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Ein Blick auf die Uhr an der Wand verrät mir, dass es 21 Uhr ist. Wieso ruft Shawn mich zu dieser Uhrzeit an?

Ich nehme den Anruf an und sofort kommt mir seine bekannte Stimme entgegen.

„Hey Jasmin. Ich hoffe ich störe dich nicht. Ich habe grade nur an dich gedacht und musste dich anrufen..." spricht Shawn mit heiserer Stimme. Hat er etwa geweint?

„Geht es dir gut? Du hörst dich so anders an." frage ich ihn besorgt. Beim Gedanken daran, dass ihm etwas passiert sein könnte, zieht sich mein Magen zusammen.

„Nein. Es gibt da etwas, was du wissen musst. Und zwar dringend." Seine Stimme bricht am Ende.

„Ich...". Doch weiter spricht er nicht. Einige Sekunden herrscht Stille.

Ich beschließe, die Stille zu unterbrechen. „Was ist denn los, Shawn? Ist etwas passiert?" frage ich ihn mit ruhiger Stimme. Ich möchte ihn nicht weiter beunruhigen und mit lauter Stimme sprechen, da es ihm offensichtlich nicht gut geht.

„Es tut mir leid Jasmin. Aber ich denke es wäre das Beste, wenn wir uns nicht mehr sehen. Nie wieder."

Dann ist nur noch ein Piepen zu hören.

Meint er das ernst? Wieso sollten wir uns nicht mehr sehen? Irgendwie werde ich den Gedanken nicht los, dass etwas passiert ist. Vielleicht ist seinem Vater etwas zugestoßen?

Da ich denke, dass Aaliyah mehr weiß, schreibe ich ihr eine Nachricht. Dann lege ich mein Handy auf dem Nachttisch ab und lege mich auf den Rücken.

Wie so oft in letzter Zeit, verliere ich mich wieder in meinen Gedanken.

Mein Leben hat sich seit Naomis Geburtstag um 180 Grad gewendet. Ich habe einen Jungen kennengelernt und muss seitdem ständig an ihn denken.

Aber so wie es das Schicksal natürlich will, kommen wir nicht zusammen. Nein, wir machen es uns beide unnötig kompliziert. Was habe ich auch erwartet? Wahrscheinlich empfinde er nichts für mich.

Mit den Gedanken bei den Küssen mit Shawn, schlafe ich schließlich – noch immer in meinen Straßenklamotten – ein.

Am nächsten Morgen laufe ich, mit den Gedanken bei Leyla und Shawn, zur Uni. Heute sehe ich Leyla nach 8 Jahren wieder. Alleine beim Gedanken daran sammeln sich Tränen in meinen Augen.

Erst jetzt fällt mir ein, dass wir keine Uhrzeit für das Treffen abgemacht haben. Hoffentlich kommt sie nicht, wenn ich in der Uni bin. Das wäre ziemlich ungünstig.

Naomi kommt mir sofort entgegen gerannt, nachdem ich die Treppen hoch gelaufen bin und damit in ihrem Blickfeld stehe.

„In einer Woche ist das Konzert!" ruft sie, obwohl ich schon vor ihr stehe.

Das Konzert hatte ich ja ganz vergessen! Wir sehen Julia Michaels nächste Woche live.

„Ich weiß. Und wie ich dich kenne, kannst du jetzt schon nicht mehr vor Aufregung schlafen." erwidere ich.

Naomi nickt daraufhin. Sie ist in einigen Dingen noch wie ein Kind. Aber irgendwie ist das doch jeder.

„Ist irgendetwas los? Du bist heute so ruhig." höre ich die Stimme meiner besten Freundin. Wir sitzen in der Cafeteria, natürlich an unserem Stammtisch, da wir einen Freiblock haben.

Gerade will ich anfangen zu sprechen, da öffnet sich die Eingangstür und zwei große Jungs betreten den Raum. Der eine hat braune, lockige Haare. Der andere hat rote Haare.

Shawn und Brian. Natürlich müssen es die beiden sein. Ich wusste nicht, dass die beiden sich kennen.

Mein Blick liegt auf dem Braunhaarigen. Ohne zu blinzeln betrachte ich jeden seiner eleganten Schritte. Er bemerkt meinen Blick und schaut mich für einige Augenblicke an, bevor er sein Gesicht abwendet und weiterläuft. Er und Brian setzen sich glücklicherweise an einen Tisch auf der anderen Seite der Cafeteria.

„Ist es wegen Shawn?" fragt Naomi. Ich nicke betrübt und erzähle ihr von unserem Telefonat gestern Abend.

Naomi seufzt, ehe sie spricht. „Ich weiß, das hört sich dumm an, aber sprich dich mit ihm aus. Ihr könnt euch nicht gegenseitig sagen, dass ihr diese Spannung zwischen euch bemerkt um dann den Kontakt abzubrechen. Ich habe diese Funken zwischen euch gesehen. Ihr passt wie die Faust aufs Auge."

„Aber Lucas hat ge-" fange ich an zu reden. Wie gewohnt, unterbricht Naomi mich. „Vergiss was er sagt. Wichtig ist, was du fühlst. Ich weiß zwar nicht, was für Stimmungsschwankungen Shawn hat, aber das pendelt sich bestimmt bald ein."

Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr merke ich, dass sie Recht hat. Ich mag zwar nicht bereit für eine Beziehung sein, aber ich kann mich ihm annähern. Ob es für mehr reicht, werde ich dann sehen.

Nach der Uni laufe ich ganz normal nach Hause.

Mein Blick fällt auf meinen Briefkasten, aus dem die Briefe bereits oben heraus ragen. Ich sollte ihn vielleicht mal entleeren. Das letzte Mal einige Wochen her.

Ich öffne den Kasten also mit dem geeigneten Schlüssel und nehme den Stapel an Briefen heraus. Bis auf einen sind alle Briefe weiß. Ein rosaroter Umschlag sticht jedoch unter dem Stapel hervor.

In der Wohnung angekommen lege ich den Haufen auf die Küchentheke und beschließe, den rosa Umschlag zu erst zu öffnen.

Kein Absender. Komisch. Wie ist der Brief dann im Postkasten gelandet?

Ob er von Shawn ist? Wobei, Shawn würde seine Adresse nicht verheimlichen müssen, ich weiß immerhin wo er wohnt.

Könnte der Brief also von Leyla sein? Vielleicht möchte sie nicht, dass ich weiß, wo sie wohnt? Möglicherweise war sie ja schon hier als ich in der Uni war und hat mir daher eine Brief hinterlassen?

Mit meinen Fingernägeln reiße ich den Briefrand auf. Genau genommen versuche ich es, denn es ist schwerer als gedacht, da ich ziemlich kurze Fingernägel habe.

Nachdem ich den Umschlag geöffnet habe, ziehe ich das weiße Briefpapier heraus und nehme den Geruch von Papier wahr. Ich liebe diese Geruch.

Ich falte den Brief auf und erkenne eine unsaubere, schwarze Schrift. Sie ist ziemlich verschmiert, aber noch lesbar. Ein kleiner Kaffeefleck befindet sich an der unteren linken Ecke des Blattes.

Hallo Rania,

Wie kannst du es wagen, einfach abzuhauen? Ich verspreche dir, ich komme dich holen damit wir wieder zusammen sein können.

Wenn du diesen Brief hier liest, bin ich vermutlich schon beim Vorbereiten meiner Abreise. Ich komme nach Toronto. Und dann nehme ich dich wieder mit nach New York.

Unsere Ehe wird für immer halten. Dafür werde ich mit allen Mitteln sorgen.

Ich liebe dich.

Dein Nadir.

Der Brief fällt aus meinem Griff und meine Sicht wird unscharf. Ein lautes, unmenschliches Quietschen verlässt meine Kehle.

Wie kann das sein? Nadir weiß, dass ich in Toronto lebe. Das darf nicht sein. Das kann einfach nicht sein.

Es fühlt sich an, als würde mir mein Herz aus der Brust springen.

Ich greife nach dem ersten Objekt in meiner Nähe, ohne es genauer zu betrachten und werfe es mit aller Kraft gegen die Küchenwand.

Das Objekt zerspringt in dutzende Scherben, doch das ist mir im Moment egal.

„Fick dich, Nadir!" schreie ich heraus. Darauf folgen mehrere laute Schluchzer, während heiße Tränen meine Augen verlassen.

Wie zur Hölle kann das möglich sein?

Ich setze mich kraftlos auf die kalten Fliesen, lege meinen Kopf auf den Knien ab und beginne zu weinen.

Ich weine und hoffe, dass Nadir mich nicht findet.

Falls doch, war das ganze Verstecken umsonst.

Hey ihr Lieben!

Die Geschichte kommt jetzt endlich ein wenig in Fahrt, nachdem sie sich so lange hingezogen hat 🙈 Es hat etwas länger gedauert als ich gedacht habe.

Was haltet ihr eigentlich von Shawns Verhalten?

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