shawn unterbrochen.
,,Ich denke du übertreibst ein wenig. Ich werde mich nicht bei einer Plattenfirma bewerben. Können wir bitte das Thema wechseln?"
Verwundert von seiner Reaktion, gehe ich seiner Bitte nach. Er wird schon seine Gründe haben.
Im nächsten Moment wird unsere Bestellung geliefert und wir lehnen uns wieder nach hinten, um unser Gebäck zu essen. Der Geruch von warmen Schokomuffins verteilt sich in der Luft und unwillkürlich läuft mir das Wasser im Mund zusammen.
Später habe ich meinen Muffin gegessen und Shawn ist noch bei seinem Zweiten. Mein Blick fällt auf den Muffin, der auf seinem Teller liegt. Er scheint meine Blicke nicht zu bemerken, da er gerade wie verliebt den Muffin zwischen seinen Händen anstarrt. Der Anblick ist irgendwie schon süß.
Ich nutze Shawns Unachtsamkeit und greife nach seinem Muffin, was er natürlich bemerkt. Ungläubig schaut Shawn zu mir, wie ich den Muffin zu meinem Mund führe und genüsslich abbeiße.
,,Das hast du nicht getan." spricht er mit vollem Mund.
Ich zucke als Antwort mit den Schultern und beiße wieder in das süße Gebäck.
Nachdem ich den Bissen geschluckt habe, steht Shawn von seinem Platz auf und läuft auf mich zu. Was wird er jetzt machen?
Unerwarteterweise beginnt er mich zu kitzeln und die Leute an den Tischen um uns herum schauen uns verstört an. Ich versuche so gut es geht mein Lachen zurückzuhalten, aber trotzdem verlassen mehrere laute Geräusche meinen Mund.
Ich rutsche in Richtung des Fenster, da Shawn den Ausweg blockiert. Jedoch bringt das nichts, da Shawn immer näher auf mich zu kommt.
Plötzlich hört er auf mich zu kitzeln. Erst jetzt bemerke ich, wie nah wir uns eigentlich sind.
Ich spüre seinen Atem an meinem Gesicht und mein Blick fällt auf die Krümel an seinem rechten Mundwinkel. Ohne darüber nachzudenken streiche ich sie mit meiner Hand weg.
Seine Lippen sind warm. Macht aber auch Sinn, immerhin ist der Junge vor mir ziemlich heiß.
Ich wende meinen Blick von seinen Lippen ab und schaue meinem Gegenüber in die Augen. Dabei bemerke ich, dass sein Blick auf meinen Lippen liegt.
Hier bin ich wieder mit einem neuen Kapitel 💚. Ich weiß nicht, wie viele Kapitel diese Woche kommen, weil ich leider noch die blöde Hausarbeit schreiben muss. Vielleicht hätte ich sie nicht so weit aufschieben sollen 😶
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