~ 20 ~

Es dauert einen Moment, bis Shawn den Kuss erwidert und seine Lippen anfangen, sich mit meinen im Takt zu bewegen. Ein süßer Geschmack verteilt sich in meinem Mund. Vermutlich hat er noch vor Kurzem Schokolade gegessen.

Meine Hände finden automatisch den Weg in seinen Nacken, während seine Hände an meiner Taille anliegen. Sanft zieht er mich zu sich und verstärkt dabei den Druck auf meinen Lippen.

Ein wohliges Kribbeln fährt meinen Körper entlang, ausgehend von meinem Bauch. Erneuert spüre ich dort die Pottwale, die ich auch beim letzten Kuss gespürt habe.

Wir lösen unsere Lippen und atmen tief ein, um uns im nächsten Augenblick wieder zu küssen.

Alle meine Zweifel, Sorgen und Ängste waren unberechtigt. Denn jetzt bin ich mir absolut sicher: Shawn ist nicht wie Nadir. Hier und jetzt, während dieses Kusses bin ich mir bewusst, dass Shawn derjenige ist, auf den ich die ganze Zeit gewartet habe.

Es mag verrückt klingen, denn wir kennen uns so gut wie gar nicht, doch ich vertraue ihm. Und an der Art wie er mich küsst erkenne ich, dass er das gleiche denkt.

Ich öffne meine Augen, nachdem wir den Kuss beendet haben und schaue meinem Gegenüber tief in die Augen.

Mal wieder verliere ich mich in seinen dunklen Augen und habe das Gefühl, von ihnen einen Bann auferlegt zu bekommen. Im Gegensatz zu damals mit Nadir, versuche ich heute nicht zu fliehen.

Ich höre die Mauern um mich herum fallen, die ich krampfhaft versucht habe aufzubauen, um von Shawn entfernt zu bleiben. Egal wie sehr ich versucht habe, mich von ihm zu entfernen, der Zufall hat mich immer wieder zurück zu Shawn gebracht.

Das Schicksal scheint es endlich gut mit mir zu meinen.

Über Shawns Gesicht zieht sich ein breites Lächeln, das ich automatisch erwidere.

,,Jasmin ich... ich weiß nicht wie ich das sagen soll. Es ist nur, ich mag dich wirklich sehr. Mehr als ich am Anfang wollte." haucht Shawn.

Unfähig zu sprechen nicke ich.

Mein Blick liegt noch immer auf seinen Augen. Ich möchte nirgendwo anders mehr hinschauen, so sehr ziehen sie mich.

,,Wir kennen uns nicht einmal wirklich, aber ich fühle mich dennoch von dir angezogen. Ich möchte dich wirklich näher kennen lernen." spricht Shawn jetzt in einem normalen Tonfall.

Ich fasse mich und antworte ihm. ,,Das würde ich auch sehr gerne."

,,Was? Dich kennenlernen?" erwidert mein Gegenüber.

Idiot. Er weiß genau wie das gemeint ist.

Ich gebe ihm einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. ,,Du weißt was ich meine." lache ich.

,,Ich weiß." antwortet er und lacht ebenfalls.

Seine braunen Augen sauge mein Gesicht beinahe auf. Immer wieder wechselt sein Fokus zwischen meinen Augen und Lippen hin und her.

Meine Hände liegen noch immer in seinem Nacken und seine an meinen Hüften.

,,Rania ich muss -" läuft Leyla in den Flur, bricht jedoch ab als sie Shawn sieht. Mit großen Augen schaue ich Leyla an, um sie darauf aufmerksam zu machen, meinen falschen Namen zu benutzen.

Sofort spricht sie mich mit meinem falschen Namen an. ,,Jasmin, Jamila braucht meine Hilfe. Ich muss leider gehen."

Ich löse mich aus Shawns Griff und umarme meine Schwester zum Abschied.

Nachdem sie sich von Shawn verabschiedet hat, verlässt sie meine Wohnung.

Shawn steht die Verwirrung ins Gesicht geschrieben.

Ich muss mir jetzt entweder eine gute Lüge einfallen lassen, oder erfährt die Wahrheit. Doch um ehrlich zu sein, bringt es nichts mehr, ihn weiter anzulügen. Seit einem halben Jahr lebe ich nun unter dem Namen Jasmin, um mich vor Nadir zu verstecken. Aber jetzt, da Nadir auf dem Weg ist, kann ich mit den Lügen aufhören.

,,Hast du einen zweiten Vornamen?" fragt mich Shawn verwundert.

Ich schüttele den Kopf und blicke dann zu Boden.

,,Es gibt da etwas, was du wissen solltest. Eine ganze Menge, um ehrlich zu sein. Kommst du rein? Ich erzähle es dir drinnen."

Daraufhin folgt er mir ins Wohnzimmer, in dem Naomi und Lucas sitzen, und wir setzten uns nebeneinander auf die Couch.

Sofort fällt mir der spöttische Blick von Lucas auf, den er Shawn zuwirft. Dieser scheint das nicht zu bemerken.

,,Was hat so lange gedauert?" fragt Naomi und zwinkert mir zu. Sie kann sich wahrscheinlich denken, was passiert ist. Mir ist gerade jedoch nicht zu lachen zu Mute.

,,Leute, ich muss euch etwas erzählen." setze ich leise an und erzähle ihnen dann alles.

Ich erzähle ihnen als erstes, dass ich in Wirklichkeit nicht Jasmin, sondern Rania heiße und warte ihre Reaktionen ab.

,,Du hast uns die ganze Zeit lang angelogen?" fragt Lucas höhnisch.

Schuldig schaue ich ihn an. ,,Es tut mir doch leid, aber es hatte seine Gründe." Meine Stimme bricht am Ende des Satzes.

Ich stehe auf und laufe zur Kommode. Aus der untersten Schublade hole ich einen kleinen schwarzen Ordner mit wichtigen Dokumenten auf. Ich schlage den Ordner auf und sofort fällt eine Klarsichtfolie auf, in der meine Eheurkunde und der Ehering liegen. Unwillkürlich beschleunigt sich mein Puls.

Den aufgeschlagenen Ordner lege ich mit meinen zitternden Händen auf den Tisch, so dass ihn meine Freunde sehen können.

Mir entgeht nicht der verletzte Blick von Shawn. Er muss sich ziemlich betrogen fühlen, insbesondere nachdem ich ihm gestanden habe, dass ich ihn mag. Die Blicke von Lucas und Naomi kann ich nicht wirklich deuten.

,,Ihr wisst ja alle, dass ich aus New York komme. Meine Eltern haben mich vor etwas mehr als einem halben Jahr mit einem Mann verheiratet, doch ich war dagegen. Es hatte sie nicht wirklich interessiert. Ich habe die erste Chance zur Flucht ergriffen und bin nach Toronto geflohen. Den Kontakt zu meiner Familie habe ich abgebrochen, genauso wie zu meinem Ehemann." erkläre ich. Das Wort Ehemann drücke ich dabei besonders spöttisch aus. Rechtlich mag Nadir mein Ehemann sein, doch das ändert nichts an meinem Hass.

,,Nadir Sam." flüstert Naomi. ,,Der Name kommt mir bekannt vor, aber ich kann ihn nicht wirklich zuordnen." sagt sie. Nachdenklich blickt sie an einen Punkt an der Wand vor ihr. Dann schüttelt sie den Kopf. ,,Wahrscheinlich verwechsele ich den Namen nur mit jemand Anderem."

Ich schlucke schwer, ehe ich weiter spreche. ,,Er..." ich halte kurz inne. ,,Er ist auf dem Weg hierher." Meine Stimme zittert extrem beim Sprechen.

Die ganzen Gefühle, die ich seit dem Erhalt des zweiten Briefes versucht zu verstecken habe, drängen sich nun nach draußen. Aus einzelnen Tränen, die meine Augen verlassen, entsteht ein Wasserfall.

Ich habe das Gefühl, dass die Welt um mich herum anfängt sich zu drehen. Plötzlich können meine Beine mich nicht mehr halten.

Bevor ich falle, werde ich von zwei starken Armen aufgefangen, die mich fest umgreifen.

,,Wir lassen dich nicht alleine." flüstert die Stimme.

Leute, ich habe keine Lust mehr zu lernen 😅. Ich habe echt so viel gelernt, aber ich habe das Gefühl, dass ich einfach nichts weiß. Wahrscheinlich werde ich die Prüfung wiederholen müssen 🙈

Nicht mehr lange und dann taucht Nadir ,,endlich" auf. Was glaubt ihr, passiert als nächstes?

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