Kapitel 65

-Linea, 17. März, 54 nach Gründung-


Der gestrige Tag war nervenaufreibend gewesen. Ich kann mich nichtmal mehr an alles erinnern, als hätten sich einzelne Informationen nicht absichern lassen. Ich habe keine Ahnung mehr, wie ich überhaupt in die Küche des Regierungsgebäudes gelangt war. So oft schon hatte ich es in den Filmen gesehen, welche täglich Informationen an uns alle weitergetragen haben. Natürlich nur diese, die sie für ihre Propaganda nutzen konnten. Ich kann mich nicht mehr an den Anblick gestern erinnern, doch ich kann mich daran erinnern, dass ich ehrfürchtig war. Es war noch viel extremer, als ich geglaubt hatte. Größer, schöner, abwegiger. Warum gab es einen Palast, während viele Frauen in einfachen Holzhütten schlafen mussten. Die Mütter waren noch gut dran, doch die Arbeiterinnen, welche nicht in Zone 1 lebten hausten mit dutzend anderen Arbeiterinnen zusammen in kleinen Hütten, größtenteils auf dünnen Decken, welche auf dem Boden ausgebreitet wurden. In denen größtenteils kein Wasser floss. Toiletten gab es auch nur wenige und auch nicht in den Hütten. Ich war in dem Fall privilegiert, dass ich mein eigenes Bad hatte.

Ich kann mich daran erinnern massenweise haltbare Lebensmittel in meinen Rucksack gestopft zu haben. Ich kann mich nicht daran erinnern, wie schwer der Rucksack gewesen sein musste, die Gier hatte mich wohl zu übernatürlichen Kräften verleitet. Ich kann mich daran erinnern, dass ich unbedingt dieses runde, pelzige aber unglaublich verlockende Obst entdeckt habe. Ich kann mich daran erinnern, dass Kian es mir verboten hatte welche davon mitzunehmen, da wir keinen Platz für sowas hatten und andere Lebensmittel nunmal wichtiger waren. Ich kann mich an meine Enttäuschung erinnern. Und ich kann mich daran erinnern es heimlich in irgendeinen freien Platz im hintersten Winkel des Rucksacks gequetscht zu haben.

Und nun, da ich alleine war und es essen könnte überkommt mich das schlechte Gewissen, vielleicht hätte ich andere Sachen mitnehmen können, wenn ich es hätte liegen lassen. Wahrscheinlich machte es nicht viel aus, doch immerhin war es mir verboten worden. Vielleicht wollte ich es deswegen so dringend. Seufzend lasse ich mich rückwärts auf mein Bett fallen und betrachte die kostbare Frucht in meinen Händen. Sie hatte keine einheitliche Färbung, an manchen Stellen war sie rot, an anderen gelbbraun. Es hatte nie viel Obst gegeben und wenn dann nur so wenig, dass jeder ein kleines Stück abbekam und nichts davon sah so gut aus wie dieses hier. Eine ganze Frucht für mich alleine kam mir unwirklich vor. Ich schließe die Augen und erlaube mir an meine Familie zu denken. Sicherlich wären sie alle ganz außer sich vor Freude sowas in den Fingern zu haben. Ich kann es nicht über mich bringen abzubeißen. Als würde mich etwas davon abhalten wollen. Auch wenn es die reinste Verschwendung wäre es nicht zu tun. Ich öffne ein Auge einen Spalt weit und komme mir unglaublich dämlich vor, niemand würde es jemals erfahren. Ich sollte es einfach tun. Andererseits würde ich es immer wissen.

Ein leises klopfen unterbricht meine Gedanken. Ich lasse die kostbare Frucht unter meinem Kopfkissen verschwinden und werfe einen Blick zum Fenster. Es war schon zu spät für einen Besuch der Kinderhausleitung. Ich war bereits vor mindestens fünf Stunden aus der Frühschicht heimgekommen. Normalerweise achtete sie darauf nicht nach der Essenszeit zu uns zu kommen. Ein Schauder läuft mir über den Rücken, bis mir einfällt, dass Soldaten nicht höflich anklopfen würden, sondern einfach reinstürmen würden. Etwas weniger besorgt trete ich zur Türe und öffne sie. Verwundert blicke ich in zwei wunderschöne Augen, mit dazu passendem Gesicht. Ich öffne den Mund, doch er legt schnell einen Finger auf meine Lippen, um mich zum schweigen zu bringen. Erst jetzt fällt mir die Überwachung wieder ein. Ich trete einen Schritt zurück, damit er eintreten kann, was er auch sofort macht. Leise schließt er die Türe hinter sich und grinst mich schief an.

,,Du siehst aus, als hättest du jemanden ermordet", stellt er fest. Ich beiße mir auf die Lippe und senke den Blick, schüttle gleichzeitig den Kopf. Er seufzt leise und zieht mich an sich.

,,Ich bin nur nicht sauer, wenn es Jaron war", meint er spöttisch. Ich sehe ihn genervt an.

,,Ah, apropos Jaron, bist du für sein Auge verantwortlich?", frage ich und hebe eine Augenbraue, doch sein grinsen verrät es mir ohnehin schon. Ich verdrehe die Augen, auch wenn Jaron es verdient hatte, hatte er sich da nicht einzumischen, immerhin hatte er darüber mehr über uns verraten, als nötig gewesen wäre. 

,,ich weiß nicht, wovon du redest, Linea", meint er. Ich verdrehe lediglich die Augen und wechsele das Thema.

,,Ist dir entfallen, dass man zuhört?", flüstere ich hoffentlich leise genug. Er zwingt mich sich anzuschauen und in seinem Blick liegt Zuversicht.

,,Ich habe das gecheckt, dein Zimmer wird nicht überwacht, nur der Gang eben. Mein Glückwunsch", meint er, dennoch leiser als normalerweise.

,,Glückwunsch?", hake ich nach.

,,Hm, du scheinst nicht verdächtig genug sein", meint er spöttisch und sieht mich durchdringend an, wobei ich nicht glauben kann, dass ausgerechnet ich wenig verdächtig wirken sollte. ,,Wirst du mir nun sagen, was du verbrochen hast?"

Ich schüttle den Kopf und spüre die Hitze in mir aufsteigen, als ich mich an da Gespräch erinnere, welches ich nach unserem Sieg mit Anisa geführt habe. Und auch an meine anschließenden Recherchen dazu mit den Büchern in der Bibliothek bei Josh. Als er mich küsst werde ich nur noch roter, auch wenn es unmöglich erscheint. Ich bin so nervös, dass ich den Kuss nur halbherzig erwidere. Er lässt mich los und sein prüfender Blick bringt mich dazu einen Schritt zurück zu treten.

,,Ich habe nichts getan", flüstere ich, da ich nicht imstande bin normal mit ihm zu reden. Natürlich glaubt er mir nicht, wahrscheinlich würde das kein Mensch tun, doch er nickt und fragt nicht weiter. Stattdessen sieht er sich flüchtig in meinem Zimmer um und lässt sich schließlich auf mein Bett fallen, was mich nur noch nervöser macht. Und nicht nur wegen der verbotenen Frucht wenige Zentimeter neben seiner Hand. Hattet ihr schon Sex? Dann schau nach, ich werde es dir sicherlich nicht erklären. Tue es einfach, er weiß garantiert was er machen muss. Ich schüttle den Kopf, um die Gedanken an Anisa's Worte zu vergessen, auch wenn sie sich in mein Gedächtnis gebrannt hatten. ,,Warum bist du hier?", frage ich schließlich, um die Stille zu unterbinden.

,,Willst du nicht, dass ich hier bin?"

,,Doch, ich...", ich breche ab und setze mich ebenfalls auf das Bett, allerdings mit einem gewissen Sicherheitsabstand. Er runzelt die Stirn, aber kommt mir nicht näher.

,,Also soll ich dir nun helfen die Leiche zu entsorgen?", fragt er spöttisch. Ich sehe ihn an und schüttele den Kopf. Ich bin froh darüber, dass er weiterhin versucht locker zu bleiben, auch wenn ich ihm im Weg stehe, nicht auf seine Äußerungen eingehe. Ich lächle endlich und krieche auf ihn zu. Er seufzt zufrieden, als ich mich an ihn lehne und ihn küsse. Seine Hände wandern über meinen Körper. Nervös halte ich inne und versuche die Anspannung zu lösen, doch er kommt mir zuvor, indem er mich sanft von sich schiebt. Plötzlich wirkt auch er nervös.

,,Kian, ich...wusste bis gestern nicht wirklich was Sex ist, also irgendwie...im Grunde schon aber so wirklich nicht. Und ich glaube ich weiß es auch jetzt noch nicht wirklich. Ich glaube aber, dass du es weißt oder ich bin mir ziemlich sicher dass du das weißt und wenn du das willst dann..." Sein Lachen unterbricht mich. Böse sehe ich ihn an. Er macht sich eindeutig lustig über mich. Warum kann ich nicht genau sagen, doch es kränkt mich. Immerhin wusste er, dass ich mich in solchen Dingen nicht auskenne, auch wenn ich ihm schon oft genug gesagt hatte, dass ich es wollte, doch da hatte ich wohl nicht gewusst, wovon ich rede. Abwartend sehe ich ihn an, bis er endlich fertig damit ist mich runterzumachen.

,,Es tut mir leid aber ich muss dich leider enttäuschen auch wenn deine Begeisterung über deine neuen Erkenntnisse beinahe ansteckend ist. Wir werden keinen Sex haben. "

Verwirrt sehe ich ihn an. Anisa war sich ziemlich sicher gewesen, was er gemeint hatte mit all dem. Auch wenn ich verwundert gewesen war. ,,Aber du hast gesagt, ganz oder gar nicht und..."

,,Linea, alles außer das. Ich dachte das wüsstest du. Aber ich denke ich habe etwas anderes um dich aufzuheitern", meint er spöttisch und greift in die Innentasche seiner Jacke. Verwundert begutachte ich die Frucht, die er dort hinauszieht. Dieselbe Frucht wie die, welche unter dem Kopfkissen verborgen liegt.

,,Woher hast du die?", frage ich und sehe ihn fassungslos an. Natürlich ist mir vollkommen klar, woher er die hat doch es rührt mich, dass er sein Verbot gebrochen hat um mir diesen Wunsch zu erfüllen. Jetzt fühle ich mich nur noch schlechter selber eine genommen zu haben.

,,Ich bin nochmal zurückgegangen, als wir zum Ausgang gelaufen sind", meint er, er klingt nun wieder nervös, was irgendwie süß ist. Er weicht sogar meinem Blick aus. Ich lächle und klettere auf seinen Schoß, auch wenn das beim letzten Mal unerwartete Reaktionen mit sich gezogen hatte. Entschlossen lege ich meine Arme um seinen Nacken und küsse ihn zärtlich. Sofort erwidert er den Kuss genauso langsam.

,,Du bist so lieb", flüstere ich an seine Lippen, woraufhin er abfällig schnaubt. Ich lächle und vergrabe eine Hand in seinem kurzen Haar. ,,Und süß", füge ich hinzu um ihn zu ärgern. ,,Und fürsorglich", mit sanften Küssen bahne ich mir den Weg zu seinem Ohr. ,,Und so unglaublich begehrenswert". Dann nehme ich die Lippen von seiner Haut und richte mein Gesicht seinem wieder zentral entgegen. ,,Aber auch arrogant, nervtötend, verwirrend, widersprüchlich, unberechenbar,...", er unterbricht mich indem er mich mit einer einzigen, raschen Bewegung auf den Rücken wirft und sofort über mir ist. Er lacht leise, als ich überrascht aufquietsche.

,,Ach ja? Ist das so?", fragt er und legt seine Lippen auf meine. Ich nicke lediglich und greife in sein Haar, ziehe ihn eng an mich. Seine Küsse sind nun weniger sanft. Er küsst mich so stürmisch, dass ich ihn wegdrücken und nach Luft schnappen muss. Überlegend grinsend sieht er auf mich runter.

,,Hm, weißt du eigentlich wie anstrengend du bist?", fragt er leise und lässt seine Lippen quälend langsam über meinen Hals wandern. ,,Und zickig", fährt er fort, während er meinen Bauch mit Küssen bedeckt. ,,Und unkonzentriert", meint er während er mein linkes Bein bis zum Oberschenkel küsst. Bevor er sich zu meinem rechten Bein begibt sieht er mich kurz an. Feuer lodert in seinem Blick und alleine das bringt mich dazu leise aufzustöhnen.
,,Außerdem gibt es niemanden der so stur ist wie du"
,,Und...", er unterbricht sich selbst, sein Mund verharrt über meiner empfindlichsten Stelle. Jedenfalls wäre sie das, wenn meine Hose nicht darüber liegen würde. Sein Blick wandert erneut zu mir hinauf. Meine Hände krallen sich voller Erregung in das Bettlaken. ,, Verdammt halt mich davon ab", knurrt er. Natürlich komme ich seiner Aufforderung nicht nach, strecke ihm stattdessen mein Becken entgegen und er nimmt meine lautlose Aufforderung an.


Er quält mich, verlangsamt ständig sein Tempo, sobald ich kurz vorm Höhepunkt bin. Anfangs dachte ich noch, dass es sich um einen Zufall handelte, doch spätestens, als er komplett von mir abgelassen hatte, als ich ihn fest am Arm gepackt hatte, wusste ich welches miese Spiel er da trieb. Frech grinst er mich nun an und küsst mich. Ich schmecke meine eigene Erregung auf seinen Lippen, jedenfalls bilde ich mir das ein. Statt ihn darum anzubetteln weiterzumachen sehe ich ihn böse an und schiebe ihn von mir herunter. Ohne ein Wort zu sagen erhebe ich mich von dem Bett und ziehe meine Hose wieder an. Ich überwinde die wenigen Schritte bis zum Fenster und setze mich auf das Fensterbrett. Es ist bereits dunkel, kein Mensch ist mehr auf den Straßen, auch wenn ich mir sicher bin, dass noch welche unterwegs sein werden. Sicherlich gibt es noch andere Rebellengruppen, welche sich hier treffen. Ich frage mich, ob wir jemals auf eine von ihnen treffen werden. Ob einer von uns scheitern würde, bevor wir die Chance dazu erhielten. Ob wir vielleicht zusammenarbeiten würden.

Er ist so leise, dass ich ihn erst bemerke, als er genau vor mir steht. Statt etwas zu sagen schaut er ebenfalls aus dem Fenster, ich frage mich, ob er wohl auch schonmal daran gedacht hatte. Doch wahrscheinlich würde er das nicht in Betracht ziehen. Ich glaube nicht daran, dass er sich mit einem anderen Anführer verständigen könnte ohne Streit.

,,Bist du noch immer sauer?", fragt er mich in die Stille hinein. Ich sehe ihn gespielt grimmig an und nicke, bevor ich den Blick von ihm nehme. ,,Komm schon", flüstert er und legt eine Hand an meine Taille. Ich sehe voller gespielter Abscheu auf ihn herunter und drücke seine Hand weg.  Er grinst belustigt und stellt sich wieder neben mich, damit wieder ein paar Minuten schweigen herrschen kann. Als ich es irgendwann nicht mehr aushalte seufze ich theatralisch, auch wenn seine Aufmerksamkeit mir ohnehin gilt, denn sein Blick hat die ganze Zeit auf mir geruht. ,,Du könntest es ja wieder gut machen", setze ich an.

,,Wie könnte ich es jemals wieder gut machen?", fragt er spöttisch, aber schiebt meine Beine auseinander, damit er sich dazwischen positionieren kann. Ich zucke mit den Schultern und sehe zurück nach draußen. Er legt seine Arme um mich, um mich  dann hochzuheben. Erschrocken kreische ich auf und halte mich an seinem Nacken fest. Lachend presst er seine Lippen auf meine und lässt mich förmlich dahinschmelzen. Ich erwidere seinen Kuss gierig, klammere mich an ihm fest und lasse mich zu meinem Bett tragen.

Doch statt dort anzuknüpfen, wo wir aufgehört haben, küssen wir uns einfach nur und das reicht mir vollkommen. Ich denke nicht, dass ich mich jemals so wohl gefühlt habe bei einem anderen Menschen. Er gibt mir ein Gefühl von Sicherheit, in einer Welt, in der wahrscheinlich nichts und niemand sicher war. Ich liege in seinen Armen und spüre, wie mich die Müdigkeit langsam überkommt. Ich küsse ihn ein letztes Mal, bereits mit geschlossenen Augen.

,,Kannst du mich wecken?", frage ich kraftlos. Er streicht mir das Haar aus dem Gesicht und küsst mich auf die Stirn.

,,Natürlich", meint er, auch er klingt erschöpft. Er bewegt sich kurz, aber nur um sich ausreichend Platz zu verschaffen. ,,Schlaf gut", flüstert er an mein Ohr. Ich lächle und nicke.

,,Du auch"



Erschrocken fahre ich aus dem Schlaf hoch, es ist draußen so dunkel, dass ich keinen Blick zur Uhr brauche um zu wissen, dass wir, wenn wir überhaupt noch pünktlich sein konnten, uns höllisch beeilen mussten. Schnell springe ich aus dem Bett hoch, Kian neben mir bewegt sich zwar, doch er öffnet nicht die Augen. Ich lasse meinen Blick zur Uhr gleiten und stöhne innerlich auf. Wenn wir jetzt gleich losgehen würden, würden wir noch immer mindestens 15 Minuten zu spät kommen.

,,Kian, komm wir sind schon zu spät", ich rüttle sanft an ihn. Er öffnet nur leicht die Augen und dreht sich von mir weg. Ich lächle, auch wenn ich genervt bin. Ich war noch nie zu spät gekommen und ich hatte schon jetzt keine Lust darauf, dass uns jeder anstarrte, wenn wir kamen. ,,Kian", jammere ich.

,,Bleib einfach liegen", brummt er genervt und greift nach meiner Hand, welche auf seine Schulter eintrommelt. Ich entziehe sie ihm und klettere schließlich auf ihn, endlich öffnet er die Augen und sieht mich etwas unglücklich an.

,,Komm schon, ich kann nervig sein", spotte ich und küsse ihn leicht. Er lacht leise auf und schlingt die Arme um mich. Bevor ich überhaupt reagieren kann liege ich unter ihm gefangen. Der Druck, welcher seinen Körper auf meinen ausübt bringt mich fast dazu ihm nachzugeben.

,,Glaub mir, ich weiß wie nervig du sein kannst", neckt er mich. Schmollend schiebe ich meine Unterlippe vor und funkle ihn an, weiche ihm aus als er mich küssen möchte.

,,Wenn ich so nervig bin, warum willst du mich dann ständig küssen?", frage ich ihn. Er zuckt mit den Schultern.

,,Weiß ich auch nicht, gibt keinen wirklichen Grund dafür"

,,Dann kannst du es ja lassen", zische ich und versuche mich aus seinem Griff zu befreien. Er lockert ihn und lässt mich mich aufsetzen. Gerade als ich aufstehen möchte legt er einen Arm um meinen Körper und zieht mich zu sich zurück. Er lässt seine Lippen von hinten über meinen Hals, bis zu meinem Schlüsselbein wandern. Ich lehne mich gegen ihn und seufze. ,,Kian, wir sind spät dran", murmle ich, doch diesmal lässt er mich nicht gehen. Und wenn ich ehrlich bin ist es vermutlich verlockender bei ihm zu sein als bei der Versammlung. Doch dann erinnere ich mich wieder daran, dass es seltsam wirken könnte, wenn ich einfach fern blieb. Ich war bis jetzt jedes Mal dort gewesen. Er dreht meinen Kopf und beißt mir sanft in die Lippe, küsst mich dann hart. Seine Hand legt sich um meinen Kiefer, was überraschend berauschend wirkt. Andererseits merkt es vielleicht auch niemand, wenn ich nicht auftauche.

,,Du bist verdammt nervig sogar", seufzt er, als ich es endlich endgültig schaffe mich von ihm zu befreien. Ich grinse und zeige auf seine Schuhe, von welchen er sich vorhin entledigt hatte. Schnell schlüpfe ich in meine eigenen und warte, bis er sich schwerfällig erhebt um sich anzuziehen.

,,Ich weiß", erwidere ich und stehe auf die Zehenspitzen, um ihn flüchtig auf die Wange zu küssen. Er schnaubt kopfschüttelnd und schiebt mich zur Tür. Ich trete langsam auf den Flur und als ich keine Regung wahrnehmen kann gebe ich ihm zu verstehen, dass er auch kommen kann. Eilig und möglichst geräuschlos eilen wir durch die Gänge. Er führt mich geschickt durch dunkle, abgelegene Straßen und auch wenn wir dadurch mehr Zeit benötigen dauert es nicht lange, bis wir endlich vor Josh's Türe stehen. Ich fürchte mich ein wenig vor der Reaktion der anderen, vor allem vor Jaron's. Er ist immerhin nicht so blöd, um anzunehmen, dass wir einfach nur zufälligerweise beide zu spät waren und auch noch gleichzeitig ankamen. Ich hätte gleich nach der Mission mit ihm reden müssen, doch ich war zu feige gewesen und jetzt würde ich ihn unnötig verletzen.

Kian hebt die Hand, um anzuklopfen, doch bevor seine Faust die Türe berührt, lässt er sie sinken. Fragend sehe ich ihn an, doch er beachtet mich überhaupt nicht. Sein Blick wirkt besorgt. Er sieht mich an und scheint zu überlegen. Gerade, als ich ansetzen will um etwas zu sagen, presst er seine Hand auf meine Lippen. Warnend sieht er mich an, was mich dazu bringt auf ihn zu hören. Mit einer Kopfbewegung befiehlt er mir in der Straße zu verschwinden, aus der wir hergekommen waren.

Auch wenn ich mehr als verwirrt darüber bin, was er überhaupt von mir will, komme ich seinen Aufforderungen nach. Normalerweise würde ich das vermutlich nicht machen, aber er wirkt nicht so, als hätte er Zeit für dumme Späße. Schnell verberge ich mich komplett im Schatten und atme so flach wie möglich. Ich beobachte, wie er sich bückt und nach etwa auf dem Boden greift, es kurz betrachtet und dann einsteckt. Dann zieht er eine Waffe aus der Innentasche seiner Jacke hervor und richtet sie auf die Türe. Ich hatte ehrlicherweise nichtmal von deren Existenz gewusst. Trug er sie immer mit sich herum?

Mit dem Fuß stößt er sie auf und verschwindet dahinter. Panik steigt in mir auf, was war vorgefallen? Und wie kam er dazu zu wissen, dass etwas falsch gelaufen war? Und warum verdammt ließ er mich hier einfach alleine?

Plötzlich fühle ich mich hier alleine so unsicher, dass ich so schnell ich kann zu Josh's Haus hinüberrenne und reingehe. Erst jetzt fällt mir auf, dass die Türe offen gestanden haben musste, sonst wäre er ja gerade nicht einfach so hineingekommen. Spätestens jetzt bin auch ich besorgt. Normalerweise achtet Josh streng darauf, dass die Türe wirklich geschlossen war. Und normalerweise würde er auch jetzt noch hier stehen. Ein Schauder überkommt mich, als ich meinen Mut zusammennehme und dem schwachen Lichtkegel die Treppe hinab folge.

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