Kapitel 58

-Linea, 16. Februar, 54 nach Gründung-


Ich warte nur noch ein paar Augenblicke, bis ich mich endlich auf den Weg mache, denn wenn ich zu spät losgehe, kann ich ihn nicht mehr einholen. Und so wie er ist, kann und will ich ihn nicht alleine gehen lassen. Denn auch wenn ich keine Ahnung hatte, was er vorhatte, etwas Dummes war es mit Sicherheit. Vielleicht verständlich, aber trotzdem dumm. Ich kannte so etwas nicht von ihm, aber er ist im Moment so durcheinander, dass es nichts Gutes sein konnte.Obwohl er fast rannte, war ich schon nach wenigen Minuten dicht hinter ihm, denn er hatte seine Vorsicht nicht verloren. Obwohl er als Mann wahrscheinlich weniger vorsichtig sein musste als ich. Wir haben wohl beide Dummheiten gemacht.

Er ist zielstrebig, er weiß genau, was er tun will, er zögert keine Sekunde. Er ist sich sicher, aber ich bin trotzdem überzeugt, dass er sich irrt. Ich bin froh über die Dunkelheit, so kann ich mich gut im Schatten verstecken, auch wenn er sich einmal umdreht, bemerkt er mich nicht. Ich zwänge mich durch einen kleinen Spalt und beobachte von dort, wie er versucht, eine Tür zu öffnen. Natürlich kommt mir das Haus nicht bekannt vor, obwohl es ein typisches Soldatenhaus ist. Kian hat in genau so einem gewohnt, aber es war natürlich nicht dasselbe, sonst wäre es nicht so geheimnisvoll. Ich schaue mich um, niemand ist zu sehen, aber ich kann es nicht riskieren, seinen Namen zu rufen. Deshalb eile ich ihm nach, sobald er hinter der Tür verschwunden ist.

Er versucht, leise zu sein, aber seine Schuhe klackern leise auf den Stufen. Durch die Glastüren dringt kein Licht, also rufe ich endlich leise seinen Namen. Er bleibt mitten auf der Treppe stehen und schaut mich wie erstarrt an. Ehrlich gesagt habe ich ihn noch nie so erschrocken gesehen. Ich hatte ihn eindeutig überrumpelt, was mich stolz machen würde, wenn die Situation nicht so ernst wäre.

,,Kannst du mir sagen, was zum Teufel du hier machst?", frage ich mürrisch. Er sieht mich nur an und schüttelt den Kopf.

,,Kian", seufze ich und steige die letzten Stufen hinauf, um direkt unter ihm stehen zu bleiben. 

,,Bitte sprich mit mir."

,,Ich kann nicht."

,,Kannst du nicht oder willst du nicht?"

,,Ich kann nicht."

,,Dann versuche es, ich will dir helfen", sage ich sanft und greife nach seiner Hand. Er drückt sie, macht aber keine Anstalten, sich zu bewegen.

,,Das kannst du nicht, fürchte ich. Und ich will auch nicht, dass du hier bist", sagt er abweisend. Ich nicke langsam, wenn er mich dabei haben wollte, hätte er mich gefragt, da er es nicht getan hat, hatte ich schon damit gerechnet, dass er es nicht wollte.

,,Da hast du leider Pech gehabt, denn ich werde bleiben, egal was du vorhast."

,,Linea, mach es mir nicht unnötig schwer", seufzte er.

,,Rede mit mir."

,,Mache ich das nicht schon?", fragt er bedrängt. Ich schüttle den Kopf und nehme die letzte Stufe, um auf einer Stufe mit ihm zu stehen.

,,Eigentlich redest du nie wirklich ehrlich mit mir, vielleicht wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, damit anzufangen."

,,Das ist der denkbar schlechteste Zeitpunkt. Geh nach Hause und ich verspreche dir, dass wir ehrlich reden können. Später. Ich schüttle den Kopf und sehe ihn stur an.

,,Ich gehe nicht, egal wie oft du mich bittest."

,,Bitte tu nur dieses eine Mal, worum ich dich bitte."

,,Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich mir von dir nichts befehlen lasse", wiederhole ich und sehe ihn grimmig an. Zu meiner Überraschung lacht er leise und legt seine Hände an meine Wangen.

,,Ich weiß, aber ich will dich nicht in Gefahr bringen, also geh bitte und ich verspreche dir, dass ich später wiederkomme. Ich werde alle deine Fragen beantworten, aber nicht hier und nicht jetzt", sein Angebot klingt viel zu verlockend, um es nicht anzunehmen. Alle meine Fragen von ihm beantwortet zu bekommen, wäre wie ein Traum. Andererseits wusste ich nicht, ob er ehrlich zu mir sein würde.

,,Nur, wenn du mich nicht anlügst", sage ich etwas zu flehentlich.

,,Ich verspreche, ich werde es versuchen", mehr Ehrlichkeit konnte ich von ihm nicht erwarten, und so trete ich einen Schritt zurück und falle fast die Treppe hinunter. ich werde rot, aber er sieht eher besorgt aus.

,,Wenn du in einer Stunde nicht hier bist, werde ich gegen dich rebellieren", sage ich aufgebracht. Er lächelt und nickt schließlich ergeben.

,,In Ordnung. Wir sehen uns und jetzt hau ab", sagt er viel zu entspannt und schaut mir in die Augen. Ich erwidere seinen Blick, bis er sich vorbeugt und mich auf den Haaransatz küsst.

,,Verschwinde jetzt", knurrt er, greift in seine Tasche und lässt seinen Schlüssel in meine Hand fallen.


Tatsächlich dauert es fünf Stunden, bis ich ein schwaches Klopfen an seiner Tür höre. Erleichtert schließe ich kurz die Augen, bevor ich mein Auf- und Abgehen beende und zur Tür eile. Völlig entspannt geht er an mir vorbei, schließt die Tür und zieht sich fast unmöglich langsam die Schuhe aus. Sein Gesichtsausdruck ist völlig ausdruckslos. Als würde er mich gar nicht wahrnehmen, geht er in die Küche. Verwirrt folge ich ihm. Er durchsucht den Kühlschrank und zieht schließlich eine Packung Brot heraus.

Wütend entreiße ich ihm die Tüte, bevor er sich ernsthaft etwas zu essen machen kann. Er blickt auf und sieht mich endlich richtig an.

,,Du hättest es sagen können, wenn du auch was willst", sagt er amüsiert. Ich schüttle den Kopf und werfe ihm die Packung vor die Brust, obwohl ich auf sein Gesicht gezielt hatte. Sein Training hatte sich offensichtlich nicht ausgezahlt.

,,Wo warst du so lange?"

,,Hat halt länger gedauert", sagt er und zuckt mit den Schultern, als wäre das alles kein Problem. Aber für mich ist es das. Ich hatte Angst, große Angst um ihn. Es hätte alles Mögliche passieren können, aber ich glaube nicht, dass er auch nur einen Gedanken daran verschwendet hat, wie schrecklich das alles für mich war.

,,Du bist ein richtiges Arschloch, ich kann nicht glauben, dass ich ernsthaft gewartet habe. Schade, dass du nicht erwischt wurdest, ich hätte dich selbst verraten sollen", schreie ich, versuche aber, so leise zu sein, dass seine Nachbarn uns nicht hören können. Fast amüsiert schaut er mich an. Als er mich an sich zieht wehre ich mich dagegen und schlage ihn schließlich, leider nicht fest genug, denn er verzieht kaum das Gesicht.

,,Wage es nicht, Kian. Du bist ab heute für mich gestorben", sage ich giftig und blinzle wütend. Er schaut etwas überrascht, reagiert aber sonst kaum.

,,Du bist echt sauer, oder?", fragt er.

,,Du bist aber schlau, unglaublich, dass du überhaupt solange überlebt hast", fauche ich und verlasse die Küche. Wie ich es mir hätte denken können, folgt er mir.

,,Geh jetzt nicht. Schon gut, ich verstehe, dass du sauer bist, aber du kannst nicht einfach wieder weglaufen", schnaubend sehe ich ihn an.

„Das sagst ausgerechnet du? Du bist derjenige, der nicht zurückgekommen ist, und außerdem bist du derjenige, der ziemlich gut davonlaufen kann."

„Aber ich bin jetzt hier. Ich werde nicht wieder weglaufen", sagt er. Kurz bemerke ich ein leichtes Flackern in seinen Augen, vielleicht bilde ich es mir auch nur ein, jedenfalls ist es genauso schnell wieder verschwunden wie es gekommen ist.

„Ach, wenn du jetzt Zeit hast, ist das natürlich toll", bemerke ich zynisch. Er seufzt und legt schließlich wieder seine Hand auf meinen Arm. Auch diesmal schlage ich sie weg. „Schon gut, ich gehe nicht weg. Ich will wissen, welche Erklärung du für dein Verhalten hast", sage ich ruhiger. Für einen Moment ist es still, so still, dass ich meinen eigenen Herzschlag höre, der vor Aufregung ziemlich laut ist.

„Ich habe keine Erklärung, es tut mir leid", sagt er schließlich und versucht wieder, seine Hand auf mich zu legen. Diesmal lasse ich sie dort ruhen. Auch wenn diese Berührung wieder Gefühle in mir auslöst, die ich zu unterdrücken versuche.

,,Sag mir bitte, was passiert ist."

,,Linea, das kann ich nicht."

Ich schüttle den Kopf und schließe für einen Moment die Augen. ,,Du kannst es mir nicht sagen? Hast du nicht versprochen, ehrlich zu sein?"

,,Ich habe nur gesagt, dass ich es versuche."

Verärgert schnalze ich mit der Zunge. ,,Kian, fünf Stunden, weißt du eigentlich wie besorgt ich war, ich ... ich dachte du wärst tot."

,,Ich bin nicht tot."

,,Das sehe ich", sage ich wütend und stoße ihn von mir, seine Anwesenheit ist mir zuwider. Andererseits kann ich nicht verhindern, dass sich Tränen der Wut, aber auch der Erleichterung in meinen Augen sammeln. Irgendwann hatte ich fest damit gerechnet, ihn nie wieder zu sehen. Hastig schnappe ich nach Luft und drehe mich von ihm weg. Leise kommt er auf mich zu und legt von hinten seine Arme um mich, während ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten kann. Er hält mich einfach fest, ohne mich beruhigen zu wollen. Wofür ich dankbar bin, denn eigentlich will ich mich gar nicht beruhigen. Ich will alles rauslassen. All die Tränen, die ich wegen ihm geweint habe. All die Wut, die ich für ihn in meinem Herzen trage. Aber ich wollte auch alle Gefühle der Liebe für ihn rauslassen. Ich wollte ihn nicht mehr lieben, obwohl das wahrscheinlich das Schwerste war.

,,Wäre das so schlimm gewesen? Du könntest ganz normal weiterleben", sagt er leise in mein Ohr. Ich drehe mich zu ihm um und starre ihn ungläubig an. Dann schüttle ich den Kopf.

,,Du ... verarschst mich doch, oder?"

,,Du bist jedenfalls nicht glücklich darüber, dass ich zurückgekommen bin."

,,Ich bin nicht glücklich darüber, dass du, anstatt mich in den Arm zu nehmen und zu küssen, lieber in die Küche rennst, um dir ein blödes Brot zu machen."

,,Ich dachte nicht, dass das eine Option ist", sagt er ruhig.

,,Du... ich verstehe dich manchmal nicht."

,,Ich weiß nicht, wann es Jaron gegenüber unfair ist und wann es in Ordnung ist", sagt er bitter. Wie erstarrt sehe ich ihn an, dann nicke ich langsam. Auch wenn ich mich frage, warum er ausgerechnet jetzt damit kommt, kann ich seine Verwirrung darüber verstehen. Ich bin mindestens genau so verwirrt. Und ich kann auch verstehen, dass es ihn ärgert. Sehr sogar. Aber ich habe das Gefühl, dass ich Jaron nicht mehr wehtun darf. Es war schrecklich damals.

,,Du hast recht", sage ich leise.

,,Gut", meint er nur und macht sich schließlich unnötig konzentriert weiter daran, sich etwas zu essen zu machen. Ich sehe ihm dabei zu, bin aber immer noch viel zu unruhig, um einfach daneben zu stehen. Stattdessen laufe ich wieder im Zimmer auf und ab, bis er mich genervt ansieht.

,,Du machst mich noch verrückt", seufzt er. Ich zucke nur mit den Schultern.

,,Das kann ich nur zurückgeben. Bist du endlich fertig?", frage ich schnippisch, obwohl ich es nicht so gemeint habe. Er sieht mich immer noch genervt an und schüttelt den Kopf, wobei ich mir sicher bin, dass er das nur tut, um mich zu ärgern.

,,Wir müssen bald zur Versammlung."

,,Diese Versammlung ist mir völlig egal, ist dir das klar?"

,,Ja, ich muss trotzdem hingehen. Also entweder du bleibst hier oder du kommst mit."

,,Du lässt mich einfach allein?"

,,Ja, fühlt sich scheiße an, oder Linea?", sagt er verärgert. Wütend sehe ich ihn an und verschränke die Arme vor der Brust.

,,Aber jetzt bin ich hier", äffe ich ihn nach. Er verdreht die Augen und verlässt mit seinem Brot den Raum. ,,Ich dachte, du wolltest nicht wieder weglaufen", sage ich, aber er knallt nur die Tür zu. Ich bleibe einen Moment vor der Tür stehen, dann trete ich ein, ohne anzuklopfen. Was sich als Fehler herausstellt, denn entgegen meiner Erwartung isst er nicht. Er sitzt lediglich auf dem Bett und schaut mich an, als wäre er sich sicher gewesen, dass ich ihm nachlaufe. Ich bereue es. Unschlüssig bleibe ich im Türrahmen stehen.

,,Wenn ich es mir recht überlege, bist du diejenige, die ständig wegläuft und erwartet, dass ich trotzdem immer da bin", sagt er. Da ich mich nicht beruhigen will, sehe ich ihn wieder böse an und stemme die Hände in die Hüften.

,,Wer ist gerade wem nachgelaufen?"

,,Hm, wahrscheinlich bin ich dir nur einfach nicht schnell genug zurückgekommen"

,,Kian, du hast mich wochenlang ignoriert, glaubst du ernsthaft es würde mich interessieren, wenn du es wieder wochenlang tust?"

,,Vielleicht werde ich es diesesmal ja für immer tun", auch wenn es mir ein wenig das Herz bricht nicke ich und zucke mit den Schultern.

,,Dann mach das doch, es interessiert mich nicht"

,,Gut, dann verlasse meine Wohnung."

,,Meinst du das ernst?", frage ich wütend. Er seufzt leise und nickt.

,,Ja."

,,In Ordnung", sage ich leise, während sich meine Brust zusammenzieht. Ich will nicht gehen, aber ich bleibe nicht, wenn er mich nicht hier haben will.

,,Ah und Linea?", fragt er. Sofort drehe ich mich um und sehe ihn erwartungsvoll an. ,,Machst du bitte die Tür zu?", fragt er unbeeindruckt. Ich schüttle den Kopf und warte ab, ob er noch etwas zu sagen hat, doch stattdessen fängt er an zu essen. Ohne nachzudenken greife ich neben mich und werfe das Nächstbeste, eine kleine Schachtel, die erstaunlich schwer ist, in seine Richtung. Ich treffe ihn an der Schulter und zu meiner Genugtuung verzieht er schmerzverzerrt das Gesicht. Er funkelt mich wütend an und reibt sich die verletzte Schulter.

,,Bist du verrückt?"

,,Sieh nur, was du mit mir machst", fauche ich und weiche zurück, als er aufsteht und ein paar Schritte auf mich zukommt. Für einen Moment bekomme ich Panik, dass er mir wehtun wird, aber er bleibt vor mir stehen und sieht mich nur an. Ich hebe mein Kinn und erwidere seinen Blick. Doch als er wieder einen Schritt auf mich zugeht, weiche ich zurück. Seine Hand greift nach meinem Handgelenk und verdreht es, bis es fast schmerzt.

,,Bleib stehen."

,,Kommandier mich nicht herum", flüstere ich lediglich, weil er mich einschüchtert. Es klingt erbärmlich, aber ich gebe mir Mühe, seinem Blick standzuhalten.

,,Halt den Mund", meint er ruhig, was noch angsteinflössender rüberkommt. Langsam nicke ich, obwohl ich es eigentlich gar nicht will. ,,Und jetzt geh ins Bett", ich zögere, doch dann wende ich den Blick ab und tue, was er mir befiehlt.

Mit versteinerter Miene folgt er mir und drückt mich unsanft ins Laken. Sein Kuss ist kalt, ganz und gar nicht so, wie er mich sonst küssen würde. Dennoch erwidere ich seinen Kuss, auch wenn ich selbst nicht so emotionslos sein kann. ,,Zieh dich aus, Linea", fordert er mich auf. Mit zitternden Händen mache ich mich daran, mein Oberteil irgendwie über meinen Kopf zu schieben, aber schließlich muss er mir doch helfen. Sogar seine Finger fühlen sich kalt auf meiner Haut an. Tränen rinnen mir über die Wange, doch ich erwidere seinen Kuss, der nun doch ein paar Emotionen mehr verrät.

,,Kian", flüstere ich. Er schaut mich kurz an, dann schiebt er meinen Kopf zur Seite und küsst langsam meinen Hals entlang, meine Brüste, bis zum Bund meiner Hose. Ich bin überrascht, wie sanft er vorgeht, dafür, dass sein Blick so kühl ist. Bevor er sich weiter nach unten arbeiten kann, sieht er mich wieder an. Sein Blick ist unergründlich, doch dann schüttelt er langsam den Kopf.

,,Willst du nichts sagen?"

Erstaunt sehe ich ihn an. ,,Was soll ich denn sagen?", er zuckt mit den Schultern und setzt sich auf, wobei seine Erektion gegen meine Hüfte drückt. Ich stöhne leise auf, doch er reagiert kaum. Stattdessen knöpft er langsam sein Hemd auf und wirft es zu meinem auf den Boden. Er lässt mich nicht aus den Augen, mustert mich, als würde er etwas suchen. Dann beugt er sich wieder über mich und küsst mich so fordernd, dass mir der Atem stockt. Seine Finger graben sich in meine Oberschenkel, meine in seinen Rücken. Doch statt weiter zu gehen, wie ich es erwartet hatte, zieht er mich nur an sich und küsst mich weiter, immer zärtlicher. Der Druck seiner Finger lässt nach, stattdessen fährt er langsam meine Wirbelsäule entlang. Ich bin völlig verwirrt, aber nicht enttäuscht. Als ich wieder etwas mutiger werde, schiebe ich mich ein Stück zurück und streiche ihm sanft durchs Haar.

,,Werden wir nicht... werden wir nicht Sex haben?", frage ich vorsichtig.

,,Wenn du ehrlich bist, wolltest du es denn?", fragt er mich. Langsam schüttle ich den Kopf, ich hatte mich nicht getraut nein zu sagen, vielleicht hätte ich es getan. ,,Linea", seufzt er leise und schaut mich ernst an. ,,Ich dachte du weißt, dass das niemals passieren wird."

,,Warum dann das alles?", frage ich verwirrt.

,,Wir haben uns gestritten, das heißt nicht, dass du mir plötzlich egal bist, selbst wenn ich tagelang nicht zurückgekommen wäre, hätte das nichts mit dir zu tun."

,,Ich verstehe nicht", gebe ich zu.

,,Linea, verdammt. Du hast Ewigkeiten hier gewartet, du hättest mit mir geschlafen um lediglich mich zufrieden zu stellen und du lässt zu, dass ich dich so behandle.", meint er unzufrieden. Fassungslos starre ich ihn an.

,,Du hast mich getestet?", frage ich fassungslos. Er antwortet mir nicht, aber sein Blick ist Antwort genug. Ich schüttle den Kopf, stehe auf und ziehe schnell mein Hemd wieder an. Er setzt sich in seinem Bett auf und schaut mich nachdenklich an.

,,Du kannst nie nein sagen."

,,Du bist ein Arschloch, das war unterstes Niveau", knurre ich.

,,Es war nur ein Test."

,,Was wolltest du überhaupt testen?", frage ich wütend.

,,Wie leicht man dich beeinflussen kann", wieder starre ich ihn an und schüttle langsam den Kopf. Wie konnte er nur so grausam sein?

,,Das ist selbst für dich erbärmlich."

,,Vielleicht. Aber jetzt verstehe ich wenigstens, wie Jaron es schafft, dass du bei ihm bleibst."

,,Er muss keine seltsamen Tests durchführen, damit ich bei ihm bleibe. Es reicht schon, dass du ein Arschloch bist, damit ich bei ihm bleibe", sage ich düster. Er verdreht die Augen und greift nach seinem Hemd, um sich ebenfalls wieder anzuziehen.

,,Du willst also lieber unglücklich bleiben?"

,,Bei ihm weiß ich wenigstens, dass ich unglücklich bin", sage ich, genervt von seiner bloßen Anwesenheit. Er nickt langsam.

,,Gut, dann ist das geklärt."

,,Ja, endgültig geklärt."

,,Sehr gut."

,,Ja", antworte ich und sehe ihn unschlüssig an. Ich weiß nicht, ob ich wirklich gehen soll, es ist, als würde mein Verstand mich anflehen zu gehen, aber mein Herz ist ganz anderer Meinung. Ich weiß, was ich tun muss. Langsam gehe ich auf ihn zu, beuge mich vor und küsse ihn zärtlich. Noch bevor er den Kuss erwidern kann, löse ich mich von ihm und trete wieder einen Schritt zurück.

,,Leb wohl, Kian"

,,Sei nicht so dramatisch, wir sehen uns gleich."

,,Vielleicht wäre es besser, wenn du das nicht tust", sage ich mit zitternder Stimme.

,,Wenn du das sagst.", meint er gleichgültig.

,,Ja.", sage ich, bleibe aber trotzdem stehen. ,,Kian, was hast du überhaupt in dem Haus gemacht?", frage ich noch einmal.

,,Ich habe ihn umgebracht", antwortet er, ohne eine Regung zu zeigen. Ich spüre, wie Angst in mir aufsteigt. Sein Blick ist immer noch fest auf mich gerichtet, aber ich kann ihm nicht mehr standhalten. Mein Kopf dreht sich und ich muss mich festhalten, um nicht umzufallen. Aber ich will seine Gründe gar nicht wissen, ich will nicht wissen, ob er einen Grund hatte. Es reicht mir zu wissen, dass es ihm völlig egal ist, dass er es getan hat. Es reicht mir zu wissen, dass es ihm egal ist, dass er jemanden getötet hat. Schließlich wende ich mich ab und verlasse seine Wohnung.

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